Vergütung für eine Krankenhausbehandlung
Medizinische Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung
Vollstationäre Behandlung als Ultima Ratio
Tatbestand:
Im Streit ist die Höhe der Vergütung für eine Behandlung im Krankenhaus.
Die Beklagte ist ein zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen nach § 108 Sozialgesetzbuch zugelassenes
Krankenhaus. Sie unterhält eine Kinderintensivstation
Die 1992 geborene Versicherte der Klägerin C K litt u.a. an Enzephalomyelitis, Tetraparese, Polyneuropathie und einem apallischen
Syndrom. Sie war mit einem Tracheostoma versorgt und musste künstlich beatmet und ernährt werden. Mit vertragsärztlicher Verordnung
von Krankenhausbehandlung wurde sie wegen eines akuten Harnweginfekts vom 6. März 2009 bis zum 18. März 2009 von der Beklagten
zur Behandlung aufgenommen. Nach der Behandlung auf der Kinderintensivstation wurde die Versicherte in stabilem Allgemeinzustand
entlassen.
Für die Behandlung der Versicherten stellte die Beklagte der Klägerin am 31. März 2009 einen Betrag von 19.251,39 EUR in Rechnung,
der von der Klägerin zunächst vollständig bezahlt wurde. Mit Schreiben vom 20. April 2009 zeigte der Medizinische Dienst der
Krankenversicherung (MDK) der Beklagten an, dass die Klägerin eine Überprüfung der Abrechnung eingeleitet habe. Die Versicherte
sei bereits heimbeatmet gewesen und nicht intensivmedizinisch behandelt worden. Der MDK kam in seinem von Herrn J M am 4.
Januar 2010 erstellten Gutachten zu der Auffassung, dass die Abrechnung medizinisch nicht sachgerecht sei. Die Beatmungsstunden
könnten nicht berücksichtigt werden, da es sich nicht um eine intensivmedizinische Versorgung/Behandlung gehandelt habe. Eine
intensive Überwachung allein sei nicht ausreichend. Bei zutreffender Kodierung ergebe sich ein Behandlungsentgelt in Höhe
von 2.809,63 EUR.
Mit Schreiben vom 6. Januar 2010 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf das MDK-Gutachten zur Rückzahlung von
16.441,76 EUR auf. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12. Januar 2010 ab, weil die Versicherte während ihres gesamten
Aufenthalts auf der Kinderintensivstation gelegen habe. Wegen der intensivmedizinischen Versorgung seien die Beatmungszeiten
zu erfassen gewesen.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Dieser blieb auch in einem weiteren, von Frau F U erstatteten Gutachten vom 26. August
2010 bei seiner bisherigen Auffassung. Der daraufhin von der Klägerin mit Schreiben vom 2. September 2012 erneuten Forderung
nach Rückzahlung von 16.441,76 EUR widersetzte sich die Beklagte unter Hinweis auf Unterlagen, die noch dem MDK vorzulegen
seien. Der MDK befand indessen am 13. Oktober 2010, dass keine neuen medizinischen Informationen übermittelt worden seien
und das Gutachten vom 26. August 2010 unverändert weiter gelte.
Mit der am 5. Juni 2012 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten
zur Zahlung des Differenzbetrages von 16.441,76 EUR. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 11. November 2016 abgewiesen.
Die Klägerin habe keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, da die Vergütung der Behandlung rechtmäßig erfolgt sei. Die
von der Beklagten abgerechnete DRG A11G sei zutreffend. Streitig zwischen den Beteiligten sei nur, ob es sich während des
gesamten stationären Aufenthalts der Versicherten um eine intensivmedizinische Versorgung gehandelt habe. Die Auslegung des
Begriffs "intensivmedizinische Versorgung" sei eine reine Rechtsfrage, die ohne die Hinzuziehung von Sachverständigen zu beantworten
sei. Hinzuweisen sei auf die vom BSG in seinem Urteil vom 28. Februar 2007 - B 3 KR 17/06 R gegebene Definition der intensivmedizinischen Betreuung. Die Kammer sei der Überzeugung, dass sich eine intensivmedizinische
Versorgung hier aus der Grunderkrankung der Versicherten ergebe, die eine besondere Pflege auf einer Intensivstation erforderlich
gemacht habe. Nur auf einer Intensivstation sei die zeitnahe Reaktion auf besondere Umstände und Risiken möglich gewesen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es nicht darauf an, dass akut keine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen habe.
Aus dem Wortlaut der Kodierrichtlinie ergebe sich kein Anhaltspunkt für ein solches Verständnis. Der Verweis auf die Definition
lebensbedrohlicher Erkrankungen in dem Nikolausbeschluss des BVerfG gehe ins Leere, da diese Definition eine andere Fragestellung
betreffe. Die örtlichen Voraussetzungen einer intensivmedizinischen Versorgung lägen vor, da die Versicherte auf einer Intensivstation
versorgt worden sei. Auch die medizinischen Umstände seien gegeben, welche die Versorgung auf einer Intensivstation erforderlich
machten. Die Versicherte sei Apallikerin gewesen und habe nicht mehr über lebensnotwendige Reflexe wie etwa den Schluckreflex
verfügt. Es seien daher die ständige Überwachung der Vitalwerte und die Möglichkeit zu einem schnellen Eingreifen erforderlich
gewesen. Aufgrund der Beatmung sei u.a. das mehrmalige Absaugen des Schleims aus der Luftröhre notwendig gewesen. Diese unstreitig
vorliegenden Umstände hätten eine intensivmedizinische Versorgung gerechtfertigt.
Gegen das ihr am 8. Dezember 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. Januar 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
eingegangene Berufung der Klägerin. Das Sozialgericht gehe von einer unzutreffenden Definition des Begriffs der "intensivmedizinischen
Versorgung" aus. Tatsächlich habe es vorliegend an einer intensivmedizinischen Versorgung gefehlt. Aus dem Wortlaut der maßgebenden
Regelung würde sich ergeben, dass die Krankenhausbehandlung eines Patienten, der bereits in seiner Häuslichkeit beatmet worden
sei, nur dann mit hochpreisigen Beatmungs-DRGs vergütet werden solle, wenn die Aufnahme zur Behandlung wegen einer akuten
bedrohlichen Erkrankung erfolgt sei. Vorliegend sei eine Überwachung bzw. der Ersatz von Organsystemen nicht dokumentiert.
Damit sei die Schwelle zur eigentlichen intensivmedizinischen Behandlung, die auf die Behebung einer akuten und lebensbedrohlichen
Krise gerichtet sein müsse, noch nicht erreicht worden. Bei der Versicherten könne von einer ernsthaften Bedrohung oder Störung
der Vitalfunktionen nicht die Rede sein. Die Behandlung der einweisungsbegründenden akuten Harnwegsinfektion sei komplikationslos
verlaufen. Fieber habe nicht bestanden, der Allgemeinzustand sei stabil gewesen. Es seien keine lebensbedrohlichen Erkrankungen
oder Komplikationen dokumentiert. Die Beklagte habe selbst angegeben, dass die Einweisung aufgrund der Kürzung der häuslichen
Pflege von 24 auf 16 Stunden erfolgt sei. Etwaige frühere Herzrhythmusstörungen seien für den streitigen Krankenhausaufenthalt
unbeachtlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen
Betrag in Höhe von 16.441,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2012 zurückzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der Vergangenheit sei es bei gleichen antibiotischen Behandlungen zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen gekommen.
Von daher sei deren Wiederauftreten zu besorgen gewesen. Eine nichtintensivmedizinische Behandlung wäre völlig unethisch und
medizinisch nicht korrekt gewesen. Die Notwendigkeit der Intensivbehandlung ergebe sich aus der Störung der vitalen Atmungsfunktion.
Die Versorgung eines Beatmungspatienten wäre auf einer Normalstation nicht möglich gewesen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Klägerin sowie
die von der Beklagten geführte Patientenakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen
sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte
einen Anspruch auf Teilrückzahlung der von ihr für erbrachte Krankenhausleistungen gezahlten Vergütung.
Der Rückzahlungsanspruch in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe ergibt sich aus dem Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs. Die Klägerin hat der Beklagten die stationäre Behandlung ihrer Versicherten ohne Rechtsgrund zunächst
zu hoch vergütet. Für die Behandlung stand der Beklagten ein Entgeltanspruch nur in Höhe von 2.809,63 EUR zu. Da die Klägerin
indessen zunächst 19.251,39 EUR zahlte, ergibt sich ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 16.441,76 EUR.
Rechtsgrundlage für die Vergütung der Behandlung der Versicherten der Klägerin in der Zeit vom 6. März 2009 bis zum 18. März
2009 sind §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V, § 17 b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Brandenburger Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (§
112 Abs.
2 Nr.
1 SGB V) vom 8. Oktober 1996 in der Fassung vom 22. September 1997. Nach diesen Regelungen entsteht die Zahlungsverpflichtung einer
Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn
die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V objektiv erforderlich war.
Nach §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung
durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder
einer ambulanten Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Ob
einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich ausschließlich nach medizinischen Erfordernissen
(Urteil des BSG vom 25. September 2007 - GS 1/06 - und Urteil des BSG vom 23. Juni 2015 - B 1 KR 26/14 R - zitiert jeweils nach juris). Die vollstationäre Behandlung als intensivste - und institutionell konstitutive Form der Krankenhausbehandlung
wird in §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V als Ultima Ratio normiert. Demgemäß muss die notwendige medizinische Behandlung in jeder Hinsicht und ausschließlich nur
mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden können (Noftz in Hauck/Noftz
SGB V §
39 RdNr. 72 m.w.Nachw.). Die Grundvoraussetzungen für die Abrechnung der stationären Behandlung in der Zeit vom 6. März 2009
bis zum 18. März 2009 liegen hier vor. Die Notwendigkeit der Behandlung der Versicherten im Krankenhaus für den genannten
Zeitraum wird auch von der Klägerin dem Grunde nach nicht in Frage gestellt.
Der Höhe nach überstieg der Vergütungsanspruch der Beklagten nicht den Betrag von 2.809,63 EUR. Die Voraussetzungen für die
von der Klägerin zunächst berechnete um 16.441,76 EUR höhere Vergütung lagen nicht vor. Dies hätte nämlich - was als solches
zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht - erfordert, dass auch 290 Beatmungsstunden zu kodieren gewesen wären.
Nur dann wäre die von der Beklagten angesetzte DRG A11G abzurechnen gewesen.
Maßgebend für die Höhe der Vergütung, welche die sog DRG-Krankenhäuser, zu denen auch die Klägerin gehört, für die Behandlung
der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zu beanspruchen haben, ist nach § 17b KHG iVm §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 KHEntGG ein diagnosebezogenes pauschaliertes Vergütungssystem, das aus einem Fallpauschalenkatalog und einer Fallpauschalenvereinbarung
(FPV) besteht, die hier in der Fassung des Jahres 2009 anzuwenden sind. Welche danach über die Höhe der Vergütung entscheidende
DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich nicht aus einem abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen
in einem Programm vorgesehenen Daten. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV sind zur Zuordnung des Behandlungsfalles zu einer Fallpauschale
Programme (sog. Grouper) einzusetzen, die von dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zertifiziert sein müssen.
Welche Daten in das Programm einzugeben sind, bestimmt sich nach dem ICD-10 in der deutschen Fassung sowie nach dem vom Deutschen
Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS).
Die Voraussetzungen für die Ansteuerung der DRG A11G liegen hier nicht vor. Diese Fallpauschale wird vorliegend nur dann im
Groupierungsvorgang angesteuert, wenn 290 Beatmungsstunden zu kodieren gewesen wären. Daran fehlt es aber.
Die für die Vergütung von Krankenhausbehandlungen geltenden Abrechnungsbestimmungen (einschließlich des OPS) sind wegen ihrer
Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb des vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut
orientiert und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen
bleiben außer Betracht. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im
inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende
klarzustellen (BSG, Urteil vom 18.07.2013, - B 3 KR 7/12 R). Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren
Zweck nämlich nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt
wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber
als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Wertungswidersprüchen, Unrichtigkeiten und sonstigen
Ungereimtheiten oder bei Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu
beseitigen (BSG, Urteil vom 14.10.2014, - B 1 KR 26/13 R); die zuständigen Stellen haben es in der Hand, durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs, der OPS-Kodes und der Deutschen
Kodierrichtlinien (DKR) ggf. Abhilfe zu schaffen. Dieser Anpassungsmechanismus betrifft auch die Begriffsbestimmungen im OPS,
da der vom DIMDI herausgegebene OPS erst durch die jährlich abgeschlossene FPV für das Vergütungssystem verbindlich wird.
Namentlich durch die in die FPV einbezogenen DKR ist es den Vertragsparteien möglich, die erlöswirksame Kodierung des OPS
zu steuern (BSG, Beschluss vom 19.07.2012, - B 1 KR 65/11 B).
Die Kodierrichtlinien 2009 bestimmen in ihrer Rn 1001 unter Nr. 4), dass für den Sonderfall von heimbeatmeten Patienten, die
über ein Tracheostoma beatmet werden, analog zur Regelung für intensivmedizinisch versorgte Patienten vorzugehen ist. Beatmungszeiten
sind zu erfassen, wenn es sich im Einzelfall um einen "intensivmedizinisch versorgten Patienten" handelt. Diese Regelung findet
vorliegend Anwendung, weil die Versicherte schon in ihrer Häuslichkeit und über ein Tracheostoma beatmet wurde. Eine nähere
Definition des Begriffs "intensivmedizinische Versorgung" ist den Kodierrichtlinien nicht zu entnehmen. Nach der Rechtsprechung
des BSG ist Intensivmedizin die Behandlung, Überwachung und Pflege von Patienten, bei denen die für das Leben notwendigen vitalen
oder elementaren Funktionen von Atmung, Kreislauf, Homöostase und Stoffwechsel lebensgefährlich bedroht oder gestört sind,
mit dem Ziel, diese Funktionen zu erhalten, wiederherzustellen oder zu ersetzen, um Zeit für die Behandlung des Grundleidens
zu gewinnen (BSG v. 28. Februar 2007 - B 3 KR 17/06 R - juris Rn 19). Kennzeichnend für den Aufenthalt auf einer Intensivstation ist eine umfassende apparative Versorgung unter
Einsatz von Geräten zur kontinuierlichen Kontrolle von EKG, Blutdruck, Körpertemperatur und anderen Vitalparametern nebst
zusätzlichen Spezialapparaturen, die in unmittelbarer Nähe zum Patientenbett vorhanden sein müssen. Auch die ärztliche Tätigkeit
muss sich intensiver als auf einer Normalstation darstellen (BSG. a.a.O.). In dem vorliegenden Zusammenhang lässt sich die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Versorgung der Versicherten
jedenfalls nicht mit der Notwendigkeit einer Überwachung der Atmung begründen. Zwar belegt die Beatmungspflichtigkeit eines
Patienten grundsätzlich, dass mit der Atmung eine seiner Vitalfunktionen gestört ist. Wenn das aber bereits die intensivmedizinische
Behandlungsnotwendigkeit begründen würde, wären alle heimbeatmeten Patienten bei ihrer Aufnahme in ein Krankenhaus grundsätzlich
intensivbehandlungspflichtig. Die Kodierrichtlinien gehen indessen davon aus, dass es auch beatmungspflichtige Patienten gibt,
die nicht intensivmedizinisch versorgt werden müssen. Deswegen müssen weitere Umstände über die Beatmungspflichtigkeit hinaus
gegeben sein, um die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Versorgung im Sinne der Kodierrichtlinien für den hier fragliches
Patientenkreis begründen zu können (LSG Nordrhein-Westfalen v. 14. Februar 2019 - L 16 KR 562/17 - juris Rn 45).
Ausgehend von diesem Maßstab hat die Beklagte keine intensivmedizinische Behandlung der Versicherten der Klägerin vorgenommen.
Dafür reicht nicht aus, dass die Versicherte auf einer Intensivstation untergebracht worden war und eine verstärkte Überwachung
und pflegerische Betreuung stattgefunden haben mag. Es fehlt an einem akut lebensbedrohlichen Zustand sowie an dem verstärkten
Einsatz von Apparatemedizin. Die Aufnahme der Versicherten erfolgte wegen einer akuten Harnwegsinfektion, nachdem die häusliche
Pflege der Versicherten von 24 auf 16 Stunden gekürzt worden sei. Der Patientenakte ist kein Hinweis darauf zu entnehmen,
dass die Harnwegsinfektion von den Krankenhausärzten als lebensbedrohlich eingeschätzt worden ist. In der Patientenakte ist
auch keine akute Krise des Gesundheitszustandes der Versicherten dokumentiert. Die Beatmungssituation wird in dem Entlassungsbericht
vom 18. März 2009 für die gesamte Dauer des Aufenthalts ausdrücklich als stabil dargestellt. Die möglicherweise latent bestehende
Gefahr, dass nach der Gabe von Antibiotika wiederholt Herzrhythmusstörungen auftreten, reicht für die Annahme eines akut lebensbedrohlichen
Zustands nicht aus. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts vermag auch der völlig hilflose Zustand der Versicherten
nicht eine Intensivbehandlungspflichtigkeit zu begründen ... Denn dieser Zustand begründete noch nicht einmal eine stationäre
Behandlungsbedürftigkeit. Das zeigt sich daran, dass die Versicherte grundsätzlich noch zu Hause untergebracht werden konnte.
Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass eine Vernachlässigung von Pflege und Überwachung der Versicherten nach kurzer Zeit
einen lebensbedrohlichen Zustand herbeiführen würde. Die Beklagte übersieht aber, dass es zur Abwendung einer solchen Krise
nicht der besonderen Mittel einer Intensivstation bedurfte. Für die Anerkennung als Intensivbehandlung reicht nicht aus, dass
bei einem Patienten wegen schwerer Krankheiten und Behinderungen ein stark erhöhter Pflege- und Betreuungsbedarf besteht.
Kennzeichnend für eine Intensivbehandlungsbedürftigkeit ist nämlich, dass sie gerade zur Abwehr einer akuten lebensbedrohlichen
Krise erforderlich geworden ist (LSG Berlin-Brandenburg v. 19. Mai 2010 - L 9 KR 218/07 - juris Rn 30). Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Aufnahme der Versicherten zur stationären Behandlung einen erhöhten
Betreuungsaufwand für die Beklagte mit sich brachte, der den deutlich überstieg, der bei einem Patienten mit einer ähnlichen
Harnwegsinfektion, aber ohne die Grunderkrankung der Versicherten entstanden wäre ... Dieser erhöhte Betreuungsaufwand wird
in dem sich nunmehr rechnerisch für die Behandlung ergebenden Entgelt nicht angemessen honoriert wird. Es ist allerdings nicht
Aufgabe der Rechtsprechung, korrigierend in die vertraglich vereinbarten Bewertungsrelationen einzugreifen.
Nach alledem war auf die Berufung der Klägerin hin das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung zu
verurteilen.
Begründet ist auch die Zinsforderung. Die Klägerin macht Zinsen für Zeiträume nach Eintritt der Rechtshängigkeit geltend:
Die Zinshöhe ergibt sich aus § 18 Abs. 5 Brandenburger Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.