Erstattung der Kosten einer Protonentherapie
Anforderungen an Hinweise für die mögliche Wirksamkeit einer Alternativtherapie
Nichtoperables nichtkleinzelliges Lungenkarzinom Stadium IV
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Protonentherapie in Höhe von 21.964,01 EUR.
Die Klägerin ist die Witwe und Alleinerbin des am 1944 geborenen und am 6. März 2015 verstorbenen H W, der bei der Beklagten
versichert war (im Folgendem: Versicherter).
Der Versicherte wandte sich am 14. April 2014 an die Beklagte und trug vor, dass bei ihm Ende Dezember 2013 in Bronchialkarzinom
festgestellt worden sei. Er befinde sich deswegen in stationärer und teilstationärer Behandlung in der Lungenklinik H. Zurzeit
erhalte er eine palliative Chemotherapie. Die klassische Medizin gehe davon aus, dass seine Erkrankung nicht mehr heilbar
sei. Aus einer Beurteilung des R (R P T Center) in M ergebe sich aber, dass noch reelle Heilungschancen bestehen würden. Diese
wolle er nutzen und bitte deswegen um Zustimmung zur Behandlung dort. Dem Schreiben war u.a. beigefügt ein Schreiben der Chirurgischen
Klinik von Dr. R, wonach die Protonentherapie eine Schonung des gesunden Gewebes ermögliche. Es wurden Kosten in Höhe von
21.100,- EUR veranschlagt.
Mit Schreiben vom 16. April 2014 antwortete die Beklagte, dass sie eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
(MDK) benötige, die sie angefordert habe. Der MDK befand in seinem Gutachten vom 25. April 2014, dass die Voraussetzungen
für eine Kostenübernahme nicht vorliegen würden. Der Versicherte leide zwar an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Es gebe
jedoch noch vertragliche Möglichkeiten zur Behandlung. Außerdem habe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Protonentherapie
bei der Indikation inoperables nicht kleinzelliges Lungenkarzinom im Stadium IV nach UICC, die bei dem Versicherten vorliege,
gerade nicht bestätigt.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2014 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten der Protonentherapie als außervertragliche Leistung
ab. Sie verwies auf die Stellungnahme des MDK und regte an, sich zur weiteren Behandlung vom individuell behandelnden Arzt
beraten zu lassen.
Der Versicherte legte Widerspruch ein und verwies darauf, dass er ein langjährig Versicherter sei und sich immer um Kostenreduzierung
bemüht habe. Die Kosten der im Krankenhaus H geplanten weiteren Behandlungen dürften nahe an denen der Protonentherapie liegen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2014 zurück. Die Protonentherapie sei eine neue Untersuchungs-
und Behandlungsmethode, die nur nach einer entsprechenden Empfehlung des G-BA zu Lasten der Gesetzlichen Krankenkassen erbracht
werden dürfe. Ohne eine solche Empfehlung könnte eine neue Methode nur unter den vom BVerfG in seinem Beschluss vom 6. Dezember
2005 aufgestellten Voraussetzungen erbracht werden. Zurzeit seien die bestehenden vertraglichen Möglichkeiten aber noch nicht
ausgeschöpft. Der G-BA habe die Notwendigkeit der Protonentherapie bei der hier vorliegenden Indikation gerade nicht bestätigt.
Mit der am 2. Juli 2014 bei dem Sozialgerichts Potsdam eingegangenen Klage hat der Versicherte zunächst begehrt, die Beklagte
zur Übernahme der Kosten der Protonentherapie zu verurteilen. Der Versicherte hat sich vom 2. Juli 2014 bis zum 14. August
2014 und am 10. November 2014 in der Chirurgischen Klinik Dr. Rbehandeln lassen, wofür ihm von der Klinik für eine teilstationäre
Behandlung 21.100,- EUR und für eine ambulante Behandlung 864,01 EUR in Rechnung gestellt worden sind (Rechnungen vom 14.
August 2014 und vom 29. Dezember 2014). Nach seinem Tod hat die Klägerin das Verfahren weitergeführt.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 12. Juli 2017 abgewiesen. Nach der gegebenen Rechtslage habe der Versicherte
mit der bei ihm vorliegenden Diagnose keinen Anspruch auf eine Protonentherapie im R gehabt. Die Protonentherapie sei eine
neue Behandlungsmethode, für die der GBA mit Beschluss vom 21. Oktober 2010 in der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung
eine negative Bewertung abgegeben habe. Nur in Bezug auf das inoperable nicht-kleinzellige Lungenkarzinom UICC Stadium I-III
habe der GBA im stationären Bereich das Bewertungsverfahren ausgesetzt. Für den Bereich der ambulanten Behandlung liege eine
Entscheidung des GBA zwar nicht vor. Indessen sei die Protonentherapie nicht im EBM enthalten, so dass sie als vertragsärztliche
Leistung zu Lasten der GKV ausgeschlossen sei. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine erweitere Leistungspflicht
der Krankenkassen seien nicht gegeben. Zwar sei das nicht operable nichtkleinzellige Lungenkarzinom eine lebensbedrohliche
Erkrankung. Hinsichtlich der Frage des Vorhandenseins einer schulmedizinischen Therapie sei das konkrete Behandlungsziel wesentlich.
Bei dem Versicherten sei eine palliative Chemotherapie ggf. mit Radiatio der 8. Rippe eingeleitet worden. Eine kurative Behandlung
sei nicht mehr möglich gewesen. Könne die Schulmedizin nur noch eine palliative Therapie anbieten, komme aus verfassungsrechtlichen
Gründen eine Alternativbehandlung nur in Betracht, wenn sie einen weitergehenden Erfolg in Aussicht stelle, entweder eine
Heilung oder zumindest eine positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung. Eine bloße Verbesserung der Lebensqualität
reiche nicht (Hinweis auf BSG v. 13. Oktober 2010 - B 6 KA 48/09 R). Vorliegend habe auch die Protonentherapie nur palliative Ziele verfolgt. Den Unterlagen des R sei kein kurativen Behandlungsziel
zu entnehmen. Auch ein hinreichend gewichtiges palliatives Behandlungsziel sei nicht erkennbar. Demnach sei nicht ersichtlich,
im Hinblick auf welches Behandlungsziel festgestellt werden könnte, dass eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende
Aussicht auf einen Behandlungserfolg bestanden habe. Für solche Indizien seien objektivierbare wissenschaftliche Erkenntnisse
erforderlich, die der Abgrenzung gegenüber einer experimentellen Behandlung aufgrund wissenschaftlicher Hypothesen dienten.
Das R habe in seiner für die Krankenkasse ausgestellten Bescheinigung im Wesentlichen nur auf den physikalischen Vorteil der
Protonentherapie gegenüber der üblichen Strahlentherapie hingewiesen. Es fehle jeglicher Bezug zu der bei dem Versicherten
konkret vorliegenden Diagnose und die Angabe eines konkreten Behandlungsziels. Im Zeitpunkt der Behandlung hätten keine wissenschaftlichen
Erkenntnisse dafür vorgelegen, dass bei dem inoperablen nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom UICC Stadium IV ein Behandlungserfolg
erreicht werden könne. Aus diesem Grund habe der G-BA für diese Diagnose ein Negativvotum abgegeben und nur für das Stadium
I-III das Verfahren bis 2015 bzw. nunmehr 2021 ausgesetzt. Die Erfolgsaussichten im Falle anderer Karzinomerkrankungen seien
nicht entscheidend. Es fehle für den Einsatz der Therapie an einer gewissenhaften ärztlichen Einschätzung unter Abwägung von
Risiken und Nutzen. Auf einen Erfolg der durchgeführten Behandlung komme es nicht an. Allein die Verbesserung der Lebensqualität
sei kein erhebliches Behandlungsziel. Es sei nicht feststellbar, ob allein die Protonentherapie zur Schmerzfreiheit führen
konnte, da die im Helios-Krankenhaus zur Schmerzlinderung noch angedachte Strahlentherapie nicht weiter erörtert worden sei,
nachdem sich der Versicherte für eine Behandlung im R entschieden habe. Ein kurativer Behandlungserfolg sei auch nicht bestätigt.
Einem festgestellten massiven Rückgang der pulmonalen Raumforderung rechts habe eine neue Knochenmetastase in der dorsalen
5. Rippe links gegenübergestanden. Das Argument einer unzulässigen Strahlenhöchstbelastung greife ebenfalls nicht. Für den
Versicherten sei am 2. Oktober 2014 und am 17. Dezember 2014 eine Strahlenpneumonitis bestätigt worden, wegen der der Versicherte
bereits am 15. September 2014, einen Monat nach Ende der Protonentherapie, stationär behandelt werden musste.
Gegen das ihr am 3. August 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. September 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
eingegangene Berufung der Klägerin. Das Sozialgericht deklassiere die Palliativmedizin zum Luxusgut. Ein durch den Restaging-Befund
vom 10. November 2014 und ein halbes Jahr Schmerzfreiheit nachgewiesener Behandlungserfolg dürfe nicht weniger zählen als
die Formulierung eines konkreten Behandlungsziels zu Beginn der Behandlung. Verkannt habe das Sozialgericht, dass die Verminderung
der Raumforderung des Primärkarzinoms und der Sekundärkarzinome sowie die damit verbundene Schmerzfreiheit des Versicherten
bis Dezember 2014 als positive Einwirkung auf die lebensbedrohliche Erkrankung selbst anzuerkennen sei. Eine schulmedizinische
Behandlungsalternative habe nicht zur Verfügung gestanden. Nach 4 Monaten intensiver Standardtherapie sei weder die Chemotherapie
noch die medikamentöse Therapie gegen die Schmerzen erfolgreich gewesen. Das ergebe sich aus dem Arztbrief des Emil-von-Behring
Krankenhauses vom 30. Juni 2014. Dagegen sei die Alternativtherapie erfolgreich gewesen, weil ein weiterer Progress der Tumore
nicht erfolgt sei und der Versicherte bis Dezember 2014 schmerzfrei gelebt habe. Eine Strahlenstandardtherapie habe schon
deswegen nicht mehr erfolgreich sein können, weil die Strahlentoleranzgrenze im Mai 2014 überschritten worden sei. Das BVerfG
unterscheide zwischen kurativer Heilung und Verhütung einer Verschlimmerung sowie Linderung der Beschwerden. Es fordere aber
nicht, dass die Alternativtherapie auf einen kurativen Erfolg gerichtet sein müsse, sondern lasse eine positive Einwirkung
ausreichen. Ausreichend sei bereits eine wirksamere Palliativtherapie. Abzugrenzen sei lediglich zu rein experimentellen Behandlungsmethoden,
die nicht durch hinreichend Indizien gesichert seien. Zu diesen zähle die Protonentherapie aber gerade nicht. Mit der Forderung
nach der Formulierung eines konkreten Behandlungsziels habe das Sozialgericht die sich aus einer grundrechtskonformen Auslegung
der Leistungsrechts ergebenden Anforderungen überspannt. Das konkrete Behandlungsziel ergebe sich aus der Wirkungsweise der
Protonentherapie, Krebszellen zu zerstören oder zumindest deren Wachstum einzuschränken. Die Protonentherapie verfolge tendenziell
ein kuratives Behandlungsziel, auch wenn sie im Stadium IV UICC lediglich ein palliatives Ziel erreichen könne. Zu Unrecht
übertrage das Sozialgericht Anforderungen, die das BSG für einen Off-Label-Use aufgestellt habe, auf den sich aus dem Lebensrecht ergebenden Anspruch. Bei der Erreichung von Schmerzfreiheit
handele es sich nicht um eine bloße Verbesserung der Lebensqualität, sondern um eine Einwirkung auf die Grunderkrankung als
solche. Das BSG habe nur Behandlungsmethoden ausschließen wollen, die nicht auf die mutmaßlich tödliche Erkrankung als solche einwirken sollten.
Das sei bei der Protonentherapie aber gerade der Fall, weil sie auf die Zerstörung der Krebszellen gerichtet sei. Das Entstehen
eines weiteren Tumors dürfe nicht den Blick darauf verstellen, dass die Protonentherapie jeden zu Beginn der Therapie vorhandenen
Tumor reduziert und zur Schmerzfreiheit vom August bis Dezember 2014 geführt habe. Aus der Rechtsprechung des BSG lasse sich die Forderung nach einer Verlängerung der Lebenszeit nicht belegen. Allerdings würden hier auch alle Anzeichen
dafür sprechen, dass es zu einer Verlängerung der Lebenszeit gekommen sei. Denn die schulmedizinische Therapie sei spätestens
im Juni 2014 am Ende gewesen. Der geplanten Bestrahlung der 8. Rippe rechts sei entgegen zu halten, dass es sich - ebenso
wie bei der Zweitlinienchemotherapie - nicht um ein der Protonentherapie gleichwertiges Angebot gehandelt habe. Zu Unrecht
verneine das Sozialgericht das Vorliegen hinreichender Indizien für eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Das
Sozialgericht habe die Augen vor der allgemein bekannten Wirksamkeit der Protonentherapie verschlossen. Aus der Rechtsprechung
des BSG ergebe sich, dass der Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einem geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab unterfalle,
wenn eine nach dem allgemein anerkannten Standard anerkannte Behandlungsmethode nicht zur Verfügung stehe. Letzteres sei bei
dem Versicherten der Fall gewesen. Fehlerhaft habe das Sozialgericht lediglich eine wissenschaftliche Hypothese als Grundlage
für die Behandlung des Versicherten mir der Protonentherapie gesehen. Die Protonentherapie sei in den USA bereits seit geraumer
Zeit anerkannt und auch durch einige AOKen in Deutschland, nämlich in Bayern und Sachsen. Der G-BA und die Beklagte würden
die Wirkungsweise für die Stadien I-III anerkennen. Die generelle Wirksamkeit der Protonentherapie sei von der Beklagten und
dem MDK nie in Frage gestellt worden. Sie sei keine Außenseitertherapie. Die Forderung des Sozialgerichts nach einem kurativen
Behandlungsziel verliere aus dem Blick, dass bereits ein der Standardtherapie überlegenes palliatives Behandlungsziel ausreiche.
Es sei nicht haltbar, Patienten die Duldung alternativ therapierbarer Metastasen zuzumuten. Soweit das Sozialgericht eine
gewissenhafte fachliche Einschätzung des behandelnden Arztes vermisse, stütze es sich auf eine Entscheidung des BSG, der ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Vorliegend sei die Alternativmethode für andere Krebsstadien
vom G-BA bereits anerkannt worden. Das Sozialgericht verkenne den medizinischen Erfolg der Palliativtherapie als reine Verbesserung
der Lebensqualität. Schmerzfreiheit sei mehr als eine Verbesserung der Lebensqualität. Einen Kausalitätsnachweis verlange
die Nikolaus-Rechtsprechung nicht. Ein palliativer Erfolg reiche nach der Rechtsprechung des BVerfG aus. Nicht überzeugend
sei auch der Hinweis, dass bei dem Versicherten nach der Behandlung im Wehe der Protonentherapie eine Strahlenpneumonitis
festgestellt worden sei. Die Protonentherapie gehe mit einer geringeren Strahlenbelastung einher, so dass die Nebenwirkungen
einer konventionellen Bestrahlung erheblich schwerwiegender gewesen wären. Auch dränge sich die Frage auf, warum die Strahlentherapie
nicht schon früher nach dem Auftreten der Parästhesien an Fußsohlen und Hand begonnen worden sei. Die von der Beklagten zur
Stützung ihrer Rechtsauffassung zitierte Rechtsprechung sei entweder nicht überzeugend oder betreffe andere Sachverhalte.
Die Protonentherapie habe bei dem Versicherten zu einem Behandlungserfolg geführt, auch seien ihre Nebenwirkungen geringer
als die der herkömmlichen Strahlentherapie.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Juli 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2014 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die durchgeführte
Protonentherapie in Höhe von 21.964,01 EUR zu erstatten,
hilfsweise,
Beweis darüber zu erheben, dass es bei Anwendung der Protonentherapie Indizien für eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf
eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf des verstorbenen Ehemannes der Klägerin gab durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Protonentherapie sei kein vom Leistungskatalog der Krankenkassen umfasstes Behandlungsverfahren. Der Nutzen und die medizinische
Notwendigkeit der Protonentherapie sei nicht belegt (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg v. 22. März 2017 - L 5 KR 1036/16; LSG Niedersachsen/Bremen v. 25. April 2017 - L 4 KR 506/14, BSG v. 8. November 2017 - B 1 KR 34/17 B). Für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen genüge es nicht, dass der Versicherte selbst die Protonentherapie
als hilfreich empfunden habe. Soweit die AOK Bayern Kosten der Protonentherapie übernehme, erfolge das nur im Rahmen der integrierten
Versorgung auf selektivvertraglicher Grundlage. Im selektivvertraglichen Bereich könnten über die Regelversorgung hinausgehende
Leistungen vereinbart werden. Sie - die Beklagte - habe aber keinen entsprechenden Selektivvertrag abgeschlossen. Auf die
von anderen Krankenkassen abgeschlossenen Verträge könne sich der Versicherte nicht berufen. Zudem sei unklar, ob der von
der AOK Bayern geschlossene Selektivvertrag auch das Stadium IV umfasse. Im Fall des Versicherten hätten noch weitere Behandlungsoptionen
zur Verfügung gestanden. Es stehe nicht fest, dass ausschließlich die Protonentherapie noch eine spürbar positive Entwicklung
auf den Krankheitsverlauf hatte. Wissenschaftliche Erkenntnisse für einen Behandlungserfolg bei der bei dem Versicherten vorliegenden
Diagnose habe es nicht gegeben. Gegen den Erfolg der Therapie spreche auch die neue Knochenmetastase. Auf die Überschreitung
der Strahlentoleranzgrenze könne nicht verwiesen werden. Beim Versicherten sei ein Monat nach Ende der Protonentherapie eine
Strahlenpneumonitis aufgetreten. Zudem fehle es weiter an dem objektiv nachweisbaren relativen Nutzen der Protonentherapie.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten
verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung
der Krebserkrankung des Versicherten durch Protonentherapie. Ein Kostenerstattungsanspruch kann sich vorliegend nur aus §
13 Abs.
3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) ergeben. Denn die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch gem. §
13 Abs.
3a SGB V liegen offensichtlich nicht vor. Dieser setzte nämlich voraus, dass die Krankenkasse über einen gestellten Antrag auf Leistungen
nicht zügig entschieden hat, wobei die Frist drei Wochen nach Antragseingang oder fünf Wochen in den Fällen beträgt, in denen
vor der Entscheidung noch eine gutachterliche Stellungnahme des MDK eingeholt werden muss. Maßgebend war vorliegend die Fünf-Wochen-Frist,
da die Beklagte den Versicherten mit Schreiben vom 16. April 2014 innerhalb von drei Wochen nach Eingang des Antrags vom 12.
April 2014 darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass sie zur Entscheidung eine Stellungnahme des MDK benötige. Die Ablehnung
durch Bescheid vom 2. Mai 2014 erfolgte innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags auf Kostenübernahme für die Protonentherapie.
Nach §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V sind den Versicherten Kosten für selbst beschaffte Leistungen in entstandener Höhe zu erstatten, wenn eine Krankenkasse eine
unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Nur wenn der
Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung
wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist, sieht das
Gesetz ausnahmsweise eine Kostenerstattung vor. Der Kostenerstattungsanspruch aus §
13 Abs.
3 Satz 1 (1. und 2. Alt.)
SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten. Die Krankenkasse muss ihren Versicherten
Aufwendungen für selbst beschaffte Leistungen nur erstatten, wenn sie eigentlich als Sachleistung zu erbringen gewesen wären
oder nur wegen eines Systemversagens nicht erbracht werden konnten (BSG v. 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R - juris Rn 17). §
13 Abs.
3 Satz 2 Alt. 2
SGB V setzt zunächst die rechtswidrige Ablehnung einer Leistung durch die Krankenkasse voraus. Außerdem verlangt die Vorschrift
eine Kausalität zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und dem Entstehen der Kostenlast bei dem Versicherten. An dieser
Kausalität fehlt es, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht
befasst worden ist. Dies ist vorliegend indessen nicht der Fall Der Versicherte hat die hier streitgegenständlichen Behandlungsleistungen
der Protonentherapie erst ab dem 2. Juli 2014 und damit nach dem Wirksamwerden des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom
2. Mai 2014 in Anspruch genommen hat. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass der Versicherte bereits entschlossen war, sich
unter allen Umständen die vom R angebotene Strahlentherapie zu verschaffen, und der ablehnende Bescheid deswegen nicht für
die Kostenbelastung ursächlich werden konnte. Der Kostenerstattungsanspruch scheitert aber daran, dass die Beklagte nicht
zu Unrecht die Übernahme der Kosten für die Protonentherapie im R abgelehnt hat. Weil schon dem Grunde nach kein Anspruch
auf Kostenübernahme bestand, kann dahingestellt bleiben, ob die für die Erbringung der Protonentherapie vom R berechnete Vergütung
gegen Preisrecht verstoßen hat und es bereits an einer rechtswirksamen Kostenbelastung der Versicherten gefehlt hat (vgl.
dazu BSG vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - juris Rn. 21). Nicht entscheidungserheblich ist auch, ob die vom R abgerechneten Leistungen teilstationär oder doch ambulant
erbracht worden sind. Insoweit kommt es nicht auf die Bezeichnung der Leistungen in den Rechnungen des Krankenhauses, sondern
auf die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung an (vgl. zur Behandlung im R LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22. März
2017 - L 5 KR 1036/16). Eine Einordnung als ambulant oder stationär erbrachte Leistungen führt vorliegend nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Die Protonentherapie gehört zum einen nicht in den Katalog der ambulant von den gesetzlichen Krankenkassen zu erbringenden
Leistungen gehört. Es fehlt insoweit nämlich an der nach §
135 Abs.
1 SGB V dafür erforderlichen Anwendungsempfehlung durch den G-BA. Im Bereich der stationären Versorgung ist gem. §
137c Abs.
1 Satz 2
SGB V die Durchführung der Protonentherapie bei der bei dem Versicherten vorliegenden Diagnose zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
ausgeschlossen. Nach § 4 Nr. 3.9 der Richtlinie des G-BA zu den Methoden der Krankenhausbehandlung darf die Protonentherapie
nicht zur Behandlung eines inoperablen nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms des UICC Stadiums IV eingesetzt werden. Dass bei
dem Versicherten ein solches Lungenkarzinom vorgelegen hat, ergibt sich bereits aus dem Behandlungsbericht aus der Lungenklinik
H vom 4. April 2014, welchen der Versicherte der Beklagten bei Beantragung der Protonentherapie vorgelegt hat. Nur unter den
Voraussetzungen des §
2 Abs.
1a SGB V konnte danach ein Anspruch des Versicherten auf Kostenübernahme der Protonentherapie bestehen. Die Voraussetzungen dieser
Vorschrift unterscheiden nicht nach einer ambulanten oder stationären Behandlung.
Gemäß §
2 Abs.
1a SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig
vergleichbaren Erkrankung eine über den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse hinausgehende Leistung
beanspruchen, wenn für ihre Erkrankung eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht
zur Verfügung steht und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf
den Krankheitsverlauf besteht. Die Vorschrift kodifiziert den Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 - B 1 BvR 347/98, wonach mit dem Grundrecht aus Art.
2 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und der objektiv-rechtlichen Schutzpflicht des Staates für das Leben aus Art.
2 Abs.
2 Satz 1
GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung
eine allgemein anerkannte, dem medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von einer von ihm
gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn diese Behandlungsmethode eine nicht ganz fern liegende
Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben in seiner Rechtsprechung aufgegriffen und näher konkretisiert (BSG vom 16. Dezember 2008 - B 1 KN 3/07 KR R - ; vom 05. Mai 2009 - B 1 KR 15/08 R und vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R - juris Rn 28). Danach darf eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode, die der zuständige GBA noch nicht anerkannt
hat und sich auch noch nicht zumindest in der Praxis und der medizinischen Fachdiskussion durchgesetzt hat, nicht abgelehnt
werden, wenn die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig
tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit vor. Für diese Krankheit steht
(2.) eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Für den Versicherten
besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien
gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Auch der ausdrückliche Ausschluss einer Therapie durch den G-BA bedeutet nicht, dass sie nicht gem. §
2 Abs.
1 a SGB V von den gesetzlichen Krankenkassen zu erbringen ist, soweit die besonderen Voraussetzungen der Vorschrift vorliegen (BR-Drucks
456/11 S. 73).
Bei dem Versicherten hat mit dem inoperablen nicht kleinzelligen Lungenkarzinom im Stadium IV unstreitig eine regelmäßig tödlich
verlaufende Erkrankung vorgelegen; der Versicherte ist an dieser Erkrankung auch verstorben. In Bezug auf den kurativen Erfolg
einer Therapie im Sinne einer Heilung hat eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode
nicht mehr zur Verfügung gestanden. Für diese Einschätzung verweist der Senat auf den Befundbericht aus der Lungenklinik Hvom
4. April 2014, wonach nur noch eine palliative Therapie möglich war. Auch von den Beteiligten ist insoweit nichts anderes
vorgetragen worden. Soweit dem Versicherten im R M von den dortigen Ärzten durch den Einsatz der Protonentherapie eine vollständige
Heilung in Aussicht gestellt worden ist, läge ein mit der Protonentherapie verfolgtes über die Möglichkeiten der Standardtherapie
hinausgehendes Behandlungsziel vor. Das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Versicherten vom 12. April 2014 spricht dafür,
dass dieses Behandlungsziel den Versicherten bestimmt hat, eine Behandlung im Wege der Protonentherapie durchführen zu lassen.
Nach der erörterten Rechtslage führt auch im Falle einer lebensbedrohlichen Erkrankung ein über die Möglichkeiten der Schulmedizin
hinausreichendes mit einer Alternativtherapie verfolgtes Behandlungsziel nur dann zu einem Anspruch gegen die gesetzlichen
Krankenkassen auf Kostenübernahme, wenn für die Alternativbehandlung auch die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg
besteht. Es müssten danach wissenschaftliche Erkenntnisse gleich welchen Evidenzgrades darüber vorliegen, dass die bei dem
Versicherten vorliegende Erkrankung durch den Einsatz des Protonentherapie geheilt oder zumindest günstig beeinflusst werden
konnte. Daran fehlt es hier aber. Der Senat verweist auf den Abschlussbericht des G-BA zum Beratungsverfahren nach §
137c SGB V vom 13. November 2011, wonach es keine Erkenntnisse dazu gibt, welche Effekte die Anwendung der Protonentherapie bei einem
inoperablen nichtkleinzelligem Lungenkarzinom im Stadium IV bewirkt. Weder die behandelnde Klinik gegenüber der Beklagten
noch die Klägerin in dem vorliegenden gerichtlichen Verfahren haben dazu weitergehende Materialien vorgelegt. Den Ausführungen
des MDK in seinem Gutachten vom 12. November 2015, dass es nur eine Studie gebe, in welcher überhaupt über die Anwendung der
Photonentherapie für eine Patienten im Stadium IV berichtet werde, hat die Klägerseite nichts entgegen gesetzt. Der vom MDK
genannten Studie lassen sich keine Hinweise für bestehende Erfolgsaussichten und erreichbare Behandlungsziele entnehmen. Der
Hinweis darauf, dass einige AOKs Leistungen der Protonentherapie im Rahmen der integrierten Versorgung bzw. der besonderen
Versorgung nach §
140a SGB V übernehmen, führt ebenfalls nicht weiter. Denn die besondere Versorgung darf nach §
140a Abs.
2 Satz 3
SGB V nur solche Leistungen umfassen, deren Unwirksamkeit und Unwirtschaftlichkeit noch nicht durch Beschluss des G-BA festgestellt
worden ist. Das ist aber für die Protonentherapie gerade der Fall, soweit sie zur Therapie eines inoperablen nichtkleinzelligen
Lungenkarzinoms des Stadiums IV eingesetzt werden soll. Soweit die Klägerin im Verfahren vor dem Sozialgericht den Abdruck
eines Internetauftritts der AOK Plus für Sachsen und Thüringen zum Modellprojekt Protonentherapie hat vorlegen lassen, ist
dort die Behandlung des inoperablen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms im UICC Stadium IV im Wege der Protonentherapie gerade
ausdrücklich ausgeschlossen.
Zwar dürfen die Anforderungen an Hinweise für die mögliche Wirksamkeit einer Alternativtherapie nicht überspannt werden (LSG
Baden-Württemberg v. 22. März 2017 - L 5 KR 1036/16 - juris Rn 54). Ausreichend wären etwa vorhandene Erfahrungen über einen Behandlungserfolg, die sich aus der Entwicklung
des Gesundheitszustands mehrerer Patienten mit vergleichbarer Erkrankung ergeben, welche mit der fraglichen Alternativtherapie
oder nur der Standardtherapie behandelt worden sind, oder auch eine fachlich fundierte Einschätzung der behandelnden Ärzte
unter Berücksichtigung von Erkenntnissen aus der Wissenschaft. Hinreichende Indizien würden sich jedenfalls aus wissenschaftlichen
Verlaufsbeobachtungen ergeben, welche durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle untermauert werden (BSG v. 2. September 2014 - B 1 KR 4/13 R - juris Rn 18). Solche objektivierbaren Indizien über den möglichen Erfolg einer Behandlung im Wege der Protonentherapie
bei einem nichtoperablen nichtkleinzelligem Lungenkarzinom Stadium IV fehlen aber. Die entsprechende Feststellung des G-BA
in seinen tragenden Gründen zu seinem Beschluss vom 21. Oktober 2010 ist bisher nicht erschüttert worden, weil es keine neueren
aussagekräftigen Studien zu den Erfolgen der Therapie bei dem vorliegenden Krankheitsbild gibt. Der Senat hat keine Veranlassung
gesehen, dem von der Klägerin hilfsweise gestellten Antrag nachzugehen und ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen,
ob es für die Anwendung der Protonentherapie Indizien für eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf des Versicherten
gab. Die nach §
103 SGG bestehende Amtsermittlungspflicht zwingt nur dazu, von den Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, die vernünftigerweise
zur Verfügung stehen. Insbesondere ist ein Gericht nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen, die das
Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren und ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen bestimmter Tatsachen gestellt
worden sind (BSG v. 19. Oktober 2011 - B 13 R 33/11 R - juris Rn 24). Um einen solchen Beweisausforschungsantrag handelt es sich hier. Obwohl die Klägerseite durch die von der
Beklagten vorgelegten MDK-Gutachten über die vorhandene Studienlage informiert worden ist und auch schon selbst Studien zur
Protonentherapie benannt hat, die indessen nicht die bei dem Versichertenn vorliegende Indikation betroffen haben, stellt
sie nunmehr in Aussicht, dass es Indizien auch für eine positive Einwirkung der Protonentherapie auf eine Erkrankung der bei
dem Versicherten vorliegenden Art gebe. Welche greifbaren Anhaltspunkte die Klägerseite dafür hat, welche Art von Indizien
ihr vor Augen stehen und wer das Gutachten erstellen soll bleibt aber völlig im Dunklen. Der Senat ist aus diesen Gründen
zu der Auffassung gekommen, dass der hilfsweise gestellte Antrag "ins Blaue hinein" formuliert worden und deswegen unbeachtlich
ist.
Ein Anspruch auf Kostenübernahme lässt sich auch im Hinblick auf die bei dem Versicherten für mehrere Monate eingetretene
Schmerzfreiheit nicht begründen. Zwar findet §
2 Abs.
1a SGB V Anwendung nicht nur bei einer beabsichtigten vollständigen Heilung, sondern auch bei einer anderweitigen günstigen Beeinflussung
des Krankheitsverlaufs. §
2 Abs.
1a SGB V verlangt nicht notwendigerweise eine Heilung, sondern lässt die Aussicht auf eine spürbare positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs
genügen (LSG Baden-Württemberg v. 22. März 2017 - L 5 KR 1036/16 - juris Rn 57). Das Bewirken von Schmerzfreiheit für mehrere Monate stellt eine anzuerkennende positive Beeinflussung eines
Krankheitsverlaufs dar. Die Klägerin verkennt aber, dass sich die zureichende Erfolgsaussicht einer Alternativtherapie auch
im Hinblick auf die günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufs nicht daraus ergeben kann, dass sich im Verlauf der Behandlung
eine bestimmte Entwicklung eingestellt hat, die für sich genommen als Eintritt einer erhebliches Verbesserung des Befindens
gewertet werden kann. Der tatsächliche Verlauf der Krankheit ist von vielerlei Faktoren abhängig. Da der Versicherte vorliegend
die ihm in der Lungenklinik H noch angebotenen Vertragstherapien nicht wahrgenommen hat, kann insbesondere nicht festgestellt
werden, welches Behandlungsergebnis mit diesen Therapien erreicht worden wäre und ob der Einsatz der Protonentherapie tatsächlich
zu einem besseren Ergebnis geführt hat. Selbst wenn auch im Hinblick auf eine günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufs
in Bezug auf die Bewirkung von Schmerzfreiheit keine schulmedizinische Behandlungsoption mehr bestanden hätte - was der Senat
ausdrücklich dahingestellt sein lässt - , verlangt §
2 Abs.
1a SGB V für die Kostenübernahme einer Alternativtherapie jedenfalls eine gewisse Erfolgsaussicht. Aufgrund bereits vorhandener Erkenntnisse
(Indizien) muss sich eine ex-ante-Prognose für den Erfolg stellen lassen, nach der der Eintritt eines Behandlungserfolgs nicht
ganz unwahrscheinlich erscheinen darf. Für eine solche Prognose gibt es im vorliegenden Sachverhalt aber keine Grundlage.
Allein das Wirkprinzip der Protonenbestrahlung reicht dafür nicht, weil sich aus ihm keine besonderen Vorteile gerade für
die Schmerzbekämpfung ableiten lassen. Solche Vorteile sind auch von der behandelnden Klinik nicht formuliert oder in Aussicht
gestellt worden. Studien oder Berichte darüber, welche Effekte die Protonentherapie für das Schmerzempfinden bei Patienten
hat, welche an einem nicht operablen nichtkleinzelligem Lungenkarzinom im Stadium IV leiden, sind bislang offenbar nicht vorhanden.
Insoweit hat der Versicherte an einem medizinischen Experiment teilgenommen, das möglicherweise für ihn zu einer positiven
Entwicklung geführt hat. Die Finanzierung medizinischer Experimente gehört aber nicht in den Leistungsumfang der gesetzlichen
Krankenversicherung, auch nicht über §
2 Abs.
1a SGB V.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach §
193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.