Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung für einen Geschäftsführer
Vorläufiger Rechtsschutz gegen einen Betriebsprüfungsbescheid
Fehlende Statthaftigkeit eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wegen Nichteinlegung eines Rechtsbehelfs in
der Hauptsache
Keine Entscheidung im Hinblick auf Gewährung der Wiedereinsetzung mangels Antrags
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese
die Antragstellerin auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung für deren Geschäftsführer in Anspruch
nimmt.
Die mit Gesellschaftsvertrag vom 29.6.1990 gegründete und in das Handelsregister (Amtsgericht [AG] L - HRB 000) eingetragene
Antragstellerin erbringt als Verpackungsbetrieb mit Sitz in X (Rheinisch-Bergischer Kreis) C- und Lohnverpackungen aller Art.
Geschäftsführer der Antragstellerin ist seit dem 1.4.2009 Herr V F (Beschluss der Gesellschafterversammlung der Antragstellerin
vom 31.3.2009).
Nach vorheriger Ankündigung (Schreiben vom 25.7.2013) führte die Antragsgegnerin bei dem Bevollmächtigten der Antragstellerin
eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) für den Prüfungszeitraum vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2012 durch. Hierbei stellte sie fest, dass für den Geschäftsführer der
Antragstellerin seit Aufnahme seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Antragstellerin keine Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung
abgeführt worden sind.
Die Antragsgegnerin erhob daraufhin nach vorheriger Anhörung (Schreiben vom 14.3.2014) mit Bescheid vom 14.4.2014 für den
Geschäftsführer der Antragstellerin Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
sowie eine Umlagezahlung zum Ausgleichsverfahren nach dem
Mutterschutzgesetz sowie eine Insolvenzumlage für den Zeitraum vom 1.4.2009 bis zum 31.12.2012 in Höhe von 57.367,56 EUR nach.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 22.4.2014 Widerspruch und beantragte zugleich bei der Antragsgegnerin die
Aussetzung der sofortigen Vollziehung.
Mit bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf am 4.6.2014 eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin zudem die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
beantragt.
Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.4.2014 gegen den Bescheid vom 14.4.2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 21.10.2014 hat das SG den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom
14.4.2014 seien nicht gegeben. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen den ihr am 24.10.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 20.11.2014 schriftlich Beschwerde zum SG Düsseldorf
eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen wiederholt und vertieft.
Die Antragstellerin beantragt wörtlich,
"festzustellen, dass für den beurteilten Geschäftsführer, Herrn V F, keine Sozialversicherungspflicht und damit
Rentenversicherungspflicht besteht."
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 22.4.2014
gegen den Bescheid vom 14.4.2014 sei mit Widerspruchsbescheid vom 4.12.2014 zurückgewiesen worden. Ein gerichtlicher Rechtsbehelf
sei nicht erhoben worden. Auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides und die ihm beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wird Bezug
genommen.
Auf Nachfrage des Senats haben das SG Köln (Mitteilung vom 26.3.2015) sowie das SG Düsseldorf (Mitteilung vom 30.3.2015) mitgeteilt,
dass eine Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 4.12.2014 nicht im Verfahrensregister erfasst sei. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben
vom 23.4.2015 die Kopie eines Klageschriftsatzes vom 19.12.2014 sowie die Kopie eines Auszuges aus einem Postausgangsbuch
der Kanzlei zu den Gerichtsakten gereicht, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die am 20.11.2014 fristgerecht (§
173 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 24.10.2014 zugestellten Beschluss des SG Düsseldorf vom
21.10.2014 hat keinen Erfolg.
Das bei verständiger Würdigung des Begehrens der Antragstellerin (vgl. §
123 SGG) auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Anfechtungsrechtsbehelfs gerichtete Rechtsschutzbegehren hat keinen Erfolg.
Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich
der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren: Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER, Beschluss v. 27.6.2013, L 8 R 114/13 B ER m.w.N.; jeweils [...]).
Hiernach ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur statthaft, wenn der gegen den belastenden Verwaltungsakt
- hier den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin - statthafte Rechtsbehelf in der Hauptsache eingelegt worden ist (etwa
Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
86b Rn. 7; Wehrhahn, in: Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl. 2014, §
86b Rn. 30).
Dass die Antragstellerin die nach Zurückweisung ihres Widerspruchs vom 22.4.2014 mit Widerspruchsbescheid vom 4.12.2014 statthafte
Anfechtungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1
SGG) rechtzeitig erhoben (§
90 SGG) hat, ist nicht ersichtlich. Nach §
87 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 SGG ist die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§
85 Abs.
3 Satz 1
SGG) zu erheben.
Das gemäß §
57 Abs.
1 SGG i.V.m. §
20 Abs.
2 Nr.
7 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen [JustG NRW] vom 26.1.2010 [GV.NRW.
S. 30]) für die im Rheinisch-Bergischen Kreis ansässige Antragstellerin örtlich zuständige SG Köln hat dem Senat unter dem
26.3.2015 indessen mitgeteilt, dass nach dem 4.12.2014, dem Tag der Ausfertigung des Widerspruchsbescheides, eine Klage der
Antragstellerin dort nicht eingegangen sei. Auch bei dem - örtlich unzuständigen und deshalb zur sachlichen Entscheidung über
den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 4.6.2014 nicht berufene - SG Düsseldorf sind weitere
Verfahren nicht anhängig (Mitteilung vom 30.3.2015).
Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23.4.2015 auf eine "Klageschrift vom 19.12.2014" verweist, ergibt sich hieraus
auch eingedenk des beigefügten Auszugs aus dem Postausgangsbuch des Bevollmächtigten der Antragstellerin nichts anderes. Dass
der Rechtsbehelf bei dem Gericht tatsächlich erhoben worden ist, ergibt sich aus diesen Schreiben nämlich ebenso wenig wie
aus dem sonstigen Vorbringen der Antragstellerin.
Ob im Fall einer etwaigen, noch einzulegenden Anfechtungsklage die von dem SG zu prüfenden tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§
67 SGG) erfüllt sind, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung durch den Senat. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten,
dass ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bestehen kann, wenn die Voraussetzungen
für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht offensichtlich ausgeschlossen sind (so Wahrendorf, in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
86b Rdnr. 55; a.A. Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl.,
Rdnr. 651; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier,
Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], 27. Erg.-Lfg., Stand Oktober 2014, §
80 Rdnr. 84), vorliegend ist jedoch bereits nicht ersichtlich, dass der gerichtliche Rechtsbehelf in der Hauptsache rechtshängig
(§
94 SGG) und in diesem Rahmen ein Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung (§
67 Abs.
1 SGG) gestellt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §
197a SGG i.V.m. §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig
nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).