Kein Rechtsschutzbedürfnis im sozialgerichtlichen Verfahren bei Bagatellstreitwert durch Anwendung der Rundungsregelung des
§ 41 Abs. 2 SGB II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 4. April 2012 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Dabei geht es allein um die richtige Berechnung des individuellen Warmwasserabzuges für die Kläger in dem Zeitraum März
bis August 2010. Die Kläger rügen mit der bei dem Sozialgericht Nordhausen erhobenen Klage die Berechnungspraxis des Beklagten,
wonach die einzelnen Warmwasserabzugsbeträge aller zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Hilfebedürftigen zunächst addiert und
der Gesamtbetrag gleichmäßig verteilt statt individuell ermittelt wird. Die Kläger erhielten deswegen statt 32,15EUR nur 31,67
EUR für die Kosten der Unterkunft bewilligt. Mit der Klage begehren die minderjährigen Kläger die individuelle Berechnung
und die Auszahlung der sich ergebenden Differenz von jeweils 0,48 EUR monatlich. Das Sozialgericht Nordhausen hat die Klage
mit Urteil vom 4. April 2012 abgewiesen. Es begründet dies damit, dass wegen der Berechnungspraxis des Beklagten gleichzeitig
eine Überzahlung der Mutter der Kläger eintritt, weshalb die Kläger keinen Rechtsanspruch auf den Differenzbetrag geltend
machen dürften. Innerhalb einer sog. "funktionierenden Bedarfsgemeinschaft" müsse der Ausgleich im Innenverhältnis erfolgen.
Der "individuellen Bestimmung" der zu zahlenden Unterkunftskosten muss daher "kein Raum" gegeben werden. Hiergegen wenden
sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Sie berufen sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Unerheblich
sei, dass die jeweiligen Auszahlbeträge im Centbereich verbleiben.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat brauchte sich mit der Frage, ob ein Zulassungsgrund,
insbesondere eine Divergenz, vorliegt, nicht zu befassen. Denn selbst wenn der Warmwasserabzug individuell zu berechnen ist,
wie der Senat in der Vergangenheit im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entschieden hat (vgl. L 9 AS 133/12 NZB), scheidet ein Erfolg der Berufung mangels Rechtsschutzbedürfnisses für die erstinstanzliche Klage aus. Es besteht kein
Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Klage mit dem Ziel höherer Leistungen von monatlich 0,48 EUR für jeden Kläger
im Zeitraum März bis August 2010. Der Senat hält die vom BSG im Urteil vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 35/12 R) angestellten Erwägungen zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis für Klagen wegen Verletzung der Rundungsregelung des § 41 Abs. 2 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (SGB II a. F.) auch auf den vorliegenden Fall des Warmwasserabzugs, der einen Zeitraum während der Geltung des § 41 Abs. 2 SGB II a. F. betrifft, für übertragbar. Das hier betroffene Klagebegehren, das allein auf die Verletzung der Berechnungsmethode
bei dem Warmwasserabzug gerichtet ist und hier für jeden Kläger zu einer individuellen Beschwer von monatlich weniger als
50 Cent führt, rechtfertigt für sich genommen die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtschutzes nicht. Nach der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kann der Zugang zu den Gerichten von einem Rechtsschutzbedürfnis abhängig gemacht werden
(vgl. BVerfG vom 5. Dezember 2001, Az.: 2 BvR 1413/83 - nach juris). Das verlangt vom Kläger, dass er ein Mindestmaß an berechtigtem Rechtsverfolgungsinteresse geltend machen
kann, das dem öffentlichen Interesse an einer effizienten Rechtspflege gegenüber gestellt werden kann. Allein die Höhe des
geltend gemachten Anspruches lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen, vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen,
die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreites entfallen lassen. Diese besonderen Umstände,
die eine Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz nicht gerechtfertigt erscheinen lassen, liegen hier vor. Dabei berücksichtigt
der Senat den Umstand, dass es - wie im Rundungsfall ((BSG), Urteil vom 12. Juli 2012, B 14 AS 35/12 R - nach juris) - bei dem beschränkten Begehren der Kläger nicht um einen eigenen wirtschaftlich sinnvollen Vorteil geht.
Jedenfalls während der Geltung des § 41 Abs. 2 SGB II a. F. geht der Senat davon aus, dass die Erwägungen, die die Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz für ein Begehren
auf Leistungen im Centbereich wegen der Rundung objektiv nicht gerechtfertigt erscheinen lassen, auch im vorliegenden Zusammenhang
zutreffen. Es ist nicht ersichtlich, warum die vom BSG im Zusammenhang mit der Rundungsregelung hervorgehobene Funktionsfähigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes im vorliegenden Zusammenhang
weniger bedeutsam sein sollte. Auch spricht nichts dafür, dass das vom BSG im Rundungsfall formulierte Postulat - es sei von Verfassungs wegen auszuschließen, dass der Beklagte sich um der daraus
erfolgenden Einsparung willen bewusst gesetzeswidrig verhält (vgl. Rdnr. 21 im Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 35/12 R -) -, hier nicht gälte. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war nach §
73a SGG i.V.m. §
116 Zivilprozessordnung (
ZPO) abzulehnen, weil die erforderliche Bedürftigkeit vom Gericht nicht geprüft werden konnte. Ein Beteiligter, der nach seinen
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen
kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Beteiligte ist verpflichtet, seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse durch Vorlage eines ausgefüllten und unterschriebenen Vordrucks (laut PKH-Vordruck-VO vom 17. Oktober 1994, BGBl
I 3001) zu belegen. Dies ist hier trotz gerichtlicher Aufforderung mit Fristsetzung nicht geschehen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).