Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger war seit 1978 - unterbrochen durch kürzere Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis 2009 als Fliesenleger
tätig. Wegen einer Knieverdrehung suchte er am 2. Mai 2008 den Durchgangsarzt auf, der den Verdacht auf eine Innenmeniskusverletzung
äußerte. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2009 vermutete die Krankasse des Klägers gegenüber der Beklagten das Vorliegen einer
Berufskrankheit nach Nr. 2112 (Gonarthrose). Die Beklagte leitete Verfahren hinsichtlich dieser Berufskrankheit und zusätzlich
der Nr. 2102 (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich
belastenden Tätigkeiten) ein und zog medizinische Befunde hinsichtlich des rechten Kniegelenks bei. Ausweislich eines Operationsberichtes
des M. A. vom 12. Mai 2009 war dem Kläger wegen einer bestehenden Gonarthrose rechts eine Kniegelenkstotalendoprothese implantiert
worden. Der Beratungsarzt Dr. C. verneinte in seiner Stellungnahme vom 14. Dezember 2010 das Vorliegen einer primären Meniskuserkrankung.
Hinsichtlich der am rechten Kniegelenk bestehenden primären Gonarthrose, welche am 12. Mai 2009 operativ durch Im-plantation
versorgt wurde, seien weitere Ermittlungen erforderlich. Daraufhin zog die Beklagte einen Operationsbericht von Dr. G.-L.
vom 15. Mai 2008 hinsichtlich einer arthroskopischen Außen- und Innenmeniskusteilresektion am rechten Kniegelenk bei. Des
Weiteren wurde ein Operationsbericht der Praxisklinik am U. K. über eine Operation am 8. November 2001 beigezogen. Damals
war wegen einer bestehenden Gonarthrose zweiten Grades und wegen Verdachts auf einen Innenmeniskusschaden des rechten Kniegelenks
eine Arthroskopie durchgeführt worden. Eine partielle Menisektomie medial erfolgte. Der Beratungsarzt Dr. C. verneinte in
einer weiteren Stellungnahme vom 25. Februar 2011 das Vorliegen einer primären Meniskuserkrankung, wie sie von der BK Nr.
2102 gefordert werde. Vielmehr liege eine sekundäre Meniskopathie vor. Am Kniegelenk rechts sei eine primäre Gonarthrose,
am Kniegelenk links keine arthrotischen Veränderungen gesichert. Ein belastungskonformes Schadensbild für beruflich verursachte
Gonarthrosen sei bis heute nicht vorhanden. Mit Stellungnahme vom 6. Juli 2011 lehnte die Gewerbeärztin Dr. G. die Anerkennung
einer BK 2102 und einer BK 2112 ab. Hinsichtlich der BK 2102 fehle es an der geforderten primären Meniskuserkrankung. Hinsichtlich
der BK 2112 sei eine berufliche Verursachung nicht nachweisbar, weil nur rechtsseitig eine Kniegelenkserkrankung bestehe.
Bei einer Tätigkeit als Fliesenleger seien aber beide Kniegelenke im gleichen Ausmaß betroffen.
Mit Bescheid vom 30. August 2011 lehnte die Beklagte sinngemäß sowohl die Anerkennung einer BK 2102 als auch einer BK 2112
ab. Hiergegen legte der Kläger am 8. September 2011 Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren beauftragte die Beklagte den
Technischen Aufsichtsdienst (TAD) mit der Anfertigung einer Arbeitsplatzexposition. Dieser ermittelte im Zeitraum vom 19.
Juni 1978 bis 16. Juni 2009 eine Kniebelastung im Sinne der BK Nr. 2112 von 13.997 Stunden. Des Weiteren beauftragte die Beklagte
die Orthopäden Dr. I. und Dr. M. mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens. Diese führten in ihrem Gutachten vom 11.
April 2012 aus, dass am rechten Kniegelenk bereits im Juni 2000 eine Gonarthrose mit dem Schweregrad nach Kellgren II - III
vorgelegen habe. Aufgrund des Arthroskopiebefundes vom November 2001 sei diese bereits als hochgradig zu beschreiben. Folge
sei die im Mai 2009 eingesetzte Kniegelenksendoprothese. Hinsichtlich des linken Kniegelenks liege eine Gonarthrose mit Schweregrad
Kellgren IV seit November 2011 gesichert vor. Dieser Einschätzung widersprach der Beratungsarzt der Beklagten Dr. C. in seiner
Stellungnahme vom 16. Juli 2012. Am linken Kniegelenk liege keine Erkrankung im Sinne einer Gonarthrose vor. Die Beweglichkeit
des linken Kniegelenks habe am 11. April 2012 0-0-135 Grad betragen. Das Stadium I nach Kellgren definiere noch keine Gonarthrose.
Am rechten Kniegelenk liege hingegen eine anerkennungsfähige BK 2112 vor. Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid
vom 28. August 2012 zurückgewiesen. Zwar seien die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Gonarthrose am rechten Kniegelenk
im Sinne der BK 2112 grundsätzlich erfüllt. Jedoch sei eine anerkennungsfähige Gonarthrose spätestens seit dem 8. November
2001 gesichert. Der Versicherungsfall sei daher vor dem 1. Oktober 2002 eingetreten. Daher sei aufgrund der Rückwirkungsklausel
des §
6 Abs.
1 Satz 1
BKV die Anerkennung einer BK Nr.
2112 ausgeschlossen.
Hiergegen hat der Kläger am 20. September 2012 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat den Orthopäden und Chirurgen Prof. Dr.
B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Er führt in seinem Gutachten vom 19. Januar 2013 aus, dass eine BK 2102
mangels Vorliegens einer primären Meniskopathie nicht zu sichern sei. Bei einer primären Meniskopathie beginne der Verschleiß
im Meniskusgewebe, die Verschleißerscheinung im Kniegelenk müssten daher überwiegend im Bereich der Meniski vorliegen. Für
die Annahme einer primären Meniskopathie sei zu fordern, dass die Verschleißerscheinung des Gelenkknorpels geringer seien
als die Meniskusschäden. Im Fall des Klägers fänden sich jedoch schwere Veränderungen des Gelenkknorpels und zwar sowohl im
Bereich des medialen als auch des lateralen Femurkondylus. Die Lokalisation und Ausprägung dieser Veränderungen rechtfertige
den Schluss, dass die Meniskusschädigung nicht die Ursache dieser Verschleißerscheinung des Gelenkknorpels sei. Es liege daher
eine sekundäre Meniskopathie vor. Hinsichtlich des rechten Kniegelenkes liege eine BK Nr. 2112 vor. Hinsichtlich des linken
Kniegelenks sei zunächst außer der Röntgenuntersuchung im Jahre 2001 keine Behandlung dokumentiert. Wesentliche chronische
Kniegelenksbeschwerden könnten daher nicht angenommen werden. Die Veränderungen im rechten und linken Kniegelenk seien hinsichtlich
ihrer Ausprägung und ihres zeitlichen Auftretens unterschiedlich. Die Gesundheitsschäden im Bereich des rechten Kniegelenks
seien schwerwiegender und deutlich früher aufgetreten als im linken Kniegelenk. Bei der Tätigkeit als Fliesenleger sei in
aller Regel allerdings das rechte Kniegelenk stärker belastet. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 2. Juni 2013 legte Prof.
Dr. B. dar, dass die Gonarthrose im rechten Kniegelenk bereits vor dem 30. September 2002 und zwar im Rahmen einer Arthroskopie
am 8. November 2001 gesichert sei.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht den Orthopäden Dr. W. nach §
109 des Sozial-gerichtsgesetzes (
SGG) mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Er führt in seinem Gutachten vom 19. Februar 2016 aus, dass
der Kläger seit 1997 unter wechselnden Beschwerden im Bereich des rechten, später auch des linken Kniegelenks leide. 2001
sei es zu einer deutlichen Progredienz der Beschwerdesymptomatik gekommen. Am 8. No-vember 2001 sei eine Arthroskopie des
rechten Kniegelenks erfolgt. In Zusammenschau aller klinischen, radiologischen und arthroskopischen Befunde seinen bereits
Ende 2001 alle medizinischen Voraussetzungen der BK 2112 für das rechte Kniegelenk erfüllt gewesen. Eine Endoprothese sei
aufgrund zunehmender Beschwerden im Jahre 2009 implantiert worden. Dies habe auch zur Aufgabe der Berufstätigkeit gezwungen.
Hinsichtlich des linken Kniegelenks hätten im Oktober 2001 zwar deutliche röntgenologische Arthrosezeichen jedoch ohne eine
sichere klinische Symptomatik vorgelegen. Es sei zu einer zeitverzögerten Entwicklung der Arthrose gekommen. Im Oktober 2011
habe dann das linke Kniegelenk den gleichen Verschleißgrad erreicht wie das rechte Kniegelenk. Die medizinischen Voraussetzungen
hinsichtlich der BK 2112 seien für das rechte Kniegelenk seit 2001 und für das linke Kniegelenk seit 2011 gesichert. Durch
Urteil vom 7. November 2016 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. Die Anerkennung einer BK 2102 scheitere am Fehlen
einer primären Meniskopathie. Nach den eingeholten Sachverständigengutachten sei auslösende Ursache der Meniskusschädigung
ein Verschleiß im Sinne einer Gonarthrose. Ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der BK 2102 liege daher nicht vor.
Die Anerkennung einer BK 2112 scheitere an der Rückwirkungsklausel des §
6 Abs.
3 Satz 1
BKV. Der Versicherungsfall der BK 2112 liege spätestens seit der Arthroskopie des rechten Knies am 8. November 2001 vor. Zum
damaligen Zeitpunkt sei bereits eine Kniebelastung von 13.000 Stunden gegeben gewesen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen
Prof. Dr. B. habe bereits zu diesem Zeitpunkt eine Gonarthrose im erforderlichen Stadium nach Kellgren II vorgelegen. Dies
stelle auch der Sachverständige Dr. W. nicht in Frage.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das Sozialgericht lasse außer Acht, dass eine Gonarthrose im linken
Knie erst deutlich nach dem Jahre 2002 festgestellt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger noch als Fliesenleger tätig
gewesen. Eine BK 2112 liege erst bei einer Gonarthrose in beiden Kniegelenken vor. Der Versicherungsfall sei daher erst deutlich
nach dem 30. September 2002 eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 7. November 2016 und den Bescheid der Be-klagten vom 30. August 2011 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2012 aufzuheben und das Vorliegen einer BK 2102 und 2112 festzustellen,
hilfsweise,
die technischen Voraussetzungen für eine Atypik des linken Kniegelenkes bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit 2009 nachzuermitteln,
sowie den Sachverständigen Dr. B. ergänzend zu seinem Gutachten vom 7. August 2018 und der ergänzenden Stellungnahme vom 24.
April 2019 anzuhören.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts.
Im Berufungsverfahren hat der Senat einen Behandlungsbericht des Orthopäden Dr. Sch. aus dem Jahre 2000 beigezogen. Danach
war der Kläger im Juni und Juli 2000 wegen Beschwerden im rechten Kniegelenk unter der Diagnose einer Meniskopathie in Behandlung
und für den Zeitraum 26. Juni - 7. Juli 2000 krankgeschrieben. Der Senat hat danach ein Sachverständigengutachten beim Orthopäden
Dr. B. in Auftrag gegeben. Dieser führt in seinem Gutachten vom 7. August 2018 aus, dass sich bereits den Röntgenbildern vom
Juni 2000 Hinweise auf eine beginnende Kniegelenksarthrose rechts innenseitig entnehmen ließen. Auf den Röntgenbildern von
Oktober 2001 zeige sich eine innere Kniegelenkarthrose analog Kellgren rechts von knapp drittgradig und links von knapp zweitgradig,
also altersvorauseilend. Der innere Gelenkspalt im Röntgenbild von 2001 sei rechts mit 3 mm und links mit 4 mm zu vermessen.
Vor der Endoprothesenoperation im Mai 2009 habe eine Arthrose analog Kellgren III vorgelegen. Am linken Kniegelenk sei insgesamt
eine Arthrose analog Kellgren Grad II festzustellen. Zu keinem Zeitpunkt habe der Seitenunterschied der Arthrose mehr als
ein Grad nach Kellgren betragen. Nach Aktenlage hätten Kniegelenksbeschwerden erst rechts und dann links seit 1997 bestanden.
Seit 2000 hätten sich die Kniegelenksbeschwerden verstärkt und zu der Röntgendiagnostik im Juni 2000 geführt. Die Erstmanifestation
einer Kniegelenkarthrose rechts mehr als links sei daher auf das Jahr 2001 zu datieren. Die radiologischen Befunde seien mit
einer BK 2112 vereinbar. Nach Aktenlage sei von einem chronisch rezidivierendem Erkrankungsverlauf auszugehen mit Beschwerdeeintritt
seit 1997, Zunahme von Beschwerden 2000 und 2001 mit durchgeführter Arthroskopie rechts 2001. Ein primärer Meniskusschaden,
wie von der BK 2102 gefordert, liege nach Wertung der klinischen und radiologischen Befunde nicht vor. Bereits im Jahre 2001
hätten die arthrotischen Veränderungen überwogen, sodass beiderseits von sekundären Meniskusschäden auszugehen sei.
Die Beklagte sieht sich durch die Ausführungen des Sachverständigen in ihrer Auffassung bestätigt. Ein primärer Meniskusschaden
im Sinne der BK 2102 liege nicht vor. Eine Anerkennung der BK 2112 scheide bereits deshalb aus, weil das medizinische Schadensbild
vor dem 1. Oktober 2002 eingetreten sei. Von September 2002 bis Februar 2004 habe die zuständige Verwaltungsberufsgenossenschaft
die Exposition mit 1.372,5 Stunden ermittelt. Von Oktober 2004 bis 15. April 2007 sei der Kläger nicht freiwillig versichert
gewesen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass alle Voraussetzungen für eine Anerkennung der BK 2112 gegeben sind. Allein die im Jahre
2001 getroffenen röntgenologischen Feststellungen reichten für den Versicherungsfall einer BK 2112 nicht aus. Die Diagnose
einer Gonarthrose im Sinne der BK 2112 setze auch chronische Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen voraus. Diese klinischen
Feststellungen fehlten. Grund der Behandlungen seien Traumata gewesen. Folglich sei das Vorliegen des klinischen Schadensbildes
im Sinne des Vollbeweises bis zum 30. September 2002 nicht gesichert. Dagegen spreche auch, dass der Kläger bis 2009 nahezu
beschwerdefrei weitergearbeitet habe. Der Kläger sei nach 2002 weiter als Fliesenleger tätig gewesen, so dass die zusätzliche
Belastungsdosis genüge einen eigenständigen Erkrankungsfall hinsichtlich des linken Knies herbeizuführen.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. B. vom 24. April 2019 eingeholt.
Darin legt dieser dar, dass es sich bei den Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 2001 um Liegendaufnahmen handele, bei denen das
Ausmaß einer Gelenkspaltverschmälerung unterschätzt werde. Unter Berücksichtigung eines Vergrößerungsfaktors von 1,3 betrage
die mediale Gelenkspaltweite rechts 2,3 mm und links 3,1 mm und liege damit deutlich unter 4 mm. Ein Befundbericht aus dem
Oktober 2001 erwähne eine Kniegelenksergussbildung rechts und ein weiterer Bericht aus dem Juli 2000 eine Krepitation. Von
einem asymmetrischen Krankheitsverlauf könne nicht ausgegangen werden.
Der Kläger sieht nach wie vor den Nachweis chronischer Kniegelenksbeschwerden nicht als geführt an, da diese auf vorangegangenen
Traumata beruhten. Der röntgenologische Nachweis einer Gonarthrose im Sinne der BK 2112 sei nach wie vor nicht geführt. Der
Sachverständige räume selbst ein, dass die Vermessung schwierig sei. Seine Feststellungen seien widersprüchlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht Gotha hat die Klage zu Recht abgewiesen und einen
Anspruch des Klägers auf Feststellung einer BK 2112 bzw. BK 2102 verneint.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2012 ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§
54 SGG). Er hat weder einen Anspruch auf Anerkennung einer Kniegelenksarthrose als Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur
BKV noch der einer Meniskopathie als Berufs-krankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur
BKV.
Nach §
9 Abs.
1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet
und die ein Versicherter bei einer in den §§
2,
3 und
6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet. Nach §
1 der
BKV sind Berufskrankheiten die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten (sogenanntes Listen-prinzip).
Für die Feststellung einer Listen-BK ist erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher
Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität)
und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung
ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK.
Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises
- also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu
beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit
(vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 11/14 R, nach juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark
überwiegen, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet wer-den kann (vgl.
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, nach juris). Sofern die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht von demjenigen, der sie geltend macht, mit dem
von der Rechtsprechung geforderten Grad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu tragen, dass dann
der entsprechende Anspruch entfällt.
Ein Anspruch auf Feststellung einer BK 2112 scheidet bereits deshalb aus, weil der Versicherungsfall der Gonarthrose beim
Kläger am rechten Knie bereits vor dem 1. Oktober 2002 eingetreten ist, sodass eine Anerkennung der Gonarthrose am rechten
Knie nach der Übergangsvorschrift des §
6 BKV nicht mehr möglich ist. Maßgeblich ist hier die Rückwirkungsklausel des §
6 Abs.
3 S. 1
BKV i. d. F der Vierten Verordnung zur Änderung der
Berufskrankheiten-Verordnung (4. BKVÄndVO) vom 10.7.2017 (BGBl I 2299), die während des laufenden Verfahrens am 1.8.2017 (Art 2 a.a.O.) in Kraft trat und §
6 Abs. 2 S 1
BKV i. d. F der 3. BKVÄndVO vom 22.12.2014 (BGBl. I 2397) ersetzte.
§
6 Abs.
3 S. 1
BKV i. d. F der 4. BKVÄndVO lautet: "Leiden Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit nach Nummer 2112, 4114 oder 4115 der
Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten
ist." Bei dem Kläger lag der Versicherungsfall der BK 2112 bereits im November 2001 - und damit vor dem Stichtag des §
6 Abs.
3 S. 1
BKV - vor, weil zu diesem Zeitpunkt eine Gonarthrose am rechten Knie bereits voll ausgeprägt war. Damit kommt im vorliegenden
Fall eine Anerkennung eines (weiteren) Versicherungsfalls der Gonarthrose bezogen nur auf das linke Knie nicht mehr in Betracht.
Um November 2001 lagen die Kriterien vor, die nach den aktuellen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Diagnose
sichern. Das Recht knüpft damit an den medizinischen Diagnosebegriff und die dazu entwickelten Kriterien an (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2018 - B 2 U 5/16 R, nach juris). Dabei sind zur Ermittlung des aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands und als Interpretationshilfe
die Merkblätter heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2018 - B 2 U 5/16 R, nach juris), auch wenn sie weder verbindliche Konkretisierungen der Tatbestandsvoraussetzungen der BK noch antizipierte
Sachverständigengutachten oder eine Dokumentation des Standes der ein-schlägigen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft
sind (vgl. BSG vom 27.6.2017 - B 2 U 17/15 R, nach juris).
Nach dem Merkblatt zur BK 2112 (Bekanntmachung des BMGS vom 30.12.2009, GMBl 2010, 98) und der Stellungnahme des ärztlichen
Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" (GMBl. 2011 S.983) hat die Diagnose einer Gonarthrose folgende Voraussetzungen,
die kumulativ vorliegen müssen: - chronische Kniegelenksbeschwerden, - Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung
in Form (1) einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk (2) Kniegelenkserguss (3)Kapselentzündung mit Verdickung
oder Verplumpung der Gelenkkontur, (4)Krepitation bei der Gelenkbewegung, (5) hinkendes Gangbild oder(6) Atrophie der Oberschenkelmuskulatur.und
- die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend Grad 2 - 4 der Klassifikation von Kellgren u.a.
Die erforderliche röntgenologische Diagnose entsprechend Grad II - IV der Klassifikation von Kellgren ist durch die Röntgenbilder
aus dem Oktober 2001 geführt. Darüber sind sich alle Sachverständigengutachten einig. So legt auch der Sachverständige Dr.
B. in seinem Gutachten vom 7. August 2018 und vertiefend in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. April 2019 unter Berücksichtigung
der Ergebnisse der Konsensusarbeitsgruppe zur Begutachtung der Gonarthrose dar, dass sich aus den Röntgenbildern vom Oktober
2001 die Diagnose einer Gonarthrose analog Kellgren rechts von knapp drittgradig und links von knapp zweitgradig ergibt. Eine
Gonarthrose von Grad II der Klassifikation nach Kellgren setzt nach dem Merk-blatt zur BK-Nr. 2112 voraus, dass im Röntgenbild
oder im Ergebnis anderer bildgebender Verfahren "definitive Osteophyten" und eine mögliche Verschmälerung des Kniegelenkspalts
festgestellt werden können. Was unter "definitiven Osteophyten" zu verstehen ist, ist zwar im Merkblatt nicht näher umschrieben.
Nähere Aussagen hierzu sind jedoch der "Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 (Gonarthrose)" mit Stand
vom 3. Juni 2014 zu entnehmen. Diese beruht auf dem Konsens von Vertretern verschiedener Fachgesellschaften und Organisationen
und ist - wie z.B. die Konsensempfehlung zu den BKen Nrn. 2108 und 2109 - bei der Beurteilung des aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnisstands zugrunde zu legen, der - wie hier - für die Beantwortung wissenschaftlicher (insbesondere medizinischer)
Fachfragen maßgeblich ist (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R, nach juris).
Als Osteophyten sind nach der Begutachtungsempfehlung knöcherne Randausziehungen an-zusehen, die am Gelenkrand lokalisiert
sind. Als "definitive" Osteophyten gelten dabei nur solche Randausziehungen, die eine Größe von mindestens 2 mm ab ursprünglicher
Knochen-form aufweisen. Dabei sind Osteophyten an der Kniescheibe für die Begutachtung der BK-Nr. 2112 nur dann bedeutsam,
wenn sie sich seitlich an der Patella (Kniescheibe) befinden (zu alledem: Begutachtungsempfehlung S. 26).Veränderungen in
diesem Ausmaß sind am rechten Knie des Klägers im Oktober 2001 gesichert. Nach Dr. B. lässt sich dem Röntgenbefund vom 1.
Oktober 2001 eine mittelgroße Osteophytenbildung am rechten Tibiakopf innenseitig und gering am rechten Tibiakopf außenseitig
entnehmen. Davon zu trennen ist das Vorliegen einer möglichen oder definitiven Verschmälerung des Kniegelenkspaltes. Der mediale
Gelenkspalt rechts wird mit 2,3 mm und links mit 3,1 mm ermittelt. Dies erläutert der Sachverständige in seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 24. April 2019 weiter. Danach handelt es sich bei den Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 2001 um Liegendaufnahmen,
bei denen das Ausmaß einer Gelenkspaltverschmälerung unterschätzt werden kann. Unter Berücksichtigung eines Vergrößerungsfaktors
von 1,3 errechnet Dr. B. die mediale Gelenkspaltweite rechts mit 2,3 mm und links mit 3,1 mm. Eine Gelenkspaltweite unter
4 mm stellt nach der Begutachtungsempfehlung eine definitive Verschmälerung dar. Diese Sachlage rechtfertigt die Einschätzung
des Sachverständigen Dr. B., dass im Oktober 2001 rechts eine Kniegelenksarthrose analog Kellgren Grad 3 vorlag (so auch der
Sachverständige Dr. W. in seinem Gutachten vom 19. Februar 2016).
Auch die chronischen Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen im Kniegelenk sind vor dem 1. Oktober 2002 gesichert. Der
Kläger suchte ab dem Jahre 2000 wegen wiederholter Kniebeschwerden Orthopäden auf. Er klagte zum Beispiel gegenüber Dr. Sch.
am 26. Juni 2000 über Beschwerden im rechten Kniegelenk (Überstreckungs- und Flexionsschmerz), wurde deshalb behandelt und
arbeitsunfähig geschrieben. Der Arthroskopiebericht vom 8. November 2001 erwähnt Kniebeschwerden seit mehr als 3 Monaten.
Dies ordneten alle Sachverständigen als chronische Kniebeschwerden ein. Aus den jeweiligen Befundberichten ergibt sich nichts
dafür, dass diese Beschwerden auf Traumata beruhen. Auch der Arthroskopiebericht vom 8. November 2001 bietet dafür keinen
Anhalt. Dass die damalige Behandlung unter der Diagnose einer Meniskopathie rechts medial erfolgte, steht der Annahme chronischer
Kniegelenksbeschwerden im Sinne der BK 2112 nicht entgegen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen aller
Sachverständigen und hier insbesondere von Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 19. Januar 2013 und zuletzt Dr. B. vom 7.
August 2018 der Kläger unter einer sekundären Meniskopathie im rechten Kniegelenk leidet. Danach überwiegen ausweislich des
Arthroskopiebefundes vom 8. November 2001 die Arthrosezeichen den Meniskusschaden rechtsseitig deutlich.
Erforderlich ist nach den Ergebnissen der Konsensusarbeitsgruppe ferner das alternative Vorliegen einer von sechs Funktionsstörungen.
Dazu zählen nicht nur eine eingeschränkte Stre-ckung oder Beugung im Kniegelenk, sondern auch eine Krepitation bei der Gelenkbewegung
(vgl. Grosser, Berufskrankheit Gonarthrose BK 2112, Trauma und Berufskrankheit 2018 S. 108 - 114). Eine solche Funktionsstörung
ist nachgewiesen. Der Kläger befand sich am 26. Juni und 7. Juli 2000 nachweislich beim Orthopäden Dr. Sch. wegen Beschwerden
im rechten Kniegelenk in Behandlung und wurde von diesem unter anderem für den Zeitraum 26. Juni bis 7. Juli 2000 arbeitsunfähig
geschrieben. Dr. Sch. stellte ausweislich seines Behandlungsberichtes eine Krepitation (=Knirschen im Kniegelenk) und einen
Abduktionsschmerz fest. Auch der Sachverständige Dr. W. geht in seinem Gutachten vom 19. Februar 2016 von einer retropatellaren
Krepitation im November 2001 aus. Eine solche stellt nach den genannten Begutachtungsempfehlungen einen deutlichen Hinweis
für eine Arthrose dar und reicht für die Annahme der erforderlichen Funktionsstörung bei einer orthopädischen Untersuchung
aus. Die Funktionsstörung bei der klinischen Untersuchung kann sich entweder in Form einer eingeschränkten Streckung oder
Beugung im Kniegelenk oder alternativ in einer Krepitation bei Gelenksbewegung oder sonstigen Einschränkungen äußern. Ferner
ist auf den Arthroskopiebericht vom 8. November 2001 abzustellen. Danach wurden bereits im Bereich der Menisci deut-liche
Arthrosezeichen festgestellt. Insoweit sind alle Sachverständigen zu dem Schluss gelangt, dass im November 2001 alle kumulativ
zu fordernden Voraussetzungen für eine Gonarthrose im Sinne der BK 2112 vorlagen. Damit lag eine Gonarthrose im Sinne der
BK 2112 bereits vor dem Stichtag 1. Oktober 2002 vor. Der Senat kann daher offenlassen, ob die in einem Befundbericht vom
16. November 2010 nachrichtlich in Wiedergabe eines Befundes vom Oktober 2001 erwähnte mediale Ergussbildung für Oktober 2001
als gesichert angenommen werden kann.
Der Hilfsantrag des Klägers, den vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. B. zu seinem Gutachten vom 7. August 2018 und
seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. April 2019 ergänzend zu hören, ist abzulehnen. Der Senat sieht keine Notwendigkeit,
ihn von Amts wegen zu befragen. Der Sachverhalt ist durch die eingeholten Gutachten insoweit hinreichend geklärt. Dem Schriftsatz
des Klägers vom 12. Juni 2019 lassen sich insbesondere unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen
Dr. B. vom 24. April 2019 keine erläuterungsbedürftigen Punkte entnehmen, die als sachdienliche Fragen an den Sachverständigen
in Betracht kämen. Soweit die Bejahung von chronischen Kniegelenksbe-schwerden und Funktionsstörungen durch Dr. B. beanstandet
wird, erschöpft sich der Vortrag in der Darlegung einer abweichenden Auffassung, ohne zum Beispiel Erläuterungsbedarf hinsichtlich
der Auswertung von Befundberichten aufzuzeigen. Es versteht sich von selbst, dass der Sachverständige hinsichtlich des Vorliegens
chronischer Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen bis zum Stichtag 1. Oktober 2002 nur die bis zu diesem Stichtag
erstellten Befunde auswerten kann. Eine eingeschränkte Streckung oder Beugung des rechten Kniegelenkes hat der Sachverständige
nicht festgestellt. Dass Dr. B. dem Behandlungsbericht von Dr. Sch. betreffend den Zeitraum 16. Juni bis 7. Juli 2000 die
Feststellung einer Krepitation (=Knirschen im Kniegelenk) und eines Abduktionsschmerzes entnommen hat, wird hingegen nicht
thematisiert und steht mit dem Wortlaut des Befundes im Einklang. Ob der Erguss des rechten Kniegelenkes durch den MRT-Befund
hinreichend belegt wird, ist nicht entscheidungserheblich, da eine Funktionsstörung für die Bejahung einer Gonarthrose ausreicht.
Hinsichtlich der Auswertung des Röntgenbefundes vom 1. Oktober 2001 belegt der Schriftsatz vom 12. Juni 2019 ebenfalls keinen
Erläuterungsbedarf. Dr. B. hat sowohl in seinem Gutachten als auch in seiner ergänzenden Stellungnahme die Schwierigkeiten
der Auswertung benannt und sein Ergebnis nachvollziehbar begründet. Er hat dargelegt, warum bei der Ermittlung der Gelenkspaltweite
ein Vergrößerungsfaktor anzusetzen ist und die Gelenkspaltweite rechts mit 2,3 mm ermittelt. Eine solche Gelenkspaltweite
rechtfertigt unter Berücksichtigung der zusätzlich festgestellten Osteophyten nach der Begutachtungsempfehlung die Annahme
einer Kniegelenksarthrose rechts analog Kellgren Grad 3. Der Sachverständige gelangt gerade nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen,
sondern erläutert seine Herangehensweise.
Dass beim Kläger erst nach dem 1. Oktober 2002 auch am linken Knie eine Gonarthrose im Sinne der BK 2112 auftrat, vermag nichts
daran zu ändern, dass der Versicherungsfall der Gonarthrose im Sinne des §
6 Abs.
3 Satz 1
BKV bezogen auf das rechte Knie bereits vor dem Stichtag vorlag, weshalb eine Anerkennung einer BK 2112 nur des linken Knies
zu diesem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich ist. Zwar ist hinsichtlich des linken Knies der Vollbeweis einer Gonarthrose
am 30. September 2002 jedenfalls mangels Feststellung der klinischen Voraussetzungen einer Gonarthrose nicht erbracht. Das
Röntgenbild vom 1. Oktober 2001 erbringt nach dem Gutachten von Prof. Dr. B. hinsichtlich des linken Kniegelenks nur den Nachweis
einer Gonarthrose Kellgren I. Der Erkrankungsfall der "Gonarthrose" tritt aber bereits dann ein, sobald auch nur ein Kniegelenk
die diagnostischen Kriterien dieser Krankheit erfüllt. Denn es handelt sich bei den Verschleißerscheinungen an den Kniegelenken
um einen einheitlichen Erkrankungsfall. Der Versicherungsfall der Gonarthrose setzt mithin nicht voraus, dass an beiden Knien
eine Erkrankung vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2018 - B 2 U 5/16 R, nach juris). Dafür spricht bereits, dass der Tatbestand der BK 2112 knieübergreifend von einer "Gonarthrose" spricht, ohne
dabei zwischen den beiden Kniegelenken zu differenzieren, und gleichzeitig für die Verschleißerkrankung beider Kniegelenke
dieselbe Krank-heitsbezeichnung verwendet. Zudem entspricht es der Systematik der GUV, mehrere Gesundheitsstörungen - selbst
wenn es sich um medizinisch voneinander unabhängige Gesundheitsschäden handelt - als eine einheitliche BK und damit auch als
einheitlichen Erkrankungsfall zu behandeln, wenn sie auf derselben Ursache bzw. wesentlichen Bedingung beruhen, d. h. auf
ein und dieselbe gefährdende Tätigkeit zurückzuführen sind. Die vom Kläger ausgeübten gefährdenden Tätigkeiten bilden eine
Einheit und können nur insgesamt sowohl für die Gonarthrose rechts als auch links ursächlich sein, weil die kumulative Einwirkungsdauer
von mindestens 13. 000 Stunden lediglich um 23 Stunden überschritten ist.
Anhaltspunkte für eine asymmetrische Belastung bei einem Fliesenleger bestehen nicht. Dies haben alle Sachverständigen verneint.
Die Erkrankung am linken Kniegelenk kann ferner nicht als zusätzlicher Versicherungsfall eingestuft werden. Die in Frage kommende
Belastungsdosis reicht ersichtlich nicht aus, um einen eigenständigen Erkrankungsfall nach dem 1. Oktober 2002 zu verursachen.
Die Belastungsdosis zwischen 2001 und 2009 erreicht nicht die 13.000 Stunden, die hierfür erforderlich wären. Die Belastung
zwischen 1. September 2002 und 29. April 2004 (Weise und Partner Bad Berka) betrug nach den Feststellungen der zuständigen
Verwaltungsberufsgenossenschaft 1.372,5 Stunden. Danach war der Kläger bis 15. April 2007 ohne freiwillige Versicherung selbständig
tätig. Deswegen kann die in diesem Zeitraum angefallene Kniebelastung bereits aus Rechtsgründen keine Berücksichtigung finden.
Die anschließende Tätigkeit bei der T. GmbH vom 16. April 2007 bis 30. Juni 2009 war bereits von längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten
und zwar vom 5. Mai bis 22. Juni 2008, 29. Oktober bis 5. Dezember 2008 und 15. Januar bis 16. Juni 2009 geprägt. Das Erreichen
der noch fehlenden 11.627,5 Stunden (13. 000 minus 1.372,5 Stunden) kniebelastender Tätigkeit in diesem Zeitraum ist daher
ausgeschlossen. Die Tätigkeit des Klägers erstreckte sich unter Berücksichtigung der feststehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten
auf maximal 20 Monate. Ausgehend von 220 Arbeitstagen im Jahr mit einer Arbeitszeit von 8 Stunden errechnet sich damit nur
eine Gesamtarbeitszeit von 2.934 Stunden (220:12x20x8). Eine genaue Ermittlung, zum Beispiel unter Berücksichtigung der Vorgaben
des Messwertkatasters zu beruflichen Kniebelastungen, ist offensichtlich nicht erforderlich. Der Hilfsantrag gerichtet auf
Ermittlungen zu den arbeits-technischen Voraussetzungen wegen einer Atypik der Belastung des linken Kniegelenks war dementsprechend
als nicht entscheidungserheblich abzulehnen. Der Kläger begründet ihn in den Schriftsätzen vom 5. März und 8. April 2019 damit,
dass zu klären sei, ob die zusätzliche Belastungsdosis genügt, um einen eigenständigen Erkrankungsfall nach dem 1. Oktober
2002 herbeizuführen. Das ist nach den vorhergehenden Ausführungen zu verneinen.
Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Übergangsvorschrift des §
6 Abs.
3 S. 1
BKV bestehen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2018 - B 2 U 5/16 R, nach juris).
Ferner können die beim Kläger gesichert vorliegenden Erkrankungen an beiden Kniegelenken nicht als Berufskrankheit im Sinne
der BK 2102 der Anlage 1 zur
BKV anerkannt werden. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befundberichte und der eingeholten
Sachverständigengutachten. Der Verordnungsgeber hat die Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur
BKV wie folgt bezeichnet: "Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich
belastenden Tätigkeiten". Es kann im Einklang mit dem Sozialgericht offen bleiben, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen
für das Vorliegen einer BK 2102 erfüllt sind. Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt,
dass die an beiden Kniegelenken bestehende Befundkonstellation mit der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur
BKV nicht zu vereinbaren ist. Im Fall des Klägers finden sich schwere Veränderungen des Gelenkknorpels und zwar sowohl im Bereich
des medialen als auch des lateralen Femurkondylus. Die Lokalisation und Ausprägung dieser Veränderungen rechtfertigen den
Schluss, dass die Meniskusschädigung nicht die Ursache dieser Verschleißerscheinung des Gelenk-knorpels ist. Vielmehr ist
der Meniskusschaden als mittelbare Folge des Knorpelschadens anzusehen. Es liegt daher eine sekundäre Meniskopathie vor. Ein
belastungskonformes Schadensbild ist ferner nicht zu bejahen, weil dieses eine Betroffenheit des Meniskushinterhorns voraussetzt.
Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit,
9. Auflage 2017, S. 662; Meyer-Clement, Kausalitätsbeurteilung Berufskrankheit Nr. 2102, Trauma und Berufskrankheit 2018 S.
102-107) verursachen die von der BK 2102 vorausgesetzten beruflichen Belastungen Schäden im Bereich des Meniskushinterhorns.
Erst mit dem Voranschreiten der Erkrankung breitet sich der Meniskusschaden in den mittleren Abschnitt bis hin zum Vorderhorn
aus. Grund hierfür ist, dass der Innenmeniskus über seine gesamte Konvexität mit der Gelenkkapsel verbunden ist, der Außenmeniskus
aber nur im Vorder- und im Hinterhornbereich. Dies hat zur Folge, dass es dem Außenmeniskus - nicht aber dem Innenmeniskus
- möglich ist, unphysiologischen Belastungen auszuweichen. Daher ist ein belastungskonformes Schadensbild bevorzugt am Innenmeniskushinterhorn
zu erwarten (vgl. zum Ganzen auch Mehrtens/Brandenburg, Kommentar zur
Berufskrankheitenverordnung, M 2102 Anm. 2.3). Bei fehlender Beteiligung des Hinterhorns liegt das geforderte medizinische Schadensbild - wie hier -
nicht vor. Auch dass zum Zeitpunkt der Erstmanifestation des jeweiligen Meniskusschadens im Jahre 2000/2001 rechts und 2009/2011
links bereits radiologisch eine Gonarthrose Grad Kellgren II gesichert vorliegt, belegt einen sekundären Meniskusschaden (vgl.
Grosser, Berufskrankheit Gonarthrose BK 2112, Trauma und Berufskrankheit 2018 S. 108 - 114).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 SGG liegen nicht vor.