Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung in der gesetzlichen Krankenversicherung; Beurteilung der Wirtschaftlichkeit
einer Behandlung bei mehreren gleich geeigneten, ausreichenden und notwendigen Behandlungen
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin behandelte die bei der beklagten
Krankenkasse (KK) versicherte E (im Folgenden: Versicherte) vollstationär vom 12.11. bis 3.12.2008 und führte einen Herzklappeneingriff
durch. Die Klägerin stellte einen Betrag von 25 375,96 Euro (Fallpauschale - Diagnosis Related Group [DRG] F03Z - Herzklappeneingriff
mit Herz-Lungen-Maschine, mit komplizierenden Prozeduren) in Rechnung, in dem ein Zusatzentgelt (ZE) von 1031,63 Euro (ZE
84.02 - Apherese-Thrombozytenkonzentrate) enthalten war (15.12.2008). Die Beklagte beglich die Rechnung unter Vorbehalt und
unter Abzug eines Betrags für die Anschubfinanzierung Integrierte Versorgung (12.1.2009). Sie beauftragte den Sozialmedizinischen
Dienst (SMD), die Abrechnung zu prüfen, weil die übermittelten Daten eine zweifelsfreie Beurteilung der angegebenen Prozeduren
nicht zulassen würden (6.1.2009). Unter Hinweis auf den Prüfauftrag forderte der SMD die Klägerin am selben Tag zur Übersendung
von Unterlagen auf (Entlassungsbericht, Nachweis über ZE 84.02) auf. Nach Prüfung der übersandten Unterlagen der Kardiologie
und der Herz-Thorax-Chirurgie gab der SMD an, dass die Gabe von zwei Thrombozyten-Apheresekonzentraten nicht nachvollziehbar
sei; die Gabe von gepoolten Thrombozytenkonzentraten wäre ausreichend gewesen (16.2.2009). Daher sei die DRG F11A (Herzklappeneingriff
mit Herz-Lungen-Maschine, mit Zweifacheingriff oder bei angeborenem Herzfehler und mit Reoperation, invasiver Diagnostik oder
intraoperativer Ablation) abzurechnen gewesen. Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass sich auf Grundlage der Stellungnahme
des SMD ein Rechnungsbetrag von lediglich 19 801,53 Euro ergebe (3.3.2009) und verrechnete den Betrag von 5457,10 Euro mit
einer anderen Forderung der Klägerin (10.3.2009).
Die Klage auf Zahlung von 5457,10 Euro nebst Zinsen ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid vom 19.6.2009). Das LSG hat
die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. KKn seien nur verpflichtet, Leistungen zu erstatten, die medizinisch erforderlich
seien. Die Gabe von AphereseThrombozytenkonzentraten sei medizinisch nicht indiziert gewesen. Die Klägerin trage das Risiko
fehlender Verfügbarkeit gepoolter Thrombozytenkonzentrate (Urteil vom 22.8.2012).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 7 S 1 Nr 1 und 6, § 8 Abs 2 S 1 und 3 Nr 1 iVm § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 und 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) iVm Anlage 1, 2 und 5 zur Fallpauschalenvereinbarung 2008 (FPV 2008) und iVm §
301 Abs
1 S 1 Nr
6, Abs
2 S 2
SGB V iVm dem Operationen- und Prozedurenschlüssel 2008 (OPS-Version 2008). Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot liege
nicht vor. Die Gabe von Apherese-Thrombozytenkonzentraten sei im konkreten Einzelfall medizinisch notwendig gewesen, weil
von der Blutspendezentrale S in der bestehenden Notsituation nur dieses Blutprodukt habe geliefert werden können und es hierzu
keine Alternative (Poolprodukte) gegeben habe. Eine rein abstrakte Betrachtungsweise der medizinischen Notwendigkeit verbiete
sich. Zudem macht die Klägerin einen Verstoß gegen §
103 SGG geltend. Sie habe mit Schriftsatz vom 6.2.2012 beantragt, ein Gutachten bei einem Transfusionsmediziner einzuholen. Dem sei
das LSG nicht nachgekommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 22. August 2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das
Saarland vom 19. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 5457,10 Euro nebst 2 Prozentpunkten Zinsen
über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 11. März 2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die zulässige Revision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Gerichtsbescheid des SG ist zutreffend. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§
54 Abs
5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin gegen die beklagte
KK auf Vergütung von Krankenhausbehandlungsleistungen für andere Versicherte (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 5457,10
Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung
der Versicherten aufrechnete. Der Klägerin stand wegen der stationären Behandlung der Versicherten neben den von der Beklagten
gezahlten und nicht zurückgeforderten 19 801,53 Euro jedenfalls kein weitergehender Vergütungsanspruch in Höhe der darüber
hinaus gezahlten 5457,10 Euro und damit auch kein Zinsanspruch zu (dazu 2. bis 4.). Der Beklagten war es nicht verwehrt, sich
rechtzeitig wegen der Abrechnung des Zusatzentgelts auf eine Auffälligkeit zu berufen (dazu 5.).
1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter
der Beklagten zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung in Höhe von 5457,10 Euro zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden
Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8).
2. Der anderweitige Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erlosch dadurch, dass die Beklagte wirksam mit ihrem öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog §
387 BGB die Aufrechnung erklärte (zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete
öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch waren gegenseitig und gleichartig (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.
Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 5457,10 Euro waren erfüllt. Die Beklagte
konnte Erstattung in Höhe von 5457,10 Euro beanspruchen, weil die von ihr bezahlten Rechnungen über die Behandlung der Versicherten
jedenfalls um diesen Betrag überhöht waren.
3. Die Klägerin erfüllte die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie die Versicherte vom
12.11. bis 3.12.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage
- unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in
einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von §
39 Abs
1 S 2
SGB V erforderlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen
des LSG (§
163 SGG) erfüllt.
4. Der Vergütungsanspruch für die stationäre Behandlung der Versicherten überstieg jedenfalls nicht 19 801,53 Euro. Die Beklagte
erkannte den Anspruch nach Überprüfung in dieser Höhe an, er steht insoweit außer Streit. Die Voraussetzungen der um von 5457,10
Euro höheren, von der Klägerin berechneten Vergütung waren dagegen nicht erfüllt. Zu Recht sind die Beteiligten darüber einig,
dass der Anspruch auf die höhere Vergütung voraussetzt, dass nicht nur die DRG F11A abzurechnen war, sondern die DRG F03Z
und das Zusatzentgelt ZE 84.02 - Apherese-Thrombozytenkonzentrate (dazu a). Die Abrechnung der DRG F03Z nebst Zusatzentgelt
ZE 84.02 setzt nicht nur voraus, dass die Klägerin der Versicherten tatsächlich Apherese-Thrombozytenkonzentrate verabreichte,
sondern dass diese Behandlung auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügte, weil sie ua erforderlich war (dazu b). Die dagegen
erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch (dazu c). Die Versorgung der Versicherten mit Apherese-Thrombozytenkonzentraten
war nicht wirtschaftlich, weil die Gabe von Poolprodukten ausgereicht hätte (dazu d).
a) Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2008 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenen der Klägerin
nach §
109 Abs
4 S 3
SGB V (idF durch Art 1 Nr
3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser [Fallpauschalengesetz - FPG] vom
23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz [2. FPÄndG] vom
15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz ([KHG] idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen
[FPV]) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren
nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG (idF vom 23.4.2002) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene"
mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich
der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden
Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage
des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG (idF vom 23.4.2002). Die Behandlung der Versicherten durch einen Herzklappeneingriff mit Herz-Lungen-Maschine
führt bei Gabe von gepoolten Thrombozytenkonzentraten zum OPS 8-800.61 und darüber zur DRG F11A. Ist dagegen für die Gabe
von zwei ThrombozytenApheresekonzentraten OPS 8-800.90 zu kodieren, wie es die Klägerin aufgrund der tatsächlichen Verabreichung
unternahm, führt dies zur DRG F03Z nebst Zusatzentgelt ZE 84.02 und damit zu weiteren 5457,10 Euro Vergütung. Darüber besteht
auch zwischen den Beteiligten kein Streit.
b) Die Kodierung der OPS 8-800.90 und damit die Abrechnung der DRG F03Z nebst Zusatzentgelt ZE 84.02 für die Behandlung der
Versicherten durfte nur erfolgen, wenn die Gabe von zwei Thrombozyten-Apheresekonzentraten erforderlich war. Ein Krankenhaus
hat stets, auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger
der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung (vgl BSGE 99,
111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15 ff, 27 ff; BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 62/12 R - SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 17 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Bei unwirtschaftlicher Behandlung der
Versicherten kann die Klägerin allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten
angefallen wäre. Das folgt aus Wortlaut (dazu aa), Regelungssystem und Zweck der Vergütung (dazu bb) sowie der Entwicklungsgeschichte
des Gesetzes (dazu cc). Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt auch Krankenhäuser bei der Behandlungsplanung, die Möglichkeit
wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen. Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, kann es allenfalls
die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre (dazu dd). Der Nachweis
der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger, ausreichender und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten
die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (dazu ee).
aa) Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für alle Leistungsbereiche des
SGB V (vgl zB BSGE 105, 271 = SozR 4-2500 §
40 Nr 5, RdNr 27; BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 16). Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen
das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte
nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die KKn nicht bewilligen (vgl §
12 Abs
1 S 2
SGB V sowie §
2 Abs
1 S 1, §
4 Abs
3, §
70 Abs
1 SGB V). Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt nach dieser Gesetzeskonzeption uneingeschränkt auch im Leistungserbringungsrecht (vgl
zB BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 29 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 §
275 Nr 9 RdNr 10 mwN). Das
SGB V macht keine Ausnahme hiervon für Krankenhausbehandlung (BSG SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 18 auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
bb) Regelungssystem und Zweck der Krankenhausvergütung sprechen ebenfalls dafür, dass das Krankenhaus stets, auch bei einer
Vergütung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der GKV nur für eine wirtschaftliche Krankenhausbehandlung
hat. Die Vergütung dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Versicherten Krankenhausbehandlung
(§
39 SGB V) im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des
Versicherten bestimmt (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10). Versicherte haben aber, wie dargelegt, keinen Anspruch auf unwirtschaftliche Leistungen. Das Ineinandergreifen
dieser Regelungsteile des
SGB V zielt nicht darauf ab, generell Leistungserbringern und speziell Krankenhäusern Vergütungsansprüche für unwirtschaftliche
Behandlung zuzuerkennen. Auch aus der Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems kann keine Abkehr des Gesetzgebers
vom Wirtschaftlichkeitsgebot für Krankenhäuser hergeleitet werden (stRspr, vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 23; BSGE 114, 199 = SozR 4-2500 § 115a Nr 4, RdNr 16 f; BSG SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 19 ff auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
cc) Die Entwicklungsgeschichte des Rechts der Leistungserbringer in der GKV untermauert, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot
auch für Krankenhausbehandlung gilt. Schon unter Geltung der
RVO war in der Rechtsprechung anerkannt, dass Leistungserbringer Teil eines Leistungssystems sind, dem eine besonders bedeutsame
soziale Funktion zukommt. Ihre Handlungsweise lässt sich nicht von den Rechten und den Pflichten der anderen an diesem System
Beteiligten lösen. Sie ist vielmehr eingebettet in einen Gesamtzusammenhang, der auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft
der Versicherten aufbaut. Die Kosten, die durch die Leistungen im System der GKV entstehen, werden durch alle Beitragszahler
gemeinsam aufgebracht. Sie dienen dazu, für alle Versicherten eine zweckmäßige und ausreichende Krankenversorgung sicherzustellen,
wobei allen Versicherten nach dem Gleichheitssatz ein Anspruch darauf zusteht, "gleich gut" behandelt zu werden. Dieses Ziel
ist nur erreichbar, wenn nicht notwendige und unwirtschaftliche Leistungen vermieden werden (BSG SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 23 auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen mwN).
dd) Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten bei erforderlicher Krankenhausbehandlung in unwirtschaftlichem Umfang, hat
es allenfalls Anspruch auf die Vergütung, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten anfiele. Der erkennende Senat
hat dies aus den Rechtsgedanken von § 17b KHG, § 2 Abs 2, §
7 S 1, §
8 Abs
1 und §
9 KHEntgG sowie dem Regelungssystem des
SGB V abgeleitet (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 §
109 Nr 17, RdNr 26). Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als bei früheren Abrechnungen nach der
Bundespflegesatzverordnung ([BPflV] vgl dazu zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 10 ff, 15 ff; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 13 ff). Auch dort waren - wie etwa in der Fallpauschalenverordnung 2004 - die nicht erforderlichen
Tage der Krankenhausbehandlung bei der Vergütung nicht zu berücksichtigen, ohne dass es einer ausdrücklichen Regelung in der
BPflV bedurfte.
Bei unwirtschaftlicher Gestaltung erforderlicher Krankenhausbehandlung ist es nicht stets geboten, zu einem völligen Vergütungsausschluss
zu gelangen, wie es bei ihrer Art nach unwirtschaftlichen Leistungsgegenständen grundsätzlich der Fall ist (vgl zum Vergütungsausschluss
zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 25 ff - Retaxierung auf null; zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG Beschluss vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13, 1 BvR 3572/13 - Juris; BSG Urteil vom 12.11.2013 - B 1 KR 22/12 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-2500 § 69 Nr 9; vgl zur Regelungskonzeption auch BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 24; BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24 mwN). Der erkennende Senat hat eine Vergütung in der Höhe, die bei fiktivem wirtschaftlichem
Alternativverhalten anfiele, für den Fall überlanger Behandlungsdauer (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17) und bei unwirtschaftlichem Fallsplitting bejaht (vgl BSG SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 26, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Gleiches gilt, wenn das Krankenhaus eine geeignete und ausreichende,
aber nicht erforderliche erlösrelevante Variante der Behandlung wählt. Das umfasst auch Fälle, in denen für die Behandlung
die Gabe von gepoolten Thrombozytenkonzentraten ausreicht, die Gabe von Thrombozyten-Apheresekonzentraten dagegen zwar ebenfalls
geeignet, aber nicht erforderlich ist.
ee) Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten
die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl zB BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 16; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 40; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 70; Hauck, SGb 2010, 193, 197 f mwN). Die Klägerin musste nach diesen Grundsätzen bei Behandlung der Versicherten den kostengünstigeren Weg wählen.
c) Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch. Die Wirtschaftlichkeit einer Krankenbehandlung beurteilt sich - wie
dargelegt - bezogen auf das jeweilige nach §
27 SGB V zulässige Behandlungsziel nach ihrer Eignung, ihrem Ausreichen und ihrer Notwendigkeit aus allein medizinischen Gründen sowie
bei mehreren gleich geeigneten, ausreichenden und notwendigen Behandlungen nach ihren Kosten für die KK, nicht aber nach betriebswirtschaftlichen
Überlegungen des Leistungserbringers. Das Regelungssystem des
SGB V begründet Ansprüche auf Krankenbehandlung (§
27 Abs
1 SGB V) unter Beachtung des Qualitätsgebots (§
2 Abs
1 S 3
SGB V) grundsätzlich nach objektiven Kriterien (vgl beispielhaft für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 30 f; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 19 ff mwN; Hauck, NZS 2007, 461 ff). Besteht die Möglichkeit, verschiedene Wege zu gehen, sind diese krankenversicherungsrechtlich auf ihre Eignung, Erforderlichkeit
und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen (§
12 Abs
1 SGB V). Dieses Regelungssystem sichert die Gleichbehandlung der Versicherten (Art
3 Abs
1 GG) und richtet die Leistungen am Gesichtspunkt der Qualität und Wirtschaftlichkeit aus (BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 19). Gleiches gilt für die Beurteilung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit von Krankenhausbehandlung
als Grundlage der Höhe der Vergütung für die Behandlung. Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung
auf die Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 10.4.2008 - B 3 KR 19/05 R - (BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 23, 27; ebenso BSG Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 21/05 R - Juris RdNr 23) beruft und meint, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren sei, richte sich
nicht allein nach den medizinischen Erfordernissen, gibt der erkennende 1. Senat des BSG diese Rechtsprechung aus Gründen der Klarstellung auf. Der 3. Senat des BSG ist für das Leistungserbringungsrecht der Krankenhäuser nicht mehr zuständig. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung
zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 17). In diesem Sinne sind auch Eignung, Ausreichen und Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung
allein nach medizinischen Kriterien zu beurteilen.
Ein Krankenhaus wie jenes der Klägerin kann dementsprechend die Notwendigkeit einer Behandlung mit Apheresekonzentraten nicht
mit Mängeln einer vereinbarten Versorgung durch den lokalen Blutspendedienst begründen. Das Krankenhaus trägt das Risiko der
kostengünstigen Verschaffung der Mittel, um seine Leistungen zu erbringen, hier von gepoolten Thrombozytenkonzentraten. Das
System der Fallpauschalen basiert auf einer klaren Risikoverteilung: Das Krankenhaus hat die Chance auf Gewinn durch Kostenersparnisse,
trägt aber auch im Einzelfall grundsätzlich die zusätzlichen Kosten der Versorgung. Das Krankenhaus, das einen Versicherten
zur vollstationären Behandlung aufgenommen hat, ist nämlich zu einer umfassenden und einheitlichen Gesamtleistung verpflichtet
und darf sich nicht etwa einzelnen Leistungen aus Kostengründen entziehen (vgl BSGE 115, 11 = SozR 4-2500 § 69 Nr 9, RdNr 16; vgl auch Bofinger/Dietz, KHG,
BPflV und Folgerecht, Bd 1, Stand März 2014,
BPflV, §
2 Anm II.1; E. Hauck, MedR 2010, 226, 228). Wenn und solange das Krankenhaus die vollstationäre Versorgung durchführt, ist es auch zur Erbringung solcher Leistungen
im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen verpflichtet, die es von vornherein nicht mit eigenen personellen und sächlichen
Mitteln, sondern nur durch Dritte erbringen kann. Dafür erhalten DRG-Krankenhäuser als Vergütung Fallpauschalen, wie dargelegt.
Das Krankenhaus muss dementsprechend als Leistungserbringer selbst Vorsorge dafür treffen, dass alle Mittel für eine erforderliche
und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Verfügung stehen. Hierzu kann es - soweit
hier von Interesse - mit den erreichbaren Blutbanken, von denen es Thrombozytenkonzentrate (Pool oder Apherese) beziehen will,
bindende Vereinbarungen treffen, um wirtschaftlich zu behandeln. Unterlässt es dies, kann es die Folgen nicht auf die KKn
abwälzen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt darin, dass ein Krankenhaus keine hinreichende Vorsorge für die ihm obliegende
Bereitstellung aller Mittel für eine erforderliche und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung im Rahmen seines Versorgungsauftrags
getroffen hat, auch kein "Notfall" oder eine Notsituation im Rechtssinne, der ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnte.
d) Die Behandlung der Versicherten mit Apherese-Thrombozytenkonzentraten war nicht wirtschaftlich im oben aufgezeigten Sinn.
Ausreichend bei gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlung war nach den den erkennenden Senat bindenden Feststellungen
des LSG (§
163 SGG) der Einsatz von Poolpräparaten. Apherese-Thrombozytenkonzentrate sind danach nur dann medizinisch notwendig, wenn bestimmte
Besonderheiten in der Person des Patienten vorliegen wie eine Autoimmunisierung gegen HLA Klasse I Antigene und HPA-Antigene
sowie bei Refraktärität gegenüber Thrombozytentransfusionen, dh zweimalig ausbleibender Thrombozytenanstieg auf AB0 kompatible
Thrombozytenkonzentrate nach Ausschluss nicht immunologischer Ursachen wie Fieber, Sepsis, Splenomegalie, Verbrauchskoagulopathie,
chronischem Lebervenenverschluss. Solche, auf der konkreten gesundheitlichen Situation beruhenden Besonderheiten bestanden
bei der Versicherten nicht. Sie war nicht auf Apheresekonzentrate angewiesen.
Die hiergegen von der Klägerin erhobene Rüge des Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§
103 SGG) ist unzulässig. Die Klägerin trägt nicht - wie erforderlich - Tatsachen vor, aus denen sich schlüssig ergibt, dass sich
das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl §
164 Abs
2 S 3
SGG; näher zB BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 68 ff, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 f, alle mwN). Notwendig hierfür ist eine Darlegung, die das Revisionsgericht in die Lage
versetzt, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem
Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 49).
Hieran fehlt es. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass sie mit ihrem Schriftsatz vom 6.2.2012 beantragt habe, ein "Obergutachten
bei einem Transfusionsmediziner" einzuholen, und beschreibt die Unterschiede bei der Herstellung von Thrombozytenkonzentraten.
Weshalb aber das LSG sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen,
legt sie nicht dar. Sie legt schon nicht dar, dass das LSG den ihm bei der Beweiserhebung und Beweiswürdigung zustehenden
Spielraum überschritt (vgl dazu zB BSG SozR
SGG § 128 Da 11 Nr 33; BSG Urteil vom 27.2.1963 - 9 RV 974/59 - Juris RdNr 17 f; Hauck in Zeihe/Hauck,
SGG, Stand 1.12.2014, Vor §
128 Anm 4B III). Sie setzt sich hierzu nicht hinreichend damit auseinander, dass das LSG zu der Risikobewertung der Behandlungsalternative
die Ermittlungen in Parallelverfahren (Gutachten Dr. L vom 24.1.2009 mit Ergänzung vom 12.3.2009; Gutachten Dr. K vom 25.2.2009)
verwertet und die von der Klägerin (Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Ärzte staatlicher und kommunaler Bluttransfusionsdienste
vom 27.12.2011, Gutachten Prof. Dr. Zimmermann/Dr. Bender vom 7.10.2011, Querschnittsleitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten
und Plasmaderivaten) und der Beklagten (gutachtliche Stellungnahme SMD vom 9.3.2012) vorgelegten Unterlagen in seine Beweiswürdigung
einbezogen hat und auf die unterschiedlichen Auffassungen bei der Risikobewertung der Behandlungsalternativen mit einer nachvollziehbaren
und schlüssigen Begründung eingegangen ist.
5. Der Beklagten war es nicht verwehrt, sich rechtzeitig wegen der Abrechnung des Zusatzentgelts auf eine Auffälligkeit zu
berufen (vgl zB auch BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 38), die die KK zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen
Stellungnahme des SMD berechtigte (vgl zum Begriff der Auffälligkeit BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 18). Die Auffälligkeitsprüfung betrifft regelmäßig Fälle, in denen - wie hier - die KK Zweifel
daran haben kann, dass das Krankenhaus seine Leistung unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§
12 Abs
1 SGB V) erbracht hat (vgl zur Befugnis der KKn, die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung zu überprüfen, zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 62/12 R - für BSGE und SozR vorgesehen). Sie beachtete auch die Prüfungsvoraussetzungen gemäß §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V (idF durch Art 1 Nr
6b FPG), §
275 Abs 1c
SGB V (idF durch Art 1 Nr 185 Buchst a Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz] vom
26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007). Auf die Dauer der Prüfbearbeitung des medizinischen Dienstes kommt es hierbei nicht
an (vgl hierzu BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36).
6. Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.