Krankengeld
Divergenzrüge
Begriff der Abweichung
Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen
1. Zur Darlegung einer Divergenz des Berufungsurteils zur Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG muss vorgetragen werden, dass das LSG einen tragenden Rechtssatz in Abweichung von einem anderen
Rechtssatz aufgestellt hat, den eines der vorgenannten Gerichte entwickelt oder angewandt hat, und dass die Entscheidung des
LSG auf dieser Divergenz beruht.
2. Hierzu ist es notwendig, den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz des LSG herauszuarbeiten
und die Unvereinbarkeit mit einem Rechtssatz des BSG aufzuzeigen.
3. Eine Abweichung liegt indes nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt
hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt
hat.
4. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Divergenz.
Gründe:
I
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Urteil vom 29.11.2016 den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankengeld über den 20.7.2011
bzw 20.9.2011 hinaus bis Januar 2013 verneint. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass unter Anrechnung von
Vorerkrankungszeiten der Zeitraum von längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren für den Bezug von Krankengeld ausgeschöpft
gewesen sei. Bei dem Kläger habe eine rezidivierende Wirbelsäulenerkrankung im streitigen Zeitraum vorgelegen, die dieselbe
Krankheit iS von §
48 Abs
2 S 1
SGB V sei.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf eine Rechtsprechungsabweichung (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz nicht formgerecht
aufgezeigt hat (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerden erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Der Kläger ist der Meinung, das angefochtene Berufungsurteil weiche von der bisherigen Rechtsprechung des BSG, ua im Urteil vom 21.6.2011 (B 1 KR 15/10 R - SozR 4-2500 § 48 Nr 4) ab. Dort habe das BSG ausdrücklich ausgeführt:
"Denn in Bezug auf die Anspruchsdauer des Krankengeldes behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren
Krankheiten leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, nicht anders als denjenigen, bei dem 'nur' ein einziges Leiden die
AU auslöst."
Ferner habe das BSG im Urteil vom 8.11.2005 (B 1 KR 27/04 R - SozR 4-2500 § 48 Nr 3) ausgeführt,
"dass es in Bezug auf die Anspruchsdauer des Krankengeldes darauf ankommt, dass auch bei mehreren Krankheiten der Versicherte
nicht nur an diesen mehreren Krankheiten leiden muss, sondern auch deshalb arbeitsunfähig sein muss und dieser nur dann gleich
zu behandeln ist mit demjenigen, der lediglich ein einzelnes Leiden hat und deshalb arbeitsunfähig ist".
Diese aufgezeigten Grundsätze habe das LSG missachtet. Der Arzt Dr. E. habe den Kläger im maßgeblichen Zeitraum fehlerhaft
auf Wirbelsäulenerkrankungen behandelt. Tatsächlich sei der Kläger zur Abklärung einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung
dort in Behandlung gewesen. Arbeitsunfähigkeitszeiten seien deshalb nicht entstanden. Das LSG habe lediglich auf die Leiden
des Klägers, jedoch nicht auf seine Arbeitsunfähigkeit abgestellt. Festgestellt worden sei lediglich eine "erhebliche Wirbelsäulenproblematik".
Dies sei aber weder eine Krankheit noch führe sie zur Arbeitsunfähigkeit. Insofern habe das LSG §
48 Abs
1 SGB V nicht richtig angewandt.
Eine Divergenz des Berufungsurteils zur Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) wird mit diesem Vortrag aber nicht hinreichend dargetan. Dazu hätte der Kläger vortragen müssen, dass das LSG einen tragenden
Rechtssatz in Abweichung von einem anderen Rechtssatz aufgestellt hat, den eines der vorgenannten Gerichte entwickelt oder
angewandt hat, und dass die Entscheidung des LSG auf dieser Divergenz beruht. Hierzu ist es notwendig, den von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz des LSG herauszuarbeiten und die Unvereinbarkeit mit einem Rechtssatz des BSG aufzuzeigen. Eine Abweichung liegt indes nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig
angewandt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt
und angewandt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen
begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67). Diesen Anforderungen entspricht die im Kern einzelfallbezogene Beschwerdebegründung nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.