Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für den 1. bis 14. Lebensmonat ihrer Tochter, geboren 2008, höheres Elterngeld unter Berücksichtigung
der von ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit als Tagesmutter vor Geburt erzielten Einnahmen.
Die Klägerin beantragte am 12.08.2008 die Gewährung von Elterngeld für ihre Tochter für den 1. bis 14. Lebensmonat. In der
beigefügten Erklärung zum Einkommen gab sie eine selbständige Tätigkeit in der Kindertagespflege an, die sie sowohl in den
12 Kalendermonaten als auch im Kalenderjahr vor Geburt des Kindes durchgehend ausgeübt habe. Aus dem von der Klägerin für
den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2007 vorgelegten Einkommensnachweis ergeben sich Einkünfte in Höhe von insgesamt 35.581,64
EUR, denen Ausgaben in Höhe von 6.624,72 EUR (Mitgliedsbeiträge für freiwillige Mitgliedschaft bei der Techniker Krankenkasse
in Höhe von 3.384,72 EUR und Beiträge zur Altersvorsorge Rürup in Höhe von 3.240,00 EUR) gegenüber stehen. Dem Einkommensteuerbescheid
für das Jahr 2007 sind Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 130,- EUR (neben Einkünften aus Kapitalvermögen in
Höhe von 1.058,-EUR) zu entnehmen. Dem Antrag der Klägerin liegen zudem die Bescheide der Landeshauptstadt München, Sozialreferat,
über den der Klägerin gewährten Aufwendungsersatz für die Ersatzbetreuung im Rahmen der Tagespflege durch die Klägerin bei.
Die Klägerin hat weiterhin eine Bestätigung der Landeshauptstadt München über die Nichtabgabe und Nichtersetzung von gemeinsamen
Sorgeerklärungen hinsichtlich der Tochter vom 10.10.2008 vorgelegt.
Der Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 16.10.2008 Elterngeld für den 1. bis 14. Lebensmonat der Tochter in Höhe des
Mindestbetrages von monatlich 300,- EUR bewilligt. Der Beklagte führt in dem Bescheid aus, dass zur Ermittlung der Einkünfte
der maßgebliche Einkommensteuerbescheid 2007 herangezogen worden sei, nach dem sie im Jahre 2007 einen Gewinn in Höhe von
130,- EUR aus selbständiger Arbeit erzielt habe. Die von der Landeshauptstadt München gezahlten Einkünfte seien steuerfrei
und somit nicht bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 28.10.2008, mit dem beantragt wurde, die Höhe des Elterngeldes aus
der Höhe des erzielten monatlichen Durchschnittseinkommens aus Erwerbstätigkeit, das im Berechnungsjahr monatlich 2.965,14
EUR brutto betragen habe (35.581,64 EUR: 12), zu berechnen. Es handle sich dabei um Einkünfte aus selbständiger erzieherischer
Arbeit gemäß §
18 Abs.
1 EStG, die der Sicherung des Lebensunterhalts gedient hätten. Die Klägerin beziehe seit der Geburt ihres Kindes keine Einkünfte
mehr, da sie die erzieherische Tätigkeit aufgegeben habe, um sich der Betreuung und Erziehung ihres mit ihr in einem Haushalt
lebenden Kindes zu widmen (§ 1 Abs. 1 BEEG). Auf die einkommensteuerliche Behandlung der im Berechnungsjahr erzielten Einkünfte
komme es nur insoweit an, als sie der Berechnung der positiven Einkünfte gemäß §§ 2 Abs. 1, 8 BEEG dienen könnten. Eine Nichtbesteuerung
lasse jedoch nicht den Schluss zu, dass es sich bei den Einkünften um steuerfreie Bezüge von Sozialleistungen gemäß §
3 Nr. 1
EStG handle. Soweit die Landeshauptstadt München Beihilfen zur Deckung von Aufwendungen für die Betreuung von Kindern durch Dritte
bewilligt habe, handle es sich um Beihilfen für die Eltern, die bei diesen steuerrechtlich nach §
3 Nr. 11
EStG zu behandeln wären, nicht jedoch um Beihilfen für die Klägerin als Erzieherin. Tatsächlich sei der Einkommensteuerbescheid
für 2007 insoweit rechtlich fehlerhaft, als das Finanzamt die Einkünfte von 35.581,64 EUR nach §
3 Nr.
11 EStG und nicht richtigerweise nach §
18 Abs.
1 EStG behandelt habe. Allerdings sei der Bescheid zu Gunsten der Klägerin im Ergebnis rechtswirksam, weil die Klägerin wegen des
zwar falschen, aber ausdrücklichen und uneingeschränkten Hinweises der Landeshauptstadt München auf die Steuerfreiheit Vertrauensschutz
genieße. Die Klägerseite nimmt Bezug auf Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 21.11.2006 (Az.: 15 K 167/05) und des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.12.2002 (Az.: 4 K 2835/01). Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2009 den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Sei die der selbständigen
Tätigkeit zugrunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes
maßgeblichen Zeitraums (7/07 bis 6/08) als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums
(Kalenderjahr 2007) ausgeübt worden, gelte nach § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG abweichend von § 2 Abs. 8 BEEG als vor der Geburt des
Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte
Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergebe. Eine Wahlmöglichkeit bestehe nicht.
Laut maßgeblichem Einkommensteuerbescheid 2007 habe die Klägerin nur Einkünfte aus selbständiger freiberuflicher Tätigkeit
in Höhe von 130,- EUR, die bei der Berechnung des Elterngeldes hätten berücksichtigt werden können. Ein abweichender Ansatz
von höherem Einkommen bzw. anderen Einkünften entgegen der im Einkommensteuerbescheid 2007 vom Finanzamt München festgesetzten
Beträge sei den ausführenden Elterngeldstellen nicht möglich.
Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin zum Sozialgericht München vom 12.02.2009. Die Einkünfte der Klägerin aus erzieherischer
Tätigkeit in Höhe von 35.581,64 EUR seien richtigerweise steuerpflichtige Einkünfte nach §
18 Abs.
1 EStG gewesen (Hinweis auf Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 21.11.2006 und Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz
vom 05.12.2002). Die Jugendämter hätten sich in der Vergangenheit allerdings tatsächlich über die Gesetzeslage des Einkommensteuergesetzes
hinweggesetzt und in ihren jeweiligen Projekten den Tagesmüttern Steuerbefreiung versprochen bzw. in Aussicht gestellt. Die
Verwaltungsbehörden hätten ihre bisherige Praxis aufgegeben. Ab dem Jahre 2009 würden die Tagesmütter für ihre Einkünfte auch
Steuern zahlen, ohne dass sich die Gesetzeslage geändert habe. Bei den Einkünften der Klägerin habe es sich um ein Entgelt
für eine Berufstätigkeit und nicht um Bezüge gehandelt, die ihr wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe aus öffentlicher
Hand gewährt worden seien, wie §
3 Nr. 11
EStG voraussetze.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.03.2009 daran festgehalten, dass die Ermittlung der Einkünfte nach steuerlichen Grundsätzen
unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Elterngeldes erfolge. Gemäß §
2 Abs.
1 Satz 1
EStG würden nur steuerpflichtige Einkünfte berücksichtigt. Eine abweichende Einkommensteuerfestsetzung gegenüber dem rechtskräftigen
Steuerbescheid sei nicht möglich.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 04.01.2010 vorgetragen, dass sich die Rechtsposition des Beklagten, wonach anrechenbares
Einkommen nur versteuertes Einkommen sei, nicht ausdrücklich aus dem gesetzlichen Wortlaut des BEEG ergebe. § 2 Abs. 1 Satz
1 BEEG verweise zur Berechnung des Elterngeldes auf die Höhe des Einkommens. Satz 2 beziehe sich auf die Definition von Einkommen
gemäß §
2 Abs.
1 Sätze 1 bis 4
EStG. Aus §
18 EStG ergebe sich, dass Einkünfte aus selbständiger Arbeit auch solche aus erzieherischer Tätigkeit seien. § 2 Satz 8 BEEG gebe
lediglich für die Berechnung der positiven Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG) den Hinweis, dass von den Bruttoeinkünften die
Einkommensteuer abzuziehen sei. Wenn aber in einem konkreten Fall keine Einkommensteuer anfalle, dann sei eben Brutto gleich
Netto. Auf eine tatsächliche Abführung einer Steuer werde im Gesetz nicht abgestellt. Die Formelhaftigkeit der Argumentation
des Beklagten ergebe sich auch daraus, dass die Finanzämter seit 2009 die Einkünfte der Tagesmutter der Einkommensteuer unterwerfen,
während sie die gleiche Art der Einkünfte in dem Vorjahr unversteuert gelassen hätten, ohne dass sich das Gesetz geändert
habe. Diese gesetzeswidrige steuerliche Behandlung der Einkünfte der Klägerin im Berechnungszeitraum könne bei der Gewährung
des Elterngeldes nicht zum Nachteil der Klägerin werden. Die Klägerin behalte sich ausdrücklich vor, ggf. eine Nachversteuerung
des Einkommens vorzunehmen für den Fall, dass die von ihr vertretene Rechtsansicht unzutreffend sei.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 21. Januar 2010 die Klage der Klägerin abgewiesen. Wie im Urteil des Bundessozialgerichts
(BSG) vom 25.06.2009, Az.: B 10 EG 9/08 R, ausgeführt, verweise § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG auf die nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünfte im Sinne des
§
2 Abs.
1 und
2 EStG. §
2 Abs.
1 Satz 1
EStG regle den Grundtatbestand des steuerbaren Einkommens, §
2 Abs.
2 EStG betreffe die Ermittlung der Einkünfte und §
3 EStG enthalte einen Katalog von Steuerbefreiungen. Sei wie vorliegend eine Besteuerung von Einnahmen unter dem Gesichtspunkt einer
der in §
3 EStG genannten Steuerbefreiungen unterblieben, so seien diese betroffenen Einnahmen zur Überzeugung des Gerichts nicht als Einkünfte
im Sinne des § 2 Abs. 1 BEEG zu subsumieren, sondern als steuerfreie und damit für die Elterngeldberechnung unbeachtliche
Einnahmen. Die steuerrechtliche Behandlung in den jeweiligen Steuerbescheiden entfalte hierbei eine Tatbestandswirkung. Nachdem
die Klägerin auch an der Auswirkung des nach Angaben des Klägerbevollmächtigten gegenüber der Finanzverwaltung vorgetragenen
Sachverhalts einer Steuerbefreiung weiter festhalten wolle, sei eine Behandlung der gleichen Einnahmen einmal als steuerfrei
gegenüber der Finanzverwaltung und zum anderen als steuerpflichtig im Rahmen der Elterngeldberechnung mit dem Grundsatz der
Einheit der Rechtsordnung nicht vereinbar. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 15.03.2010 zum Bayer.
Landessozialgericht. Zutreffend sei, dass sowohl die Klägerin als auch die Stadt München bei Abschluss der zugrunde liegenden
Vereinbarung im Jahre 2005 davon ausgegangen seien, dass die jeweiligen, von der Stadt München an die Klägerin gezahlten Vergütungen
nicht der Einkommensteuer unterliegen würden. Dementsprechend habe das Finanzamt München V in seinem Einkommensteuerbescheid
für 2007 vom 06.05.2008 im Ergebnis die genannten Einnahmen aus erzieherischer Tätigkeit unberücksichtigt gelassen, nachdem
es ursprünglich eine entgegengesetzte Rechtsauffassung habe vertreten wollen. Tatsächlich sei diese Rechtsansicht des Finanzamts
München V jedoch fehlerhaft. Im Übrigen werde diese Rechtsansicht und Praxis zwischenzeitlich vom Finanzamt München V auch
nicht mehr vertreten. Zwischenzeitlich habe das Finanzamt München V seine Praxis geändert und die Landeshauptstadt München
habe in der Folge die von ihr an Tagesmütter entrichtete Vergütung unter Berücksichtigung der zu entrichtenden Steuer der
Tagesmütter entsprechend erhöht. Auch die zitierte Entscheidung des BSG vom 25.06.2009 besage nicht, dass lediglich die effektiv
versteuerten Beträge der Berechnung des Elterngeldanspruchs zugrunde zu legen seien. Das BSG sei ausdrücklich nur für den
konkreten Fall steuerfreier Beträge eines Arbeitgebers für die Altersversorgung nach §
3 Nr. 63
EStG zu dem Ergebnis gelangt, dass diese für die Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigungsfähig seien. Die rechtliche
Behandlung anderer Fallgestaltungen steuerlicher Einkünfte sei dabei offen geblieben. Der verallgemeinernden Schlussfolgerung
des SG, wonach jegliche gemäß §
3 EStG steuerfreien Einkünfte für die Elterngeldberechnung unbeachtlich seien, könne nicht gefolgt werden. Insbesondere dürfe die
zeitweilig nach §
3 Nr. 11
EStG erfolgte Steuerbefreiung von Leistungen an Tagespflegepersonen nach §
23 SGB VII nicht dazu führen, dass diese Leistungen bei der Bemessung des Elterngeldes von vorneherein außer Betracht bleiben. Die Einkommensersatzfunktion
des BEEG sei im Falle der Klägerin nicht mehr gewährleistet, wenn die nach §
3 Nr. 11
EStG bis einschließlich 2008 als steuerfrei behandelten Geldleistungen für Tagespflegepersonen unberücksichtigt bleiben würden.
Vorliegend gehe es nicht um relativ geringfügige Beitragszahlungen eines Arbeitgebers im Wege der Entgeltumwandlung an eine
Pensionskasse, sondern nahezu um das gesamt Einkommen der Klägerin, dessen Nichtberücksichtigung sich gravierend auf die Höhe
des Elterngeldes auswirke. Die Klägerin würde danach lediglich den nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG vorgesehenen Mindestbetrag
in Höhe von monatlich 300,- EUR erhalten, also denselben Betrag, den eine nicht erwerbstätige Person erhalte. Eine ausschließlich
auf steuerpflichtiges Einkommen abstellende Auslegung des § 2 BEEG verletzte jedenfalls gegenüber der Klägerin den allgemeinen Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG (i.V.m. Art.
6 Abs.
1 GG).
Die Klägerin stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 15.03.2010.
Die Vertreterin der Beklagten stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 03.05.2010 zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil
des Sozialgerichts München vom 21.01.2010 verwiesen. Neue Gesichtspunkte hätten sich auch nach nochmaliger Überprüfung nicht
ergeben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 33 EG 24/09 sowie auf die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 12 EG 20/10 verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen
wird.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das nach § 2 BEEG zu berücksichtigende Einkommen sich nach den Maßgaben der Absätze
7 bis 9 dieser Vorschrift bestimmt. Nach § 2 Abs. 8 Satz 1 BEEG ist als Einkommen u.a. aus selbständiger Arbeit der um die
auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen
Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Gewinn zu berücksichtigen. Grundlage der Einkommensermittlung
ist der Gewinn, wie er sich aus einem mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 des Einkommenssteuergesetzes entsprechenden
Berechnung ergibt (§ 2 Abs. 8 Satz 2 BEEG). Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen u.a. aus selbständiger Arbeit zugrundeliegende
Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums
als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden, gilt nach § 2 Abs.
9 Satz 1 BEEG abweichend von § 2 Abs. 8 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen
aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum
ergangenen Steuerbescheid ergibt. Voraussetzung für diesen Rückgriff auf den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum
ist also die durchgängige Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit sowohl im Bemessungszeitraum der zwölf Monate vor der
Geburt des Kindes (7/07 bis 6/08) als auch während des gesamten abgeschlossenen Veranlagungszeitraumes (Kalenderjahr 2007).
Diese Voraussetzungen liegen nach der von der Klägerseite vorgelegten Auflistung der Einnahmen für die genannten maßgeblichen
Zeiträume vor. Insbesondere weicht die in beiden Zeiträumen durchgängig ausgeübte Erwerbstätigkeit nach Art und zeitlichem
Umfang nicht entscheidungserheblich voneinander ab (vgl. hierzu Urteile des BSG vom 03.12.2009, Az.: B 10 EG 2/09, bestätigt
durch BSG vom 17.02.2011, Az.: B 10 EG 1/10 R und B 10 EG 2/10 R, die dort aufgestellte Abweichungsgrenze von mindestens 20 % des Umfangs der Erwerbstätigkeit wird nicht erreicht). Gemäß
§ 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG ist der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn zugrunde zu legen, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum
ergangenen Steuerbescheid ergibt. Der Steuerbescheid für den Veranlagungszeitraum des Jahres 2007 weist aber nur Einnahmen
aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 130,- EUR auf. Das von der Klägerin erzielte Einkommen aus ihrer selbständigen Tätigkeit
als Tagesmutter ist zwar Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BEEG i.V.m. §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 bis 4, §
19 Abs.
1 EStG. Nach der Entscheidung des Finanzgerichts München im Steuerbescheid für das Jahr 2007 war dieses Einkommen aber offensichtlich
steuerbefreit gemäß §
3 Nr. 11
EStG (Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung
zu fördern). Die in §
3 EStG geregelten Tatbestände der Steuerbefreiung sind nach den gesetzlichen Vorgaben bereits bei der Ermittlung der Einkünfte aus
dem objektiven Nettoprinzip gemäß §
2 Abs.
1 und Abs.
2 EStG zu prüfen. Dies hat zur Folge, dass steuerfreie Beträge steuerrechtlich weder als steuerpflichtige Einnahmen noch als steuerpflichtige
Einkünfte noch als steuerpflichtiges Einkommen behandelt werden dürfen und damit die von der Klägerin erzielten Einkünfte
als Tagesmutter aus diesem Grunde der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht zugrunde gelegt werden
dürfen. Gemäß § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG ist dabei auf den für das Jahr 2007 ergangenen Steuerbescheid abzustellen. In Übereinstimmung
mit der erstinstanzlichen Entscheidung ist hier von einer Tatbestandswirkung bzw. Bindungswirkung des Steuerbescheides auszugehen.
Eine fiktive Besteuerung durch Ermittlung des Gerichts muss aus den vom SG genannten Gründen ausscheiden, weil ja schon nicht klar ist, welche Betriebsausgaben die Klägerin im Falle einer Besteuerung
geltend gemacht hätte. Die Klägerin ist deshalb hier auf den Weg einer Nachbesteuerung zu verweisen. Die Bindung gilt auch
für den Fall, dass die Entscheidung des Finanzgerichts München falsch sein sollte. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die
Vorgehensweise des Finanzamts München der damals geltenden Verwaltungspraxis auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 07.02.1990
(Bundessteuerblatt 1990, Teil 1, S. 109) entsprach, wonach nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden
der Länder sowohl das aus öffentlichen Kassen gezahlte Pflegegeld im engeren Sinne als auch das Erziehungsgeld jedenfalls
im Grundsatz steuerfreie Einnahmen nach §
3 Nr. 11
EStG darstellen. Diese Verwaltungspraxis wurde erst ab dem Veranlagungszeitraum 2009 durch das BMF-Schreiben vom 17.12.2007 (BStBl.
I, 2008 S. 17) ersetzt, wonach Geldleistungen für Kinder in Kindertages- und Vollzeitpflege als steuerpflichtige Einnahmen
aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des §
18 Abs.
1 Nr.
1 EStG zu qualifizieren sind, unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Mittel, §
3 Nr. 11 und
26 EStG sind hier nicht anwendbar.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.