Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit des Fahrers eines Dienstleistungsunternehmens für Kfz-Fahrten
Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist nach einer Betriebsprüfung streitig, ob die Klägerin verpflichtet ist, im Hinblick auf die Beschäftigungen
des Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 01.01.2007 bis 30.06.2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von
insgesamt 58.510,28 Euro nachzubezahlen.
Die im Jahr 2007 gegründete Klägerin erbringt für andere Unternehmen Dienstleistungen in Form von Kfz-Fahrten. Hier werden
u.a. Präzisionsfahrten für Foto- und Filmaufnahmen, Betreuung von Fahrzeugen bei Pressefahrten, Assistenzen für Automobilredakteure,
Fotografen und Filmteams sowie Überführungsfahrten im In- und Ausland angeboten.
Der 1979 geborene C. G. (im Folgenden Beigeladener zu 1) war für die Klägerin ab dem 01.01.2007 als Fahrer tätig. Einen schriftlichen
Vertrag über die Tätigkeit bei der Klägerin wurde nicht geschlossen. Die Arbeitsbedingungen wurden mündlich festgelegt.
Die Beklagte führte bei der Klägerin in der Zeit vom 06.10.2010 bis 23.04.2014 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertem
Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) durch. Der Prüfzeitraum erstreckte sich auf den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2011. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung gab
der Beigeladene zu 1 gegenüber der Beklagten in einem Fragebogen (Bl. 2 der Verwaltungsakte) an, dass er für die Klägerin
Fahrertätigkeiten, Fotoassistenz, Autovorbereitung für Messungen, Autoabgaben und Beleuchtung der Autos durchgeführt habe.
Er sei davor für die Klägerin nicht tätig gewesen. Er habe ein Gewerbe angemeldet und Gewerbesteuer bezahlt. Er habe keine
eigenen Geschäfts- und Betriebsräume gehabt, jedoch in seinem Wohnzimmer ein häusliches Arbeitszimmer. Er habe einen Arbeitnehmer
in Form eines geringfügig Beschäftigten beschäftigt. Es sei keine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart gewesen und er habe die
Arbeitszeit frei gestalten können. Die Tätigkeiten seien nicht in den Räumen der Auftraggeberin auszuführen gewesen. Den Arbeitsort
habe er nicht frei wählen können und Werbung für die Tätigkeit habe er nicht betrieben. Es seien ihm Weisungen hinsichtlich
der Ausführung der Arbeit erteilt worden, die Arbeit sei teilweise kontrolliert worden, es sei z.B. telefonisch nachgefragt
worden, ob er z.B. ein Auto abgegeben habe. Eigene Werbung sei ihm erlaubt gewesen. Er sei nicht in den betrieblichen Arbeitsablauf
der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Autos seien über den Hersteller versichert gewesen. Bei Mercedes habe es eine Selbstbeteiligung
von 1.000,00 Euro gegeben. Tankbelege, Autobahngebühren, Telefonkarten und Fluggebühren seien vom Auftraggeber erstattet worden.
Er habe die gleichen Arbeiten ausgeführt wie fest angestellte Mitarbeiter. Er habe keine Berichte über seine Tätigkeit abgeben
müssen. Es habe keine Dienst- oder Einsatzpläne gegeben und er sei verpflichtet gewesen, die Arbeiten persönlich auszuführen.
Bei Krankheit sei die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften von der Zustimmung der Klägerin abhängig gewesen. Eigenes
Kapital habe er nicht eingesetzt. Finanzierungshilfen habe er von der Klägerin nicht erhalten. Er habe die Übernahme bestimmter
Aufträge ablehnen können. Als Tagespauschale habe man 140,00 € ausgehandelt, egal, wie lange der Tag gewesen sei. Er habe
mehrere Auftraggeber gehabt, insgesamt etwa sechs bis sieben Stück. Anfangs habe er die Bezahlung pro Aktion erhalten, später
dann monatlich. Einmalig habe er eine Provision von über 1.000,00 € von der Klägerin erhalten. Er sei verpflichtet gewesen,
Umsatzsteuer zu entrichten, habe für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gehabt und
habe bei Erkrankungen keinen Ersatzmann gestellt. Die Aufträge habe er dann zurückgegeben. Ein Anspruch auf bezahlten Urlaub
habe nicht bestanden. Er habe eine eigene betriebliche Unfallversicherung bei der Berufsgenossenschaft geführt.
Mit Schreiben vom 13.06.2012 hörte die Beklagte die Klägerin an und teilte hierbei mit, dass sie für die Zeit vom 01.01.2007
bis 30.06.2012 beabsichtige, für den Beigeladenen zu 1 sowie vier weitere Fahrer Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern.
Die im Bescheid/ Anhang genannten Mitarbeiter seien als abhängig Beschäftigte zu klassifizieren und damit Beiträge im Rahmen
der Sozialversicherung nachzuerheben. Als Grundlage dienten die jeweiligen Rechnungen der Mitarbeiter, um deren Übersendung
man bitte.
Dem trat die Klägerin mit Schreiben vom 20.07.2012 entgegen und führte u.a. aus, dass es dem Beigeladenen zu 1 vollkommen
freigestellt gewesen sei, ob und wann und in welchem Umfang er Aufträge annehme. Der Beigeladene zu 1 sei in keinster Weise
in den Betriebsablauf eingegliedert gewesen und auch nicht an Arbeits- oder Fahrzeiten gebunden gewesen. Er sei zudem auch
für andere Auftraggeber tätig gewesen.
Mit Bescheid vom 29.04.2014 forderte die Beklagte von der Klägerin für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 sowie weiterer
Fahrer Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 83.396,47 Euro zurück. Davon entfielen auf den
Beigeladenen zu 1 insgesamt 58.510,28 Euro. Nach Auswertung der aufgenommenen Fragebögen und übersandten Rechnungen seien
von den Fahrern dieselbe Tätigkeit ausgeübt worden, sodass eine gemeinsame Beurteilung erfolgt sei. Nach Auswertung aller
Angaben komme man zu dem Ergebnis, dass die wesentlichen Merkmale einer abhängigen Beschäftigten vorlägen und die Fahrer nach
§
7 Abs.
1 SGB IV in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis standen bzw. stehen. Es bestehe daher grundsätzlich ab Aufnahme der Beschäftigung
nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V , §
1 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI , §
24 Abs.
1 SGB III und §
20 SGB XI Versicherungspflicht und nach §
296 SGB V , §
162 SGB VI , §
342 SGB III und §
57 SGB XI Beitragspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Die Höhe der Beiträge habe man anhand der
vorgelegten Rechnungen berechnet. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Klägerin einen Vertrag mit einem Vertragspartner
abschließe und dann einen Fahrer schicke, der den erteilten Auftrag ausübe. Dem Fahrer werde vorgegeben, wann er welches Fahrzeug
an welchem Tag abholen müsse und wohin dieses zu überführen sei. Teilweise würden vor Ort Fotos der Fahrzeuge für Automobilfachverlage
von Fotografen erstellt. Auch hier sei die genaue Position der Fahrzeuge den Fahrern vor Ort vorgegeben. Ein Gestaltungsspielraum
sei hier nahezu ausgeschlossen. Damit sei den Fahrern Ort und Zeit der Leistungserbringung vorgegeben. Dies werde vom Vertragspartner
der Klägerin bestimmt. Dieser lege hier auch die Dauer des Arbeitseinsatzes fest. Deshalb seien die Fahrer hier örtlich und
zeitlich weisungsgebunden. Sobald die Annahme eines Auftrages vereinbart worden sei, habe der einzelne Fahrer keinen Gestaltungsspielraum
mehr. Gleiches gelte für die Arbeitsabläufe. Die Fahrer seien wie abhängig Beschäftigte Empfänger von Weisungen und erbrächten
ihre Arbeitsleistungen auf gleiche Art und Weise wie diese. Die organisatorische Abhängigkeit von der Klägerin sei dadurch
erkennbar, dass ohne deren Einsatz eine Auftragserteilung nicht erfolge. Im Hinblick auf den Stundenverrechnungsansatz bzw.
die Tagespauschale sei die Beschäftigung eines eigenen versicherungspflichtigen Arbeitnehmers nicht möglich. Die Fahrer seien
daher zur persönlichen Leistungserbringung gezwungen gewesen. Dies habe die Klägerin auch so gewollt. Die Fahrzeugführer hätten
nur ihre eigene Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und daher nur ein Einkommensrisiko.
Mit Änderungsbescheid vom 28.05.2014 änderte die Beklagte den Bescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Hinblick auf
die Tätigkeit eines anderen Fahrers ab. Bei einer internen Überprüfung sei festgestellt worden, dass bei diesem Fahrer die
Nachberechnung im Jahr 2010 nicht an die Siemens Betriebskrankenkasse erstellt worden sei, sondern zur Daimler BKK und AOK
Baden-Württemberg. Deswegen seien falsche Beitragssätze für diesen Fahrer verwendet worden. Die gesamte Nachforderung betrage
insgesamt daher 82.633,80 Euro, für den Beigeladenen zu 1 belaufe sich die Nachforderung weiterhin auf 58.510,28 Euro. Diese
Übrigen Feststellungen und Auflagen sowie Hinweise blieben erhalten.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 28.05.2014, eingegangen bei der Beklagten am 30.05.2014, Widerspruch und trug
vor, dass zwischen den für die Klägerin tätigen Fahrern und der Klägerin kein abhängiges und somit auch kein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV vorgelegen habe. Zum Beigeladenen zu 1 gab sie u.a. an, dass es diesem völlig freigestanden habe, ob und wann sowie in welchem
Umfang dieser Aufträge annehme. Er sei in keinster Weise in den Betriebsablauf eingegliedert gewesen und auch nicht Arbeits-
oder Fahrtzeiten gebunden gewesen. Es habe sich ferner um eine unständige Tätigkeit gehandelt. Hierzu habe bereits das Landessozialgericht
(LSG) Bayern in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass eine Leistungserbringung außerhalb der Betriebsstätte des
Auftragnehmers ein Indiz für eine fehlende Eingliederung sei (Bezugnahme auf das Urteil des LSG vom 17.11.2006, - L 5 KR 293/05).
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2014 wurde der Widerspruch der Klägerin bezüglich des Beigeladenen zu 1 als unbegründet
zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass sich die fachliche Weisungsgebundenheit darin zeige, dass
die Fahrer keinen Einfluss auf die Arbeitsabläufe gehabt hätten. Sie hätten ihre Tätigkeit nicht ausführen können, ohne die
betrieblichen Einrichtungen der Klägerin zu nutzen. Die Akquise sei ausschließlich durch die Klägerin selbst erfolgt. Gegen
eine Unternehmereigenschaft spreche, dass die Abrechnung auf Stundenbasis bzw. anhand von Tagespauschalen erfolgt sei. Die
bloße Anmeldung eines Gewerbes sei für die Sozialversicherungspflicht unbeachtlich. Es liege auch keine unständige, sondern
eine Dauerbeschäftigung vor. Dem angeführten Urteil des Landessozialgericht Bayern liege ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde.
Am 02.12.2014 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben. Dieses Verfahren hat zunächst alle in den Bescheiden genannten Fahrer umfasst und ist zunächst unter
dem Aktenzeichen S 5 R 6628/14 geführt worden. Zur Begründung ist zunächst der Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt worden und ergänzend ausgeführt
worden, dass der Umstand, dass gewisse Eckpunkte des jeweiligen Auftrages, wie z.B. Zeit, Route und zu transportierende Güter
bzw. Personen, vorgegeben seien, keine entscheidende Bedeutung zuzumessen sei. Auch die Autonomie eines selbständigen Malermeisters
sei nach Annahme eines Auftrages eingeschränkt.
Das SG hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.02.2015 von dem Verfahren S 5 R 6628/14 die Beitragsforderungen für den Beigeladenen zu 1, Herrn F. L. und Herrn S. M. abgetrennt und jeweils unter eigenen Aktenzeichen
fortgeführt.
Das Verfahren betreffend Herrn C. G. erhielt das Aktenzeichen S 5 R 866/15. Mit Beschluss vom 11.02.2015 hat das SG Herrn C. G. (Beigeladener zu 1) und die DAK- Gesundheit zum Verfahren beigeladen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.09.2017 hat das SG den Geschäftsführer der Klägerin, Herrn S., befragt. Dieser hat u.a. angegeben, dass der Beigeladene zu 1 ein hervorragender
Fahrer sei. Dies habe sich mittlerweile auch herumgesprochen, so dass dieser nur noch maximal zwei Mal pro Jahr für die Klägerin
arbeite, weil er sehr viele, auch größere Kunden habe. Im Jahr 2007 habe er noch nicht so viele Kunden gehabt. Das ursprünglich
auch für den Beigeladenen zu 1 angeordnete Persönliche Erscheinen ist aufgehoben worden, nachdem dieser telefonisch mitgeteilt
hatte, dass er aufgrund eines mehrtätigen Arbeitseinsatzes im Ausland verhindert sei. Seine Tätigkeit sei aber im Wesentlichen
vergleichbar mit der der Herren N., L. und M. gewesen.
Das SG hat sodann mit Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte zu Recht festgestellt
habe, dass der Beigeladene zu 1 im Zeitraum vom 01.01.2007 bis 30.06.2011 bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei
und deswegen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 58.510,28 Euro nachzubezahlen seien. Rechtsgrundlage
für den Bescheid sei §
28 p
SGB IV . Danach prüften die Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und sonstigen Pflichten
im Hinblick auf den Gesamtsozialversicherungsbetrag nach dem
SGB IV ordnungsgemäß erfüllten. Hierzu würden insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und die die Meldungen alle vier
Jahre geprüft. Vorliegend sei die Klägerin Arbeitgeberin, so dass sie die Gesamtversicherungsbeiträge und Umlagen schulde.
Die Beklagte habe zu Recht für jeden der Fahrer gesondert die Versicherungspflicht festgestellt und die Beitragshöhe personenbezogen
im Prüfbescheid ausgewiesen. Die Beklagte sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1 im streitigen Zeitraum
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht
unterlegen habe, da es sich bei der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit um eine abhängige Beschäftigung gehandelt habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Diese Weisungsgebundenheit könne eingeschränkt
und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig sei, richte sich, ausgehend von den genannten Umständen, nach dem Gesamtbild der Tätigkeit
und hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Nach den genannten Grundsätzen sei das Gericht unter Abwägung aller Umstände
sodann zur Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 1 im streitigen Zeitraum eine abhängige sozialversicherungspflichtige
Tätigkeit ausgeübt habe. Die mündliche Vereinbarung des Beigeladenen zu 1 mit der Klägerin über eine selbständige Tätigkeit
sei nur zum Schein abgeschlossen worden. Überwiegende Umstände sprächen dafür, dass der Beigeladene zu 1 als Arbeitnehmer
eingesetzt gewesen sei und eine echte Selbständigkeit zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen sei. Bei der versicherungsrechtlichen
Beurteilung einer Fahrertätigkeit komme es entscheidend darauf an, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug einsetze. Nach der Rechtsprechung
des BSG spreche es für eine selbständige Tätigkeit, wenn der Fahrer ein eigenes Fahrzeug einsetze. Umgekehrt bedeute dies, dass -
wenn wie hier - kein eigenes Fahrzeug genutzt werde, es entscheidend für die Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers
spreche. Der Beigeladene zu 1 habe hier also nur seine Arbeitskraft und keine eigenen Arbeitsmittel eingesetzt. Er habe daher
keinen Einsatz eigener Sachmittel eingesetzt. Er habe daher im Wesentlichen dieselben Tätigkeiten ausgeübt, wie die festangestellten
Mitarbeiter. Ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei zwar, dass der Beigeladene zu 1 Aufträge ablehnen konnte. Es sei
aber auch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung nicht ausgeschlossen, dass man nur im Anforderungsfall tätig werde und
Anfragen auch ablehnen könne (z.B. Abruf- oder Aushilfsarbeitsverhältnisse). Wenn der Beigeladene einen Auftrag angenommen
habe, sei er örtlich und zeitlich gebunden gewesen. Er sei nicht werbend am Markt auftreten und auch der Kontakt mit dem Endkunden
sei allein über die Klägerin erfolgt. Nach den eigenen Angaben des Beigeladenen zu 1 habe dieser die Tätigkeit persönlich
ausführen müssen. Der vereinbarte Stundenlohn habe hier nicht wesentlich über der eines angestellten Fahrers gelegen, so dass
eine solche Vergütung auch keine Eigenvorsorge ermöglicht habe. Kein entscheidendes Kriterium sei gewesen, dass der Beigeladene
zu 1 im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig gewesen sei. Denn auch ein abhängig Beschäftigter könne für
mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein. Zudem sei jedes Beschäftigungsverhältnis gesondert zu prüfen. Nach alledem
habe die Beklagte zu Recht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angenommen und davon ausgehend Gesamtsozialversicherungsbeiträge
und Umlagen U 1/ U2 nacherhoben. Deren Höhe, gegen die im Übrigen keine substantiierten Einwendungen erhoben worden sei, sei
ebenfalls nicht zu beanstanden.
Am 20.11.2017 hat die Klägerin gegen das ihr gegen Empfangsbekenntnis am 23.10.2017 zugestellt Urteil Berufung zum Landessozialgericht
(LSG) Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt, dass es in der Natur der Sache liege, dass der Beigeladene
zu 1 für seine Tätigkeit keine eigenen Geschäftsräume benötigt habe. Die Ausführungen des SG, dass der Beigeladene zu 1 über kein eigenes Fahrzeug verfüge und daher nicht selbständig tätig sei, überzeuge nicht. Es
sei ja gerade seine Tätigkeit gewesen, Autos der Endkunden zu speziellen Orten zu fahren. Er habe gar kein eigenes Auto einsetzen
können. Der Beigeladene zu 1 habe von Beginn an versucht, sein eigenes Unternehmen auszubauen. So habe er 2007 noch 93,8 %
seiner Aufträge für die Klägerin ausgeübt. 2012 seien es nur noch 24,3 % gewesen. Er sei damit zeitlich nicht so an die Klägerin
gebunden gewesen, dass er keine anderen Aufträge mehr habe annehmen können.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich ausgelegt),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. September 2017 sowie die Bescheide vom 29.04.2014 und 28.05.2014 sowie den
Widerspruchsbescheid vom 13.11.2014 bzgl. der darin festgestellten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den
Beigeladenen zu 1, Herrn C. G. aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Zur Begründung verweist sie auf die angefochtenen Bescheide sowie die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Mit Beschluss vom 16.05.2018 sind zum Verfahren zusätzlich die DAK- Gesundheit -Pflegekasse sowie die Bundesagentur für Arbeit
beigeladen worden.
Am 23.05.2019 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt und
hier nochmals die Geschäftsführerin der Klägerin sowie den Beigeladenen zu 1 befragt. Hierbei ist u.a. angegeben worden, dass
die Möglichkeit bestanden habe, dass Aufträge abgelehnt worden seien. Dann habe die Klägerin versucht, einen anderen Fahrer
zu kontaktieren. Die Klägerin selbst habe nur wenige Auftraggeber gehabt. Im Wesentlichen sei dies die Firma "Daimler" und
die Zeitschrift "Autor, Motor, Sport" gewesen. Die Geschäftsführerin und ihr Ehemann hätten versucht, die Aufträge allein
zu bearbeiten. Wenn man weitere Fahrer benötigt habe, habe man den Beigeladenen zu 1 oder die anderen Fahrer beauftragt. Der
Auftrag selbst sei im Wesentlichen vom Kunden bestimmt worden. Auch Änderungen vor Ort (z.B. wenn ein Fotograf einen anderen
Platz für die Fotos ausgewählt habe) habe der Fahrer dann direkt mit dem Endkunden besprochen. Zur Bezahlung ist angegeben
worden, dass man i.d.R. eine Tagespauschale vereinbart habe. Sei der Auftrag aber von vorneherein seht viel kürzer geplant
gewesen, so habe man auch nach Stunden abgerechnet. Habe ein Auftrag deutlich länger als 8 bis 10 Stunden gedauert, so habe
man "Überstunden" vergütet (siehe Rechnungen). Auslagen seien separat übernommen worden, so wie sie der Endkunde bezahlt habe.
Der Beigeladene zu 1 hat bestätigt am Anfang seiner Tätigkeit eine Einmalzahlung als Erfolgsbeteiligung erhalten zu haben.
Die Vergütungshöhe habe sich an den Preisen der Endkunden orientiert. Der Beigeladene hat weiter erklärt, dass seine Ehefrau
bei ihm als geringfügig Beschäftigte etwa seit 2008/2009 angestellt sei. Er habe dies auch angemeldet. Sie kümmere sich um
die Buchhaltung und organisatorische Aufgaben, z.B. Hotels buchen. Inzwischen sei er 106 Stunden monatlich als fest Angestellter
bei "A. M .S." tätig und übe die restliche Tätigkeit selbständig aus.
Die Geschäftsführerin der Klägerin hat angegeben, dass keine eigene Haftpflichtversicherung o.ä. bestanden hätten. Die Fahrzeuge
seien über die Endkunden versichert gewesen. Strafzettel und ggf. bestehende Selbstbeteiligungen habe der Beigeladene übernehmen
müssen. Der Beigeladene zu 1 habe seine Aufträge immer persönlich ausgeübt. Er hätte aber diese auch durch geeignete Dritte
verrichten können. Im Krankheitsfall habe der Beigeladene zu 1 den Auftrag an die Klägerin zurückgegeben und man habe versucht
einen anderen Fahrer zu organisieren. Der Beigeladene zu 1 hat ferner angegeben, dass er keine eigene Werbung gemacht habe
und auch die Internetpräsenz erst 2014 vorhanden gewesen sei. Er sei mündlich weiterempfohlen worden.
Die Beklagte und die Klägerin haben im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes, die die Beigeladenen zu 1 bis 4 (Schreiben
vom 29.08.2019, vom 30.08.2019 und 13.11.2019) haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
erklärt.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheiden.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, denn sie ist nach den §§
143 , 144 Abs.
1 , Abs.
3 SGG statthaft und auch unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§
151 Abs. 1 und Abs. 3) eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 29.04.2014 und 28.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.11.2014, soweit sie sich auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 beziehen. Mit den angefochtenen Bescheiden hat die
Beklagte für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.06.2011 in u.a. Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin
Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung festgestellt,
entsprechende Beiträge und Umlagen nachgefordert. Die Nachforderung für die anderen Fahrer sind nach der im erstinstanzlichen
Verfahren erfolgten Abtrennung nicht (mehr) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und z. T. in anderen Verfahren Gegenstand
(gewesen). Der Senat hat den Antrag der Klägerin zudem dahingehend sachdienlich ausgelegt, dass die Beantragung einer separaten
Feststellung dahingehend, dass für den Beigeladenen keine Versicherungspflicht besteht, nicht notwendig ist, da die Prüfung
dieser bereits mit dem Antrag auf Aufhebung des Nachforderungsbescheides mit umfasst ist.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind in Bezug auf den Beigeladenen zu 1 rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Nacherhebung ist § 28p Abs. 1 Satz 5
SGB IV . Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht
und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern. Diese Rechtsgrundlage ermächtigt
auch zur Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß §
24 SGB IV (Landessozialgericht Nordrhein-Westphalen, Beschluss vom 20.01.2015, L 8 R 70/14 B ER; Scheer in: jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28p Rdnr. 213).
Die angefochtenen Bescheide sind zunächst formell rechtmäßig. Die erforderliche Anhörung nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist erfolgt (vgl. Schreiben der Beklagten vom 13.06.2012).
Der Bescheid ist hinsichtlich der Nachforderung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages für den Beigeladenen zu 1 in materieller
Hinsicht nicht zu beanstanden. Nach §
28e Abs.
1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen
Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung ( §
28d Sätze 1 und 2
SGB IV ), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen,
die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind ( § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI , § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Die Beklagte war als Rentenversicherungsträgerin auch zur Überwachung des
Umlageverfahrens (sog. U1- und U2-Umlage) nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG -) und zum Erlass eines entsprechenden Umlagebescheids befugt. Denn § 10 AAG stellt die Beiträge zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur GKV gleich, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags
( §
28d S 1
SGB IV ) sind, der von der Beklagten im Rahmen einer Betriebsprüfung ( § 28p Abs. 1 Satz 1
SGB IV ) geltend zu machen ist (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 26.09.2017, B 1 KR 31/16 R , in SozR 4-7862 § 7 Nr. 1 ). Gleiches gilt seit dem 01.01.2009 in Bezug auf die Insolvenzgeldumlage. Nach §
359 Abs.
1 Satz 1
SGB III in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung vom 30.10.2008
(BGBl I S. 2130) ist die Umlage zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Nach Satz 2 finden die
für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des
SGB IV entsprechende Anwendung und damit wiederum § 28p Abs. 1 Satz 1
SGB IV mit seiner die Zuständigkeit der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begründenden Wirkung.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV . Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R , SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 , BSG 04.07.2007, B 11 AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8 ) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit
und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den
genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung;
vgl. zum Ganzen etwa BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R , SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).
Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des
rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten,
so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt.
Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung
auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung
rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition
nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung
auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag
geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte
Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit mindestens 2008, vgl. auch hierzu BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R , SozR 4-2400 § 7 Nr 17 ).
Ausgehend von diesen Maßstäben überwiegen zur Überzeugung des Senats bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die für eine
abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte. Der Senat schließt sich demnach im Ergebnis der Entscheidung des SG an, wonach der Beigeladene zu 1 im streitigen Zeitraum bei der Klägerin abhängig beschäftigt war.
Anders als das SG angenommen hat, ist es bei der vorliegenden Fahrertätigkeit jedoch nicht entscheidend, ob der Fahrer ein eigens Fahrzeug
einsetzt. Es ist dem SG zwar dahingehend Recht zu geben, dass nach der Rechtsprechung des BSG bei einer Fahrertätigkeit entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein eigenes Fahrzeug eingesetzt wird und falls dies nicht
der Fall ist, dies entscheidend für die Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers spricht (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2005, -B 12 KR 28/03 R). Auf den vorliegenden Fall ist diese Rechtsprechung jedoch nicht anwendbar, denn es liegt hier gerade in der Natur der vom
Beigeladenen zu 1 ausgeübten Tätigkeit, dass er kein eigenes Fahrzeug eingesetzt hat. Es war vielmehr seine Aufgabe die Fahrzeuge,
die im Übrigen auch nicht der Klägerin gehörten, für Fotoaufnahmen, Testfahrten o.ä. zu verschiedenen Orten zu fahren.
Dennoch kommt aber auch der Senat zur Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1 im streitigen Zeitraum bei der Klägerin abhängig
beschäftigt gewesen war.
Wie das SG geht der Senat davon aus, dass der Beigeladene zu 1 im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft und keine Arbeitsmittel mit der
ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, eingesetzt hat. Unternehmerisch nutzbare Freiheit in der Gestaltung und
Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft ist ihm nicht eröffnet gewesen (dazu: BSG, Urteil vom 25.04.2012, - B 12 KR 24/10 R -, in juris). Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Möglichkeit des Beigeladenen zu 1, Aufträge anzunehmen oder
abzulehnen. Dies kann zwar grundsätzlich als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden, weil
der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit weitgehend selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse
Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden
will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen
beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird,
kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen. Nimmt der Betroffene das angetragene
Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen
Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen.
So war es hier. Hatte der Beigeladene zu 1 einen Auftrag angenommen, so musste er die Fahrzeuge nach den Wünschen der Klägerin
bzw. des jeweiligen Endkunden an einen bestimmten Ort bringen und ggf. dort für weitere Fahrten (z.B. für Werbeaufnahmen)
zur Verfügung stehen. Er war sowohl hinsichtlich des Ortes und des zeitlichen Umfanges auf die Angaben der Klägerin bzw. des
jeweiligen Endkunden angewiesen. Er hatte keine Möglichkeit auf die konkrete Gestaltung der Tätigkeit vor Ort Einfluss zu
nehmen. Die Aufträge mit den Kunden wurden jeweils von der Klägerin beworben und abgerechnet. Nach Erhalt des Auftrags von
ihrem Kunden erteilte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1 den Auftrag für die jeweilige Fahrt und er hatte sich an die Vorgaben
der Klägerin, des Endkunden bzw. des vor Ort tätigen Redakteurs/ Fotograf zu halten. Hier hat der Beigeladene zu 1 im Rahmen
der schriftlichen Befragung im Verwaltungsverfahren selbst angegeben, dass Weisungen erfolgt sind und dass seine Arbeit zumindest
teilweise kontrolliert worden ist. Hier führte der Beigeladene zu 1 z.B. an, dass telefonisch nachgefragt worden sei, ob er
das jeweilige Auto angegeben hat.
Der Beigeladene zu 1 hat seine Tätigkeit auch im Wesentlichen höchstpersönlich ausgeübt und Auftrag im Krankheitsfall an die
Klägerin zurückgegeben. Dann hat nicht er, sondern die Klägerin sich um einen Ersatzfahrer gekümmert.
Nicht zuletzt hat der Beigeladene zu 1 selbst gegenüber der Beklagten angegeben, dass seine Tätigkeit im Wesentlichen der
Tätigkeit der festangestellten Beschäftigten entsprach, was ebenfalls Indiz für eine abhängige Beschäftigung darstellt.
Es ist der Klägerin zwar recht zu geben, dass des Beigeladenen zu 1 grundsätzlich nicht am Geschäftsort der Klägerin tätig
war und dort auch kein Büro/ Arbeitsbereich zur Verfügung hatte. Aber dies ist der Natur seiner (Fahrer-)Tätigkeit geschuldet,
so dass dies kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit sein kann.
Zu keinem anderen Ergebnis führt auch, dass der Beigeladene zu 1 ein Gewerbe angemeldet hatte. Denn eine Gewerbeanmeldung
stellt kein aussagekräftiges Kriterium im Rahmen der Gesamtabwägung dar, da eine Überprüfung durch die Gewerbeaufsicht hinsichtlich
des Vorliegens einer Beschäftigung nicht stattfindet (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 17.12.2014, L 8 R 463/11 ; sowie Urteil v. 11.5.2016, L 8 R 975/12 , jeweils juris).
Der Beigeladene zu 1 verfügte im Streitzeitraum auch nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin bestehende
Betriebsstätte. Nach eigenen Angaben hatte er lediglich einen Arbeitsplatz im heimischen Wohnzimmer. Nach der Rechtsprechung
des BSG reicht bereits ein häusliches Arbeitszimmer, von welchem aus die berufliche Tätigkeit koordiniert und wo eine Büroausstattung
mit Computer, Drucker, Telefon und Akten vorgehalten wird, nicht über das hinaus, was in der modernen Lebenswirklichkeit auch
in vielen privaten Haushalten beschäftigter Arbeitnehmer vorzufinden ist, und ist nicht qualitativ mit einer festen Geschäftseinrichtung
oder Anlage zu vergleichen, die dem Betrieb eines Unternehmens dient (vgl. §
12 Satz 1
Abgabenordnung [AO]; BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R , SozR 4-2400 § 7 Nr. 25 m.w.N.; sowie Urteil v. 6.4.2016, a.a.O.).
Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht vorliegend auch nicht, dass der Beigeladene zu 1 teilweise im streitgegenständlichen
Zeitraum seine Ehefrau als geringfügig Beschäftigte angestellt hatte, so dass er ein gewisses Unternehmerrisiko zu tragen
hatte. Hierbei ist aber zu beachten, dass ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, das tatsächliche Gesamtbild
einer Beschäftigung nicht wesentlich bestimmen kann (BSG, Beschluss vom 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -, in juris). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft
auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss
ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch
größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen
(Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.06.2018 - L 5 R 2323/17 -, Rn. 28, juris mit Verweis auf BSG, Urteil vom 25.04.2012, - B 12 KR 24/10 R -, in juris). Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Insbesondere war in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die
Angestellte nur im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses und auch nur für organisatorische Aufgaben, wie
Terminverwaltung und Hotelbuchungen, also nicht in einem großen zeitlichen und finanziellen Umfang für den Beigeladenen zu
1 tätig war. Darüber hinaus hat der Beigeladene zu 1 seine Ehefrau erst ab 2008/ 2009 beschäftigt, der hier zu beurteilende
Zeitraum beginnt aber bereits am 01.01.2007 und der Anteil des vom Beigeladenen zu 1 auch für andere Auftraggeber durchgeführte
Aufträge zumindest ab 2009 erheblich angestiegen war, so dass sich auch die Kosten für die Tätigkeit der Ehefrau auf verschiedene
Auftraggeber verteilte. Darüber hinaus hat der Beigeladene zu 1 seine Ehefrau auch heute als geringfügig Beschäftigte angestellt
und übt eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber im Rahmen einer Festanstellung neben weiteren selbständigen Tätigkeiten
aus.
Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin führt auch nicht die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1 mehrere Auftraggeber
hatte und der Anteil der Aufträge, der auf die Klägerin entfiel, im streitgegenständlichen Zeitraum kontinuierlich abnahm,
gegen eine abhängige Beschäftigung. Denn wie bereits das SG ausgeführt hat, kann auch ein abhängig Beschäftigter für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein. Hinzu kommt, dass
der Beigeladene zu 1 - insbesondere bei Fahrten, für die er die komplette Tagespauschale abgesetzt hat - über keine Zeit mehr
verfügte, um weitere Fahrtaufträge anzunehmen. Er konnte somit nur nacheinander und an einem anderen Tag für die einzelnen
Auftraggeber tätig werden. Nach Maßgabe des allgemeinen Gebots der isolierten sozialversicherungsrechtlichen Betrachtung der
im Einzelfall ausgeübten Tätigkeiten ( BSG, Urteil vom 04.11.2009 - B 12 R 7/08 R -, in juris) ist jede Tätigkeit gesondert zu beurteilen ( Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2016
- L 5 R 1899/14 -, Rn. 63, juris), zumal der Beigeladene zu 1 auch heute nach eigenen Angaben eine abhängige Beschäftigung von ca. 100 Stunden
pro Monat für eine Autofachzeitschrift ausübt und daneben weitere Aufträge als Fahrer im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit
durchführt.
Ganz wesentlich gegen eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 spricht auch dessen Bezahlung. Der gezahlte Tagessatz
von 140,00 Euro spricht auch nicht vor dem Hintergrund des durch das BSG zwischenzeitlich entwickelten Kriteriums der Eigenfürsorge für eine selbständige Tätigkeit ( BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R , juris). Der insofern kalkulierte Stundensatz von 14,00 Euro liegt erheblich unter dem Stundensatz von 40,00 Euro, bei
dem das BSG in der genannten Entscheidung davon ausging, dass er eine eigenständige Absicherung gegen die sozialen Risiken von Krankheit,
Pflegebedürftigkeit, Invalidität und Arbeitslosigkeit erlaube. Auch war es dem Beigeladenen nicht möglich, durch besonders
effektive Arbeitsweise den Stundensatz (es war in der Regel ein Tageshonorar von 140,00 Euro für acht bis zehn Stunden vereinbart
worden), durch gegebenenfalls gewonnene Zeit zum anderweitigen Einsatz seiner Arbeitskraft, maßgeblich zu steigern. Er war
auch hier auf die Wünsche und Anweisungen der Klägerin/ der Endkunden angewiesen. Folgerichtig wurde ihm in den Fällen, in
denen sich die benötigte Zeit wesentlich über den kalkulierten 10 Stunden bewegte, sogar die Vergütung der entsprechenden
Überstunden angeboten.
Indiz für eine selbständige Tätigkeit kann schließlich zwar sein, dass arbeitnehmertypische Ansprüche auf Urlaub und Lohnfortzahlung
im Krankheitsfall nicht vereinbart waren, allerdings ist das Fehlen solcher Ansprüche als Vertragsgestaltung konsequent, wenn
beide Seiten eine selbständige freie Mitarbeit wollen (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2019 -
L 4 R 2333/17 -, Rn. 123, juris).
Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe der Nachforderung zum Nachteil der Klägerin falsch berechnet worden sein sollte, sind nach
Aktenlage nicht erkennbar. Diesbezüglich hat die Klägerin weder im Verwaltungs-, noch im Klage- oder Berufungsverfahren etwas
vorgetragen. Weitere Ausführungen erübrigen sich daher.
Die Beitragsforderung ist auch nicht verjährt. Nach §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die im Jahr 2007 fällig
gewordenen Beiträge wären daher nach der regelmäßigen Verjährungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt. Die
Verjährung wurde aber für die Dauer der Prüfung vom 06.10.2010 bis 23.04.2014 gehemmt, so dass die Nacherhebung mit Bescheid
vom 29.04.2014 bzw. vom 28.05.2014 rechtzeitig erfolgte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) . Die Beigeladenen tragen gemäß §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
162 Abs.
3 VwGO ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Kosten aus Billigkeit der unterliegenden
Klägerin aufzuerlegen, weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
12. Aufl 2017, § 197a Rn. 29 m.w.N.).
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach §
197a Abs.
1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 2 Satz 1 , 52 Abs 3 , 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht der streitigen Nachforderung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor ( §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG ).