Festsetzung von Verschuldenskosten im sozialgerichtlichen Verfahren; Berücksichtigung der Aufwendungen anderer Verfahrensbeteiligter;
Erstattung der Hälfte der Pauschgebühr
Tatbestand:
Der Kläger macht Untätigkeit der Beklagten geltend.
Der 1975 geborene Kläger beantragte am 19. Februar 2008 per E-Mail bei der Beklagten die Gewährung einer Übergangsbeihilfe
in Höhe von 300 EUR als Darlehen im Hinblick auf die Arbeitsaufnahme bei der Firma S. und M. GmbH und Co. KG in P ...
Mit Bescheid vom 13. März 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 15. März 2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2008 zurück.
Zur Begründung führte sie aus, nach §
53 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) könnten Arbeitslose durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit diese zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig sei.
Hier sei schon die Notwendigkeit fraglich, da der Arbeitsvertrag bereits am 1. Februar 2008 geschlossen, Übergangsbeihilfe
aber erst am 19. Februar 2008 beantragt worden sei. Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen wäre die ablehnende Entscheidung
nicht ermessensfehlerhaft. Der Kläger habe bereits für die Arbeitsaufnahme am 21. Januar 2008 bei der Firma I. Personaldienstleistungen
GmbH den maximalen Betrag von 1.000 EUR erhalten. Das Arbeitsverhältnis mit der I. Personaldienstleistungen GmbH habe bereits
am 8. Februar 2008 wieder geendet, der Lohn sei Anfang März 2008 ausgezahlt worden. Damit sei mit der überwiesenen Übergangsbeihilfe
nicht nur die Zeit bei der Firma I., sondern auch die Zeit der Beschäftigung bei der Firma S. vom 18. Februar 2008 bis zur
ersten Gehaltszahlung abgedeckt; zudem habe dem Kläger das im März ausgezahlte Arbeitsentgelt zur Verfügung gestanden.
Am 1. April 2009 hat der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Untätigkeitsklage erhoben. Bis heute habe die Beklagte über seinen Widerspruch vom 20. Februar 2008 nicht entschieden. Hierzu
hat er eine E-Mail vorgelegt, mit welcher er gegen die telefonische Ankündigung des Arbeitsvermittlers, das Darlehen abzulehnen,
Widerspruch eingelegt hat. Auch die mündliche Ablehnung sei ein widerspruchsfähiger Verwaltungsakt. Am 3. Juli 2009 hat der
Kläger den Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 hat er hilfsweise
die Anträge in einen "Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag", hilfsweise in einen "allgemeinen Feststellungsantrag", hilfsweise
in einen "Fortsetzungsfeststellungsantrag" umgestellt.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Das gegen den Kammervorsitzenden gerichtete Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit sei offensichtlich
rechtsmissbräuchlich. Das Gesuch sei erfolgt, nachdem der Vorsitzende im Verfahren S 11 AL 2751/09 W-A die Auffassung geäußert habe, es handele sich um ein kostenpflichtiges Verfahren. Ablehnungsgründe seien nicht zu bejahen,
wenn sich der Richter lediglich eine vorläufige Meinung zu einer Rechtsfrage gebildet habe. Durch die Befugnis, einen Richter
wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen solle nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sich den zuständigen Richter nach
seiner Rechtsauffassung aussuchen zu können. Außer dem pauschalen Vorwurf, die Verfahren seien ausnahmslos von Willkür geprägt,
habe der Kläger keinerlei substantiierte Tatsachen angeführt, die zu einer Besorgnis der Befangenheit unter irgendeinem Gesichtspunkt
führen könnten.
Die Anträge seien nach dem gesamten Vorbringen des Klägers als auf Bescheidung ausgerichtet auszulegen. Vor diesem Hintergrund
seien die hilfsweise gestellten Anträge nicht sachdienlich. Die Untätigkeitsklage sei nach §
88 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) unzulässig, weil die Beklagte bereits am 15. April 2008 durch Widerspruchsbescheid den Kläger abschließend sachlich beschieden
habe. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger bereits am 20. Februar 2008 Widerspruch eingelegt haben wolle, denn zu diesem
Zeitpunkt habe noch kein Verwaltungsakt vorgelegen. Dies habe auch dem Kläger bekannt sein müssen, der sich selbst in seiner
E-Mail darauf beziehe, ihm sei eröffnet worden, die Gewährung des Darlehens solle abgelehnt werden. Die Entscheidung habe
die Beklagte erst mit Bescheid vom 15. März 2008 getroffen, über den hiergegen gerichteten Widerspruch sei abschließend entschieden
worden.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 24. November 2009 eingelegten Berufung. Die Behauptung, der Bescheid vom 15.
April 2008 sei bestandskräftig, sei falsch. Eine Untätigkeitsklage könne auf Entscheidung in der Sache gerichtet sein. Das
SG habe die späteren Anträge des Klägers nicht einfach übergehen dürfen, wie er bereits mit Antrag auf Urteilsergänzung geltend
gemacht habe. Die Klage sei auch zulässig. Die Beklagte habe den Widerspruch vom 20. Februar 2008 bis heute nicht beschieden.
Wenn die Beklagte dies zum Gegenstand anderer Widerspruchsverfahren hätte machen wollen, hätte sie hierauf im Widerspruchsbescheid
hinweisen müssen. Entscheidungen, die trotz Antrag ohne mündliche Verhandlung ergingen, seien aufzuheben und zurück zu verweisen.
Das Urteil sei nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen. Der Richter habe die Grenzen der Selbstentscheidung von Befangenheitsgesuchen
verletzt. Die zuletzt gestellten Feststellungsanträge lösten zumindest den Regelstreitwert von 5.000 EUR aus. Mit Schreiben
vom 3. April 2010 hat der Kläger den 12. Senat, hilfsweise Richter am Landessozialgericht (LSG) B., sowie die Richter V.,
B., S. und D. als befangen abgelehnt, mit weiterem Schreiben vom 23. April 2010 erneut die Richter D., B. und V ...
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch
vom 20. Februar 2008 zu bescheiden, hilfsweise den Bescheid vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
15. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Darlehen in Höhe von 300 EUR zu gewähren, hilfsweise festzustellen,
dass die Ablehnung der Gewährung rechtswidrig war, hilfsweise festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig
war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Die Ablehnungsgesuche gegen die Senatsmitglieder vom 3. April 2010
sind mit Beschluss vom 13. April 2010 ohne Beteiligung der abgelehnten Richter zurückgewiesen worden. Die neuerlichen Ablehnungsgesuche
vom 23. April 2010 sind unzulässig, da sie rechtsmissbräuchlich sind. Sie hindern den Senat daher nicht, unter Mitwirkung
der abgelehnten Richter zu entscheiden (vgl. Bundesfinanzhof, NJW 2009, 3806 f.).
Nach §
60 SGG i.V.m. §
45 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen
gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der
betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit
des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 67. Aufl., §
54 Rdnr. 10 m.w.N.). Nach §
60 SGG i.V.m. §
45 Abs.
1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend
vom Wortlaut des §
45 Abs.
1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche
in bestimmten Fallgruppen entscheiden kann. Hierzu zählt etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte
sowie die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
60 Rdnr. 10d m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Über die Ablehnung der Senatsmitglieder wurde mit unanfechtbarem Beschluss vom 13. April 2010 bereits
entschieden, neue Gesichtspunkte bringt der Kläger insoweit nicht vor. Soweit er behauptet, der Senat habe mit den Beschlüssen
zur Prozesskostenhilfe vom 20. April 2010 gegen das Tätigkeitsverbot des §
47 ZPO verstoßen, trifft dies nicht zu. Anhörungsrügen hemmen den Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung über die Zurückweisung
des Befangenheitsgesuchs nicht. Bei offenbarem Missbrauch - wie hier - ist eine Entscheidung durch gesonderten Beschluss nicht
nötig (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 60 Nr. 4).
Der Senat kann auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da dieser in der Ladung ordnungsgemäß auf diese
Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
126 Rdnr. 4). Dem Antrag des Klägers auf Terminverlegung im Hinblick auf einen kollidierenden Gerichtstermin beim Arbeitsgericht
Hamburg war nicht zu entsprechen, da auf Nachfrage vom dortigen Gericht die Aufhebung des Termins mitgeteilt worden war, so
dass eine Kollision nicht mehr bestand. Andere Gründe für eine Verlegung des Termins liegen ebenfalls nicht vor.
Dem Verlegungsantrag war nicht im Hinblick auf die geforderte Akteneinsicht stattzugeben. Der Kläger hat bereits am 3. September
2009 Einsicht in die Verwaltungsakten und SG-Akten genommen. Auf seinen Antrag auf Akteneinsicht im jetzigen Verfahren wurden die gesamten Akten zur Akteneinsicht an
das Bürgermeisteramt E. gesandt. Die von dort für die Dauer eines Monats gebotene Möglichkeit zur Einsicht hat der Kläger
nicht wahrgenommen, ebenso wenig die auf nochmaligen Antrag auf Akteneinsicht ausdrücklich angebotene Möglichkeit zur Einsicht
der Akten auf der Geschäftsstelle.
Ebenso wenig gibt die Terminierung von zehn Verfahren des Klägers auf 14 Uhr am Sitzungstag Anlass zur Verlegung. Es entspricht
ständiger Übung des Senats wie auch des gesamten Gerichts, mehrere Verfahren zwischen denselben Beteiligten auf eine Uhrzeit
zu laden und dann nacheinander zu verhandeln entsprechend dem Zeitbedarf im konkreten Einzelfall. Eine Verletzung von Verfahrensrechten
des Klägers ist insoweit in keiner Weise ersichtlich.
Die Berufung ist unzulässig.
Nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst-
oder Sachleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dabei kommt
es für die Anwendung der Verfahrensvorschrift nicht auf die Klageart, sondern das sachliche Ziel des Klagebegehrens an (vgl.
BSGE 63, 195; BSG SozR 1500 § 148 Nr. 1). Entsprechend gilt die Wertgrenze auch für eine Untätigkeitsklage, denn mit ihr wird zwar nicht
direkt eine Leistung verlangt, aber die Klage zielt auf Erlass eines auf Geldleistung gerichteten Verwaltungsakts (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG letzte Alternative; vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. September 2008 - L 1 KR 13/08 NZB -; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. November 2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - (beide juris)). Gleiches gilt für die hilfsweise erhobene Feststellungsklage, die hier der Sache nach auch die Leistung
betrifft (vgl. Peters/Sautter/Wolff,
SGG, §
144 Rdnr. 35). Damit ist die Wertgrenze für die Berufung vorliegend nicht erreicht. Die unzulässige Berufung ist nicht in eine
Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten (vgl. BSG SozR 3-1500 § 158 Nr. 1; BSG SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).
Im Übrigen hätte die Berufung selbst dann keinen Erfolg, wenn ihre Zulässigkeit unterstellt würde. Denn das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Soweit die ausdrücklich erhobene Untätigkeitsklage auf Bescheidung des Widerspruchs vom 20. Februar 2008 zielt, ist sie unzulässig.
Es liegt keine Nichtbescheidung vor (§
88 SGG), denn mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. April 2008 ist das Widerspruchsverfahren insgesamt erledigt worden. Ob bei Einlegung
des Widerspruchs am 20. Februar 2008 bereits ein (mündlicher) Verwaltungsakt vorlag, kann dahin stehen. Durch den Bescheid
vom 13. März 2008 hat die Beklagte jedenfalls die mündliche Ankündigung/den mündlichen Verwaltungsakt ersetzt, so dass der
erneute Widerspruch des Klägers Gegenstand des bereits anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden ist (§
86 SGG). Dieses einheitliche Widerspruchsverfahren ist mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. April 2008 insgesamt abgeschlossen worden,
so dass ein noch nicht beschiedener Widerspruch nicht vorliegt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 1. April 2009 ist daher
unter keinem Gesichtspunkt eine Untätigkeitsklage zulässig.
Die hilfsweise gestellten Anträge sind ebenfalls unzulässig, wie das SG zutreffend entschieden hat, denn entsprechende Klageänderungen sind nicht sachdienlich (§
99 Abs.
1 SGG). Zwar hat das SG nicht weiter begründet, warum es die Klageänderungen nicht für sachdienlich hält, hieraus kann entgegen der Auffassung des
Klägers jedoch nicht geschlossen werden, es habe über die Hilfsanträge, die es ausdrücklich als nicht sachdienlich bezeichnet,
nicht entschieden. Einen Antrag auf Urteilsergänzung nach §
140 SGG hat der Kläger im Übrigen im vorliegenden Verfahren nach Lage der Akten nicht gestellt. Der Senat sieht sich insoweit auch
nicht gehindert, über die Hilfsanträge im Rahmen der - vorliegend nur fiktiv als zulässig betrachteten - Berufung zu entscheiden.
Da die einmonatige Klagefrist (§
87 Abs.
1 SGG) angesichts des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2008 bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung am 1. April 2009 abgelaufen
war, konnte jedenfalls keine Klageänderung in eine Verpflichtungsklage mehr erfolgen, denn für eine derartige Klage lagen
die Prozessvoraussetzungen schon nicht vor (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Oktober 2007 - L 7 SO 4334/06 - (juris)).
Nichts anderes ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers, es gebe zwischen den Parteien keine bestandskräftigen Bescheide.
Wenn der Widerspruchsbescheid vom 15. April 2008 innerhalb der Klagefrist direkt mit einer Klage angegriffen worden wäre -
was sich angesichts der mehreren Hundert, vom Kläger seit 2008 beim SG angestrengten Verfahren nicht ohne weiteres feststellen lässt - käme eine weitere Klage im Wege der Klageänderung ebenfalls
nicht in Betracht, denn dann stünde entweder die anderweitige Rechtshängigkeit oder die Rechtskraft einer sozialgerichtlichen
Entscheidung entgegen.
Ebenso ist die Änderung in eine Feststellungsklage oder Fortsetzungsfeststellungsklage nicht sachdienlich, da diese Anträge
ebenfalls unzulässig sind. Bei Auslegung des gesamten Vorbringens des Klägers kann hier eine Feststellungsklage wohl nur auf
die Feststellung gerichtet sein, dass der Erlass der ablehnenden Bescheide rechtswidrig gewesen ist. Ein derartiger Feststellungsantrag
wäre indes unzulässig, denn Feststellungsklagen dienen nicht dazu, nach Ablauf der Klagefrist eine gerichtliche Überprüfung
bestandskräftiger Bescheide zu ermöglichen (vgl. BSGE 70, 99). Der auf die Feststellung, dass der Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden wurde gerichtete
Fortsetzungsfeststellungsantrag (§
131 Abs.
1 Satz 3
SGG) ist ebenfalls unzulässig, denn der Widerspruch wurde noch innerhalb der Frist des §
88 Abs.
2 SGG beschieden, so dass schon keine Untätigkeit vorlag, die sich hätte erledigen können.
Eine Zurückverweisung an das SG nach §
159 Abs.
1 SGG ist vorliegend nicht geboten. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, das SG habe entgegen §
60 Abs.
1 Satz 2
SGG den Befangenheitsantrag nicht dem LSG vorgelegt, sondern selbst entschieden, stellt keinen wesentlichen Mangel i.S.v. §
159 Abs.
1 Nr.
2 SGG dar, an dem das Verfahren leidet. Ein wesentlicher Mangel liegt dann vor, wenn das Urteil des SG auf ihm beruhen kann, was stets der Fall ist bei Verfahrensfehlern, die absolute Revisionsgründe (§
202 SGG i.V.m. §
547 ZPO) sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., aaO., §
159 Rdnr. 3a). Dies wäre hier nur dann der Fall, wenn das Ablehnungsgesuch begründet wäre, denn dann wäre das Verfahrensgrundrecht
auf den gesetzlichen Richter nach Art.
101 Abs.
1 Satz 2
Grundgesetz verletzt. So liegt der Fall indes nicht, denn das Ablehnungsgesuch war rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig, was der
Senat im Rahmen der Berufung aufgrund eigener Überprüfung feststellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit
auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug (§
153 Abs.
2 SGG). Abgesehen davon zeigt auch das - nicht nur hinsichtlich der Stellung von Befangenheitsanträgen - auffällige prozessuale
Verhalten des Klägers, dass es ihm allein um prozesstaktische Gründe geht und nicht tatsächlich eine Besorgnis besteht, der
Richter könne ihm gegenüber voreingenommen sein. Ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter liegt nach alledem nicht vor.
Das SG durfte auch durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Voraussetzungen des §
105 Abs.
1 Satz 1
SGG liegen vor, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt
geklärt ist. Der Kläger ist zu dieser beabsichtigten Verfahrensweise gehört worden, sein Einverständnis hiermit ist nach der
Verfahrensordnung nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG, die Entscheidung über die Missbrauchskosten auf §§
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3, Satz 3, 184 Abs.
2 SGG. Der Senat hat dem Kläger Verschuldenskosten auferlegt, weil der Kläger den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm vom
Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung
bei Fortführung des Verfahrens hingewiesen worden ist. Missbrauch ist anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen
als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1995 - 2 BvR 1379/95 - NJW 1996, 1273 f.). Die Aussichtslosigkeit der Berufung ist dem Kläger nicht zuletzt durch den ausführlichen PKH-Beschluss vom 20. April
2010 dargelegt worden, sie ist zur Überzeugung des Senats auch vom Kläger erkannt worden. Der Kläger überzieht das SG und den Senat seit Monaten mit einer Vielzahl von Verfahren, die häufig - wie auch hier - gar nicht (mehr) ein Leistungsbegehren
verfolgen, sondern entweder von vornherein unzulässig sind oder trotz Erledigung fortgeführt werden. Dabei beweist der Kläger
ein besonders hohes Maß an Uneinsichtigkeit. Der Senat hat dem Kläger insoweit Missbrauchskosten in Höhe des Mindestbetrags
von 225 EUR (§
192 Abs.
1 Satz 3 i.V.m. §
184 Abs.
2 SGG) auferlegt, wobei die tatsächlich durch das Verhalten des Klägers verursachten Kosten für den Senatstermin und die Absetzung
des Urteils deutlich darüber liegen dürften. Daneben hat der Kläger der Beklagten die Hälfte der von dieser zu entrichtenden
Pauschgebühr zu erstatten, denn nach §
186 Satz 1
SGG wäre die Pauschgebühr im Falle einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem
Handeln des Klägers wären diese Kosten daher vermeidbar gewesen, sie sind somit durch den Kläger zu erstatten (vgl. BSG, Urteil
vom 27. April 1994 - 10 Rar 10/93 - (juris); Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., aaO., § 192 Rdnr. 13, 15).
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) liegen nicht vor. Zwar ist angesichts der divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen die Frage der Zulässigkeit der
Berufung bei Untätigkeitsklagen nicht geklärt. Diese Frage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Berufung auch im
Falle ihrer Zulässigkeit keinen Erfolg hätte.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) vom 23. April 2010 hat keinen Erfolg. Da der Antrag erst kurz vor
der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, entscheidet der Senat hierüber im Rahmen der mündlichen Verhandlung (vgl. Leitherer
in Meyer-Ladewig u.a., aaO., §
73a Rdnr. 12a). Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum
Teil oder in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des §
114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht
NJW 1997, 2102, 2103).
Eine Bewilligung von PKH kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der zuvor gestellte PKH-Antrag bereits mit Beschluss
vom 20. April 2010 abgelehnt worden ist. Für einen wiederholten PKH-Antrag besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn er - wie
hier - auf denselben Lebenssachverhalt gestützt wird wie der vorausgegangene abschlägig beschiedene Antrag (Bundesgerichtshof,
Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03 - NJW 2004, 1805 ff.). Davon abgesehen besteht auch keine hinreichende Erfolgsaussicht, wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt.
Zudem ist die Rechtsverfolgung durch den Kläger mutwillig.