Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Auszahlung einer Rentennachzahlung.
Der Kläger und Berufungsbeklagte ist Rechtsnachfolger des 1960 geborenen und am 28.02.2006 verstorbenen Versicherten S. A.
(nachfolgend: Versicherter), der bis zu seinem Tod ein auf Zahlung von Erwerbsminderungsrente gerichtetes Verfahren gegen
die Beklagte und Berufungsklägerin betrieben hatte. Dieses Verfahren ging zurück auf den Rentenantrag vom 17.04.2003. Mit
Bescheid vom 16.06.2003 hatte die Bahnversicherungsanstalt Bezirksleitung Berlin als Rechtsvorgängerin der Beklagten den Antrag
auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt, weil der Kläger nach ärztlicher Feststellung zwar nicht mehr in seinem erlernten
Beruf als Kellner, wohl aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein könne. Auch ein Gutachten des
Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 10.01.2003 war zuvor zu diesem Ergebnis gekommen. Das im anschließenden Klageverfahren für das
Sozialgericht Berlin (Az.: S 20 RJ 1108/04) erstellte neurologisch-psychiatrische Gutachten Dr. P. vom 13.01.2005 bestätigte diese Einschätzung. Nach dem Tod des Versicherten
wurde das Verfahren aufgrund des Erbscheins vom 12.10.2006, das den Kläger als Alleinerben aufweist, von diesem weiterbetrieben.
Mit Urteil vom 06.11.2006 wurde durch das Sozialgericht Berlin die auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente gerichtete Klage
abgewiesen. Erst das für das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg (Az.: L 6 R 426/09) nach Aktenlage erstellte Gutachten Dr. W. vom 24.08.2011 kam zum Ergebnis, dass der Kläger jedenfalls seit 2005 bei progressiver
Verschlechterung des psychischen Befundes und einem schwerwiegenden Gefäßleiden nach diversen Hirninfarkten nicht mehr in
der Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit von 3 Stunden und mehr nachzugehen. Daraufhin schlossen die Beteiligten entsprechend
dem Vergleichsangebot der Beklagten vom 07.02.2012 einen gerichtlichen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte dem Versicherten
ausgehend von einem Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auf Dauer am 01.02.2005 vom 01.03.2005 bis 28.02.2006 (Tod)
eine Rente wegen Erwerbsminderung nach den gesetzlichen Bestimmungen gewährt.
Mit Ausführungsbescheid vom 23.10.2012, adressiert an den Bevollmächtigten des Klägers, bewilligte die Beklagte zugunsten
des Versicherten für die Zeit vom 01.03.2005 bis 28.02.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und verfügte die vorläufige
Einbehaltung der Nachzahlung in Höhe von 3.798,47 EUR.
Der Beigeladene, bei dem der Versicherte bis zu seinem Tod als Alleinstehender im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gestanden hatte, meldete mit Schriftsatz vom 13.03.2013 für die Zeit von 01.03.2005 bis 31.12.2005 einen Erstattungsanspruch
in Höhe von 3.165,31 EUR an. In diesem Schreiben ist für jeden Monat dargelegt, in welcher Höhe der Versicherte Leistungen
erhalten hatte. Am 24.03.2013 wurden aus der Nachzahlung 811,45 EUR an den Rechtsnachfolger des Klägers ausgezahlt.
Mit Schreiben vom 25.03.2013, das als Betreff den Hinweis trägt: "Nachzahlung aufgrund der mit Bescheid vom 23.10.2012 gewährten
Rente" wurde dem Kläger mitgeteilt, dass von der einbehaltenen Rentennachzahlung in Höhe von 3.798,47 EUR nach Abzug des vom
Beigeladenen im Wege des Erstattungsanspruchs geltend gemachten Betrags von 3.165,31 EUR ein Restbetrag von 633,16 EUR verbleibe,
der zuzüglich der angefallen Zinsen von 178,29 EUR auf das angegebene Konto des Klägers überwiesen werde. Die Mitteilung enthält
eine detaillierte Zinsberechnung, allerdings keine nähere Begründung.
Mit Schreiben vom 06.12.2013 machte der Bevollmächtigte des Klägers auf die Urteile des BSG vom 31.10.2012 (Az.: B 13 R 11/11 R und B 13 R 9/12 R) aufmerksam und erbat eine Stellungnahme zum Verbleib der Nachzahlung. Nach diesen Urteilen dürfte der Beigeladenen kein
Erstattungsanspruch zu stehen. Mit Schreiben vom 20.12.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass an der Auffassung festgehalten
werde, dass die Auszahlung an den Beigeladenen zu Recht erfolgt sei.
Am 26.06.2014 hat der Kläger beim Sozialgericht München eine Leistungsklage auf Auszahlung der restlichen Nachzahlung in Höhe
von 3.165,31 EUR erhoben. Die am 28.07.2014 (BGBl. I S. 1306) rückwirkend zum 01.01.2009 eingeführte Erstattungsregelung in § 40a SGB II betreffe den hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht, wobei auch hinsichtlich des Stichtags 01.01.2009 rechtliche Bedenken
bestünden. Vorliegend sei daher die vom BSG mit Urteilen vom 31.10.2012 (a.a.O.) geäußerte Rechtsauffassung zu beachten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Neuregelung lediglich klarstellende Funktion habe und deshalb auch für
Zeiträume vor dem 01.01.2009 anzuwenden sei. Der Stichtag 01.01.2009 sei lediglich gewählt worden, weil für Zeiten vorher
ohnehin Verjährung eingetreten sei.
Mit Urteil vom 11.08.2016 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Erstattung weiterer 3.165,31 EUR an den Kläger verurteilt.
Die Klage sei als Leistungsklage zulässig, da es ausschließlich um einen Zahlungsanspruch aus einem bereits bestandskräftigen
Verwaltungsakt gehe. Die Klage sei auch begründet. Es erschließe sich dem Gericht zwar nicht, warum dem Jobcenter kein Erstattungsanspruch
zustehen sollte, wenn für einen Arbeitssuchenden im Wege der Zusprache einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Rückwirkung
seine vollständige Ausgliederung aus dem Arbeitsmarkt festgestellt werde. Der Gesetzgeber habe jedoch mit der Einfügung des
§ 40a SGB II auf die Rechtsprechung des BSG reagiert und sie indirekt anerkannt. Die Auffassung, es handele sich um eine reine Klarstellung einer schon bisher gültigen
Rechtslage, könne nicht überzeugen. Im Umkehrschluss bleibe es dem Jobcenter für Zeiten vor dem 01.01.2009 verboten, mit einem
Erstattungsanspruch auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung zuzugreifen.
Am 31.10.2016 hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt. Mit Beschluss vom 04.04.2017 ist das Jobcenter Berlin
Pankow zum Verfahren beigeladen worden.
Der Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 05.05.2017 zur Berufung Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass der streitige
Erstattungsanspruch von der gesetzlichen Klarstellung umfasst sein müsste. Der gesetzgeberische Wille gehe hinsichtlich der
Übergangszeit zwischen der unseligen BSG Entscheidung vom 31.10.2012 (Az.: B 13 R 11/11 R) aus § 79 SGB II hervor, die die bereits erfolgte Auszahlung als einziges Kriterium für das Entfallen des Erstattungsanspruchs bestimmt habe.
In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/1311 Seite 13) gehe der Gesetzgeber davon aus, dass die Rentenversicherungsträger erst
ab Sommer 2013 dazu übergegangen seien, Auszahlungen an die Berechtigten zu veranlassen und habe damit zum Ausdruck gebracht,
dass bereits erfolgte Erstattungen unberührt bleiben sollten. Da eine Auszahlung an den Kläger nicht erfolgt sei, sei im Umkehrschluss
auch der Erstattungsanspruch des Beigeladenen nicht entfallen und im März 2013 zu Recht befriedigt worden. Auch eine Rückerstattung
des von der Beklagten bereits ausgezahlten Betrages komme daher nicht in Betracht.
Der Kläger ist der Auffassung einer eingetretenen Erfüllungswirkung entgegengetreten. Auch wenn es sich um eine Klarstellung
gehandelt habe, wäre es contra legem, die Regelung in § 40a SGB II "klarstellend" auch auf Zeiten vor dem 01.01.2009 auszudehnen, wobei es ausschließlich darauf ankomme, auf welchen Zeitraum
sich der Erstattungsanspruch beziehe. In einem vergleichbaren Fall (Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.11.2016
- Az.: S 6 R 450/13 -) habe eine Leistungsklage Erfolg gehabt und die Beklagte habe die Entscheidung akzeptiert. Die Frage der Realisierung eines
möglichen Rückerstattungsanspruchs im Verhältnis der Beklagten zum Beigeladenen gemäß § 112 SGB X betreffe nicht das vorliegende Verfahren.
Der Senat hat mit Schreiben der Berichterstatterin vom 08.08.2017 und unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom 27.06.2017
(Az.: L 13 R 171/15) die Auffassung vertreten, dass die Leistungsklage vorliegend nicht statthaft sei, da es sich bei dem Schreiben vom 25.03.2013
im Verhältnis zum Kläger um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, wieso vorliegend ein Erstattungsanspruch
nach § 104 SGB X ausgeschlossen sein sollte, da - anders als in dem vom BSG mit Urteil vom 31.10.2012 (Az.: B 13 R 9/12 R) entschiedenen Fall - der Beigeladene bei rechtzeitiger Rentenzubilligung nicht weiter leistungsverpflichtet gewesen wäre.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er, wenn man der mitgeteilten Rechtsauffassung folge, mit den Schriftsätzen
vom 06.12.2013 und 14.12.2013 der Abrechnung rechtzeitig in noch offener Widerspruchsfrist widersprochen habe. Sollte es eines
Widerspruchsverfahrens bedürfen, sei das Verfahren auszusetzen, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, den Widerspruch zu
bescheiden. Die Begründung zur Anwendbarkeit des § 104 SGB X überzeuge nicht, da die Leistungsgewährung des Beigeladenen aufgrund der fehlenden Erwerbsfähigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II rechtswidrig gewesen sei, was einem Anspruch nach § 104 SGB X entgegenstehe. Auch hinsichtlich der Auslegung des Klageantrags stehe das bezeichnete Urteil des Senats vom 27.06.2017 in
Widerspruch zum Urteil des BSG vom 24.02.2011 (B 14 AS 49/10 R). Materiell-rechtlich werde auf ein weiteres Verfahren des Sozialgerichts Berlin vom 22.05.2018 (Az.: S 141 R 2349/15) hingewiesen, dass die Auffassung des Klägers stütze. Gegebenenfalls werde die Notwendigkeit einer Revisionszulassung nach
§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG aufgrund Divergenz gesehen. Die Beklagte hat auf Anregung der Berichterstatterin am 23.05.2018 einen Widerspruchsbescheid
erteilt, mit dem der Widerspruch des Klägers vom 06.12.2013 gegen die Abrechnung der Nachzahlung vom 25.03.2013 in der Sache
als unbegründet zurückgewiesen worden ist. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.08.2016 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 25.03.2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2018, mit dem die Auszahlung eines Betrages von 3.165,31 Euro begehrt wird, abzuweisen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2018 zu verurteilen,
an den Kläger eine Rentennachzahlung in Höhe von 3.165,31 Euro auszuzahlen.
Die Vertreterin der Beigeladenen hat sich dem Antrag der Berufungsklägerin angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Leistungsakten der Beklagten sowie der
Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 25.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 23.05.2018 ist gegenüber dem Kläger rechtmäßig ergangen. Dieser hat keinen Anspruch auf Auszahlung der restlichen Rentennachzahlung
in Höhe von 3165,31 EUR. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Auszahlung des verbleibenden Betrages von 3165,31
EUR verurteilt.
I.Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
1.Die ursprünglich erhobene echte (reine) Leistungsklage ist nicht zulässig. Die Zulässigkeit einer Leistungsklage setzt voraus,
dass ein Rechtsanspruch auf eine Leistung geltend gemacht wird und hierüber nicht durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist.
Deswegen findet in diesem Fall auch kein förmliches Verwaltungs- und Vorverfahren statt. Im Verhältnis Bürger-Staat, das in
der Regel von förmlichen Verwaltungsverfahren geprägt ist, findet die echte Leistungsklage nur in seltenen Fällen Anwendung,
etwa wenn Ansprüche auf Auskunft oder Beratung geltend gemacht werden oder aus einem bestandskräftigen Verwaltungsakt auf
Leistung geklagt wird (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt,
SGG, 12. Auflage, §
54, Rn. 41). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Eine Entscheidung über die Verwendung und Auszahlung der Rentennachzahlung ist vorliegend erstmals mit der Abrechnungsverfügung
vom 25.03.2013 ergangen, nicht aber schon mit dem Rentenbescheid vom 23.10.2012. Diese Verfügung ist gegenüber dem Kläger
als Rechtsnachfolger des Versicherten nicht in der Form schlichten Verwaltungshandelns, sondern durch Verwaltungsakt gemäß
§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ergangen. Bereits die Entscheidung über die vorläufige Einbehaltung der Nachzahlung im Rentenbescheid vom 23.10.2012 stellte
gegenüber dem Kläger eine Regelung dar (BSG, Urteil vom 03. April 2003 - B 13 RJ 39/02 R -, BSGE 91, 68-73, SozR 4-1300 § 31 Nr 1), die nachfolgend durch die Entscheidung über die Verwendung der Nachzahlung mit der Abrechnungsverfügung
vom 25.03.2013 ersetzt worden ist (§ 39 Abs. 2 SGB X).
Ob die Erklärung einer Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, richtet sich danach, wie der Empfänger diese Erklärung
bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles zu deuten hatte. Maßgeblich ist, ob eine solche verständige
Würdigung zu dem Ergebnis führt, dass die Behörde mit der fraglichen Erklärung eine - endgültige - Entscheidung zur Regelung
eines Einzelfalls, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, treffen wollte (BSG, Urteil vom 30.09.1996 - 10 RKg 20/95 -, juris). Der Qualifizierung der Abrechnungsverfügung als Verwaltungsakt steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Verfügung
weder als solchen bezeichnet noch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat.
Die Beklagte hat mit der Verfügung über die Abrechnung der Rentennachzahlung vom 25.03.2013 auch aus der Sicht eines verständigen
Empfängers endgültig über die Verwendung der zunächst "vorläufig" nicht ausgezahlten Nachzahlung entschieden. Sie hat damit
gegenüber dem Kläger unmissverständlich und klar zum Ausdruck gebracht, dass ihm aus ihrer Sicht von der Nachzahlung in Höhe
von insgesamt 3.798,47 EUR nur ein Betrag in Höhe von 633,16 EUR zuzüglich der darauf entfallenden Zinsen persönlich zustehe
(vgl. auch Bayer. LSG, Urteil vom 27.06.2017 - L 13 R 171/15), der zuzüglich der angefallenen Zinsen auf sein Konto überwiesen werde. Gerade die Tatsache, dass die Beklagte neben der
Auszahlung der Nachzahlung zugleich auch die Höhe der zustehenden Zinsen festgestellt und geregelt hat (§
44 SGB I), spricht dafür, diese Verfügung insgesamt als verbindliche Entscheidung anzusehen. Es handelt sich dabei um eine hoheitliche
Maßnahme, also eine einseitige behördliche Handlung, die nur dem Sozialleistungsträger, nicht aber ihren Adressaten, dem Sozialleistungsempfänger,
in dieser Form ihrer Art nach zusteht (vgl. zu diesen Kriterien: BSG, Beschluss vom 31.08.2011 - GS 2/10 -, BSGE 109, 81). Das BSG misst auch anderen Mitteilungen der Rentenversicherungsträger Verwaltungsaktqualität bei, so etwa der Mitteilung, dass die
Rente aus der deutschen Rentenversicherung nicht in der grundsätzlich festgestellten Höhe, sondern nur um eine ausländische
Leistung gemindert zu zahlen ist (BSG, Urteil vom 11.05.2011 - B 5 R 8/10 R -, BSGE 108, 152-158, SozR 4-5050 § 31 Nr. 1, SozR 4-6050 Art. 44 Nr. 1), oder Mitteilungen über das Ausmaß einer sog. Abschmelzung eines Auffüllbetrags (BSG, Urteil vom 20.07.2005 - B 13 RJ 17/04 R -, SozR 4-2600 § 315a Nr. 2). Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb die Berechnung der genauen Höhe des dem Versicherten
nach Anwendung des § 107 SGB X zustehenden Nachzahlungsbetrags keinen Regelungscharakter haben sollte. Schließlich verlangt auch §
117 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) ausdrücklich eine "Entscheidung", d.h. eine verbindliche Regelung, über die beantragten Leistungen. Dies bedeutet, dass
auch über Auszahlungsansprüche für vergangene Zeiträume in Form eines Verwaltungsakts zu entscheiden ist (vgl. auch BSG, Urteil vom 18.10.2005 - B 4 RA 21/05 R -, juris). Dieser gesetzlichen Verpflichtung entsprechend hat die Beklagte mit der Verwaltungsentscheidung vom 25.03.2013
verbindlich über den Auszahlungsanspruch des Klägers entschieden.
2.Der Übergang von der allgemeinen Leistungsklage zur Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist auch im Berufungsverfahren
noch möglich und stellt keine Klageänderung gemäß §
99 Abs.
3 Nr.
2 SGG dar (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl. 2017, §
99 Rn. 4). Streitgegenstand ist in diesem Fall der Bescheid vom 25.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids von 23.05.2018.
Richtigerweise hat auch die Beklagte über den Widerspruch in der Sache entschieden, weil der Kläger dem Verwaltungsakt vom
25.03.2013 mit Schreiben des Klägers vom 06.12.2013 fristgerecht widersprochen hat (zu der bei unterlassener Rechtsbehelfsbelehrung
geltenden Jahresfrist: §
66 Abs.
2 SGG; zur gebotenen großzügigen Auslegung eines Schriftsatzes als Widerspruch: Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage, §
84, Rn. 2). Es wäre widersprüchlich, würde man einerseits der Abrechnungsverfügung vom 25.03.2013 die Qualität eines Verwaltungsaktes
geben, obwohl dies von der Beklagten damals selbst nicht so gesehen worden ist, und andererseits dem Kläger, der sich erkennbar
gegen diese Verfügung gewandt hat, vorhalten, er habe keinen Widerspruch eingelegt, weil er wie die Beklagte davon ausgegangen
ist, dass es sich bei der Abrechnungsverfügung nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe.
II.Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung der restlichen Nachzahlung in Höhe von 3.165,31
EUR hat. Diesem Anspruch steht die sog. Erfüllungsfiktion nach § 107 Abs. 1 SGB X entgegen. Danach gilt ein Anspruch des Berechtigten (hier des Klägers als Rechtsnachfolger der Versicherten) gegen den zur
Leistung verpflichteten Leistungsträger (die Beklagte) als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch nach den Regelungen der
§§ 102ff SGB X besteht. Vorliegend hat die Beklagte die Nachzahlung in Höhe von 3.165,31 EUR zu Recht aufgrund eines bestehenden Erstattungsanspruchs
an den Beigeladenen ausbezahlt. Der Bescheid vom 23.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2018 ist daher
im Ergebnis rechtmäßig ergangen.
1.Der Erstattungsanspruch des beigeladenen Jobcenters beruht auf § 104 Abs. 1 SGB X. Danach ist derjenige Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte,
soweit dieser Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis
erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist der Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung
eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Der nachrangig Verpflichtete soll im Nachhinein
möglichst so gestellt werden, wie er gestanden hätte, wenn der vorrangig Verpflichtete rechtzeitig von Anfang an geleistet
hätte. Entsprechend richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den Vorschriften, die für den vorrangig verpflichteten
Leistungsträger gelten. Dieser soll nicht weitergehend belastet werden, als seine Verpflichtung dem Berechtigten gegenüber
bestand. Weiterhin bezweckt § 104 die Vermeidung zweckidentischer zeitgleicher Doppelleistungen und damit die Übersicherung
des Leistungsempfängers (Gesetzesbegründung BT-Drs. 9/85 S. 25 zu § 113; vgl. BSG SozR 1300 § 104 Nr. 15; SozR 1300 § 111 Nr. 1). Bei der Regelung des § 104 handelt es sich um die normative Ausprägung des Ausgleichs einer ungerechtfertigten Bereicherung
für den sozialrechtlichen Leistungsbereich, die unabhängig von dem Grund des Eintritts der ungerechtfertigten Besserstellung
zu erfolgen hat (BSG SozR 1300 § 111 Nr. 1). Weitere Voraussetzungen sind nach der Systematik der §§ 102ff SGB X, dass die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB X (Anspruch des Leistungsträgers, dessen Leistungsverpflichtung nachträglich entfallen ist) nicht vorliegen und dass der nachrangig
verpflichteten Leistungsträger seine Leistungen nicht auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte
erbringen müssen (§ 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Schließlich muss der tatsächlich leistende, nachrangig verpflichtete Träger eine rechtmäßige Leistung erbracht haben. Diese
Voraussetzungen des § 104 Abs. 1 SGB X sind vorliegend erfüllt.
1.1.Ein Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X ist vorliegend nicht einschlägig. Diese Norm setzt voraus, dass ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat und der
Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist. Dabei entfällt ein Leistungsanspruch i.S. von § 103 Abs. 1 HS 1 SGB X nur dann, wenn dies durch eine Wegfallregelung oder -bestimmung entsprechend angeordnet wird. Eine solche Regelung existiert
für Leistungen nach dem SGB II für den Fall, dass eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend zeitgleich gewährt wird, nicht (anders in § 142 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3, Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -
SGB III - a.F. oder §
50 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -
SGB V). Sie wäre aber erforderlich, weil der Feststellung der vollen Erwerbsminderung bezogen auf den Rentenanspruch Rückwirkung
zukommt.
An der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 104 SGB X und nicht des § 103 SGB X auf die vorliegende Konstellation, in der nachträglich festgestellt worden ist, dass ein Leistungsbezieher nach dem SGB II tatsächlich auch während des Leistungsbezugs nur unter 3 Stunden leistungsfähig und damit nicht erwerbsfähig gewesen ist,
besteht für den Senat kein Zweifel. Auch das BSG hat in seiner Entscheidung vom 31.10.2012 (B 13 R 9/12 R) § 104 SGB X als die grundsätzlich einschlägige Erstattungsnorm angesehen und geprüft, auch wenn es deren Voraussetzungen aus anderen
Gründen nicht als gegeben angesehen hat. Im weiteren Urteil vom 31.10.2012 (Az: B 13 R 11/11 R) hat sich das BSG zum Vorliegen eines Erstattungsanspruchs nach § 104 SGB X ausdrücklich nicht geäußert, sondern diesen vielmehr offengelassen. Auch in den weiteren Ausführungen hat das BSG in dieser Entscheidung lediglich klargestellt, dass der Erstattungsanspruch nach § 44a Abs. 2 SGB II i.V.m. § 103 SGB X nicht auf andere Konstellationen übertragen werden kann, in denen ein Einigungsstellenverfahren nicht eingeleitet worden
ist, ohne aber zugleich den Anwendungsbereich des § 104 SGB X damit auszuschließen.
1.2.Vorrangig zur Leistung verpflichtet wäre bei Vorliegen der Voraussetzungen des §
43 Abs.
2 SGB VI ab 01.03.2005 die Beklagte gewesen, der Beigeladene war ab diesem Zeitpunkt nur noch nachrangig verpflichteter Leistungsträger.
Der Nachrang der Leistungen des SGB II gegenüber den Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung folgt dabei aus § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Das Arbeitslosengeld II ist - als nachrangige Fürsorgeleistung - eine bedarfsorientierte und auch bedürftigkeitsgeprüfte
Leistung (BT-Drs. 15/1516, S. 56).
1.3.Der Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X scheitert auch nicht daran, dass die Leistungsgewährung durch den Beigeladenen im streitigen Zeitraum nicht rechtmäßig erfolgt
wäre. Denn der Beigeladene hat die Leistungen nach dem SGB II im streitigen Zeitraum ungeachtet der nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung rechtmäßig und aufgrund eigener
Zuständigkeit erbracht. Der Versicherte war, da die Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestellt war, so zu
stellen, als ob er erwerbsfähig gewesen wäre (sog. fingierte Erwerbsfähigkeit). Dieses Ergebnis folgt für den Senat zwingend
und schlüssig aus den im Leistungszeitraum geltenden gesetzlichen Regelungen, aus Sinn und Zweck der Leistungen nach dem SGB II im Gefüge der übrigen Sozialleistungen, insbesondere nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sowie der gesetzlichen Systematik hinsichtlich der Abwicklung von Erstattungsansprüchen. Auch eine Regelungslücke, die dazu
führen würde, dass die für diesen Fall grundsätzlich vorgesehene Erstattungsnorm des § 104 SGB X nicht greift, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ergibt sich eine solche Regelungslücke nicht aus den vom Gesetzgeber
nachträglich als erforderlich angesehenen Klarstellungen und Gesetzesänderungen.
1.3.1.Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung ist erforderlich, weil der Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X nach der Rechtsprechung des BSG voraussetzt, dass der nachrangig verpflichtete Leistungsträger seine Leistung als zuständiger Träger entsprechend des für
ihn geltenden Leistungsrechts, also ungeachtet des Nachrangs seiner Leistungsverpflichtung, rechtmäßig erbracht hat (BSGE
58, 119 = SozR 1300 § 104 Nr. 7; SozR 1300 § 104 Nr. 12; SozR 4100 § 105b Nr. 4, 6; BSGE 70, 186 [196] = SozR 3-1200 § 53 Nr. 4; BSGE 74, 36 [42] = SozR 3-1300 § 104 Nr. 8; BVerwGE 99, 114; BSG SozR 4 - 1300 § 104 Nr. 5 Rn. 38 "ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X"). Er muss also entsprechend dem für ihn geltenden Leistungsrecht Leistungen erbracht haben (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 11/11 R -, SozR 4-1300 § 106 Nr 1; Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 104 SGB X, Rn. 27 mwN). Dabei kommt es auf die im Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgebende Sach- und Rechtslage an. Danach muss
grundsätzlich gegen beide Leistungsträger ein Anspruch bestanden haben, was vorliegend der Fall ist. Der Kläger bzw. der verstorbene
Versicherte war nicht darauf zu verweisen, die Entscheidung der Beklagten bzw. den Abschluss des gerichtlichen Verfahrens
abzuwarten, sondern er hatte während dieses Zeitraums bei bestehender Bedürftigkeit Anspruch auf Leistungen zu Sicherung des
Lebensunterhalts, die ihm nach damaligem Kenntnisstand vom Beigeladenen zu erbringen waren (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.05.1985 - 4a RJ 13/84 -, SozR 1300 § 105 Nr 1 und KassKomm/Kater, 98. EL März 2018, SGB X § 104 Rn. 19). Würde man insoweit darauf abstellen, dass aufgrund des Nachrangs im Nachhinein nur ein Leistungsträger, nämlich
der vorrangig Verpflichtete leistungsverpflichtet gewesen wäre, würde sich der Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X damit von vornherein schon bei Vorliegen eines Nachrangverhältnisses (was Voraussetzung für die Anwendung des § 104 SGB X ist) praktisch selbst ausschließen.
1.3.2.Die Erbringung der SGB II-Leistungen durch den Beigeladenen ist im streitigen Zeitraum vom 01.03.2005 bis 31.12.2005 rechtmäßig erfolgt.
Zwar wäre rückblickend betrachtet, beim Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung mit einem Leistungsvermögen von unter 3 Stunden
der Beigeladene nicht leistungsverpflichtet gewesen, weil es an der Leistungsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit entsprechend
§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB II fehlte. Dabei kann allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass zur abschließenden Klärung der Erwerbsfähigkeit im Fall
des Versicherten ein Zeitraum von 9 Jahren bis weit über seinen Tod hinaus vergangen ist, in dem jedenfalls zu seinen Lebzeiten
noch der Lebensunterhalt des mittellosen Versicherten sicher zu stellen war. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche
Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt (BVerfG,
Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 -, juris). Hieraus folgt auch, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des
Existenzminimums, soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller geht, nur auf die gegenwärtige Lage
abgestellt werden darf (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, Rn. 27). Dabei sind in der Situation, in der der Versicherte sich befunden hat, nach dem Wegfall der Arbeitslosenhilfe zum
31.12.2004 nur Leistungen nach dem zum 01.01.2005 neu geschaffenen SGB II oder Sozialhilfeleistungen nach dem ebenfalls neugefassten SGB XII (früher BSHG) in Betracht gekommen, wobei der Gesetzgeber an mehreren Stellen klargestellt hat, dass zwar die Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nachrangig gegenüber den Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung, also auch gegenüber denen der gesetzlichen Rentenversicherung
sind, dass aber im Verhältnis der Leistungsträger nach dem SGB II und SGB XII ein Nachrang der Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII gegenüber den Leistungen nach dem SGB II besteht (vgl. § 2 SGB XII). Die Regelung in § 2 SGB XII wird ergänzt durch § 21 SGB XII (hier anwendbar idF vom 27.12.2003), wonach Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt
nach dem SGB XII erhalten. Entsprechend dem im Recht der Grundsicherung geltenden Gegenwärtigkeitsgrundsatz musste also vom angegangenen Leistungsträger
zeitnah eine Entscheidung zur Frage der Erwerbsfähigkeit des Versicherten getroffen werden. Diese konnte zum damaligen Zeitpunkt
nur anhand der vorliegenden Befunde und Feststellungen getroffen werden. Das waren vorliegend das Gutachten des Arbeitsamtes
Berlin-Mitte vom 10.01.2003, der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.10.2003
und das Gutachten Dr. P. vom 13.01.2005. Danach war der Versicherte bezogen auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts
noch vollschichtig leistungsfähig. Die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers war im Jahr 2005, anders als nach der ab
01.04.2011 geltenden Rechtslage (vgl. § 44a Abs. 2 SGB II idF vom 13.05.2011) zwar noch nicht bindend für den Beigeladenen. Allerdings lagen auch keine medizinischen Unterlagen vor,
die geeignet gewesen wären, diese Entscheidung in Frage zu stellen. Danach war der Versicherte nach allen damals zur Verfügung
stehenden Tatsachen als erwerbsfähig einzustufen. Eine Verweisung des Versicherten an den Leistungsträger nach dem SGB XII war aufgrund der Befundlage im Jahr 2005 nicht möglich. Die Entscheidung des Beigeladenen hinsichtlich der Leistungsgewährung
ist somit im streitigen Zeitraum rechtmäßig ergangen und auch nicht nachträglich materiell rechtswidrig geworden (vgl. auch
Geiger, Rentenzahlungsansprüche für Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II in SGb 2014, 183-186; danach hat der Leistungsträger eine Prognoseentscheidung zu treffen, die nach allgemeinen Grundsätzen nicht nachträglich
in Frage gestellt werden kann, wenn nach der im Zeitpunkt der Entscheidung über die Leistungserbringung vorhandenen Tatsachengrundlage
die Prognoseentscheidung rechtmäßig getroffen wurde).
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber im streitigen Zeitraum ausdrücklich nur den Fall geregelt hatte, dass
hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit und damit der Zuständigkeit zwischen den zuständigen Leistungsträgern unterschiedliche Auffassungen
bestehen, wofür zunächst das in § 45 SGB II näher geregelte System der gemeinsamen Einigungsstelle entwickelt wurde. Zwar war die Tatsache, dass diese Einigungsstellen
später tatsächlich nur vereinzelt installiert worden sind, nachfolgend Anlass für weitere Regelungen. Weitgehend unverändert
geblieben ist allerdings der in § 44a SGB II (hier ebenfalls idF vom 30.07.2004) enthaltene Grundsatz, dass bis zu einer Entscheidung der Einigungsstelle die Agentur
für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende erbringen. Seit 01.04.2011 ist die Entscheidung
der Einigungsstelle durch die bindende gutachterliche Stellungnahme des Rentenversicherungsträgers ersetzt worden. Auch in
diesem Fall ist der SGB II-Träger bis zur abschließenden Klärung leistungsverpflichtet. § 44a SGB II enthielt aber bereits in seiner ursprünglichen Fassung eine allgemeine Nahtlosigkeitsregelung, die es dem Jobcenter nicht
nur untersagte, im Verhältnis zum Sozialhilfeträger die Erwerbsfähigkeit rückwirkend in Frage zu stellen, sondern die auch
eine Rechtsgrundlage im Sinne einer Nahtlosigkeitsregelung bzw. eine Fiktion der Erwerbsfähigkeit iSd § 8 SGB II bis zu deren abschließenden Klärung enthielt. Das dies auch dann gilt, wenn wie vorliegend kein Einigungsstellenverfahren
eingeleitet worden ist, hat für die Rechtslage im streitigen Zeitraum das BSG selbst ausdrücklich entschieden (grundlegend BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R) Darin hat es ausgeführt: "Damit der Hilfebedürftige, bildlich gesprochen, nicht "zwischen zwei Stühlen sitzt", darf die
in § 44a SGB II angeordnete Regelung der Zahlung von Alg II durch die Träger des SGB II nicht erst einsetzen, wenn zwischen den Leistungsträgern des SGB II und des SGB XII tatsächlich Streit über das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit besteht. Vielmehr muss § 44a Satz 3 SGB II mit seiner endgültigen Zahlungspflicht der Leistungsträger des SGB XII bis zur Entscheidung der Einigungsstelle auch für den Fall gelten, dass die Leistungsträger des SGB II von einer fehlenden Erwerbsfähigkeit ausgehen, sich aber nicht um eine Klärung der Angelegenheit mit dem zuständigen Leistungsträger
des SGB XII bemüht haben. ( ...) Der Hilfebedürftige ist auf diese Weise nicht nur bei einem schon bestehenden Streit zwischen den Leistungsträgern
bis zu einer Entscheidung der Einigungsstelle nach deren Anrufung, sondern bereits im Vorfeld so zu stellen, als wäre er erwerbsfähig."
An dieser Rechtsfigur der fingierten Erwerbsfähigkeit hat das BSG auch nachfolgend festgehalten (vgl. etwa Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 6/13 R -, BSGE 117, 47-52). Dies gilt zur Überzeugung des Senats aber erst recht in Fällen, in denen aufgrund der Gutachtenslage und der Entscheidung
des Rentenversicherungsträgers zunächst kein Zweifel (und damit zwischen den Leistungsträgern kein Streit) über der Frage
der Erwerbsfähigkeit bestand (so im Ergebnis auch Blüggel, Kein Erstattungsanspruch des Jobcenters gegen den Rentenversicherungsträger
bei rückwirkend bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung?, SGB 2014, 61-68).
1.4.Dieser Auslegung steht auch die Rechtsauffassung des BSG im Urteil vom 31.10.2012 (Az.: B 13 R 9/12 R) nicht entgegen. Das BSG hat den Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X in diesem Fall ausschließlich daran scheitern lassen, dass die Versicherte, die während des Leistungsbezugs nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gelebt hatte, auch nach der Zuerkennung der Rente
weiterhin (ergänzend) hilfebedürftig und leistungsberechtigt im Sinne eines Sozialgeldanspruchs nach § 28 SGB II a.F. gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Vorliegend wäre aber der Versicherte, der Leistungen nach dem SGB II als Alleinstehender erhalten hatte, bei rechtzeitiger Zuerkennung der Rente jedenfalls nicht im Bezug von Leistungen nach
dem SGB II geblieben. Ihm wären gegebenenfalls und bei Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen ergänzend Leistungen der Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Regelungen des SGB XII zu gewähren gewesen.
1.5.Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Rückwirkung zum 01.01.2009 eingeführten Regelung in § 40a SGB II, die aufgrund der nach den Entscheidungen des BSG vom 31.10.2012 entstandenen Verunsicherung vom Gesetzgebers als erforderlich angesehen worden ist, wobei es nach Ansicht
des Senats nicht entscheidend darauf ankommt, welche der Regelungen nach Auffassung des Gesetzgebers nur zur Klarstellung
und welche aufgrund einer vermeintlichen Regelungslücke für erforderlich gehalten worden sind. Im Wesentlichen sollte damit
jedenfalls klargestellt werden, dass es weiterhin auch für Erstattungsansprüche der Jobcenter gegen vorrangige Sozialleistungsträger
bei der Anwendbarkeit von § 104 SGB X bleibt (Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 104 SGB X). Zwingende Ausführungen dahingehend, dass ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X für den Fall der nachträglichen Zubilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zur Neuregelung nicht möglich gewesen
wäre, lassen sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Zwar wird zur Begründung des hierzu einschlägigen § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II ausgeführt, für Fälle der Leistungsgewährung an eine alleinstehende leistungsberechtigte Person werde ein Erstattungsanspruch
des Grundsicherungsträgers neu begründet (BT-Drs. 18/1311, Seite 11). Eine Begründung dafür, warum sich ein solcher Anspruch
nicht bereits aus § 104 SGB X ergibt, enthält die Begründung des Gesetzesentwurfs aber nicht. Vielmehr wird für den Fall, dass die leistungsberechtigte
Person mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, die Regelung des Satz 2 Alt. 1 als klarstellend
bezeichnet, obwohl sich hinsichtlich der Frage der maßgebenden Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers
kein Unterschied zu allein lebenden leistungsberechtigten Personen ergibt und das BSG gerade für diesen "klargestellten" Fall einen Anspruch aus § 104 SGB X verneint hatte.
1.6.Auch die weiteren Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs waren erfüllt. So muss nach h.M. zwischen den Leistungen, die
tatsächlich erbracht worden sind, und den Leistungen, welche der vorrangig verpflichtete Sozialleistungsträger schuldet, eine
Gleichartigkeit bestehen, d.h. beide Leistungen müssen zur Vermeidung der Erbringung zweckidentischer Leistungen demselben
Zweck dienen, hier der Sicherung des Lebensunterhalts. (Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 104 SGB X, Rn. 30). Auch ist der Anspruch rechtzeitig geltend gemacht worden (§ 111 SGB X) und es sind nur die im Nachzahlungszeitraum an den Versicherten erbrachten Leistungen abgerechnet worden. Die Beklagte hatte
die Nachzahlung auch noch nicht an den Versicherten bzw. dessen Rechtsnachfolger ausbezahlt. Unerheblich ist auch, dass der
Beigeladene den Erstattungsanspruch entsprechend der damaligen Rechtsauffassung mit § 103 SGB X begründet hat.
III.Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Begehren auf Auszahlung der vollständigen Rentennachzahlung im Ergebnis erfolglos
geblieben ist.
IV.Gründe die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Senats von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts
abweichen würde (§160 Abs. 2 Nr. 2
SGG). Eine Divergenz liegt nicht bereits vor, wenn unterschiedliche Auffassungen zur Auslegung und Reichweite einer in einem
obiter dictum geäußerten Rechtsmeinung vorliegen. Die Auffassung der 141. Kammer des Sozialgerichts Berlin ist für die Frage
einer revisionsrechtlich relevanten Divergenz unbeachtlich. Grundsätzliche Bedeutung besteht ebenfalls nicht. Die Regelungen
über die Abwicklung von Erstattungsansprüchen des Jobcenters bei nachträglicher Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
sind inzwischen grundlegend neu gefasst worden.