Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Elterngeldes für den ersten Lebensmonat des Kindes X., geb. 2007, streitig.
Der 1978 geborene Kläger ist Vater des Kindes X ...
Mit dem am 26.09.2007 bei dem Beklagten eingegangenen Antrag beantragte der Kläger Elterngeld für den ersten Lebensmonat sowie
für den 13. Lebensmonat des Kindes X ... Er gab dabei an, selbständig tätig zu sein und legte Einnahmeübersichten für die
Jahre 2005, 2006 und 2007 vor. Die Betriebsausgaben gab er geschätzt mit 25.000 EUR an. Außerdem legte er den Steuerbescheid
für 2005 vor.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 04.12.2007 vorläufig Elterngeld für den ersten Lebensmonat des Kindes X. in Höhe
des Mindestbetrags von 300 EUR sowie für den 13. Lebensmonat in Höhe des Höchstbetrages von 1.800 EUR.
Bei der Berechnung des Elterngeldes für den ersten Lebensmonat ging der Beklagte von einem Nettoeinkommen aus selbständiger
Tätigkeit wegen Teilzeittätigkeit im Bezugszeitraum in Höhe von 13.103,28 EUR aus. Das durchschnittliche monatliche Einkommen
aus Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes wurde mit dem Höchstbetrag von 2.700 EUR angesetzt.
Das hieraus errechnete Elterngeld wurde auf den Mindestbetrag von 300 EUR aufgestockt. Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz
vom 04.01.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass er zwar im Juli 2007 Einnahmen gehabt habe. Diese Einnahmen
in Höhe von brutto 22.393,42 EUR seien für Beratungsleistungen im Monat Mai am 31.05.2007 in Rechnung gestellt worden. Aufgrund
vertraglicher Regelung habe er ein Zahlungsziel von 30 Tagen gewährt. Eingegangen sei die Zahlung am 04.07.2007 und damit
vor Beginn der Elternzeit. Während des ersten Lebensmonats des Kindes habe er daher keinerlei selbständige Tätigkeit ausgeübt,
die Einnahmen hätten daher nicht als Einkommen berücksichtigt werden dürfen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2008 zurückgewiesen. Maßgeblich für die Berechnung des Elterngeldes
sei das im Bezugszeitraum erzielte Erwerbseinkommen. Es greife das steuerliche Zuflussprinzip des §
11 Einkommensteuergesetz (
EStG), so dass allein die Einnahmen bzw. Ausgaben entscheidend seien, unabhängig davon, wann die Arbeitsleistung erbracht worden
sei. Zwar sei das Einkommen mit 22.393,42 EUR zu hoch angesetzt worden, da dieses am 04.07.2007 und damit vor Beginn des Bezugszeitraums
zugeflossen sei. Allerdings sei aus einer Rechnung vom 30.06.2007 eine Zahlung in Höhe von 19.161,38 EUR am 02.08.2007 eingegangen.
Auch unter Berücksichtigung dieses verminderten Einkommens ergebe sich für den ersten Lebensmonat lediglich Elterngeld in
Höhe von 300 EUR.
Dagegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 03.04.2008, eingegangen beim Sozialgericht München am 07.04.2008, Klage. Zur
Begründung wurde vorgetragen, dass der Kläger seine Erwerbstätigkeit während des ersten Lebensmonats des Kindes X. eingestellt
habe. Eingehende Rechnungsbeträge, die auf Arbeitsleistungen beruht hätten, die außerhalb des Bezugszeitraums erbracht worden
seien, hätten nicht als Einkommen berücksichtigt werden dürfen. Das Zuflussprinzip des §
11 EStG sei nicht anwendbar. Ein selbständig Tätiger habe keinen Einfluss darauf, wann Rechnungsbeträge eingehen würden; es sei nicht
Sinn und Zweck des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, Selbständige faktisch vom Bezug des Höchstbetrages von Elterngeld
auszuschließen. Der Beklagte hat in dem Schriftsatz vom 23.04.2008 darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung von §
11 EStG Einkommen im Bezugszeitraum erzielt worden sei und sich daher nur Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages ergebe.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 15. Januar 2009 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04.12.2007 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2008 verurteilt, dem Kläger für den ersten Lebensmonat seines Sohnes Elterngeld
in Höhe von 1.800 EUR zu erbringen. Der Beklagte sei deswegen zu einem anderen Ergebnis gekommen, weil er den Zufluss von
Erträgen aus einer vor der Phase der Kindererziehung ausgeübten Tätigkeit mit dieser Tätigkeit gleichgesetzt habe. Die Worte
"kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt" in der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG bzw. "ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit
erzielt, das durchschnittlich geringer sei als das nach Abs. 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit
vor der Geburt" in § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG müssten jedoch dann dahingehend ausgelegt werden, dass der reine Zufluss von Einkommen
aus einer aktuell nicht ausgeübten Tätigkeit außer Betracht bleibe. Ein selbständig oder freiberuflich tätiger Elternteil
könnte sonst mindestens für kürzere Bezugszeiträume zwischen einem und etwa drei Monaten niemals Elterngeld erlangen. Der
selbständige Handwerksmeister oder Bauunternehmer, die Architektin, Rechtsanwältin, Ärztin, Psychotherapeutin oder Bildhauerin
könnten es schlechthin nicht verhindern, dass auch Wochen und Monate nach der unstreitigen Beendigung jeder beruflichen Tätigkeit
noch Kaufpreise, Vergütungen und Honorare auf ihrem Konto oder in bar eintreffen. Nach alledem müsse es für den Anspruch auf
Elterngeld genügen, dass der Kläger im geltend gemachten Zeitraum jede Berufstätigkeit eingestellt habe. In dieser Zeit noch
zugeflossene Gelder seien nicht schädlich, weil er eine Tätigkeit nicht ausgeübt habe und der Zusammenhang der Zahlungen mit
einer vorher ausgeübten Tätigkeit außer Betracht zu bleiben habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten vom 28.04.2009, die mit Schriftsatz vom 16.06.2009 näher begründet wurde.
In § 2 Abs. 3 BEEG werde wie in § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG auf die Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit abgestellt. Nach
Auffassung des Gerichts müsse § 2 Abs. 3 BEEG jedoch dahingehend ausgelegt werden, dass der reine Zufluss von Einkommen aus
einer aktuell nicht ausgeübten Tätigkeit außer Betracht bleibe. Dem könne nicht gefolgt werden. Die tatsächliche Ausübung
einer Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum des Elterngeldes sei nur für die Beurteilung des Grundanspruches maßgeblich. Elterngeld
stehe dem Grunde nach zu, wenn die zulässige Grenze von 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht überschritten
werde (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6 BEEG). Im Übrigen gebe es keine Regelung, die die Ausübung von Erwerbstätigkeit mit der Berechnungsvorschrift
des § 2 Abs. 3 BEEG verknüpfe. In § 6 Abs. 6 BErzGG sei jedoch noch geregelt worden, dass die Einkünfte aus einer vorherigen Erwerbstätigkeit unberücksichtigt bleiben, sofern
die berechtigte Person während des Erziehungsgeldbezugs nicht erwerbstätig gewesen sei, fehle es im Elterngeld an einer Verknüpfung
der zu berücksichtigenden Einkünfte mit der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Das Elterngeld sei nach seinem
Sinn und Zweck eine - nach oben begrenzte - Einkommensersatzleistung. Sie solle Einbußen beim Erwerbseinkommen durch die zeitlich
begrenzte Betreuung und Erziehung eines Kindes bis zu einem gewissen Grad ausgleichen. In dem in § 2 BEEG geregelten Umfang
solle ausfallendes Einkommen ersetzt werden. Erziele der Berechtigte jedoch im Bezugszeitraum ein Erwerbseinkommen, welches
den Bezug von Elterngeld über 300 EUR nicht zulasse, könne es nicht Aufgabe des Elterngeldes sein, fiktiv eine über den Mindestbetrag
hinausgehende Entgeltersatzleistung zu bewilligen. § 2 BEEG unterscheide bei der Ermittlung des Einkommens nicht zwischen
der Erzielung vor der Geburt und der Erzielung nach der Geburt. Für die Gewinneinkünfte würde grundsätzlich § 2 Abs. 8 BEEG
gelten. Grundlage der Einkommensermittlung sei nach Satz 2 der Gewinn, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen
des §
4 Abs.
3 EStG entsprechenden Berechnung ergebe. Hierbei handle es sich im Grundsatz um eine Zu- und Abflussrechnung im Sinne von §
11 EStG, durchbrochen von einigen Ausnahmen. Eine Ausnahme liege hier aber nicht vor. Maßgeblich sei damit das steuerliche Zuflussprinzip
nach §
11 EStG. Dabei werde dem Zusammenhang von Arbeitsleistung und Einnahmen/Ausgaben keine Beachtung geschenkt. Dies diene u.a. auch
in hohem Maße der Verwaltungsvereinfachung. Der Gesetzgeber habe daher ganz konsequent auf eine Gewinnermittlung mit einer
mindestens den Anforderungen des §
4 Abs.
3 EStG entsprechenden Berechnung abgestellt. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2785, S. 38) führe er aus: "Für den Zeitraum
nach der Geburt des Kindes könne in keinem Fall auf einen steuerlichen Veranlagungszeitraum zurückgegriffen werden, denn Bezugs-
und Veranlagungszeitraum würden nur in seltenen Ausnahmefällen übereinstimmen. Hier sei eine gesonderte Einkommensermittlung
immer zwingend erforderlich. Diese erfolge anhand einer den Anforderungen des §
4 Abs.
3 EStG entsprechenden vereinfachten Gewinnermittlung." Der Wortlaut des Gesetzes und die Intention des Gesetzgebers würden klar
gegen die Auslegung durch das SG A-Stadt sprechen. Es könne daher auf eine Anrechnung der im ersten Bezugsmonat zugeflossenen Einkünfte aus selbständiger
Tätigkeit nicht verzichtet werden. Es bestehe somit im ersten Bezugsmonat kein über den Mindestbetrag hinausgehender Anspruch
auf Elterngeld. Das Gericht gehe im Übrigen zu Unrecht davon aus, dass der Kläger im geltend gemachten Zeitraum jede Berufstätigkeit
eingestellt habe. Ausweislich des Tätigkeitsnachweises vom 26.07.2007 und der Rechnung vom 31.07.2007 habe der Kläger am 12.07.2007
9,75 Stunden gearbeitet und hierfür einen Betrag in Rechnung gestellt. Von dem gesamten Rechnungsbetrag sein ein Anteil von
1.125,44 EUR auf den 12.07.2007 entfallen. Dies sei nach der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung zwar irrelevant. Das
SG München hätte bei konsequenter Beibehaltung seiner eigenen Rechtsauffassung jedoch den Beklagten nicht dazu verurteilen
dürfen, Elterngeld in Höhe von 1.800 EUR zu erbringen.
Der Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.01.2009 aufzuheben und die Klage des Klägers abzuweisen.
Der Vertreter des Klägers stellt den Antrag,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.01.2009 zurückzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 22.07.2009 vorgetragen, dass das Urteil des Sozialgerichts
München vom 15.01.2009 richtig sei und die Berufungsbegründung des Beklagten keinerlei relevanten neuen Vortrag bringe. Es
sei der Beklagten zuzugestehen, dass die Betrachtung des Einzelfalles und nicht eine Handhabung nach striktem Zufluss erhöhten
Verwaltungsaufwand bedinge. Dies könne in keinem Fall dazu führen, das BEEG seines Sinnes zu entleeren. Es sei selbständig
Tätigen nach der Auslegung des Beklagten faktisch unmöglich, Elterngeld zu erhalten. Ein Selbständiger könne nicht verhindern,
dass Gelder bei ihm eingehen, auch wenn er nicht arbeite, dies sei sogar die Regel. Ein Selbständiger arbeite und stelle Rechnungen,
die mit zeitlicher Verzögerung bezahlt würden. Dem Kläger entstehe also die finanzielle Einbuße erst später. Die Ausführungen
des Beklagten zu § 2 Abs. 3 BEEG seien nicht überzeugend, da sie eine Auslegung gemäß teleologischer Reduktion nicht Stand
halten könnten und dem § 3 Abs. 2 BEEG zuwider laufen würden. Die Ausführungen des Beklagten hinsichtlich der Arbeit des Klägers
am 12.07.2009 seien unbehelflich. Im Antrag auf Elterngeld sei nicht etwa anzugeben, ab wann der Elterngeldberechtigte nicht
mehr gearbeitet habe, sondern einzig der Geburtstag des Kindes und welcher Monat nach der Geburt zur Elternzeit genutzt werde.
Der Sohn des Klägers sei am ...2007 um 22.54 Uhr geboren worden, gegen 18.30 Uhr sei die Fruchtblase geplatzt, der Kläger
habe an diesem Tag 9,5 Std. gearbeitet und sei um ca. 18.30 Uhr aufgebrochen, um bei der Geburt des Kindes anwesend zu sein.
Der Kläger habe den Geburtstag des Kindes im Antrag angegeben und habe ab dem 13.07.2007 Elternzeit genommen. Die Arbeit habe
er folgerichtig erst wieder am 13.08.2007 aufgenommen. Wiederum sei die Argumentation des Beklagten in keinster Weise mit
den realen Lebenssituationen zu vereinbaren.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.08.2009 noch vorgetragen, dass unter Punkt 12) des Antragsvordrucks selbstverständlich
Angaben zur Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum zu machen seien. Dies sei schon allein erforderlich um überprüfen zu können,
ob die nach § 1 Abs. 6 BEG zulässige Wochenarbeitszeit überschritten werde.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.:
S 30 EG 37/08 und die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 12 EG 40/09 verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen
wird.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist insofern begründet, als der Beklagte dem Kläger Elterngeld für den ersten Lebensmonat
des Kindes in Höhe von weiteren EUR 754,96 zu zahlen hat. Entsprechend waren das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.01.2009
und der Bescheid des Beklagten vom 04.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2008 abzuändern.
Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld für den 2007 geborenen Sohn X. ergibt sich zunächst dem Grunde nach aus § 1 BEEG.
Die dort genannten Voraussetzungen (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, Zusammenleben mit dem Kind in einem
Haushalt, Betreuung und Erziehung des Kindes durch den Anspruchsteller und keine Ausübung bzw. keine volle Ausübung einer
Erwerbstätigkeit) liegen beim Kläger vor. Der Kläger hat zwar unstreitig am 12.07.2007 noch 9,75 Std. gearbeitet, wobei der
12.07.2007 nach der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG als Tag der Geburt des Kindes bereits zum Bezugszeitraum des Elterngeldes
gehört. Der Kläger war aber gemäß § 1 Abs. 6 BEEG nicht voll erwerbstätig, weil seine wöchentliche Arbeitszeit 30 Wochenstunden
im Durchschnitt des Monats nicht überstiegen hat.
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach § 2 BEEG. § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG sieht vor, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des
in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit
bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 EUR monatlich für volle Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Personen kein Einkommen
aus Erwerbstätigkeit erzielt. Wird im Bezugszeitraum Einkommen aus einer zulässigen Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich
geringer ist als das maßgebliche durchschnittliche Einkommen vor der Geburt, so wird das Elterngeld gemäß § 2 Abs. 3 BEEG
berechnet.
Nach § 2 Abs. 8 Satz 1 BEEG ist als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der um
die auf dieses Einkommen entfallenen Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen
Sozialversicherung einschließlich der Beträge zur Arbeitsförderung verminderte Gewinn zu berücksichtigen. Grundlage der Einkommensermittlung
ist der Gewinn, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des §
4 Abs.
3 des Einkommensteuergesetzes (
EStG) entsprechenden Berechnung ergibt (§
2 Abs.
8 Satz 2 BEEG).
Der hier allein streitige Bezugsmonat 12.07.2007 bis 11.08.2007 (im anderen Partnermonat vom 12.07.2008 bis 11.08.2008 hat
der Kläger den Höchstbetrag von 1.800 EUR Elterngeld erhalten) ist dadurch gekennzeichnet, dass einerseits am 01.08.2007 eine
Zahlung in Höhe von 19.161,38 EUR aus einer Rechnung vom 30.06.2007 auf dem Konto des Klägers eingegangen ist und ausweislich
des Tätigkeitsnachweises vom 26.07.2007 und der Rechnung vom 31.07.2007 der Kläger am 12.07.2007 9,75 Std. gearbeitet hat
und hierfür einen Betrag in Rechnung gestellt hat, von dessen Gesamtrechnungsbetrag auf den 12.07.2007 ein Anteil von 1.125,44
EUR entfällt.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt letztlich davon ab, wie das in § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BEEG verwendete Verbum
"erzielen" zu verstehen ist. Der reine Wortlaut für sich genommen lässt keine eindeutige Entscheidung zu Gunsten des strikten
oder modifizierten Zuflussprinzips zu. Das BEEG enthält auch ansonsten keine ausdrückliche Bestimmung zum Zuflussprinzip.
Es wird zwar an verschiedenen Stellen auf Vorschriften des
EStG (z.B. §
2 Abs.
1, §
9 Abs.
1, §
3a Abs.
1 Satz 3
EStG) verwiesen, jedoch nicht auf die das steuerrechtliche strikte Zuflussprinzip regelnde Vorschrift des §
11 EStG.
Der Begriff des Erzielens ist allerdings vom BSG im Zusammenhang mit der Bemessung anderer Sozialleistungen dahin ausgelegt
worden, dass er sowohl das zugeflossene als auch das erarbeitete und erst später oder verspätet zugeflossene Arbeitsentgelt
erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1995, BSGE 76, 172, 164 f. zur Bemessung von Unterhaltsgeld gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AFG a.F.; BSG, Urteil vom 16.02.2005, B 1 KR 19/03 R, zur Bemessung des Krankengeldes gemäß §
47 Abs.
1 Satz 1
SGB V). Zudem enthält §
131 Abs.
1 Satz 2
SGB III eine Bestimmung im Sinne des modifizierten Zuflussprinzips, die allerdings noch darüber hinausgehend nicht zugeflossenes
Arbeitsentgelt wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auch noch als zugeflossen fingiert.
Aus alldem schließt der 10. Senat des BSG (Urteil vom 30.09.2010, Az.: B 10 EG 19/09 R Breithaupt 2011, 355 bis 363 und zuvor BSG vom 03.12.2009, Az.: B 10 EG 3/09 R), dass im Rahmen des Elterngeldes jedenfalls bei abhängig Beschäftigten das modifizierte Zuflussprinzip anzuwenden ist. Allerdings
ist darauf hinzuweisen, dass der Fall des BSG vom 30.09.2010 aaO. wie auch die dort in Bezug genommenen Fälle der anderen
Senate des BSG jeweils Fallgestaltungen betrafen, wo das Arbeitsentgelt in Folge nachträglicher Vertragserfüllung nachgezahlt
wurde. Gleichwohl ist in Übereinstimmung mit dem BSG (Urteil vom 30.09.2010.aaO., Rdnr. 26) nach Auffassung des erkennenden
Senats im Elterngeldrecht im Grundsatz das modifizierte Zuflussprinzip anzuwenden. Maßgeblich ist in Anknüpfung an die in
§ 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG verwendete Formulierung "vor der Geburt des Kindes erzieltes Einkommen aus Erwerbstätigkeit" bzw. die
in § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG verwendete Formulierung "nach der Geburt des Kindes erzieltes Einkommen aus Erwerbstätigkeit", ob
das Einkommen im Bezugszeitraum erarbeitet wurde. "Erzielen" im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG bedeutet daher bei Zugrundelegung
des modifizierten Zuflussprinzips, dass das Entgelt bei abhängig Beschäftigten "in dem Monat erzielt worden ist, für den es
gezahlt worden ist, selbst wenn es erst später ausbezahlt wurde, und nicht in dem Monat, in dem es ausgezahlt wurde".
Der Sinn und Zweck des Elterngeldes bestätigt die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips im BEEG (vgl. BSG vom 30.09.2010.aaO.,
Rdnrn. 33 ff.). Das Elterngeld soll Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage unterstützen, wenn sie sich vorrangig
um die Betreuung ihrer Kinder kümmern. Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen
befürchten müssen, es soll ihnen vielmehr ein wirtschaftlicher Dauerzustand unabhängig von staatlichen Fürsorgeleistungen
gewährleistet werden. Diesem Ziel entspricht die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips deutlich besser als die Anwendung
eines strikten Zuflussprinzips. Insbesondere lassen sich Zufallsergebnisse bei Auseinanderfallen von erbrachter Arbeitsleistung
im Bemessungszeitraum und verspätete Zahlung des Arbeitsentgeltes aus welchen Gründen auch immer vermeiden.
Diese in Fällen abhängig Beschäftigter entwickelte Rechtsprechung muss zur Überzeugung des Senats auch für selbständig Tätige
gelten.
Zwischen abhängig Beschäftigten und selbständig Tätigen bestehen keine solch bedeutsamen Unterschiede, dass auch unter Berücksichtigung
von Art.
3 GG eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen wäre.
Zunächst unterscheidet der Gesetzestext in dem schon genannten § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG nicht zwischen abhängig Beschäftigten
und selbständig Tätigen. Auch aus dem Sinn und Zweck des Elterngeldes, den Eltern allzu große Einkommenseinbußen zu ersparen
und die wirtschaftliche Grundlage dauerhaft abzusichern, ergeben sich keine hinreichenden Unterschiede zwischen selbständig
Tätigen und abhängig Beschäftigten. Die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit eines Selbständigen zum Zwecke der Kindererziehung
führt ebenfalls zu einem Einkommensausfall, den das BEEG ausgleichen will, auch wenn sich der Einsatzausfall erst später realisiert.
Die Tatsache, dass Selbständige - anders als abhängig Beschäftigte - Möglichkeiten haben, den Zufluss von Einnahmen zu steuern
und damit den Anspruch auf Elterngeld zu optimieren, etwa durch die Wahl des Zeitpunkts der Rechnungstellung, durch Vereinbarungen
über Zahlungsziele und Ähnliches mehr, führt zu keinem anderen Ergebnis. Gerade bei Geltung des strikten Zuflussprinzips wäre
zu befürchten, dass die selbständig tätigen Eltern dazu veranlasst würden, den Zufluss der Einnahmen gezielt auf den Zeitpunkt
nach Ablauf des Bezugszeitraumes des Elterngeldes zu verschieben, ohne dass sichergestellt wäre, dass die Eltern zumindest
zeitweise auf die Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung und Erziehung der Kinder verzichten. Das modifizierte Zuflussprinzip
stellt dagegen sicher, dass die schon bisher vor Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung und Erziehung von
Kindern praktizierte Abrechnungsweise in der üblichen Weise elterngeldunschädlich fortgesetzt werden kann.
Den von der Beklagtenseite vorgetragenen wesentlichen Unterschied zwischen selbständig Tätigen und abhängig Beschäftigten
bei der Einkommensermittlung, der bei selbständigen nach § 2 Abs. 8 Satz 1 und 2 BEEG grundsätzlich der Gewinn ist, wie er
sich aus einer mindestens den Anforderungen des §
4 Abs.
3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt, kommt nach Auffassung des Senats keine entscheidende Bedeutung zu. Denn das BEEG enthält
- wie schon ausgeführt - keine Verweisung auf §
11 EStG mit dem dort genannten strikten Zuflussprinzip.
Auch soweit der Beklagte in dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 16.06.2009 ausführt, dass es nicht Aufgabe des Elterngeldes
sein könne, fiktiv eine über den Mindestbetrag hinausgehende Entgeltersatzleistung zu bewilligen, wenn der Berechtigte im
Bezugszeitraum ein Erwerbseinkommen erzielt hat, das eine über den Mindestbetrag in Höhe von 300 EUR hinausgehende Elterngeldzahlung
nicht zulässt, ist diese Argumentation nicht stichhaltig, weil das Elterngeld keine bedarfsabhängige Sozialleistung, sondern
eine familienpolitische Leistung mit der Absicht der Steuerung des Verhaltens in Richtung einer Entscheidung für Kinder ist.
Die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips führt im vorliegenden Fall zunächst dazu, dass die auf dem Konto des Klägers
am 01.08. eingegangene Zahlung in Höhe von 19.161,38 EUR aus einer Rechnung vom 30.06.2007 (für eine Erwerbstätigkeit vom
01.06.2007 bis 30.06.2007 vor Geburt des Kindes am 12.07.2007) nicht als Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG berücksichtigt
werden kann, weil es nicht im Bezugszeitraum, sondern im Juli 2007 "erzielt" worden ist. Andererseits muss aber folgerichtig
der für die Erwerbstätigkeit am 12.08.2007 (Tag der Geburt des Kindes innerhalb des Bezugszeitraumes) am 04.09.2007 dem Konto
des Klägers gutgeschriebene Betrag in Höhe von 1.127,44 EUR als erzieltes Einkommen des Bezugszeitraumes, auf den es entscheidend
ankommt, berücksichtigt werden.
Nach der Berechnung in § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG - 67 % x (2.700 EUR - 1.127,44 EUR
= 1.054,96 EUR) - ist unter Anrechnung der dem Kläger bereits gewährten 300 EUR noch ein Betrag in Höhe von 754,96 EUR zu
bezahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision wird gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.