Anspruch auf Alterssicherung der Landwirte; Keine Befreiung von der Versicherungspflicht durch Mieteinkünfte; Verfassungsmäßigkeit
der Voraussetzung einer Antragstellung auf Pflegeleistungen für das Bestehen von gesetzlicher Versicherungspflicht in der
Rentenversicherung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin im Zeitraum 1. Juli 2003 bis 30. September 2005 von der Versicherungspflicht bei
der Beklagten zu befreien ist.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2005 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin für die Zeit ab 1. Juli 2003 als Ehegattin eines
Landwirts, des vom Senat beigeladenen Dr. C., versicherungspflichtig bei der Beklagten sei mit der Folge, dass für die Zeit
ab 1. Juli 2003 Beiträge zu entrichten seien. Die Klägerin sei Ehegattin eines Unternehmers, der ein landwirtschaftliches
Unternehmen betreibe, welches die festgesetzte Mindestgröße erreiche.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Es sei zu klären, unter welchem Tatbestand die Klägerin von der Alterssicherung
der Landwirte befreit werden könne. Sie sei nicht in der Landwirtschaft tätig. Sie sei zu 60 % körperbehindert, Beamtin (Obergerichtsvollzieherin)
und bis zum 5. Januar 2008 ohne Dienstbezüge beurlaubt.
Die Beklagte teilte mit, die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht lägen nicht vor. Die Klägerin
erklärte daraufhin, eine Versicherungspflicht bestehe schon dem Grunde nach nicht. Es liege kein landwirtschaftliches Unternehmen
mit entsprechender Gewinnerzielungsabsicht vor.
Mit Bescheid vom 14. November 2005 stellte die Beklagte fest, dass die Versicherungspflicht der Klägerin zur Beklagten am
30. September 2005 ende, da ab diesem Zeitpunkt die festgesetzte Mindestgröße unterschritten werde. Auch hiergegen erhob die
Klägerin Widerspruch. Mit von der Klägerin ebenfalls mit Widerspruch angefochtenen Forderungsbescheid vom 17. Januar 2006
stellte die Beklagte eine Gesamtforderung in Höhe von 5.391.- Euro fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2012 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 18. Juli 2005, 14.
November 2005 und 17. Januar 2006 zurück. Der Ehegatte der Klägerin besitze seit Juli 2003 7,87 ha Landwirtschaft und 0,80
ha Forstwirtschaft. Die Mindestgröße sei damit erreicht. Gewinnerzielungsabsicht sei vom Finanzamt S. bestätigt worden. Hinsichtlich
der Höhe des ausgewiesenen Beitrages seien keine Einwände vorgebracht worden noch seien Unrichtigkeiten ersichtlich.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum SG unter dem Az. S 30 LW 4/12, mit der sie sich gegen die Versicherungspflicht dem Grunde nach wandte und darüber hinaus vortrug, sie verfüge als wegen
Erziehung des Enkelkindes beurlaubte Beamtin bereits über eine ausreichende Altersversorgung. Es liege ein Anspruch auf Befreiung
von der Versicherungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG vor. Als für das Enkelkind Sorgeberechtigte sei sie dem Elternteil gemäß §
46 Abs.
4 Nr.
3 SGB VI gleichzustellen.
Die Beklagte entgegnete, Großeltern könnten gemäß §
56 SGB VI i.V.m. §
56 Abs.
1 S. 1 Nr.
3, Abs.
3 Nr.
2 und
3 SGB I Kindererziehungszeiten nicht erhalten, es sei denn, sie seien auch Pflegeeltern. Ggf. werde gebeten, Nachweise vorzulegen,
dass die Klägerin die Eigenschaft eines Pflegeelternteils innehabe.
Die Klägerin führte aus, ab 1. Januar 2017 werde sie voraussichtlich Versorgungsbezüge in Höhe von 1.605,74 Euro erhalten
(eine entsprechende Mitteilung des Landesamtes für Finanzen wurde vorgelegt). Dies stelle eine ausreichende Alterssicherung
dar. Sie sei daher so wie Betroffene zu stellen, die ein höheres Einkommen als 4.800.- Euro beziehen. Auch könne die Klägerin
die erforderliche Wartezeit von 15 Jahren bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr erfüllen. Es liege daher auch
der Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 3 ALG vor. Im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Az. 1 BvR 558/99 habe der dortige Kläger keinen Versorgungsanspruch außerhalb der landwirtschaftlichen Alterssicherung erworben, sondern lediglich
einen privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen. Die Klägerin hier habe demgegenüber eine gesicherte Anwartschaft auf einen
Versorgungsanspruch nach beamtenrechtlichen Vorschriften erworben. Die Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG verletze die Klägerin in ihren Grundrechten nach Art.
2 Abs.
1 und Art.
3 Abs.
1 GG, da der Gesetzgeber auf den tatsächlichen Bezug einer Versorgungsleistung abstelle und nicht berücksichtige, dass der sozialpolitische
Sinn und Zweck des ALG bereits in dem Zeitpunkt erreicht sei, in dem der Ehegatte eine gesicherte Anwartschaft auf einen hinreichenden Versorgungsanspruch
erwerbe. Für eine zusätzliche Alterssicherung in der landwirtschaftlichen Alterskasse bestehe bei der Klägerin kein sozialpolitischer
Bedarf.
Das SG wies mit Urteil vom 16. August 2012 die Klage gegen die Bescheide vom 14. November 2005 und 17. Januar 2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2012 ab.
Hiergegen legte die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht unter dem Az. L 1 LW 19/12 ein. Im Erörterungstermin vom 20. März 2013 einigten sich die Beteiligten dahingehend, dass ein eventueller Anspruch der
Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 3 ALG nicht Gegenstand des Verfahrens L 1 LW 19/12 ist. Der Vertreter der Beklagten erklärte sich bereit, den Widerspruch der Klägerin vom 8. August 2005 als Befreiungsantrag
in Bezug auf alle Tatbestände des § 3 ALG auszulegen und hierüber einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen.
Mit Urteil vom 26. Juni 2013 wies der Senat in dem Verfahren L 1 LW 19/12 die Berufung zurück. Es bestehe Versicherungspflicht der Klägerin zur Beklagten im strittigen Zeitraum. Die hiergegen eingelegte
Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des BSG vom 16. Dezember 2013 verworfen. Hiergegen ist noch eine Verfassungsbeschwerde der Klägerin anhängig.
In Umsetzung der im Erörterungstermin erzielten Teileinigung führte die Klägerin zur weiteren Begründung ihres Befreiungsantrags
vom 8. August 2005 mit Schriftsatz vom 22. April 2013 aus, im strittigen Zeitraum 1. Juli 2003 bis 30. September 2005 habe
die Klägerin regelmäßige Mieteinkünfte gehabt, die jährlich den Betrag von 4.800.- Euro überschritten hätten. So habe sie
im Jahr 2003 26.094.- Euro, 2004 25.086.- Euro und 2005 23.401.- Euro Mieteinkünfte erzielt. Hierbei handele es sich um regelmäßig
wiederkehrende Einkünfte, die mit Arbeitseinkommen gleichzusetzen seien. Jedenfalls resultiere aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung
gemäß Art.
3 Abs.
1 GG ein Anspruch auf Gleichbehandlung von regelmäßigen Mieteinkünften mit regelmäßigem Arbeitseinkommen.
Darüber hinaus habe die Klägerin in diesem Zeitraum den Beigeladenen Dr. C. gepflegt. Auf den Schwerbehindertenausweis des
Beigeladenen vom 4. Juni 2002 (GdB 100, Merkzeichen B und G), einen internistischen Befundbericht von Dr. R. vom 14. März
2002 (u.a. schwere Herzleistungsminderung) wurde verwiesen. Als Gegenleistung für die Betreuungs- und Pflegeleistungen habe
der Klägerin ein Unterhaltsanspruch gegen den Beigeladenen zugestanden. Sie habe mietfrei im Haus des Ehemanns gewohnt. Dieser
habe sämtliche erforderliche Zahlungen für den Lebensunterhalt der Klägerin übernommen. Die Frage nach einer Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung in Zusammenhang mit der Pflege des Ehemanns stelle sich nicht, da die Klägerin als
Beamtin ohnehin von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit sei. Auch habe sie neben dem gesicherten Anspruch
auf eine eigene beamtenrechtliche Versorgungsleistung Anspruch auf insgesamt drei Witwenrenten im Fall des Todes des Beigeladenen.
Insgesamt stünden der Klägerin Versorgungsansprüche in Höhe von 4.566,88 Euro zu. Bei einer solchen Überversorgung bestehe
kein Absicherungsbedarf nach dem ALG. Es bestehe ein Anspruch gemäß Art.
3 Abs.
1 GG, in vergleichbarer Anwendung der Befreiungstatbestände des § 3 Abs. 1 ALG von der Versicherungspflicht befreit zu werden. Zumindest sei die Klägerin aus Billigkeitsgründen zu befreien.
Mit angefochtenem Bescheid vom 30. April 2013 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag vom 8. August 2005 ab. Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung seien mit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkünften nicht vergleichbar. Auch der zu erwartende Versorgungsanspruch
stelle keinen Befreiungstatbestand dar. Der Bezug von Witwenrente ersetze nicht in erster Linie Erwerbseinkommen, sondern
habe überwiegend Unterhaltsfunktion. Nachweise für einen Befreiungsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG seien nicht erbracht worden. Rentenversicherungspflicht aufgrund Kindererziehung habe nicht bestanden. Die Großelterneigenschaft
könne keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründen. Eine Befreiung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen sei nicht möglich, da der Beigeladene keine Leistungen aus der gesetzlichen oder
der privaten Pflegeversicherung beziehe und keinen Anspruch hierauf habe. Eine Befreiung gemäß § 3 Abs. 3 ALG scheide aus, da die Klägerin die Wartezeit von 15 Jahren noch erfüllen könne. Die Klägerin sei seit 25. Dezember 1978 als
Beamtin tätig gewesen und erst ab 1. September 1996 beurlaubt.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs machte die Klägerin geltend, eine Befreiung aufgrund bereits ausreichender
Alterssicherung und Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei von der Beklagten nicht geprüft worden. Der Beigeladene
habe zwar keine Leistungen aus der sozialen oder privaten Pflegeversicherung bezogen. Ausreichend sei aber, dass ein grundsätzlicher
Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung bestehe. Dies sei bei dem schwerbehinderten Beigeladenen der Fall. Die
Betreuung und Pflege sei auch von der Klägerin im strittigen Zeitraum übernommen worden. Angesichts des Umfangs der körperlichen
Beschwerden und Beeinträchtigungen liege auf der Hand, dass die Betreuung und Pflege das Minimum an 14 Stunden wöchentlich
um ein Vielfaches übersteige.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2013 zurückgewiesen. Ein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG sei nicht zu erkennen. Den Alterssicherungssystemen sei eine Doppel- oder Mehrfachversorgung nicht fremd. Von der Klägerin
sei nicht nachgewiesen worden, dass sie wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig
oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig war, weil sie von der Versicherungspflicht befreit wurde. Selbst wenn im strittigen
Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 30. September 2005 ein Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung dem Grunde nach bestanden
hätte, werde die zuständige Pflegekasse nach den Vorschriften des
SGB XI diesen für die Vergangenheit nicht mehr feststellen, geschweige denn eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
oder die Befreiung hiervon.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG unter dem Aktenzeichen S 30 LW 16/13 erhoben und zur Begründung auf den bisherigen Vortrag verwiesen sowie eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention, insbesondere des Art. 1 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gerügt. Ein Anspruch aus der Pflegeversicherung
müsse nicht formal verbeschieden festgestellt worden sein.
Mit Urteil vom 20. November 2013 hat das SG die Klage abgewiesen und gegen die Klägerin Verschuldenskosten in Höhe von 150.- Euro verhängt. Ein Befreiungsanspruch bestehe
offensichtlich nicht. Es bestehe kein Anlass, sich mit der Grundgesetzkonformität des ALG auseinanderzusetzen, nachdem der Vortrag der Klägerin über ein Schlagwort wie Übersicherung nicht hinauskomme. In Bezug auf
den Befreiungsgrund der Pflege hat es darauf hingewiesen, dass die Antragstellung materielle Tatbestandsvoraussetzung sei.
Es müsse zunächst ein Verfahren nach §
18 SGB XI einen Pflegebedarf von wöchentlich 14 Stunden ergeben haben und dann müsse bei der gesetzlichen Rentenversicherung die dortige
Versicherungspflicht festgestellt worden sein. Dies sei nicht erfolgt.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und erneut geltend gemacht, aufgrund der
Mieteinnahmen müsse eine Befreiung der Klägerin erfolgen. Mieteinnahmen müssten genauso behandelt werden wie Einkommen aus
einer selbständigen Tätigkeit, die nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegen. Der Gesetzgeber habe nur auf das Einkommen
und nicht die auf die zu diesem Einkommen geführten Umstände abgestellt. Das Tatbestandsmerkmal der auf einen Einkommenserwerb
gerichteten Tätigkeit ergebe sich weder aus der Formulierung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG noch aus Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung. Soweit eine Gleichstellung verweigert werde, liege ein Verstoß gegen
Art.
3 Abs.
1 GG sowie Art.
20 der EU-Grundrechte-Charta vor.
Auch bestehe ein Befreiungsanspruch aufgrund der schon ausreichenden Versorgung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.
3 Abs.
1 GG sowie das Grundrecht des Art.
20 der EU-Grundrechtecharta gebiete es auch hier, die gesicherte Anwartschaft der Klägerin auf beamtenrechtliche Versorgungsleistungen
den sonstigen Befreiungstatbeständen des § 3 Abs. 1 ALG gleichzustellen. Die Klägerin werde durch diese unverhältnismäßige Überbelastung in ihren Grundrechten aus Art.
14 und
2 Abs.
1 GG sowie Art. 17 EU-Grundrechte Charta sowie Art. 1 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952 zur EMRK verletzt.
Schließlich folge der Befreiungsanspruch auch aus der Pflege des Beigeladenen. In § 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG sei nicht geregelt, dass die Pflegebedürftigkeit positiv verbeschieden sein müsse. Die Vorschriften des §§
18,
33 SGB XI beträfen Fragen und Verfahrensabläufe, die sich im Rahmen der Anwendung des
SGB XI, also im Rahmen der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der sozialen Pflegeversicherung stellen. Dies sei jedoch nicht
die Frage, wie sie sich im Rahmen des Rechts über die Alterssicherung der Landwirte stelle. Anspruchsgegner sei hier die Beklagte
und nicht die soziale Pflegeversicherung. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass für die Annahme eines Anspruchs gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG die positive Verbescheidung eines Anspruchs gegen die soziale Pflegeversicherung Voraussetzung wäre, so hätte er dies in
die Regelung mit aufnehmen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, könne eine solche Voraussetzung nicht einfach unterstellt werden.
Abgesehen davon sei mit beigefügtem Schreiben vom 3. Januar 2014 von der Bayerischen Beamtenkrankenkasse die Pflegestufe I
antragsgemäß bewilligt und Pflegegeld für die häusliche Pflege zugesagt worden. Es unterliege der freien Entscheidung des
Betroffenen, wann eine Pflegestufe und Pflegegeld beantragt werde. Der Antrag sei nur formell- rechtliche Voraussetzung für
die Leistungsgewährung, nicht aber für das Bestehen des materiell rechtlichen Anspruchs. Es könne daher lediglich darauf ankommen,
dass eine Pflegebedürftigkeit bestanden habe und eine Pflege erfolgt sei. Die Nichtinanspruchnahme eines Pflegegelds könne
daher keinen Einfluss auf die Erfüllung des Befreiungsanspruchs haben. Andernfalls liege auch insoweit ein Verstoß gegen Art.
14,
2 Abs.
1 GG und Art. 17 EU-Grundrechte Charta sowie Art. 1 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952 zur EMRK und Art.
6 Abs.
1 GG bzw. Art. 8 EMRK (Schutz von Ehe und Familie) vor. Rein vorsorglich werde die Einholung eines Gutachtens beantragt zur Feststellung, dass
der Beigeladene im strittigen Zeitraum pflegebedürftig gewesen sei.
Der Senat hat von der Bayerischen Beamtenkrankenkasse ein Pflegegutachten in Bezug auf den Beigeladenen (Erstgutachten; Antrag
vom 6. November 2013) vom 22. Dezember 2013 beigezogen. Hierin hatte der Beigeladene angegeben, seit Anfang 2013 hätten sich
die Beschwerden verschlimmert. Der von der Klägerin als Pflegeperson angegebene Pflegeaufwand belief sich auf unter 14 Stunden
pro Woche. Die ermittelte Pflegezeit lag ebenfalls unter 14 Stunden pro Woche (7 Tage pro Woche à 115 Minuten).
Die Klägerin beantragt:
1.
Das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. November 2013 wird aufgehoben.
2.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2013 wird aufgehoben.
3.
Die Klägerin wird von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse im Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 30. September
2005 befreit.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 30. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 25. Juli 2013 abgewiesen, mit dem diese - entsprechend der Teileinigung im Verfahren L 1 LW 19/12 - den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht vom 8. August 2005 abgelehnt hat. Die Klägerin hat keinen
Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht für den streitgegenständlichen Zeitraum 1. Juli 2003 bis 30. September
2005.
Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige werden gemäß § 3 Abs. 1 ALG von der Versicherungspflicht befreit, solange sie 1. regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen
oder Erwerbsersatzeinkommen (Abs. 4) beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft
jährlich 4.800.- Euro überschreitet, 1a. (betrifft den Bezug von Arbeitslosengeld II) 2. wegen der Erziehung eines Kindes
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil
sie nach §
56 Abs.
4 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind, 3. wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der gesetzlichen
Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie von der Versicherungspflicht
befreit sind oder 4. (betrifft Ableistung von Wehr- oder Zivildienst).
Die Klägerin ist Landwirtin. Dies steht fest aufgrund des Bescheids vom 18. Juli 2005, dessen Rechtmäßigkeit der Senat mit
seinem vom BSG bestätigten Urteil vom 26. Juni 2013 festgestellt hat. Der Senat sieht keine Veranlassung, den Ausgang der noch anhängigen
Verfassungsbeschwerde abzuwarten, da er die insoweit einschlägigen Regelungen nicht für verfassungswidrig und die Verfassungsbeschwerde
damit für aussichtslos hält. Insoweit wird auf das Urteil des Senats vom 26. Juni 2013 verwiesen.
Die Klägerin hat keinen Befreiungsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG, da sie im strittigen Zeitraum nicht regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Ersatzeinkommen
bezogen hat, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800.- Euro überschreitet.
Nach der - auch für den Bereich der Alterssicherung der Landwirte (vgl. §
1 Abs.
1 SGB IV) maßgeblichen - Definition des Arbeitseinkommens in §
15 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus
einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht
zu bewerten ist (§
15 Abs.
1 S. 2
SGB IV). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch
auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus
der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§
14 Abs.
1 S. 1
SGB IV).
Als beurlaubte Beamtin hat die Klägerin unstrittig keine Dienstbezüge bezogen. Die von ihr erzielten Mieteinkünfte, die über
4.800.- Euro gelegen haben, stellen kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und auch kein vergleichbares Einkommen oder
Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG dar. Mieteinkünfte sind weder ein Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit noch sind sie nach Einkommensteuerrecht als Arbeitseinkommen
zu werten. Mieteinkünfte werden auch nicht vom Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV umfasst, da es sich hierbei nicht um laufende oder einmalige Einnahmen aus einer Beschäftigung handelt. Vielmehr stellen
sie gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
6 EStG eine eigene Einkunftsart dar (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung).
Mieteinkünfte sind schließlich auch kein vergleichbares Einkommen. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 23. Januar 2008, Az. B 10 LW 1/07 R, dargelegt hat, fällt unter vergleichbares Einkommen wie bei §
18a Abs.
2 S. 1
SGB IV nur Einkommen, das unmittelbar aus einer auf Einkommenserwerb gerichteten Tätigkeit stammt, also Erwerbseinkommen ist. Aus
dem Zusammenhang, in dem der Begriff des vergleichbaren Einkommens in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG gebraucht wird, ergibt sich, dass Bezugspunkte für die Vergleichbarkeit die beiden unmittelbar vorangestellten Begriffe Arbeitsentgelt
und (außerlandwirtschaftliches) Arbeitseinkommen sein sollen. In §
18a Abs.
2 S. 1
SGB IV sind die Begriffe des Arbeitsentgelts, Arbeitseinkommens und vergleichbaren Einkommens vom Gesetzgeber zum Begriff des Erwerbseinkommens
zusammengefasst worden. Erwerbseinkommen wird dabei in dem Sinne verstanden, dass es von seiner Funktion her und in seiner
rechtlichen Ausgestaltung dem Einkommen aus einer selbstständigen oder nicht selbstständigen Erwerbstätigkeit vergleichbar
sein muss. Das Kriterium der Vergleichbarkeit liegt dabei in den "Früchten des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft". Beispiele
für vergleichbares Einkommen sind damit Bezüge aus öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnissen (z.B. Abgeordnetendiäten) oder
vom Arbeitgeber gezahlte Vorruhestandsgelder (BSG, a.a.O.; vgl. auch die Entscheidungen vom 5. September 2001, B 10 LW 8/01 B, und B 10 LW 9/01 B für Einkünfte aus Kapitalvermögen).
Entgegen der Auffassung der Berufung ist also nicht jedes regelmäßig erzielte Einkommen ein vergleichbares Einkommen. Allein
der Umstand, dass ein Einkommen regelmäßig erzielt wird, macht es noch nicht zum vergleichbaren Einkommen. Dies ergibt sich
rein sprachlich auch schon daraus, dass sich das Erfordernis der Regelmäßigkeit in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG von vornherein nicht nur auf Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen, sondern auch auf das vergleichbare Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen
bezieht. Das Kriterium der Regelmäßigkeit kann also nicht das entscheidende Merkmal für die Vergleichbarkeit des weiteren
Einkommens mit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen sein, vielmehr muss es bei dem vergleichbaren Einkommen zusätzlich gegeben
sein.
Ein Befreiungsanspruch der Klägerin resultiert auch nicht aus der von ihr geltend gemachten Übersicherung. Zwar mag es zutreffen,
dass die Klägerin durch die von ihr zu erwartende beamtenrechtliche Versorgung und diverse private Alterssicherungsverträge
bereits für ihr Alter hinreichend vorgesorgt hat. In § 3 ALG ist jedoch kein Befreiungsanspruch für den Fall normiert, dass bereits aus anderweitigen Quellen eine hinreichende Altersvorsorge
gewährleistet ist. Eine Gleichstellung dieses Tatbestands mit dem Erzielen von regelmäßigem Erwerbseinkommen von über 4.800.-
Euro nimmt der Gesetzgeber gerade nicht vor. Eine analoge Anwendung etwa des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG auf den Fall der bereits bestehenden ausreichenden Altersvorsorge scheidet aus, da insoweit keine planwidrige Regelungslücke
vorliegt. Das vom Gesetzgeber im ALG vorgesehene differenzierte System von Regel (Versicherungspflicht) und Ausnahme (Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung auf
Antrag) ist einer gesetzesergänzenden, lückenschließenden Auslegung nicht zugänglich (BSG, Urteil vom 25. Juli 2002, Az. B 10 LW 12/01 R, in [...]). Dabei widerspricht es nicht dem Zweck des ALG, sondern ist geradezu systemkonform, dass vom Betroffenen neben der Absicherung nach dem ALG eine weitere Altersvorsorge getroffen wird. Denn die Absicherung nach dem ALG stellt nur eine Teilabsicherung dar (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999, Az. B 10 LW 17/98 R).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis hat der Senat nicht. Insbesondere vermag er keinen Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG erkennen. Nach dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden
zu behandeln. Dabei liegt es jedoch in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die
er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleichbehandelt ansehen will (vgl. BVerfGE 53, 313; 90, 226). Nach der sog. "Neuen Formel" wird gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe anders
behandelt als eine andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen,
die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 109, 96).
Insbesondere im Bereich der Sozialversicherung ist der Gesetzgeber grundsätzlich berechtigt, verwaltungsvereinfachende Typisierungen
und Pauschalierungen an die Stelle gesetzlicher Differenzierung und Individualisierung treten zu lassen (BVerfGE 90, 226). Ob er die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist dabei nicht nachzuprüfen. Der gesetzgeberische
Gestaltungsspielraum endet vielmehr erst dort, wo sich ein vernünftiger, sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche
Ungleichbehandlung wesentlich gleicher bzw. die gesetzliche Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte nicht finden
lässt, wenn also die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muss (BVerfGE a.a.O., m.w.N.). Hinzu kommt, dass bei der
Beurteilung der Frage, ob ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender, sachlicher Grund besteht, sich der dem Gesetzgeber
zuzubilligende Gestaltungsspielraum in dem Maße erweitert, je geringer die Folgen der Benachteiligung für den Einzelnen ausfallen,
sich also für diesen als zumutbar erweisen (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13/4 R 69/07 R).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann der Senat eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung in diesem Sinne nicht erkennen:
Der Grenzwert von 4.800.- Euro in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG knüpft nicht an eine bestehende anderweitige gleichwertige Sicherung oder Zugehörigkeit zu einem anderen Alterssicherungssystem
an. Während des Bezugs von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen oberhalb der Befreiungsgrenze kann der Betreffende jedoch typischerweise
hinreichend Anwartschaften in einem anderen System der sozialen Sicherung, etwa in der gesetzlichen Rentenversicherung, im
Rahmen der Beamtenversorgung oder in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung grundsätzlich erwerben, so dass kein Bedarf
für eine weitere Absicherung im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte besteht. Soweit und solange keine Einkünfte oberhalb
dieser Grenzen erzielt werden - etwa aufgrund der Aufgabe einer selbständigen Tätigkeit oder wie bei der Klägerin im Falle
einer beamtenrechtlichen Beurlaubung - können typischerweise für die Zeiträume ohne ausreichend hohe Einkünfte in diesen Systemen
auch keine Anwartschaften erworben werden, so dass es dann wieder einen rechtfertigenden Grund dafür gibt, für den Betreffenden
im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte eine Versicherungs- und Beitragspflicht zu normieren. Denn damit ist sichergestellt,
dass für diesen Zeitraum über die Altersversorgung der Landwirte ein ergänzender Beitrag für die Alterssicherung des Betreffenden
geleistet wird. Zu dieser typisierenden und pauschalierenden Regelung war der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden weiten
Ermessensspielraums berechtigt. Es wäre zwar auch die gesetzgeberische Lösung möglich gewesen, die Befreiung nicht - so wie
jetzt vorgesehen - vom Erzielen von Einkünften, die typischerweise zu einer ausreichenden Alterssicherung führen, abhängig
zu machen, sondern - so wie es der Klägerin vorschwebt - von dem Nachweis einer hinreichenden Altersversorgung. Zu einer solchen
Lösung war der Gesetzgeber aber bei Berücksichtigung des ihm zustehenden Ermessenspielraums nicht verpflichtet. Eine solche
Lösung wäre auch mit praktischen Problemen behaftet, insbesondere mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Feststellung der
Nachhaltigkeit der geltend gemachten zukünftigen Alterssicherung.
In Bezug auf die Mieteinnahmen liegt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung nicht vor, weil mit diesen eine gleichzeitige
feste Absicherung für das Alter typischerweise gerade nicht verbunden ist. Es gibt daher keinen Anlass, den Betreffenden von
der Alterssicherung der Landwirte zu befreien.
Der Fall der Klägerin stellt im Rahmen des vom Gesetzgeber mit § 3 ALG gewählten Lösungsansatzes eine große Ausnahme dar. Der seltenen Kombination von aufgrund einer Beurlaubung fehlendem außerlandwirtschaftlichen
Arbeitsentgelt und gleichzeitigem Vorliegen von die Befreiungsgrenze von 4.800.- Euro übersteigenden Mieteinkünften und Ansprüchen
auf Altersversorgung in beträchtlicher Höhe aus diversen weiteren Quellen musste der Gesetzgeber auch nicht durch Erlass einer
weiteren Ausnahmeregelung Rechnung tragen.
Darüber hinaus ist der Erhalt eines möglichst großen Kreises nicht subventionierter Beitragszahler ein legitimes Ziel des
Gesetzgebers (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999, Az. B 10 LW 17/98 R). Die Zulassung weiterer Einkünfte, die zu einer Befreiung von der Versicherungspflicht führen, birgt die Gefahr, dass die
Beitragsbasis wegbricht und damit das gesamte System der Alterssicherung der Landwirte infrage gestellt ist.
Außerdem erweist sich die Belastung durch die Beiträge für die Klägerin nicht als unzumutbar. Gerade angesichts der von ihr
hervorgehobenen guten finanziellen Situation ist nicht ersichtlich, dass sie durch die verhältnismäßig geringfügigen Beiträge
für einen überschaubaren Zeitraum übermäßig belastet würde. Hinzu kommt, dass die Beiträge nicht verloren sind. Denn bei Erreichen
der Altersgrenze steht ihr dann eine Altersrente aus der Alterssicherung der Landwirte zu.
Ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht resultiert auch nicht daraus, dass die Klägerin den Beigeladenen im
strittigen Zeitraum gepflegt hat. Dies würde voraussetzen, dass die Klägerin wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der
gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig war, weil sie von der
Versicherungspflicht befreit war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ALG).
Die Klägerin war in strittigen Zeitraum weder in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der Pflege des Beigeladenen
versicherungspflichtig noch nur deshalb nicht versicherungspflichtig, weil sie von der Versicherungspflicht befreit war. Gemäß
§
3 S. 1 Nr. 1a
SGB VI sind Pflegende versicherungspflichtig in der Zeit, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des §
14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen),
wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat.
Der Beigeladene hatte im strittigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder privaten Pflegeversicherung,
weil er solche nicht beantragt hatte. Der Beigeladene hatte erstmals mit Antrag vom 6. November 2013 von seiner privaten Pflegekasse
Pflegeleistungen beantragt. Dies ergibt sich aus dem Pflegegutachten vom 22. Dezember 2013 und den eigenen Angaben der Klägerin.
Der Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung setzt jedoch einen Antrag voraus. Gemäß
§
33 Abs.
1 S. 1
SGB XI erhalten Versicherte die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Die Leistungen werden ab Antrag gewährt, frühestens
jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (§
33 Abs.
1 S. 2
SGB XI). Wird der Antrag später als einen Monat nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit gestellt, werden die Leistungen vom Beginn
des Monats der Antragstellung an gewährt (§
33 Abs.
1 S. 3
SGB XI). Dabei gelten für die soziale wie für die private Pflegeversicherung die gleichen Grundsätze (vgl. §
23 Abs.
1 S. 2
SGB XI).
Da der Beigeladene erstmals im November 2013 einen Antrag auf Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung gestellt hat,
kann sich damit keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die pflegende Klägerin für den hier
strittigen Zeitraum 1. Juli 2003 bis 30. September 2005 ergeben.
Die Ansicht der Klägerin, auf die Stellung eines Antrags könne es nicht ankommen, sondern nur auf das Vorliegen der materiellen
Voraussetzungen für die Versicherungspflicht, trifft nicht zu. Denn der Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung ist
materielle Anspruchsvoraussetzung (KassKomm,
SGB VI, §
3 Rn. 4). Damit kommt der Eintritt von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung erst ab dem Monat der Antragstellung
in Betracht, sofern auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.
Abgesehen davon ist der Senat der Auffassung, dass die Voraussetzungen des §
3 S. 1 Nr. 1 a
SGB VI im strittigen Zeitraum im Übrigen ebenfalls nicht erfüllt waren. Aus dem vom Senat beigezogenen Pflegegutachten geht hervor,
dass noch bei der Erstellung des Gutachtens im November 2013 der ermittelte Pflegeaufwand für den Beigeladenen unter 14 Stunden
pro Woche gelegen hat. Diese sachverständige Feststellung entsprach auch dem von der Klägerin gegenüber der Pflegegutachterin
selbst angegebenen Pflegeaufwand von weniger als 14 Stunden pro Woche, wobei die Klägerin keine weiteren Pflegebedürftigen
pflegt. Stellt man darüber hinaus in Rechnung, dass sich nach den Angaben des Beigeladenen bei der Begutachtung seine Beschwerden
Anfang 2013 noch verschlimmert hatten, erschließt sich dem Senat in keiner Weise, warum der Pflegeaufwand vor der Verschlimmerung
über 14 Stunden wöchentlich gelegen haben soll, wenn er nach der Verschlimmerung selbst nach Angaben der Klägerin noch unter
14 Stunden liegt. Der Anregung der Klägerin auf Einholung eines Gutachtens, ob beim Beigeladenen Pflegebedürftigkeit im strittigen
Zeitraum vorgelegen hat, ist der Senat daher nicht gefolgt. Entscheidend ist nämlich nicht, ob damals Pflegebedürftigkeit
im Umfang von über 14 Stunden wöchentlich vorgelegen hat, sondern dass eine tatsächliche Pflege durch die Klägerin in diesem
Umfang tatsächlich stattgefunden hat. Dies lässt sich durch eine Begutachtung in dem angeregten Sinne nicht klären. Aufgrund
der Angaben der im vorliegenden Pflegegutachten dokumentierten Aussagen der Klägerin selbst steht für den Senat fest, dass
eine tatsächliche Pflege in einem Umfang von über 14 Stunden auch im strittigen Zeitraum tatsächlich nicht stattgefunden hat.
Die Klägerin war damit sowohl mangels rechtzeitiger Antragstellung als auch mangels Pflegetätigkeit von wenigstens 14 Stunden
wöchentlich nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zugleich war sie damit auch nicht nur deshalb
nicht versicherungspflichtig, weil sie von der Versicherungspflicht befreit war. Denn sie war auch deshalb nicht versicherungspflichtig,
weil die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf diese Bestimmungen hat der Senat ebenfalls nicht. Der von der Klägerin nur pauschal
behauptete Verstoß gegen Art.
2,
3 und
6 GG ist nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber das Bestehen von gesetzlicher
Versicherungspflicht in der Rentenversicherung aufgrund der Pflege eines Angehörigen und den damit verbundenen Anspruch auf
Befreiung von der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte von der Stellung eines Antrags auf Pflegeleistungen
sowie von einer wöchentlichen Mindestpflegedauer abhängig macht. Das Antragserfordernis stellt sicher, dass in dem vom Gesetzgeber
vorgesehenen Verfahren das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit und die Notwendigkeit der Pflege in dem gesetzlichen Mindestumfang
zeitnah fachkundig geprüft wird. Es würden in der Regel erhebliche Schwierigkeiten auftreten, wenn - wie hier - viele Jahre
nach der behaupteten Erbringung von Pflegeleistungen geprüft und festgestellt werden müsste, ob und in welchem Umfang Pflegebedürftigkeit
bestand und tatsächlich Pflegeleistungen erbracht wurden. Das Erfordernis der Mindestpflegedauer von 14 Stunden trägt dem
Umstand Rechnung, dass bei geringerer wöchentlicher Pflegedauer nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Pflegende durch
die Pflege von dem Aufbau einer eigenen Altersversorgung durch das Zurücklegen von Pflichtversicherungszeiten abgehalten wird.
Hierbei handelt es sich also um eine verhältnismäßige und sachgerechte Differenzierung.
Die Klägerin ist auch nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG von der Versicherungspflicht zu befreien, weil sie im strittigen Zeitraum nicht wegen Erziehung eines Kindes in der gesetzlichen
Rentenversicherung versicherungspflichtig war oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig war, weil sie nach §
56 Abs.
4 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen war. Die geltend gemachte Erziehung des Enkelkinds führt nicht
zu anrechenbaren Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Kindererziehungszeiten sind gemäß §
56 Abs.
1 S. 2
SGB VI in Verbindung mit §
56 Abs.
1 S. 1 Nr.
3, Abs.
3 Nr.
2,
3 SGB I nur für "Elternteile" zu berücksichtigen, also für die leiblichen Eltern, die Stief- und die Pflegeeltern, nicht jedoch -
mangels Verweisung auf §
56 Abs.
3 Nr.
1 SGB I - für die Großeltern als solche. Belege für ein hier allein in Betracht kommendes Pflegekindschaftsverhältnis im strittigen
Zeitraum hat die Klägerin trotz Aufforderung durch die Beklagte nicht vorgelegt.
Es besteht schließlich keine Befreiungsmöglichkeit nach § 3 Abs. 3 ALG. Nach dieser Bestimmung wird auf Antrag von der Versicherungspflicht auch befreit, wer die Wartezeit von 15 Jahren bis zum
Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr erfüllen kann. Zwar hat die Klägerin im Bereich der Alterssicherung der Landwirte
insgesamt nur 27 auf die Wartezeit von 15 Jahren anrechenbare Kalendermonate mit Beitragszeiten zurückgelegt (vgl. § 17 Abs. 1 S. 1 ALG). Auf die Wartezeit von 15 Jahren werden gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ALG aber auch Zeiten angerechnet, in denen Versicherungsfreiheit nach §
5 Abs.
1 SGB VI bestanden hat. Da die Klägerin seit mindestens Dezember 1978 als Beamtin tätig und damit nach §
5 Abs.
1 SGB VI versicherungsfrei gewesen ist, kann sie - bei einer Beurlaubung erst ab 1. September 1996 - die Wartezeit von 15 Jahren unter
Berücksichtigung der Zeiten als aktive Beamtin erfüllen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Es kam nicht in Betracht, den Rechtsstreit gemäß Art.
100 Abs.
1 GG auszusetzen und ihn dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, da der Senat von der Verfassungswidrigkeit der einschlägigen
Rechtsnormen nicht überzeugt ist. Einen Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht der Klägerin gemäß Art.
14 Abs.
1 GG kann der Senat nicht ansatzweise erkennen, so dass auch kein - von der Klägerin auch nicht näher substantiierter - Verstoß
gegen Art. 1 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952 zur EMRK vorliegt. Dasselbe gilt im Hinblick auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 (Abl. Nr.
C 364 S. 1). Durch die in der Grundrechtscharta normierten Rechte wird kein umfangreicherer Schutz vermittelt als durch die
Grundrechte des
Grundgesetzes wie etwa das Eigentumsrecht in Art.
14 GG (so zutreffend LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18. Mai 2011, Az. L 2 KN 8/11). Die Grundrechte-Charta gilt im Übrigen für die Organe und Einrichtungen der Union unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips
und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union (Art. 51 Abs. 1). Hier sind allein nationale
Rechtsnormen zu beurteilen, nicht der Vollzug des Rechts der Union. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist
daher schon im Ansatz nicht einschlägig.
Die Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klägerin auch in der Berufungsinstanz erfolglos geblieben ist (§
193 SGG). Allerdings war die Kostenentscheidung des SG in seiner Ziff. III. aufzuheben, da nach Auffassung des Senats eine missbräuchliche Rechtsverfolgung i.S.d. §
192 Abs.
1 S. 1 Nr.
2 SGG nicht gegeben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. §
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.