Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung von weiteren Entgelten im Rahmen der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften
aus der zusätzlichen Versorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks und Berufsbildung der DDR (ZVPäd) für die Jahre 1984
und 1989 durch Prämien anlässlich erfolgter Auszeichnungen des Klägers.
Der 1935 geborene Kläger war ab 1981 als Erzieher bzw Berufsschullehrer im VEB S tätig. Die Beklagte hatte für ihn mit Bescheid
vom 13. Juni 1995 Zeiten der ZVPäd vom 26. November 1982 bis 30. Juni 1990 und entsprechende Entgelte festgestellt. Er beantragte
im Februar 2008 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG die zusätzliche Berücksichtigung seiner Jahresendprämien. Die Beklagte berücksichtigte mit Bescheid vom 17. August 2009 höhere
Entgelte für jedes Kalenderjahr ab 1985 im Hinblick auf die den Pädagogen jährlich zum 12. Juni zustehenden von der Anzahl
der Berufsjahre (in drei Stufen) abhängigen zusätzlichen Zuwendungen. Der Kläger beantragte am 17. Februar 2010 die Überprüfung
dieses Bescheides und reichte Unterlagen, unter anderem einen Gehaltszettel über eine Jahresendprämie von1.220,00 M für 1983,
eine Entgeltbescheinigung über die Jahresendprämien 1984 und 1985 (1.265 M und 755 M) und Urkunden über die Zuerkennung verschiedener
Auszeichnungen ein, z B "Aktivist der sozialistischen Arbeit" vom 12. Juni 1985, die "Pestalozzi-Medaille für treue Dienste"
in Silber vom 12. Juni 1988, die "Pestalozzi-Medaille für treue Dienste" in Gold vom 12. Juni 1989. Mit weiterem Bescheid
vom 20. Juli 2010 berücksichtigte die Beklagte höhere Entgelte, u.a. im Jahr 1984 i.H.v. weitere 1.265 M; für die Jahre 1982,
1986 bis 1990 blieben die festgestellten Entgelte unverändert. Für 1985 würde eine Prämie von 300 M anlässlich der Verleihung
der Aktivistenmedaille zusätzlich berücksichtigt, dagegen könnten Auszeichnungen ohne Geldwert sowie Prämien, die außerhalb
des Zusatzversorgungszeitraums liegen, nicht berücksichtigt werden.
Dagegen wandte sich der Kläger am 18. August 2010 mit seinem Widerspruch. Es sei nicht ersichtlich, wo und wie der Geldbetrag
i.H.v. 1.000,00 M anlässlich der Verleihung der Pestalozzi-Medaille in Gold 1989 zugeordnet bzw. berücksichtigt worden sei.
Das gleiche treffe auf die 1984 erhaltene Medaille "Hervorragender Ausbilder der GST" in Gold zu; damit seien 250,00 M verbunden
gewesen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2011 zurück. Für den Erhalt der Auszeichnung Pestalozzi-Medaille
für treue Dienste in Gold 1989 könne keine Prämie berücksichtigt werden, da die Zahlung der damit verbundenen Geldleistung
nicht nachgewiesen worden sei. Die Auszeichnung "Hervorragender Ausbilder der GST" in Gold 1984 könne nicht berücksichtigt
werden, da die Leistung nicht aus der unmittelbaren Arbeitsleistung resultiert habe.
Mit seiner am 4. Februar 2011 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Pestalozzi-Medaille in Gold sei
ihm ein Briefumschlag mit 1.000 M überreicht worden, deren Erhalt er im Anschluss an die Festveranstaltung in einer Liste
der Abteilung Berufsberatung/Berufsbildung des VEB S quittiert habe. Nach dem Betriebskollektivvertrag des S (
BKV) hätten Betriebsangehörige, die mit der Pestalozzi-Medaille in Gold ausgezeichnet worden seien, eine Prämie von 1.000 M zu
erhalten gehabt. Für die Auszeichnung als "Hervorragender Ausbilder der GST" habe er einen Umschlag erhalten, in dem 300 M
enthalten gewesen seien. Nachweise dafür könne er nicht mehr erbringen. Er habe als Ausbilder der GST die vormilitärische
Ausbildung der Lehrlinge durchgeführt. Diese sei nach zentralen staatlichen Vorgaben von 1982 Bestandteil der Berufsausbildung
gewesen. Er hat die Kopie eines undatierten Briefumschlags der GST, Grundorganisation des VEB S, adressiert an "Kam. K S"
mit einer weiteren Aufschrift "250,-" vorgelegt.
Der Kläger hat den
BKV 1989 auszugsweise eingereicht. Seite 23 der Anlagen zum
BKV des S enthält den Text: "Bei der Verleihung von Auszeichnungen für hervorragende Leistungen in den gesellschaftlichen Organisationen
[...] werden in Anerkennung dieser Leistungen vom Generaldirektor mit Zustimmung der ZBGL aus dem Betriebsprämienfonds Prämienmittel
wie folgt bereitgestellt: [...]" Aus den Seiten 24, 25 der Anlagen zum
BKV ergibt sich eine Prämie für die Pestalozzi-Medaille in Gold von 1000 M und für die Auszeichnung "Hervorragender Ausbilder
der GST" in Gold von 300 M. Den
BKV von 1984 könne der Kläger nicht vorlegen, weil dieser Opfer der Vernichtungswelle geworden sei.
Er hat zudem die Berücksichtigung einer 1989 erhaltenen Geldprämie von 350 M wegen 30-jähriger Betriebszugehörigkeit, wie
sie ebenfalls vom
BKV vorgesehen gewesen sei, eingefordert. In der mündlichen Verhandlung hat er protokollieren lassen, dass dies ein Antrag an
die Beklagte zur Erstbescheidung wie auch wegen der Prämien für die Pestalozzi-Medaille in Silber 1988 (400 M) und die NVA-Ehrennadel
(100 M) sei.
Das Sozialgericht Neuruppin hat die Klage durch Urteil vom 20. April 2012 abgewiesen. Der tatsächliche Zufluss von zusätzlichen
Geldern anlässlich der Verleihung der beiden Auszeichnungen sei vom Kläger nicht bewiesen worden. Dafür trage er die objektive
Beweislast nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.08.2007, B4 RS 4/06R). Nach § 8 Abs 1 und 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG seien Arbeitsverdienste im Rahmen der Zusatzversorgung dem Rentenversicherungsträger zu melden und durch Bescheid festzustellen.
Der Begriff des Arbeitsentgelts bestimme sich dabei nach §
14 SGB IV, so dass es sich um eine Gegenleistung des Betriebes für erbrachte Arbeitsleistung handeln müsse. Dies lasse sich für die
Pestalozzi-Medaille für treue Dienste annehmen, weil sie die Dienste der Lehrer und Erzieher gewürdigt habe. Allerdings habe
es sich um eine staatliche und nicht um eine betriebliche Auszeichnung gehandelt. Die Ordnung über die Verleihung der Pestalozzimedaille
für treue Dienste in den Fassungen der Jahre 1971 und 1978 enthalte keine Regelung zu einer Geldzahlung zusammen mit der Medaillenverleihung.
Somit lasse sich ein Zufluss von Geld im Rahmen der Verleihung der Medaille nach den damals geltenden Regelungen nicht annehmen.
Ein Nachweis für den Erhalt von 1.000 M für die Medaille habe der Kläger nicht erbracht. Nach dem seinerzeit geltenden Arbeitsgesetzbuch
der DDR seien staatliche Auszeichnungen vom Betrieb im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Werktätigen einzutragen
gewesen. Eine solche Eintragung habe der Kläger nicht vorgelegt. Auch die weiteren von der Beklagten im Widerspruchsbescheid
benannten Nachweismöglichkeiten seien nicht erfüllt. Eine Geldzahlung für die Medaille "Hervorragender Ausbilder der GST"
sei nicht zu berücksichtigen, weil es sich weder um eine betriebliche noch um eine staatliche Auszeichnung gehandelt habe.
Ein Zusammenhang mit dem erzielten Arbeitsentgelt sei nicht herstellbar. Zudem sei auch eine Geldzahlung nicht nachgewiesen.
Gegen das ihm am 4. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 2. Juni 2012 am 4. Juni 2012 Berufung eingelegt.
Ihm werde unterstellt, die angegebenen Geldzuwendungen nicht erhalten zu haben. Die Urkunden über die Verleihung der Medaille
und die eingereichten
BKV-Unterlagen, aus denen die Prämienhöhe hervorgegangen sei, seien als Beweis nicht berücksichtigt worden. Die zuständige Schulverwaltung
verfüge angeblich über keine Unterlagen mehr.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. April 2012 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 1995 in
der Form der Bescheide vom 17. August 2009 und vom 20. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar
2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, für das Jahr 1984 ein weiteres Entgelt in Höhe von 300,00 M (Prämie zur Auszeichnung
als "Hervorragender Ausbilder der GST" in Gold) und für das Jahr 1989 weiteres Entgelt von 1.350,00 M (Prämien für die Pestalozzi-Medaille
in Gold und 30-jährige Betriebszugehörigkeit) festzustellen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
vorbereitenden Schriftsätze, der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen ist, gemäß §§
153 Abs
1,
136 Abs
2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil dieser in der rechtzeitigen Ladung darauf hingewiesen
worden war. Eine Vertagung des Termins war vom Kläger nicht begehrt worden.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist die Feststellung höherer Arbeitsentgelte im Rahmen der Zusatzversorgung der
Pädagogen für die Jahre 1984 und 1989. Damit ist auch die Forderung des Klägers Streitgegenstand, die Prämie für 30-jährige
Betriebszugehörigkeit von 350 M im Jahr 1989 als weiteres Arbeitsentgelt feststellen zu lassen. Soweit die Beteiligten im
Rahmen der Verhandlung vor dem Sozialgericht davon ausgegangen sind, dass diese weitere Forderung nur unabhängig vom vorliegenden
Rechtsstreit im Rahmen eines separaten Verfahrens geklärt werden könnte, trifft dies nicht zu.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 1995 in der Form der Bescheide
vom 17. August 2009 und vom 20. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2011 ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch nach §§ 44 SGB X, 8 AAÜG, die Beklagte zu verpflichten, unter Änderung (Teilrücknahme) der Bescheide vom13. Juni 1995, 17. August 2009 und vom 20.
Juli 2010 für den Kläger in den Jahren 1984 und 1989 höhere Entgelte unter Berücksichtigung von Prämien für die Auszeichnungen
"Hervorragender Ausbilder der GST" und Pestalozzi-Medaille jeweils in Gold sowie für eine 30-jährige Betriebszugehörigkeit
festzustellen. Denn die Beklagte hat i.S.v. § 44 Abs 1 SGB X im Bescheid vom 17. August 2009 für das Jahr 1989 und im Bescheid vom 20. Juli 2010 für das Jahr 1984 weder das Recht unrichtig
angewandt noch ist sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.
Anspruchsgrundlage für die Feststellung der (zusätzlichen) Arbeitsentgelte ist § 8 AAÜG, wonach der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt derjenigen Mitteilung
bekannt zu geben hat, die dem an diese Mitteilung gebundenen, für die Erfüllung der Aufgaben der Rentenversicherung zuständigen
Rentenversicherungsträger zu übermitteln ist, das heißt die Zeiten der Zugehörigkeit des Berechtigten zu einem Zusatzversorgungssystem,
das daraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt, die Arbeitsausfalltage sowie nach Anwendung der §§ 6 und 7 AAÜG die sich daraus ergebenden tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer besonderen Beitragsbemessungsgrenze. Die
Beklagte hatte bereits mit dem Bescheid vom 13. Juni 1995 Zeiten der ZVPäd vom 26. November 1982 bis 30. Juni 1990 sowie während
dieser Zeit erzielte Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs 1 Satz 2 AAÜG). Diese Feststellungen hat die Beklagte für die Jahre 1984 und 1989 mit dem Bescheid vom 17. August 2009 (1989) und dem Bescheid
vom 20. Juli 2010 (1984) zugunsten des Klägers korrigiert. Die mit den Auszeichnungen verbundenen Prämien hat die Beklagte
dabei zu Recht nicht berücksichtigt. Die Zahlung dieser Geldleistungen ist weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Dies
geht zu Lasten des Klägers.
Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem der DDR
zuzuordnen sind, ist § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl §
5 aaO.) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Die strittigen Prämien müssen deshalb den Charakter
eines "Arbeitsentgelts" besessen haben. Das Sozialgericht hat zutreffend erkannt, dass dies nur bei der Prämie zur Pestalozzi-Medaille
für treue Dienste, nicht aber bei der Prämie zur Auszeichnung als "Hervorragender Ausbilder der GST" in Betracht kommt. Eine
Prämie für 30-jährige Betriebszugehörigkeit kann ebenfalls als Arbeitsentgelt anzusehen sein.
§ 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG definiert nicht den Begriff des Arbeitsentgelts (BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, RdNr 18). Der Gesetzestext besagt nur, dass den Pflichtbeitragszeiten iS des § 5 AAÜG als Verdienst (§
256a SGB VI) u a das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist (BSG ebdRdNr 19). Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. Insoweit ist auch noch zu erkennen,
dass es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln muss (BSG ebd). Des Weiteren macht der Normtext deutlich, dass es allein auf das in der DDR tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (oder
-einkommen) ankommt; er stellt nicht darauf ab, ob dieses in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag (BSG ebd). Welche dieser "Gegenleistungen" jedoch letztlich als Arbeitsentgelt anzusehen sind, ergibt sich nicht aus § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG. Da einige Versorgungssysteme der DDR keine Beitragspflicht, insbesondere keine eigenen Beitragslasten der Arbeitnehmer,
vorsahen, ist es konsequent, dass § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG nur auf das "erzielte Arbeitsentgelt" abstellt, und zwar unabhängig von einer Beitragspflicht (BSG ebd RdNr 21). Welche inhaltliche Bedeutung dem Begriff "Arbeitsentgelt" iS des § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG zukommt, bestimmt sich nach §
14 SGB IV (BSG ebd RdNr 24 ff). Nach dieser Norm sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig,
ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder
ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Nach dieser Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, sind einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung im Sinne des §
14 Abs
1 Satz 1
SGB IV als Arbeitsentgelt i.S.d. § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG berücksichtigungsfähig, sofern es sich um eine Gegenleistung des Betriebes für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr
erbrachte Arbeitsleistung gehandelt hat (BSG ebd RdNr 32). In der DDR konnten die Werktätigen (= Arbeitnehmer iS des bundesdeutschen Rechts) unter bestimmten Voraussetzungen
Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft
und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung"(siehe
hierzu: Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag der DDR, Berlin 1983, S 193). Die
Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem
Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen
betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen
(BSG aaO. RdNr 30). Die Rechtsprechung des BSG hat danach die Jahresendprämie als Arbeitsentgelt bewertet, weil diese als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben
diente, auf das Planjahr bezogen war und den Charakter einer Erfüllungsprämie hatte (BSG ebd RdNr 31 unter Verweis auf das Arbeitsrecht - Lehrbuch, aaO., S 194).
Nach diesen Kriterien scheidet eine Bewertung der Prämie im Rahmen der Auszeichnung des Klägers als "Hervorragender Ausbilder
der GST" als Arbeitsentgelt aus. Diese Prämie wurde nicht als Entgelt für Arbeitsleistungen, sondern als Würdigung besonderer
gesellschaftlicher Aktivitäten - hier im Rahmen der Gesellschaft für Sport und Technik - durch den Betrieb gewährt. Weder
die Zahlung durch den Betrieb begründet die Bewertung als Arbeitsentgelt noch der Umstand, dass die vormilitärische Ausbildung
nach dem Verständnis der DDR als Teil der Schul- und Berufsausbildung betrachtet und über Einrichtungen der GST durchgeführt
wurde. Die Tätigkeit im Rahmen der GST war gesellschaftliche Tätigkeit, auch wenn dafür eine ggf. formlose "Freistellung"
unter Weiterzahlung des Arbeitsentgelts gewährt wurde. Gesellschaftliche Tätigkeit war in besonderem Maße gefordert und gefördert
und galt daher auch als Anliegen der Betriebe. Dabei wurde sehr wohl zwischen Erfüllung betrieblicher Aufgaben einerseits
und gesellschaftlicher Aktivität andererseits unterschieden. Die besondere Würdigung der Tätigkeit durch den Betrieb erlangte
deshalb nicht selbst auch den Charakter als Arbeitsentgelt. Dies wird deutlich durch die entsprechenden Regelungen des
BKV 1989. Seite 23 der Anlagen zum
BKV des S enthält die Regelung: "Bei der Verleihung von Auszeichnungen für hervorragende Leistungen in den gesellschaftlichen
Organisationen [...] werden in Anerkennung dieser Leistungen vom Generaldirektor mit Zustimmung der ZBGL aus dem Betriebsprämienfonds
Prämienmittel wie folgt bereitgestellt:" Auf der Seite 24 folgt dann die Bestimmung der Prämienhöhe auch für den "Hervorragenden
Ausbilder der GST" für alle drei Stufen. Am Schluss des Gliederungspunktes werden nach einem Hinweis auf die besondere Form
der Finanzierung der Pestalozzi-Medaille folgende Regelungen getroffen: "Weitere materielle Anerkennungen für andere gesellschaftliche
Auszeichnungen können im Einzelfall aus den Sofortprämienmitteln der Direktionsbereiche erfolgen. Die Entscheidung darüber
erfolgt durch den zuständigen Fachdirektor und die BGL." In späteren Gliederungspunkten des
BKV 1989 werden Prämien für Träger und Benutzer von Atemschutzgeräten und der Fonds für langjährige Betriebszugehörigkeit geregelt
(S. 25 der Anlage). Der
BKV 1989 unterschied also zwischen den Leistungen in gesellschaftlichen Organisationen und der Prämierung von betrieblichen Leistungen.
Zwar liegt für das Jahr 1984 kein entsprechender
BKV vor. Der Senat geht indes auch unabhängig von einer Regelung im
BKV für 1984 davon aus, dass eine Differenzierung zwischen betrieblichen und gesellschaftlichen Anerkennungen auch für 1984 maßgeblich
war.
Dagegen könnte bei den Prämien, die zur Auszeichnung mit der "Pestalozzi-Medaille für treue Dienste" (in einer der drei Stufen)
und anlässlich 30-jähriger Betriebszugehörigkeit gezahlt wurden, eine Bewertung als Arbeitsentgelt in Betracht kommen. Die
Auszeichnung mit der Pestalozzi-Medaille konnte nach den Vorgaben der Verleihungsordnung der DDR nur in Abhängigkeit von der
Dauer der Dienstzeit vorgenommen werden. Neben der Dauer waren "treue Dienste" Verleihungskriterium, so dass auch ein unmittelbarer
Bezug zur beruflichen Tätigkeit bestand (§ 1 der Verleihungsordnung 1978). Gleiches gilt für die Prämie für eine 30-jährige
Betriebszugehörigkeit. Ob beide Prämien als Arbeitsentgelt zu qualifizieren sind - auch im Hinblick auf die Vorschriften des
§
1 ArbeitsentgeltVO iVm §§
3 Nr
52 EStG, §
3 Abs
1 Nr
2 LohnsteuerDurchführungsVO (jeweils in den 1991 geltenden Fassungen), wonach Jubiläumszuwendungen des Arbeitgebers bei einem
(mindestens) 25-jährigen Arbeitnehmerjubiläum bis zu 1.200 DM lohnsteuerfrei und damit auch nicht sozialversicherungspflichtig
waren, kann jedoch unentschieden bleiben. Insofern kann auch offen bleiben, mit welchem Faktor die Beträge in DDR-Mark in
DM zum Vergleich mit den Freigrenzen nach §
3 Abs
1 LohnsteuerDurchführungsVO umzurechnen wären. Selbst mit dem Faktor nach Anlage 10 zum
SGB VI bliebe die Prämie für die 30-jährige Betriebszugehörigkeit unter dem Grenzwert und könnte nicht als Arbeitsentgelt berücksichtigt
werden, während die Möglichkeit einer Zusammenrechnung beider Prämien wegen der unterschiedlichen Verleihungsgründe - Dauer
der Betriebszugehörigkeit einerseits und Anzahl der Dienstjahre im Bildungs- und Erziehungswesen der DDR andererseits - zu
bezweifeln sein dürfte.
Die Regelung des § 6 AAÜG verlangt zusätzlich zum Charakter der Zahlung als Arbeitsentgelt, dass die finanzielle Zuwendung auch "erzielt" wurde, also
tatsächlich zugeflossen ist. Ein solcher Zufluss lässt sich für alle geltend gemachten Prämien weder im Rahmen einer vollen
Überzeugung des Senats noch auf dem Niveau der Glaubhaftmachung annehmen.
Nach §
128 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis,
das heißt an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, ist unter Umständen auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung weiterer
Arbeitsentgelte möglich, was sich aus § 6 Abs 6 AAÜG ergibt. Die Anwendung dieser gesetzlichen Vorgaben beinhaltet durchaus nicht - wie vom Kläger dem Sozialgericht vorgeworfen
-, dass ihm unterstellt würde, die angegebenen Geldzuwendungen nicht erhalten zu haben. Die gesetzlichen Vorschriften berücksichtigen,
dass ein Gericht, das den Konflikt zweier Parteien zu entscheiden hat, schlicht von einem nachweisbaren oder ggf. auch nur
glaubhaft gemachten Sachverhalt auszugehen hat. Ob die Behauptungen eines Beteiligten der Wahrheit entsprechen, darf das Gericht
nur im Rahmen des Nachweises oder ggf. der Glaubhaftmachung beurteilen; Vorwürfe oder Unterstellungen sind damit nicht verbunden.
Ist ein Sachverhalt weder erwiesen oder glaubhaft gemacht, hat das Gericht nach den Regeln der objektiven Beweislast zu entscheiden,
die grundsätzlich denjenigen trifft, der einen Anspruch verfolgt. Dies gilt auch - mangels abweichender gesetzlicher Vorgaben
- nach der Rechtsprechung des BSG für die Anerkennung von Arbeitsentgelten nach § 6 AAÜG (BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, RdNr42).
Vom Vollbeweis kann hinsichtlich der Prämienzahlungen nicht ausgegangen werden. Zwar hat der Kläger den Nachweis der Verleihung
der Auszeichnungen erbracht. Diese ist indes für die Anerkennung als Arbeitsentgelt nur insofern relevant, als sie den Charakter
der finanziellen Zuwendung prägt. Als Auszeichnung als solche ist sie für die Feststellung von Arbeitsentgelten nach § 6 AAÜG bedeutungslos. Der tatsächliche Zufluss auch der Zahlung der nach dem
BKV 1989 vorgesehenen zusätzlichen Prämie ist hingegen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegt. Dafür fehlt
es an jeglichen tatsächlichen Indizien, welche die Behauptung des Klägers stützen würden. Daraus, dass der
BKV 1989 eine Regelung vorsah, folgt nicht zwingend, dass diese Regelung auch befolgt wurde. Die Regelung zur Eintragung staatlicher
Auszeichnungen im
BKV 1989 wurde im Falle der Pestalozzi-Medaillen beim Kläger auch nicht umgesetzt.
Die Zahlungen von 1.000 M und 350 M sind aber auch nicht im Sinne von § 6 Abs 6 AAÜG glaubhaft gemacht. Nach dieser Vorschrift wird der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt,
wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird. Ein Teil des Arbeitsentgelts für 1989
wurde von der Beklagten bereits als nachgewiesen anerkannt, so dass hier eine Glaubhaftmachung - allerdings mit der Folge
einer Reduzierung des Umfanges des Betrages - dem Grunde nach in Betracht kommt.
Gemäß § 23 Abs 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer
bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit",
dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie er behauptet wird; gewisse noch verbleibende Zweifel
sind unbeachtlich (Lang in LPK SGB X, 2. Aufl, § 23 RdNr 3a mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats genügt für eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Zahlungszuflusses
nicht, dass die Voraussetzungen für die behauptete Zahlung erfüllt waren und die Behauptung des Zuflusses selbst. Nach den
Vorgaben des Gesetzes muss der tatsächliche Zufluss der Geldleistung überwiegend wahrscheinlich sein. Insofern ist zwischen
dem Vorliegen der Voraussetzungen eines Zahlungsanspruchs (hier der Voraussetzungen der Prämien nach dem
BKV 1989) und dessen tatsächlicher Erfüllung zu unterscheiden. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs begründet
noch nicht die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Anspruch auch erfüllt wird/wurde. Eine derartige Beweisregel
ist dem Senat nicht bekannt und auch nicht der Rechtsprechung des BSG zu entnehmen.
Zwar behauptet der Kläger den Zugang der Zahlung in bar und auch die Voraussetzungen für die Gewährung der Prämien waren ausweislich
der erfolgten Auszeichnungen/Würdigungen erfüllt. Indes fehlt jegliches tatsächliches Indiz für eine Zahlung. Neben dem Fehlen
von Quittungen deuten auch keine Kontobewegungen auf einen Geldzufluss hin. Sofern der Kläger höhere Beitragszahlungen im
Juli 1989 im Rahmen seiner SED-Mitgliedschaft belegt hat, sprechen diese zwar für höhere Arbeitseinkünfte im Beitragsmonat
oder Vormonat. Sie lassen jedoch keinen Rückschluss auf die vom Kläger behaupteten Zahlungen zu. Denn ebenfalls im Juni jeden
Jahres wurde für die Angehörigen der Zusatzversorgung auch die bereits von der Beklagten anerkannte jährliche Einmalzahlung
fällig, auf die Beiträge abzuführen gewesen sein dürften. Diese betrug für den Kläger im Juni 1989 insgesamt 600 Mark. Der
für einen gesamten Bruttoverdienst von 2.716,67 Mark gezahlte Parteibeitrag von 81,50 Mark beim maßgeblichen maximalen Beitragssatz
von 3 Prozent muss daher zunächst als auf sein Monatsgehalt von 1.480 Mark und die jährliche Prämie von 600 Mark gezahlt gelten.
Soweit darüber hinaus Beiträge gezahlt wurden, lassen sich diese betragsmäßig weder der Prämie für die Pestalozzi-Medaille
noch für die 30-jährige Betriebszugehörigkeit zuordnen. Denkbar erscheint auch, dass im Monat der Einmalzahlung zugleich Beitragsnachzahlungen
für frühere Monate erfolgten, denn die Beiträge des Klägers für das bereits seit Mitte 1988 gezahlte Gehalt von 1.480 Mark
zahlte der Kläger erst ab Februar 1989. Insofern lässt die Erhöhung der SED-Beiträge im Monat Juli 1989 keinen Rückschluss
auf eine tatsächliche Zahlung der Prämien zu und schon gar nicht in der vom Kläger behaupteten Höhe. Dass die Vorgaben des
BKV 1989 nicht vollumfänglich realisiert wurden, zeigt sich bereits daran, dass die vorgesehene Eintragung der staatlichen Auszeichnung
im SV-Ausweis (Seite 25 der Anlagen zum
BKV 1989) für die Pestalozzi-Medaille nicht erfolgte.
Mögen die Zahlungen auch, wie vom Kläger behauptet, an ihn erfolgt sein, deren Nichterweislichkeit und das Fehlen einer überwiegenden
Wahrscheinlichkeit dafür geht nach den Grundsätzen der Beweislast nach der Rechtsprechung des BSG zu Lasten des Klägers.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) nicht vorliegen.