Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe des Arbeitslosengeldes II, welches die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 20. April 2005
bis 30. September 2005 zu bewilligen und zu gewähren hat.
Am 28. April 2005 beantragte die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites
Buch (SGB II).
Sie bewohnte zusammen mit ihrer 1985 geborenen Tochter I eine 69,69 m² große Dreizimmerwohnung in B. Die Miete betrug ab 1.
April 2004 202,07 Euro zzgl. Betriebskosten von 62,42 Euro, also insgesamt 264,49 Euro. Die Klägerin zahlte zusätzlich Abschläge
für Gas in Höhe von 79,- Euro pro Monat für Heizen, Warmwasserbereitung und für das Kochen mit einem Gasherd. Die Klägerin
zahlte schließlich für einen Kabelanschluss 9,19 Euro monatlich.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 31. Mai 2005 für den Zeitraum vom 28. April 2005 bis 30. April 2005 34,01 Euro und
für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 30. September 2005 monatlich 341,10 Euro. Dieser Betrag setzte sich aus 177,- Euro Arbeitslosengeld
II sowie 163,10 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung zusammen. Die monatsrelevante Miete betrug laut Bescheid 100,29 Euro,
der Anteil an Heizkosten 130,60 Euro sowie die Summe der laufenden Nebenkosten/sonstigen Kosten 31,21 Euro. Als anzurechnendes
Einkommen setzte die Beklagte 154,- Euro Kindergeld an.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Es seien fehlerhaft pauschal 20 % der Kosten für Gas als Kosten für Warmwasser abgezogen worden.
Sie sei zu einem Kabelanschluss gezwungen, weil die Vermieterin den Anbau einer Parabolantenne verbiete. Die Kosten der Unterkunft
betrügen somit 352,68 Euro, 50 % hiervon seien 176,34 Euro und nicht lediglich 163,10 Euro. Weiter dürfe das Kindergeld für
I nicht angerechnet werden (Bezugnahme auf Münder, Sozialgesetzbuch II, § 11 Rdnr. 20). Mit Änderungsbescheid vom 25. Oktober
2005 bewilligte die Beklagte für den 28. April 2005 bis 30. April 2005 nunmehr 36,09 Euro sowie für den 1. Mai 2005 bis 30.
September 2005 monatlich 360,96 Euro. Ausweislich des am selben Tag ergangenen Widerspruchsbescheides sollte damit ein Widerspruch
vom 26. Juli 2005 gegen den Bescheid vom 31. Dezember 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25. Oktober 2005 als
unbegründet zurückgewiesen werden, soweit ihm nicht mit Änderungsbescheid vom 25. Oktober 2005 abgeholfen worden sei. Zur
Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin lebe mit ihrer Tochter I in einem Haushalt und bilde mit dieser eine Haushaltsgemeinschaft.
Da die Tochter volljährig sei, würde sie gemäß § 7 Abs. 3 SGB II eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden. Aufgrund der Haushaltsgemeinschaft
seien die tatsächlich aufzuwendenden Kosten für Unterkunft und Heizung zu teilen. Das Kindergeld, das die Klägerin für ihre
Tochter erhalte, sei anzurechnendes Einkommen. Kindergeld für volljährige Kinder sei nämlich grundsätzlich dem Kindergeldberechtigten
zuzuordnen. Dies gelte nur dann nicht, wenn die zuständige Familienkasse auf Antrag nach §
74 Einkommenssteuergesetz (
EStG) das Kindergeld an das Kind selbst auszahle. Dies sei hier nicht erfolgt. Die Erhöhung gegenüber dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid
ergebe sich durch Berücksichtigung eines befristeten Zuschlages nach Bezug von Arbeitslosengeld nach § 24 SGB II.
Mit Schreiben vom 11. November 2005 hob die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2005 auf und ersetzte ihn durch
den Widerspruchsbescheid vom selben Tag. Der Widerspruch wurde darin als unbegründet zurückgewiesen, soweit ihm nicht mit
Änderungsbescheid vom 8. November 2005 abgeholfen worden sei. Mit Änderungsbescheid vom 8. November 2005 bewilligte die Beklagte
für die Zeit vom 20. April 2005 bis 30. April 2005 insgesamt 173,42 Euro, nämlich zusätzlich auch für die Zeit vom 20. April
2005 bis 27. April 2005. Der Betrag wird im Bescheid aufgeschlüsselt in 175,90 Euro Sicherung des Lebensunterhaltes sowie
97,52 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung. Der letztgenannte Widerspruchsbescheid stimmt in der Begründung mit dem vorangegangenen
überein.
Am 16. Dezember 2005 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben. Ihr stehe höhere Grundsicherung zu. Die
Vorauszahlungen auf Strom und Gas seien in voller Höhe zu berücksichtigen. Der Abzug von 45 % für Warmwasser und Kochen sei
jedenfalls überhöht. Auch die Kabelgebühren gehörten zu den Kosten der Unterkunft. Die Vermieterin gestatte nicht die Anbringung
einer Parabolantenne. Mit einer Zimmerantenne sei in der Wohnung der Klägerin kein Empfang möglich. Deshalb seien die Aufwendungen
für den Kabelanschluss nicht zu vermeiden. Das Kindergeld sei kein Einkommen, weil die Klägerin es an ihre Tochter weitergebe.
Das Bundessozialgericht hätte zwar den vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für das Bundessozialhilfegesetz entwickelten Grundsatz der Zurechnung des Kindergeldes zum Einkommen des Kindergeldberechtigten übernommen. Das BVerwG selbst
(Urteil vom 17. Dezember 2003 - 5 C 25/02 -) habe jedoch auf die unterschiedlichen Regelungen in § 82 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und §
11 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hingewiesen (ferner Bezugnahme auf Sozialgericht Berlin, Urteil vom
26. August 2005 - S 37 AS 5501/05 -). Der Tochter der Klägerin stehe nur deshalb kein Anspruch auf
BAföG in Höhe von 192,- Euro zu, weil ihr das Einkommen ihres Vaters angerechnet werde. Lebe das unterhaltsberechtigte Kind im
Haushalt des nicht leistungsfähigen Elternteiles, so sei von einer stillschweigenden Verrechnung des Anspruches des Kindes
auf Auskehrung des Kindergeldanteiles mit den Gegenansprüchen auf Miete und Kostgeld des Elternteiles auszugehen. Dies sei
zulässig, üblich und lebensnah. Der nicht leistungsfähige Elternteil sei nämlich weder zu Bar- noch zu Naturalunterhalt des
Kindes verpflichtet. Auch hier müsse deshalb eine Verrechnung für Kost und Logis aus dem Kindergeld erfolgen. Eine Regelung,
wie beim Kindergeld im Haushalt lebender erwachsener Kinder zu verfahren sei, enthalte auch die Verordnung zur Berücksichtigung
von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld
II/Sozialgeld-Verordnung -Alg II-V) nicht. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in den Urteilen vom 23. November 2006 (B 11b
AS 1/06 R) und vom 16. Mai 2007 (B 11b AS 37/06 R) ausgeführt, dem im Haushalt lebenden volljährigen Kind sei das Kindergeld auch dann nicht als Einkommen zuzurechnen, wenn
der Kindergeldberechtigte das Kindergeld an das volljährige Kind weiterleite. Es habe darauf hingewiesen, dass der Zuordnung
zum Kindergeldberechtigten der eigene Anspruch des Kindes nach dem SGB II gegenüberstehe. Bei der Tochter der Klägerin, I
B, sei der Bezug von SGB II- Leistungen jedoch nach §
7 Abs.
5 SGB II ausgeschlossen, weil ihre Ausbildung im Rahmen des
BAföG förderfähig gewesen sei. Hätte die Tochter einen Anspruch gehabt, hätte die Beklagte eine Antragstellung anregen müssen.
Die Beklagte hat vorgetragen, nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II sei nur das Kindergeld für minderjährige Kinder als Einkommen
dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Das für volljährige Kinder gezahlte Kindergeld sei dagegen dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen.
Dies gelte nur dann nicht, wenn das Kindergeld nachweislich an ein nicht im Haushalt lebendes volljähriges Kind ausgezahlt
werde. Diese Auffassung sei durch Einführung des § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V bestätigt worden (ergänzend Bezugnahme auf Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg, B. v. 05.01.2006 - L 10 AS 1303/05).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Beklagte sich hinsichtlich der Warmwasserzubereitungs- und der
Kochgaskosten verpflichtet, die Werte der Richtlinie vom 1. November 2006 zugrunde zu legen und die Kosten der Klägerin neu
zu berechnen. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr unter
Abänderung des Bescheides vom 31. Mai 2005 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 25. Oktober 2005, 7. November 2005 und
8. November 2005, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 höhere Leistungen nach dem SGB II
zu gewähren.
Das Sozialgericht hat diese Klage mit Urteil vom selben Tag - 17. Oktober 2007 - abgewiesen. Die Beklagte habe das Einkommen
zutreffend ermittelt. Aus § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II folge im Umkehrschluss, dass das für volljährige Kinder gezahlte Kindergeld
dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen sei. Nach §
62 EStG stehe der Kindergeldanspruch nicht dem Kind, sondern dem Anspruchsberechtigten zu. An Kinder des Kindergeldberechtigten könne
es (nur) nach Maßgabe des §
74 EStG ausbezahlt werden. Die Kosten für das Kabelfernsehen seien nicht nach §
22 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, den Kabelanschluss zu beziehen. Sie könne
auch unabhängig vom Kabelanschluss Fernsehprogramme mit einem Receiver empfangen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Das Sozialgericht habe nicht beachtet, dass das BSG im angeführten Urteil
vom 23. November 2006 als den wesentlichen Grund für die Zurechnung des Kindergeldes beim Kindergeldberechtigten die Möglichkeit
eigener Ansprüche des Kindes nach dem SGB II angesehen habe. Die Tochter könne aufgrund von § 7 Abs. 5 SGB II jedoch keine
SGB II-Leistungen erhalten. Für den Fall, dass die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II greife, werde die Beiladung
der Tochter I B angeregt. Wenn die von dieser zwischen 2002 und 2004 durchgeführte Ausbildung zur Sozialpflegeassistentin
eine Vorstufe zur Ausbildung zur Sozialpädagogin sei, dann dürfe §
12 Abs.
1 Nr.
1 BAföG nicht vorliegen, weil die im Jahre 2005 durchgeführte Ausbildung bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgesetzt
habe. Mittlerweile habe die Tochter eigene Leistungen zur Grundsicherung beantragt. Es sei ein Gerichtsverfahren beim Sozialgericht
Potsdam (Az.: S 25 AS 1942/06) anhängig. Dort habe die Beklagte bei der Einkommensberechnung das Kindergeld eingerechnet. Die der Tochter I B im streitgegenständlichen
Zeitraum 20. April 2005 bis 30. September 2005 etwa zustehende Ansprüche würden vorsorglich ausdrücklich geltend gemacht.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Sie hat am 8. Januar 2008 einen Änderungsbescheid erlassen
und für die Zeit vom 20. April 2005 bis 30. September 2005 der Klägerin 207,- Euro zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie
162,65 Euro für Unterkunft und Heizung, zusammen 369,65 Euro bewilligt. Sie hat sich im Erörterungstermin am 18. Juli 2008
bereit erklärt, auch diesen Bescheid nochmals zu überprüfen und abzuändern im Hinblick auf die mittlerweile ergangene Rechtsprechung
des BSG zur Warmwasserpauschale. Dies erfolgte dann mit Änderungsbescheid vom 8. August 2008. Jetzt sind 207,- Euro zur Sicherung
des Lebensunterhaltes sowie 166,78 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung, insgesamt 373,78 Euro monatlich bewilligt.
Die Klägerin hat ergänzend auf die Entscheidungen des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 7. Februar 2008 (L 14 B 133/08 AS ER) und des Hessischen Landessozialgerichts vom 2. August 2007 (L 9 AS 215/07 ER) hingewiesen. Danach werde im
BAföG-Recht das Kindergeld nicht als Einkommen berücksichtigt. Der Gesetzgeber habe dort einen der Erhöhung der Regelleistungen
entsprechenden Effekt bewirken wollen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung
des Bescheides vom 31. Mai 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 25. Oktober 2005 in der Fassung des Widerspruchbescheides
vom 7. November 2005 und in der Gestalt der weiteren Änderungsbescheide vom 8. November 2005, 11. November 2005, 8. Januar
2008 und vom 8. August 2008 höhere Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 20. April 2005 bis 30. September 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten
lag zur Verhandlung vor.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Klägerin stehen für den streitgegenständlichen Zeitraum keine höheren Leistungen nach
dem SGB II zu.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin stehen keine weiteren Leistungen im streitgegenständlichen Leistungszeitraum
20. April 2005 bis 30. September 2005 zu. Die Beklagte hat jedoch in der Sache zu Recht das Kindergeld als Einkommen gemäß
§ 11 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II in der hier aufgrund § 68 Abs. 1 SGB II noch anzuwendenden, bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung
des Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014) angewendet.
Die Klägerin kann somit auch nicht der Sache nach einwenden, sie habe das Kindergeld ihrer Tochter als Unterhalt zugewendet.
Sie hat selbst in erster Instanz richtig ausgeführt, dass sie als Leistungsunfähige ihrer Tochter keinen Unterhalt geschuldet
hat. Die Unterhaltsleistung stellt sich deshalb als freiwillige Zuwendung dar. Die Grundsicherung nach dem SGB II dient nicht
der Finanzierung solcher freiwilligen Leistungen. Der Gesetzgeber hat erst mit Wirkung vom 1. August 2006 unter anderem §
11 Abs. 2 Satz 1 SGB II insoweit geändert, dass Nr. 7 seither Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen
bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag vom Einkommen
absetzbar sind.
Dass die Tochter im fraglichen Zeitraum einen eigenen SGB II-Anspruch nach § 7Abs. 6 SGB II gehabt haben könnte - als Ausnahme
zu § 7 Abs. 5 SGB II -, wird von der Klägerin selbst nicht mehr vorgebracht. Die Klägerin hat jedenfalls auch keinen Antrag
auf SGB II-Leistungen für ihre Tochter gestellt. Die Vermutung der Bevollmächtigung des § 38 SGB II greift nur, sofern Hilfebedürftige
eine Bedarfsgemeinschaft bilden. In der damals geltenden Fassung des § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zählten im Haushalt lebenden
Kinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern. Jahre später ist der Antrag nicht mehr nachholbar: Nach § 37 Abs. 2 SGB
II werden Leistungen frühestens für Zeiträume ab Antragsstellung geleistet.