Sozialversicherungsbeitragspflicht eines Search-Engine-Marketing-Beraters
Wirkung von Mitteilungspflichten
Keine automatische Weisungsbefugnis
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 7. Januar 2014
bis zum 28. Februar 2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterlag.
Der im Jahr 1983 geborene Kläger hat ein Diplom in Betriebswirtschaftslehre. Er ist SEM - Berater (Search Engine Marketing),
d.h. er berät Unternehmen, wie sie im Internet mit bezahlten Anzeigen für Ihr Unternehmen werben können. Er ist spezialisiert
auf das Aufsetzen von Marketingstrategien für bezahlte Anzeigen bei der Suchmaschine Google. Hierfür arbeitet der Kläger mit
dem Programm Google AdWords. Darüber hinaus hat er zur Optimierung der Ergebnisse auch eigene Tools erstellt und setzt diese
zum Aufbau von Werbekampagnen ein.
Die Beigeladene zu 1) ist ein 2013 gegründetes Unternehmen, welches einen Online Verleih für Designerkleider und Accessoires
aufbaute. Nach Verkauf an ein britisches Unternehmen wurde die Beigeladene zu 1) aufgelöst. Sie befindet sich seit dem 5.
November 2015 in Liquidation. (Recherche Internet und Handelsregister)
Der Kläger war für verschiedene Auftraggeber tätig und stellte auf Wunsch der Auftraggeber diverse Statusfeststellungsanträge
bei der Beklagten.
Am 7. Januar 2014 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) einen "Freier-Mitarbeiter-Vertrag" mit unter anderem folgenden
Inhalt: (Bl. 149 ff. VA)
§ 1 Gegenstand des Vertrages 1. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, während der Vertragslaufzeit als Berater im Bereich online
Marketing tätig zu sein und Dienstleistung im Search Engine Marketing zu erbringen. 2. Die im Rahmen eines Auftrags zu erledigenden
Aufgaben werden jeweils durch gesonderte Vereinbarung (Einzelauftrag) festgelegt. 3. Hierbei ist die Bearbeitung der zuvor
genannten Aufgabe(n) durch den Auftragnehmer von einer vorherigen Konkretisierung der einzelnen Aufgabe(n) durch einen schriftlichen
oder in Textform erteilten Einzelauftrag des Auftraggebers abhängig. 4. Der Auftragnehmer berichtet dem Auftraggeber in einem
4-wöchigen Intervall über die Ergebnisse seiner Tätigkeit. ( )
§ 3 Vergütung 1. Der Auftragnehmer erhält vom Auftraggeber eine Vergütung, die sich aus dem Zeitaufwand für die Bearbeitung
der jeweils konkretisierten Aufgabe(n) im Sinne des § 1 Nr. 2 ergibt. 2. Diese Berechnung erfolgt auf der Grundlage eines
Tagessatzes in Höhe von 560,00 Euro zuzüglich gegebenenfalls anfallender gesetzlicher Mehrwertsteuer. 3. Ein Tagessatz umfasst
insofern 8 Arbeitsstunden, zu denen ausschließlich diejenige Zeit gezählt wird, die für die konkretisierte(n) Aufgabe(n) im
Sinne des § 1 Nr. 2 aufgewendet wird. 4. Kleinste abrechenbare Einheit ist der achte Teil eines Tagessatzes. 5. Der Auftragnehmer
ist verpflichtet, jeweils bis zum 10. des Folgemonats eine spezifizierte Abrechnung in Form einer Rechnung zu erstellen. (
)
§ 4 Vertragsdauer 1. Der Vertrag tritt am 7.1.2014 Kraft und endet durch Kündigung, spätestens jedoch mit Ablauf des 7.6.2014.
In Bezug auf die Kündigung gelten die gesetzlichen Regelungen. 2. Beide Parteien sind berechtigt, diesen Vertrag bei Vorliegen
eines wichtigen Grundes außerordentlich und fristlos zu kündigen. Als wichtiger Grund gilt insbesondere, wenn eine Partei
ihrer vertraglichen Pflicht auch nach schriftlicher Aufforderung durch die jeweils andere Partei nicht innerhalb angemessener
Frist nachkommt. 3. Jede Kündigung bedarf der Schriftform. ( )
§ 6 Kranken- und Unfallversicherung, Abführung von Abgaben und Steuern 1. Auftraggeber und Auftragnehmer sind sich darüber
einig, dass durch diesen Vertrag ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird. Mit der Zahlung der in diesem Vertrag vereinbarten
Vergütung sind alle Ansprüche des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber aus diesem Vertrag erfüllt. Der Auftragnehmer muss
daher selbst für seine Altersversorgung eine Versicherung gegen die Folgen von Krankheit oder Unfall Sorge tragen. 2. Die
Abführung der gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben und Steuern obliegt dem Auftragnehmer.
§ 7 Besondere Bedingungen 3. Der Auftragnehmer unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen
des Auftraggebers. Er ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit (Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung) selbstständig
tätig und vollkommen frei. Auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit ist jedoch Rücksicht zu
nehmen. 4. Der Auftragnehmer hat die Leistung höchstpersönlich zu erbringen; er darf ohne Wissen und Zustimmung des Auftraggebers
Dritte nicht mit der Bearbeitung der Durchführung von Teilaufgaben betrauen. 5. Der Auftragnehmer darf auch für andere Auftraggeber
oder einen Arbeitgeber tätig sein. Will der Auftragnehmer allerdings für einen unmittelbaren Wettbewerber des Auftraggebers
tätig werden, bedarf dies der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers. ( ) 6. Sofern beim Erbringen der vertraglichen
Leistung noch Veränderungen oder Verbesserungen von Leistungsinhalt und -umfang notwendig oder zweckmäßig erscheinen, muss
der Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich unterrichten und die Entscheidung einholen, ob der Auftrag in geänderter oder
verbesserter Form weitergeführt werden soll. Zusatz- oder Änderungsleistungen, die ohne vorherige Zustimmung des Auftraggebers
erbracht werden, begründen keinen Vergütungsanspruch. 7. Mündliche Nebenabreden, Ergänzungen oder Änderungen des Vertrages
bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Bestätigung des Auftraggebers. ( )
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 149 ff. des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.
Am 13. Januar 2014 beauftragte die Beigeladene zu 1) den Kläger "basierend auf dem Rahmenvertrag über die freie Mitarbeit
mit einer Beratung zu folgenden Themen": Beratung SEM, Input zur korrekten Aufsetzung eines SEM Accounts, Schulung Mitarbeiter
von Laremia im SEM.
Nach Ablauf des Vertrages zum 7. Juni 2014 erfolgte eine Vertragsverlängerung mit identischem Vertragsinhalt.
Seine Tätigkeit übte der Kläger überwiegend von zu Hause aus unter Nutzung seines eigenen Laptops, Smartphones, externer Tools
sowie von ihm selbst erstellter Tools. Dabei setzte er den Account bei Google für die Beigeladene zu 1) auf, erstellte die
Account-Struktur und setzte auch die einzelnen Anzeigentexte auf. Seine Aufgabe bestand auch darin, die Ziele und Vorstellungen
(welcher Kundenstamm erreicht werden soll) mit dem aufgesetzten Account und vor allem mit der Benennung der entscheidenden
Keywörter so umzusetzen, dass möglichst viele Klicks auf die Internetseite der Beigeladenen zu 1) führen, und dies so kostengünstig
wie möglich. Da der von ihm aufgebaute Account später durch eine Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1) selbst weiter verwaltet
werden sollte, bestand seine weitere Aufgabe darin, nach dem Aufbau des Accounts die Mitarbeiterin in dem Umgang mit dem Programm
und den Mechanismen des SEM-Marketing zu schulen. Hierfür war er ca. einmal wöchentlich vor Ort bei der Beigeladenen zu 1)
tätig. Beratungen erfolgten aber auch telefonisch oder per E-Mail. Der bei GoogleAdwords aufgebaute Account war sowohl für
den Kläger als auch für die Beigeladene zu 1) zugänglich, so dass sich jeder unabhängig von dem anderen einen Überblick über
die Anzahl der Klicks und die Kosten pro Klick verschaffen konnte und darüberhinausgehende Berichte durch den Kläger an die
Beigeladene zu 1) nicht erfolgten.
Der Kläger stellte anhand seiner Stundenaufzeichnungen der Beigeladenen zu 1) monatliche Rechnungen für die Zeit vom 7. Januar
2014 bis zum 30. Juni 2014 sowie vom 1. September 2014 bis zum 28. Februar 2015.
Am 10. Februar 2014 beantragte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen
Status des Klägers. Nach Anhörung der Beteiligten stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 7. Juli 2014 fest, dass der Kläger
seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) seit dem 7. Januar 2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe
und in diesem seit dem 7. Januar 2014 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung bestehe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass nach der Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung
der Tätigkeit relevanten Tatsachen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen. Es erfolge eine Eingliederung
in die Arbeitsorganisation eines Dritten. Das Weisungsrecht des Auftraggebers in Bezug auf den Ort sowie Art und Weise der
Tätigkeit ergebe sich aus dem jeweils erteilten Auftrag. Der Auftragnehmer sei in der Disposition seiner Arbeitszeit keineswegs
frei, denn es bestehe eine tatsächliche Verpflichtung, die ihm übertragenen Aufgaben zu bestimmten Zeitpunkt auszuführen.
Er unterliege daher bezüglich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung dem Direktionsrecht des Auftraggebers und sei
in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert. Dem stehe nicht entgegen, dass diese Eingliederung in der Natur der Sache liege.
Ein spezifisches Unternehmerrisiko liege nicht vor; das Risiko, für seine Arbeit kein Entgelt zu erhalten bzw. nicht weiter
beauftragt zu werden, stelle kein unternehmerisches Risiko im Sinne der Rechtsprechung dar. Überdies gehe die Tätigkeit über
eine rein beratende Tätigkeit hinaus, da dem zu Beratenden nicht lediglich Entscheidungsmöglichkeiten an die Hand gegeben
würden. Für eine abhängige Beschäftigung spreche zudem, dass die Vergütung nach Tagessätzen erfolge, eine Zusammenarbeit mit
anderen Mitarbeitern des Auftraggebers vorliege, lediglich die Arbeitskraft geschuldet werde und gegenüber dem Auftraggeber
eine Berichtspflicht im 4-Wochenrhythmus bestehe.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2015 zurück. Zwar
müsse der Auftragnehmer keine regelmäßigen Arbeits- bzw. Anwesenheitszeiten einhalten, jedoch sei der zeitliche Rahmen der
Tätigkeit derart hinreichend eingegrenzt, dass er als bestimmter zeitlicher Rahmen im Sinne der Rechtsprechung zur persönlichen
Abhängigkeit eines Arbeitnehmers zu qualifizieren sei. Der Kläger setze lediglich seine eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht
dienend an einem fremden Arbeitsort tätig. Durch den Einsatz eines eigenen Computers und eines Smartphones werde kein unternehmerisches
Risiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen begründet. Ein Kapitaleinsatz liege nicht vor. Durch die Vergütung anhand
eines festen Honorarsatzes sei eine freie Preisgestaltung nicht möglich; die Zahlung des Entgeltes sei - wie bei einem Arbeitnehmer
- nicht vom Erfolg der Dienstleistung, sondern allein vom Leistungsumfang abhängig. Aufgrund der nicht präzisierten Aufgabenstellung
bzw. Zielsetzung im Vertrag sei in Bezug auf die Arbeitsinhalte eine ständige Präzisierung seitens des Auftragsgebers notwendig.
Hingegen sei es für die Beurteilung irrelevant, dass auch Tätigkeiten für weitere Auftraggeber ausgeführt würden.
Die hiergegen vom Kläger am 4. Mai 2015 erhobene Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 5. Juli 2016 hat das Sozialgericht Berlin
den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 14. April 2015 aufgehoben und festgestellt,
dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) als SEM-Berater in der Zeit vom 7. Januar 2014 bis zum
28. Februar 2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung unterlag. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass der Kläger mangels Vorliegens einer
abhängigen Beschäftigung nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung sowie
dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Ausgehend von dem zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossenen
Rahmenvertrag hätten diese die Tätigkeit selbst als selbständige Tätigkeit eingeordnet; dies ergebe sich aus § 6 der Vereinbarung,
in welchem festgehalten worden sei, dass zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis begründet werde, sowie der Bezeichnung des
Klägers als "freier Mitarbeiter". Dem entsprächen die weiteren Regelungen, wonach der Kläger keinen Weisungen unterliege und
in der Gestaltung seiner Tätigkeit selbständig sowie vollkommen frei sei (§ 7 Abs. 3 des Rahmenvertrages). Zudem habe der
Kläger nach § 6 der Vereinbarung auch für weitere Auftraggeber tätig werden dürfen, dem gegenüber seien Regelungen zur Gewährung
von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder von bezahltem Urlaub nicht enthalten gewesen. Keine wesentliche Bedeutung komme
dem Umstand zu, dass die Vertragsparteien nach § 7 Abs. 4 des Vertrages eine höchstpersönliche Wahrnehmung der übertragenen
Aufgaben vereinbart hätten, denn dies sei auch für die Tätigkeit eines Selbständigen, die dieser im Rahmen eines freien Dienstvertrages
erbringe, nicht untypisch. Gemäß §
613 S. 1
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) habe der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu leisten, so dass die Höchstpersönlichkeit
der Dienstleistung weder für noch gegen eine selbständige Tätigkeit spreche. Bei einer durch das besondere Fachwissen und
die Erfahrung des Verpflichteten sowie durch Vertrauen in die Person geprägten Dienstleistung sei es nachvollziehbar, dass
die Tätigkeit nicht an andere zur Ausübung übertragen werde. Die Kammer sei hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung davon
überzeugt, dass der Kläger weisungsunabhängig tätig gewesen sei; eine wesentliche Abweichung von der vertraglich vereinbarten
Weisungsfreiheit habe nicht vorgelegen. Auch in zeitlicher und örtlicher Hinsicht habe keine Vorgabe seitens der Beigeladenen
zu 1) bestanden. Soweit der Kläger in den Räumen der Beigeladenen zu 1) tätig gewesen sei, beruhe dies darauf, dass es zweckmäßig
gewesen sei, die vereinbarte Schulung einer Mitarbeiterin in den Räumen der Beigeladenen zu 1) vorzunehmen. Dies habe sich
nicht aufgrund von Weisungen ergeben, sondern aus der Natur der Sache. Der Kläger habe die Tätigkeit alleinverantwortlich
durchgeführt, da sich die Vorgaben seitens der Beigeladenen zu 1) auf die Angaben des zur Verfügung stehenden monatliches
Budgets sowie die Konkretisierung des Tätigkeitsbereiches (Benennung von Designern, deren Kleider verliehen wurden) beschränkt
hätten. Die Aufsetzung der Account-Struktur, die Festlegung der Keywords sowie die Erstellung der Anzeigen sei allein durch
den Kläger erfolgt. Aufgrund der Expertise des Klägers seien insoweit keine Weisungen geboten und durch die Beigeladene zu
1) mangels entsprechendem Fachwissens auch nicht möglich gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe lediglich den Erfolg der Tätigkeit,
nämlich die Klicks und Umsätze überprüft. Eine erhebliche Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1)
habe nicht vorgelegen, Arbeitsmittel seien durch die Beigeladene zu 1) nicht zur Verfügung gestellt worden. Soweit der Kläger
zur Schulung der Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1), in deren Räumen tätig war, habe er seine eigenen Arbeitsmittel auf
einem freien Arbeitsplatz der Beigeladenen zu 1) eingesetzt. Den überwiegenden Teil der Tätigkeit habe der Kläger ohne Zutun
anderer ausgeführt; die nötige Information über das vorhandene Sortiment begründe ebenso wie die ortsgebundene Schulung noch
keine Eingliederung in den Betrieb. Demgegenüber habe nur ein geringfügiges unternehmerisches Risiko vorgelegen. Die Stundenvergütung
sei fest vereinbart, der Arbeitsanfall sei dem Kläger aufgrund seiner Erfahrungen ungefähr bekannt und der Erfolg des Einsatzes
der sächlichen und persönlichen Mittel sei nicht ungewiss gewesen. Nach der Gesamtwürdigung der Indizien stehe der Wille der
Vertragsparteien nicht im Widerspruch zu den tatsächlichen Verhältnissen. Aus der Durchführung des Vertrages ergebe sich das
Bild einer selbständigen Tätigkeit. Der Kläger sei weisungsfrei tätig geworden, nicht in die betriebliche Organisation der
Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen und habe große Entscheidungsspielräume besessen. Das nur geringe Unternehmerrisiko
spreche nicht für, aber auch nicht gegen eine selbständige Tätigkeit. Demgegenüber begründe allein die Abrede einer Vergütung
nach Stunden keine abhängige Beschäftigung; dass der Kläger seine Tagessätze bei weiteren Auftraggebern habe steigern können,
spreche für unternehmerisches Denken und Handeln.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 21. Juli 2016 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die für eine abhängige
Beschäftigung sprechenden Indizien überwögen. Bereits die vertragliche Gesamtkonstellation habe die Erteilung von Weisungen
gegenüber dem Kläger erfordert, da dessen Ziele durch die Beschreibung des Aufgabengebiets im Einzelvertrag nicht klar definiert
gewesen seien. Die Hauptaufgabe des Klägers habe in der Beratung in Sachen GoogleAdwords bestanden, hierfür habe ein Austausch
mit den Angestellten der Beigeladenen zu 1) durch Besprechungen und E-Mails stattgefunden. Nach § 7 Ziffer 6 und § 1 Ziffer
4 des Rahmenvertrages hätten Unterrichtungs- und Berichtspflichten bestanden. Für die Schulung der Mitarbeiterin der Beigeladenen
zu 1) sei einmal pro Woche eine Anwesenheit im Unternehmen der Beigeladenen zu 1) erforderlich gewesen. Zudem hätten sich
die Arbeitszeiten nach den Anforderungen der jeweiligen Aufgabe gerichtet. Diese Umstände sprächen für eine Weisungsgebundenheit
des Klägers und für eine entsprechende Eingliederung in die Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1). Dem stehe nicht entgegen,
dass der Kläger die Erstellung der Accountstruktur allein ausgeführt habe und es ihm überlassen geblieben sei, wie er die
Projektziele erreiche, denn auch abhängig Beschäftigte könnten im Rahmen des Dienstverhältnisses ein hohes Maß an eigener
Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit tragen. Der Auftraggeber setze in diesen Fällen den äußeren Rahmen, innerhalb
dessen der Beschäftigte tätig sei. Überdies sei die Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice auch bei abhängigen Beschäftigungen
nicht unüblich. Die tatsächliche Durchführung spreche für eine abhängige Beschäftigung und Eingliederung zumindest in organisatorisch
funktionellem Sinne.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. Juli 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf seine Ausführungen im Widerspruchs- und im Klageverfahren
und vertieft diese dahingehend, dass er ein IT-Spezialist sei, der über überragende Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, welche
er der Beigeladenen zu 1) in seiner Funktion als freier Unternehmer angeboten habe.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Mit Teilanerkenntnis vom 13. August 2017 hat die Beklagte anerkannt, dass in der durch den Kläger in der Zeit vom 7. Januar
2014 bis zum 28. Februar 2015 ausgeübten Beschäftigung als SEM- Berater bei der Beigeladenen zu 1) aufgrund seiner hauptberuflichen
Selbständigkeit keine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung und in der Pflegeversicherung besteht. Mit Schreiben
vom 4. September 2017 hat der Kläger dieses Anerkenntnis angenommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 SGG) der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. Juli 2016 ist zulässig, aber unbegründet.
Aufgrund des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 13. August 2017, welches der Kläger am 4. September 2017 angenommen hat,
hat sich der Rechtsstreit in Bezug auf die Feststellung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung
und der sozialen Pflegeversicherung gemäß §§
153 Abs.
1,
101 Abs.
2 SGG erledigt. Streitig ist nur noch, ob der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.
April 2015 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) als SEM-Berater
in der Zeit vom 7. Januar 2014 bis zum 28. Februar 2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Nach eigener Sachprüfung konstatiert der Senat: Die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung legt einen zutreffenden
rechtlichen Maßstab an, handhabt sämtliche rechtlichen Grundlagen einwandfrei und orientiert sich dabei in gebotenem Maße
an der jüngeren höchstrichterlichen Rechtsprechung; die vom Sozialgericht vorgenommene ausführliche Würdigung des entscheidungserheblichen
Sachverhalts ist in jeder Hinsicht überzeugend. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat daher auf die Gründe der
erstinstanzlichen Entscheidung Bezug (§
153 Abs.
2 SGG).
Zu den Ausführungen des Sozialgerichts und unter Würdigung des Berufungsvorbringens der Beklagten bleibt zu ergänzen:
Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich eine Weisungsgebundenheit des Klägers nicht allein daraus, dass der zwischen
dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) abgeschlossene Rahmenvertrag auf inhaltliche Konkretisierungen angewiesen war. Aufgrund
des Einzelauftrages vom 13. Januar 2014 wurde die Tätigkeit des Klägers im Groben umrissen. Demnach kam ihm die Aufgabe zu,
die Beigeladene zu 1) im Bereich SEM zu beraten, die Online-Marketingkampagne für die Suchmaschine Google aufzubauen und Mitarbeiter
im Bereich SEM zu schulen. Weiterer konkreter Einzelanweisungen bedurfte es hierfür aufgrund des überlegenen Fachwissens des
Klägers nicht. Allein der Umstand, dass der Kläger zum korrekten Aufbau des Accounts bei GoogleAdword Informationen der Beigeladenen
zu 1) zu ihrem konkreten Tätigkeitsgebiet und beispielsweise zu den einzelnen angebotenen Designerkleidern benötigte, lässt
keinen Rückschluss auf ein Weisungsrecht zu, da diese Kenntnisse Grundlage einer jeden Marketingkampagne (ob online oder offline)
sind. Ebenso stellen etwaige Vorgaben der Beigeladenen zu 1) zu dem gewünschten Kundenstamm, der über die Werbung erreicht
werden soll, sowie zu dem zur Verfügung stehenden Werbebudget keine Weisungen an den Kläger dar, die die Annahme eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses begründen. Vielmehr liegen jedem Dienstleistungsverhältnis entsprechend konkretisierte Vorgaben
des Auftraggebers zu Grunde. So ist Weisungsfreiheit auch dann anzunehmen, wenn zwar Ziele der Tätigkeit vorgegeben werden,
jedoch die Art und Weise wie diese erreicht werden, der eigenen Entscheidung des Selbständigen überlassen bleiben (BSG, Urteil vom 17. Mai 1973, 12 RK 23/72, Rn. 49 f. juris). Der Senat ist ebenso wie das Sozialgericht davon überzeugt, dass der Kläger innerhalb dieser Vorgaben
weitgehende Entscheidungsspielräume hatte und diese anhand der Zielsetzung auch selbst überprüfte und optimierte. Überdies
ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladene zu 1) gemäß dem Einzelauftrag vom 13. Januar 2014 von dem Kläger gerade die Beratung
zum Search Engine Marketing und darauf aufbauend die Ersterstellung eines SEM-Accounts begehrte. Einer Beratungsleistung und
einer auf dieser Beratungsleistung aufbauenden Dienstleistung steht ein fachliches Weisungsrecht entgegen, da sich die Erbringung
von Beratungsleistungen und eine Weisungsbefugnis strukturell ausschließen, denn derjenige der eine Beratung begehrt, möchte
gerade Antworten auf für ihn offene Fragen und nicht die Ausführung bereits feststehender Lösungen (LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 10. Juni 2016, L 4R 3072/15, Rn. 79, m.w.N., juris).
Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass auch abhängig Beschäftigten mitunter weitgehende Entscheidungsspielräume zukommen,
jedoch setzt die Annahme einer abhängigen Beschäftigung bei inhaltlich weisungsfreier Tätigkeit das Vorliegen weiterer Kriterien,
die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, voraus, wie beispielsweise die Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit und Ort
der Tätigkeitsausübung. Der Kläger unterlag jedoch auch hinsichtlich Zeit und Ort der Tätigkeitsausübung keinem Weisungsrecht
der Beigeladenen zu 1). Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass in Bezug auf die vereinbarte Schulung einer Mitarbeiterin
Terminabsprachen notwendig waren, da diese Absprachen nicht Ausdruck eines einseitigen Direktionsrechts der Beigeladenen zu
1) gewesen sind. Auch kommt diesem Indiz trotz des Umstandes, dass zunehmend auch abhängig Beschäftigte im Home Office arbeiten,
weiterhin im Rahmen der Gesamtabwägung Bedeutung zu, da sich der Kläger hinsichtlich seiner Tätigkeit im Home Office weder
mit der Beigeladenen zu 1) absprechen, noch für diese im Rahmen vorab festgelegter Zeiten erreichbar sein musste. Auch kam
der Beigeladenen zu 1) nicht das Recht zu, die Tätigkeit im Home Office einzuschränken und Präsenz vor Ort zu verlangen. Die
Beigeladene zu 1) hatte mithin keine Rechtsmacht, dem Kläger einseitig Vorgaben zu Ort und Zeit der Ausführung seiner Tätigkeit
für die Beigeladene zu 1) zu machen.
Des Weiteren ist der Kläger nicht allein deshalb in die Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, weil die
Mitarbeiterschulungen in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) stattfanden. Als lediglich äußerer Umstand rechtfertigt
die bloße Anwesenheit des Auftragnehmers in den Räumen des Auftraggebers bei der Durchführung des Auftrages für sich genommen
nicht die Annahme der Eingebundenheit in die betriebliche Organisation (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, B 12 R 13/13 R, Rn. 33, juris). Nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) war die Schulung in den Räumlichkeiten
der Beigeladenen zu 1) zum einem dem Umstand geschuldet, dass der Kläger über keine eigenen Betriebsräume verfügte, sondern
im Übrigen im Home Office tätig war. Zum anderen entspricht dies dem Dienstleistungscharakter der Tätigkeit des Klägers zu
1). Beruht das Tätigwerden in den Räumlichkeiten des Auftraggebers auf der Natur der Tätigkeit oder Sachzwängen, ist dies
kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Juni 2016, L 4 R 3072/15; R, 77, juris). Entscheidend ist auch insoweit allein das einseitige Recht des Auftraggebers zu bestimmen, wo die geschuldeten
Tätigkeiten auszuführen sind. Ein solches einseitiges Bestimmungsrecht der Beigeladenen zu 1) hat jedoch nicht bestanden.
Die erforderlichen terminlichen Absprachen und die notwendige Kommunikation des Klägers mit den Mitarbeitern begründen für
sich allein ebenfalls keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1), sondern ergeben sich allein aus
dem Schulungsauftrag, der ohne Kommunikation nicht erfüllt werden kann. Auch im Übrigen ist nicht erkennbar, dass der Kläger
in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) im Sinne einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" eingegliedert
war. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) war nicht von der Tätigkeit des Klägers abhängig, also auch ohne dessen Tätigkeit
möglich. Das Ziel der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) bestand allein darin, mittels geschickt platzierter
Werbung die Bekanntheit und damit die Reichweite der Beigeladenen zu 1) zu erhöhen. Er unterlag keiner von der Beigeladenen
zu 1) vorgegebenen betrieblichen Ordnung. Nach den Gesamtumständen hatte der Kläger lediglich auf betriebliche Sachzwänge
der Beigeladenen zu 1) Rücksicht zu nehmen.
Überdies kommt es auch auf die im Rahmenvertrag vereinbarte Berichtspflicht nicht entscheidend an. Diese wurde - wie Kläger
und Beigeladene zu 1) stets übereinstimmend dargestellt haben - tatsächlich nicht umgesetzt, da die Beigeladene zu 1) selbst
Zugang zu dem erstellten Google Account hatte und sich dort die monatlichen Berichte zu Anzahl und Kosten der Klicks eigenständig
anschauen konnte, so dass es einer weitergehenden Berichterstattung durch den Kläger nicht bedurfte. Überdies sind Mitteilungspflichten
für sich kein Indiz für eine Weisungsgebundenheit, da aus dem bloßen Bestehen einer Mitteilungs- bzw. Berichtspflicht nicht
automatisch auf eine aus dieser folgenden Weisungsbefugnis bspw. zur Optimierung der Dienstleistung geschlossen werden kann
(vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. September 2011, B12 R 17/09 R, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keinen Antrag
gestellt haben.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.