Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vergütung für die Behandlung des bei der Beklagten versicherten H-J N (im Folgenden: der Versicherte)
in der Zeit vom 27. Juli bis 26. August 2004 in der damaligen Lklinik B. Diese rechtlich unselbständige Klinik war der Aufsicht
des Landesamtes für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg (LASV) unterstellt, bis sie mit Wirkung zum 15. Oktober
2006 einschließlich aller zum Krankenhausbetrieb gehörenden Vermögensgegenstände des Aktivvermögens an die jetzige Klägerin
veräußert wurde.
Der 1958 geborene, zum streitigen Zeitraum arbeitslose Versicherte ist seit vielen Jahren alkoholabhängig und steht seit dem
Mai 2004 unter Betreuung. Nach eigenen Angaben führte er in den Jahren 2000 und 2003 sowie Anfang 2004 Entgiftungsbehandlungen
durch und kennt sowohl Krampfanfälle als auch Halluzinationen im Entzug. In der Zeit vom 11. März bis 5. April 2004 wurde
der Kläger nach einer Notfalleinweisung in der Abteilung Psychiatrie der Lklinik E wegen der Diagnosen
- psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol: Restzustand und verzögert auftretende psychotische Störung (F 10.7)
- Alkohol-Polyneuropathie (G 62.1)
- Psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom (F 10.2)
behandelt.
Auf den Antrag des Versicherten vom 28. April 2004 bewilligte ihm die damalige Landesversicherungsanstalt (LVA) Brandenburg
(heute: Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg) mit Bescheid vom 6. Mai 2004 eine stationäre Leistung zur medizinischen
Rehabilitation bewilligt, welche voraussichtlich 12 Wochen dauern und in der Landesklinik Brandenburg durchgeführt werden
sollte. Wie einem Schreiben der Lklinik an den Versicherten vom 11. Mai 2004 zu entnehmen ist, sollte die stationäre Alkoholentwöhnung
am 25. Mai 2004 beginnen.
Am 19. Mai 2004 wurde er nach einem Fahrradunfall zunächst im Evangelisch-Freikirchlichen Krankenhaus Bernau behandelt, unter
dem Verdacht eines beginnenden Delirium tremens erfolgte jedoch die Verlegung auf die neurologische Intensivstation der Lklinik
E, wo er bis zum 27. Mai 2004 weiterbehandelt wurde. Der Entlassungsbericht dieser Lklinik weist für den Kläger folgende Diagnosen
aus:
- Delirium tremens
- Zustand nach Fahrradsturz mit nicht dislozierter Abrissfraktur linker Trochanter major
- Thoraxprellung
- Chronische Alkoholkrankheit
- Pathologische Gerinnung bei Verdacht einer Leberzirrhose
- Hautexanthem.
Am 27. Mai 2004 wurde der Versicherte in der Lklinik B zunächst zur vorgesehenen Alkoholentwöhnungsbehandlung (AEB) aufgenommen.
Weil er nach Ansicht von Ärzten der Lklinik noch nicht "AEB-fähig" sei, wurde ab dem 1. Juni 2004 eine so genannte S4-Behandlung
durchgeführt. In diesem Zusammenhang stellte Dr. med. K. Sch, ein bei der Lklinik tätiger Arzt, fest, dass der formale Gedankengang
des Versicherten stark verlangsamt, teilweise unzusammenhängend und sprunghaft sei. Gemindert seien Aufmerksamkeit, Konzentration,
Merkfähigkeit, Kurz- und Altzeitgedächtnis, Kritikfähigkeit, Urteilsvermögen sowie die Fähigkeit zum abstrakten Denken; der
Antrieb sei reduziert. Krankheitseinsicht und Behandlungsmotivation seien fraglich. Dr. Schwarz legte insoweit folgende Diagnosen
zugrunde:
- Delta-Alkoholismus (F 10.2)
- Alkoholische Encephalopathie (G 31.2)
- Alkoholische Hepatopathie (K 70.9)
- Trochanterabrissfraktur li.
- Thoraxprellung
- Hautexanthem.
In der Folgezeit wurde der Versicherte dort bis zum 26. August 2004 behandelt. Für den letzten Behandlungszeitraum bis zum
26. August 2004 existieren - ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten - zwei Verlängerungsanträge der Lklinik vom 8.
Juli 2004 bzw. vom 18. August 2004 mit im Wesentlichen folgender Begründung: "kognitiv mnestische Defizite, Merkfähigkeit,
Kritikfähigkeit + Urteilsvermögen betreffend, weicht klaren Vorgaben aus, somatisiert dann schnell und bringt körperliche
Beschwerden vor. Bleibt bei Vorhaben AEB ab 26.8., zwischendurch immer wieder ambivalent. Weiter S-4-Behandlung: Gruppentherapie,
Ergoth.".
Der Entlassungsbericht der Lklinik B vom 1. September 2004 nennt die Diagnosen
- Delta-Alkoholismus (F 10.2)
- Alkoholische Encephalopathie (G 31.2)
- Alkoholische Hepatopathie (K 70.9)
- Trochanterabrissfraktur li. (S 72.10)
- Paranoide Persönlichkeitsstörung (F 60.0)
und führt zum Therapieverlauf im Einzelnen aus:
"Herr N nahm an suchtspezifischen, verhaltenstherapeutisch orientierten Gruppen und Einzeltherapien teil. In der Ergotherapie
musste ein Wechsel erfolgen, da es zwischenzeitlich Probleme mit der Leiterin der Abteilung und dem Patienten gab. Patient
fühlte sich teilweise unterfordert, durch den Wechsel in einen anderen Arbeitsbereich zeigte sich der Patient wieder motiviert
mit guten Ergebnissen. Sport- und Erlebnistherapie wurden durch den Patienten intensiv genutzt, er wirkte zum Teil in seinen
Aktivitäten übereifrig. Nach einem seiner Belastungsurlaube brachte er einen auffälligen blau gefärbten Strohhut mit Federn
mit, kleidete sich mit klappernden Holzpantoletten, um Aufmerksamkeit zu erregen. Bei Einzelgesprächen meinte er, dies würde
zu seiner Persönlichkeit gehören, es könnte schließlich nicht schaden, sodass das Ganze als Ausdruck seiner paranoiden Persönlichkeitsstörung
gewertet werden muss. Auch die Auswertung seiner Trinkrückfälle wurde von dem Patienten abgeblockt, sodass eine größere Annäherung
an ihn nicht gelang. Der Patient hat allerdings die S4-Behandlung, wie man zwischenzeitlich hätte vermuten können, nicht abgebrochen,
sondern sich immer wieder, wenn auch unter Betonung seiner eigenen Vorstellung, eingebracht. Krampfanfälle sind während des
stationären Aufenthalts nicht wieder aufgetreten. Der Zustand des Patienten hat sich deutlich gebessert, es bestehen allerdings
weiterhin kognitiv-mnestische Defizite mit Minderung der Urteils- und Kritikfähigkeit. Die Beschwerden im Bereich der linken
Hüfte sind abgeklungen, Patient hat die Sporttherapie gut verkraftet. Unsere Empfehlung, eine Alkoholentwöhnungsbehandlung
in Schönbirken jetzt anzutreten, hat der Patient aufgegriffen. Medikamente bekam der Patient zur Entlassung nicht mehr verordnet."
Auf einen "Umwandlungsantrag" des Versicherten hin bewilligte die LVA Brandenburg ihm im Juli 2004 erneut eine stationäre
Leistung zur medizinischen Rehabilitation, welche voraussichtlich 3 Monate dauern und in der Einrichtung "Haus Sch" durchgeführt
werden sollte. Diese Maßnahme, welche der Versicherte ab dem 26. August 2004 in Anspruch nahm, wurde auf ärztliche Veranlassung
seitens der Reha-Einrichtung zum 12. Oktober 2004 beendet, nachdem er die therapeutische Mitarbeit offen verweigert hatte.
Nach dem Reha-Entlassungsbericht dieser Einrichtung vom 29. Oktober 2004 litt der Versicherte an folgenden Erkrankungen:
- Alkoholabhängigkeitssyndrom (F 10.2)
- Alkoholische Leberzirrhose (K 70.3)
- Paranoide Persönlichkeitsstörung (F 60.0)
- Nikotinabhängigkeitssyndrom (F 17.2).
Die Beklagte beglich zunächst sämtliche den Behandlungszeitraum vom 27. Mai bis zum 26. August 2004 betreffenden Rechnungen
der Lklinik B, setzte jedoch nach Vorlage eines Gutachtens des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in ihrer
"Zahlungsmitteilung" vom 17. Juni 2005 u.a. den hier streitigen Betrag von 7.135,20 Euro von folgenden Vergütungsforderungen
der Lklinik ab:
Rechnungsnummer
|
Belegnummer
|
04120306
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2100170993
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04120307
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210017713
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04120308
|
210017713
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04120309
|
2100175129
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04120481
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2100175128
|
04120482
|
210017099
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04120483
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210017098
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04120484
|
210017099
|
04120485
|
210017512
|
04120486
|
210018132
|
Nachdem die Beteiligten in der Folgezeit ihre unterschiedlichen Standpunkte hinsichtlich einer stationären Behandlungsbedürftigkeit
des Versicherten für den noch streitigen Zeitraum ohne inhaltliche Annäherung ausgetauscht hatten, erhob die Klägerin am 28.
Juni 2006 Klage. Das Sozialgericht veranlasste das medizinische Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und
Psychiatrie Dr. med. M Sch vom 30. November 2007, dessen ergänzende Stellungnahme vom 7. Januar 2008 und vernahm ihn und die
MDK-Ärztin H in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2008 als Sachverständige. Im Urteil vom 25. November 2008 verurteilte
es die Beklagte, "an die Klägerin 7.135,20 € nebst 2 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz der EZB seit dem 16. Juni 2005 zu
zahlen." Zur Begründung bezog es sich auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch, wonach der Versicherte im Zeitraum
vom 27. Juli 2004 bis zum 26. August 2004 an einer Alkoholkrankheit, einer alkohol-toxischen Enzephalopathie, einer alkohol-toxischen
Hepathopathie sowie an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung gelitten habe. Wegen der vorliegenden Alkoholkrankheit mit
erheblichen Folgeerkrankungen habe eine Indikation zur Durchführung einer spezialisierten S 4-Behandlung bestanden. Infolge
der koinzidenten Persönlichkeitsstörung sei der verhaltenstherapeutischen Behandlung eine besondere Bedeutung zugekommen.
In ein solches multimodales Therapiekonzept würden in der Regel auch Belastungsurlaube eingebettet, um die Abstinenzfähigkeit
des Patienten zu prüfen. Eine ambulante oder tagesklinische Betreuung sei aufgrund der Unfähigkeit des Versicherten, Alkoholabstinenz
zu halten, auszuschließen gewesen. Eine AEB wäre im genannten Zeitraum nicht ausreichend gewesen, da aufgrund der den Heilungsverlauf
der Grunderkrankung komplizierenden Persönlichkeitsstörung stationäre Psychotherapie dringend angezeigt gewesen sei, weil
aufgrund der Verhaltensweisen des Versicherten eine Motivation zur Abstinenz und Langzeitbehandlung als Voraussetzung für
die geplante AEB angezweifelt werden müsse. Nach dem Inhalt der Krankhausakte sei diese nachhaltig sehr wahrscheinlich erst
zum Ende der Behandlung im hinreichenden Umfang erarbeitet worden. Im ärztlichen Verlaufsbericht finde sich am 13. August
2004 die schriftliche Mitteilung, dass sich der Versicherte "entschlossen" habe, nach der S 4-Behandlung eine AEB in Sch zu
absolvieren. Zwar seien ähnliche Aussagen des Versicherten in der Krankenhausakte auch schon zu früheren Zeitpunkten dokumentiert,
aber erst zu diesem Zeitpunkt habe er angefangen, sich "langsam mit der Psychodynamik seiner Interaktionsstörung auseinander
zu setzen." Aus der Summe der Auffälligkeiten hinsichtlich des Verhaltens des Versicherten einerseits und der festgestellten
kognitiven Störung andererseits habe sich nach Auffassung des Sachverständigen die Indikation zur Fortsetzung der S 4-Behandlung
bis zum ursprünglich geplanten Entlassungstermins ergeben.
Gegen dieses ihr am 9. Dezember 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 23. Dezember 2008, zu
deren Begründung sie vorbringt: Der Sachverständige habe teilweise eigene Interpretationen vorgenommen, welche die Frage der
medizinischen Notwendigkeit außer Acht ließen. Er sei scheinbar davon ausgegangen, dass dem behandelnden Kollegen in der Klinik
recht schnell klar geworden sei, dass es sich bei dem Versicherten nicht um einen klassischen Alkoholismus mit Folgeschäden
handele, sondern der behandelnde Kollege vielmehr zur Erkenntnis gekommen sei, dass es sich bei dem Versicherten um einen
schweren Fall gehandelt habe. Diese persönliche Vermutung des Sachverständigen lasse sich jedoch durch nichts untermauern,
zumal Ausführungen zu einer eventuellen Persönlichkeitsstörung in der Dokumentation der Klägerin nicht vorhanden seien. Auf
der anderen Seite habe sich der Sachverständige bei seiner Vernehmung vor dem Sozialgericht am 16. September 2008 auch nicht
mehr richtig daran erinnern können, ob der Versicherte an mehr als einer Persönlichkeitsstörung gelitten habe. So habe er
ausgeführt, dass nach seiner Auffassung eine Borderline-Persönlichkeitsstörung an der Grenze einer Psychose bestanden habe.
Widersprüchlich argumentiere der Sachverständige, wenn er einerseits immer wieder anführe, dass die mangelnde Abstinenzfähigkeit
des Versicherten die frühere Entlassung in eine AEB nicht ermöglicht hätten, andererseits jedoch der Sachverständigen H darin
zustimme, dass allein die Trinkrückfälle kein Anhaltspunkt für die Notwendigkeit weiterer stationärer Behandlungen gewesen
seien. Mit diesen Widersprüchen habe sich das Sozialgericht nicht auseinander gesetzt. Es habe leider auch völlig unberücksichtigt
gelassen, dass gerade der Antrag auf Beginn der AEB in Sch auch aus ex-ante-Sicht der behandelnden Ärzte darauf schließen
lasse, dass die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung nicht für den gesamten Zeitraum der Behandlung vorgelegen habe.
Hätte bereits vor dem 26. August 2004 für den Versicherten die Möglichkeit der Aufnahme in Sch bestanden, so sei davon auszugehen,
dass der Versicherte bereits zu diesem Zeitpunk nach Sch entlassen worden wäre. Insgesamt spreche alles dafür, dass rein organisatorische
Gründe dagegen sprachen, früher mit einer AEB zu beginnen, dies dürfe jedoch nicht zu Lasten der Krankenkasse gehen. Der ärztliche
Verlaufsbericht in der Patientenakte umfasse nur die Zeit vom 11. Juni bis zum 10. August 2004 und gebe darüber hinaus nur
die "Ist-Zustände" wieder; eine etwaige Anpassung der Therapie, welche aufgrund der Verhaltensweisen des Versicherten angepasst
erscheine, erfolge ausweislich der Dokumentation nicht. Auch somatische Beeinträchtigungen seien der Dokumentation nicht zu
entnehmen. Die von der Klägerseite behauptete Hirnvolumenminderung beim Versicherten sei nicht dargelegt; es sei noch nicht
einmal versucht worden, eine solche mittels MRT zu diagnostizieren. Die Vitalfunktionen des Versicherten seien sehr selten
bzw. gar nicht kontrolliert worden, so dass eine somatische Beeinträchtigung nicht vorgelegen zu haben scheine, zumal auch
keine über Bedarfsmedikation hinausgehende Arzneimittelgabe stattgefunden habe. Die durchgeführte Sport- und Erlebnistherapie
sowie die Art und Anzahl der Arztgespräche sprächen vielmehr gegen eine stationäre Akutbehandlung, sondern vielmehr für eine
medizinische Rehabilitation.
Nach dem 26. Juli 2004 habe es keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, dass eine weitere stationäre Behandlung notwendig gewesen
sei. Der Allgemeinzustand des Versicherten habe sich gebessert. Die Medikamente wie Ferro sanol duodenal und Vitamin B-Präparate
seien am 10. Juni bzw. am 17. Juni 2004 abgesetzt worden. Die kognitiv-mnestischen Defizite, die Störungen des Langzeit- und
Kurzzeitgedächtnisses, die Minderung der Kritikfähigkeit, der Aufmerksamkeit und der Urteilsfähigkeit hätten bis zum 26. Juli
2004 durchgehend vorgelegen, so dass diesbezüglich von einem chronischen Zustand auszugehen sei. Die von der Klägerin angeführte
paranoide Persönlichkeitsstörung/Psychose sowie eine Manie könnten nicht zur Notwendigkeit der stationären Behandlung des
Versicherten nach dem 26. Juli 2004 herangezogen werden, zwar werde in Unterlagen sein auffälliges Verhalten (unangepasst,
aggressiv, provokant, überreagierend, unstet) beschrieben, daraus folgende diagnostische oder therapeutische Maßnahmen seien
jedoch nicht eingeleitet worden.
Der allgemeine Zustand des Versicherten habe sich bis zum 26. Juli 2004 umfassend gebessert und stabilisiert, ausweislich
der Pflegedokumentation sei er körperlich gut belastbar gewesen. Die kognitiv-mnestischen Störungen, ihre Auswirkungen und
deren chronischer Zustand könnten nur unter langfristiger Alkoholabstinenz sowie deren Sicherung durch eine Alkoholentwöhnungsbehandlung
gebessert werden. Für die Annahmen einer schweren Persönlichkeitsstörung fänden sich keine gängigen Standards (z. B. AMDP-System).
Entgegen der Annahme des Sachverständigen Dr. Sch sei der Versicherte nicht zu einer S4-Behandlung in die Einrichtung der
Klägerin verlegt worden, sondern zu einer AEB. Folglich sei er von den verlegenden Ärzten zum Zeitpunkt der Aufnahme bei der
Klägerin als AEB-fähig eingeschätzt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 25. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Bei der von der Beklagten hinzugezogenen MDK-Gutachterin
handele es sich nicht um eine gerichtlich bestellte Gutachterin. Für die Dauer und Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung
sei völlig unerheblich, ob die Klägerin für den Versicherten einen Antrag auf eine AEB gestellt und zu welchem Termin der
Platz für den Versicherten dann reserviert gewesen sei. Maßgeblich sei die Reha-Fähigkeit eines Patienten. Die frühzeitige
Organisation von Reha-Maßnahmen dürfe der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen. Beim Versicherten sei im fraglichen Zeitraum
noch keine Rehabilitationsfähigkeit gegeben gewesen, weil er damals noch nicht in der Lage gewesen wäre, an der Gesamtheit
von sehr strukturierten und oft auch emotional recht belastenden Therapieangeboten im Rahmen einer Entwöhnung teilzunehmen.
Die kognitiven Beeinträchtigungen besserten sich nicht nur allein durch spezielles kognitives Training (Rehacom), sondern
auch durch Sport- und Erlebnistherapie. Derartige Therapien hätten nicht nur rehabilitativen Charakter. Als typischer CMA-Patient
sei er noch nicht mitwirkungsfähig gewesen. Insbesondere die noch deutlich geminderte Frustrationstoleranz im streitigen Behandlungszeitraum
sei für eine AEB hinderlich gewesen.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens
der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakten der Beklagten und der Deutschen Rentenversicherung
Berlin-Brandenburg (ärztlicher Teil der den Versicherten betreffenden Rentenakte) sowie die bei der Klägerin geführte Patientenakte
des Versicherten verwiesen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage ist abzuweisen. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung von
7.135,20 € verlangen.
I. Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Denn sie ist - wie sich aus der vom Senat im Rechtsstreit L 9 KR 630/07 eingeholten Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie vom 19. Mai 2008 ergibt (vgl. auch Senat,
Urteil vom 30. April 2009, Az.: L 9 KR 1222/05, veröffentlicht in Juris) - durch den Kauf- und Übertragungsvertrag mit dem Land Brandenburg (UR-Nr. 1096/2005 vom 16. Dezember
2005 des Notars Dirk Reischauer) Inhaberin der zunächst dem Land Brandenburg als Trägerin der (damaligen) Lklinik Brandenburg
zustehenden Vergütungsforderungen geworden. Aufgrund der Bezeichnung "Kauf- und Übertragungsvertrag" ist davon auszugehen,
dass das neben dem Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft erforderliche Verfügungsgeschäft in Form der Abtretung gleichfalls
Gegenstand der vertraglichen Regelungen wurde. Möglichen Formvorschriften für die Abtretung (vgl. Rohe, in: Beck'scher Online-Kommentar
zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Stand: 01. Februar 2009, § 398 Rd. 53) ist damit Genüge getan.
II. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 7.135,20 Euro zu, allerdings nicht aufgrund der Behandlung
des Versicherten im streitigen Zeitraum. Denn diese Forderung wurde von der Beklagten - soweit ersichtlich vorbehaltlos -
erfüllt, sie ist damit erloschen (§
362 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB - analog). Ein Zahlungsanspruch in der streitigen Höhe steht der Klägerin jedoch unstreitig aufgrund von anderen Vergütungsforderungen
mit den in der o.g. "Zahlungsmitteilung" der Beklagten vom 17. Juni 2005 genannten Rechnungs- bzw. Belegnummern zu. Durch
die Angabe dieser Rechnungsnummern sind die durch die Klage rechtshängig gewordenen Forderungen der Klägerin hinreichend bestimmt
bzw. bestimmbar. Unerheblich ist daher, ob der von der Beklagten herangezogenen Rechtsprechung des 3. Senats des BSG zu folgen
ist, wonach konkrete Feststellungen zu einer unstreitigen Hauptforderung nicht erforderlich sein sollen (BSG, Urteile vom
22. Juli 2004, Az.: B 3 KR 21/03, und vom 3. August 2006, Az.: B 3 KR 7/06 R, beide veröffentlicht in juris).
Weil die Beklagte in ihrer "Zahlungsmitteilung" vom 17. Juni 2005 keine Bestimmung getroffen hat, gegen welche der darin genannten
Forderungen sie aufrechnet, ist gemäß §
396 Abs.
1 Satz 2
BGB die Vorschrift des §
366 Abs.
2 BGB entsprechend anzuwenden. Mangels Anhaltspunkten für die in der ersten bis vierten Alternative dieser Vorschrift genannten
Kriterien geht der Senat davon aus, dass alle genannten Forderungen gleich alt sind, sodass gegen alle verhältnismäßig (§
366 Abs.
2, letzte Alternative
BGB), d.h. anteilig aufgerechnet werden sollte. Nur in Höhe der anteiligen Aufrechnung sind die einzelnen Forderungen rechtshängig
geworden.
III. Die Hauptforderung der Klägerin ist jedoch durch Aufrechnung erloschen. Denn der Beklagten steht als Gegenforderung ein
öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 7.135,20 Euro zu (hierzu unter 1.), mit dem sie wirksam aufgerechnet
hat (hierzu unter 2.).
1) Das von der Beklagten durch die Aufrechnung geltend gemachte Rückforderungsbegehren basiert auf dem öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch. Dieses aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsinstitut setzt voraus,
dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose
Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Ein öffentliches Rechtsverhältnis liegt hier vor, da auch schon für die Zeit
vor der Neufassung des §
69 SGB V zum 1. Januar 2000 die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus öffentlich-rechtlich geprägt waren. Im
Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten
Bereicherung (§§ 812ff
BGB), dem der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck
eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen dienen. Allerdings ist auch
im Zivilrecht nicht ausdrücklich geregelt, wann eine Bereicherung ungerechtfertigt ist. Es lässt sich deshalb keine einheitliche
Formel für das Vorliegen oder Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes aufstellen. Allgemein anerkannt
ist jedoch, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, grundsätzlich
zurückgefordert werden können (BSGE 93, 137 m.w.N.).
Der Klägerin steht ein Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten nur für die Zeit bis zum 26. Juli 2004 zu. Für
die im fraglichen Zeitraum vom 27. Juli bis 26. August 2004 erfolgte Behandlung des Versicherten kann sie von der Beklagten
keine Vergütung verlangen, sodass dieser wegen der bereits vorgenommenen Zahlung von 7.135,20 € ein Erstattungsanspruch in
dieser Höhe zusteht. Denn für den streitigen Zeitraum ist weder nachgewiesen, dass der Versicherte in dieser Zeit der stationären
Behandlung in einem Krankenhaus bedurfte, noch, dass er tatsächlich eine solche Krankenhausbehandlung erhalten hat.
a) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V i.V.m. dem für das Land Brandenburg zwischen den Krankenkassen(-verbänden) und der Landeskrankenhausgesellschaft geschlossenen
Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 08. Oktober / 06. November 1996 (ABK-Vertrag).
aa) Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten,
wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S. von §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser i.S. des §
109 Abs.
4 Satz 2
SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, dessen Höhe auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung, jeweils in der im Jahre 2000 geltenden Fassung, in der Pflegesatzvereinbarung
zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird (BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008, Az.: B 1 KN 1/07 KR R und
B 1 KN 3/08 KR R, veröffentlicht in Juris). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht insoweit unabhängig von
einer schriftlichen Kostenzusage, die nur als deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzusehen ist (BSGE 86, 166), unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem - wie hier - zugelassenen
Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich ist.
bb) Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung.
Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich alle allgemeinen Voraussetzungen für die
Inanspruchnahme von Leistungen der GKV sowie speziell von Krankenhausbehandlung, insbesondere deren Erforderlichkeit, vorliegen.
Nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung
(§
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V) wird gemäß §
39 Abs.
1 Satz 1
SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Der Anspruch ist gerichtet auf vollstationäre
Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§
108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre,
vor- und nach-stationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V). Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen (§
27 Abs.
1 Satz 3
SGB V). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen
und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V; vgl. BSG vom 16. Dezember 2008, aaO.).
cc) Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines
Krankenhauses erforderlich macht. Maßnahmen dürfen daher z.B. nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit
zu begegnen; ebenso unterfallen rein pflegerische Maßnahmen nicht der Leistungspflicht der Krankenkassen, vielmehr müssen
diese als Teil einer ärztlichen Behandlung dieser Behandlung untergeordnet sein (BSG aaO.).
Besondere Mittel des Krankenhauses sind eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter
oder rufbereiter Arzt (BSG aaO.). Dabei erfordert die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser
Mittel noch ist er stets ausreichend. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg
angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung
zukommt. Bei einer psychiatrischen Erkrankung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Geräten in den Hintergrund treten
und allein der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation
die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG aaO.).
dd) Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen
Erfordernissen. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere
durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre
Behandlung. Das gilt auch dann, wenn der Versicherte zur Sicherstellung der ambulanten Behandlung einer Betreuung durch medizinische
Hilfskräfte in geschützter Umgebung bedarf und eine dafür geeignete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses nicht zur Verfügung
steht. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen
oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§
1 Satz 1
SGB V). Es geht dabei um die Bereitstellung der für diese Zwecke benötigten medizinischen Versorgung. Das lässt sich aus zahlreichen
Einzelvorschriften des Leistungsrechts, insbesondere aus der Beschreibung der Leistungsziele in §
11 Abs.
1 und §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V sowie aus dem Leistungskatalog in §
27 Abs.
1 Satz 2
SGB V ersehen.
Zu den Aufgaben der GKV gehört es dagegen nicht, die für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen gesellschaftlichen
und sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen oder diesbezügliche Defizite durch eine Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums
auszugleichen. Für derartige Risiken haben die Krankenkassen nicht einzustehen. Sie haben auch keine Möglichkeit, strukturelle
Mängel außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs zu beheben, etwa eine Unterversorgung bei den Betreuungseinrichtungen für psychisch
schwer kranke Patienten. Sie tragen dafür weder Verantwortung noch dürfen sie hierfür Geldmittel verwenden. Soweit ausnahmsweise
etwas anderes gelten soll, legt das Gesetz dies ausdrücklich fest. Angesichts einer über mehrere Jahrzehnte unveränderten,
im krankenversicherungsrechtlichen Schrifttum akzeptierten Rechtsprechung, die durch Fortschreibung des durch sie konkretisierten
Rechtszustandes Eingang in das geltende Recht gefunden hat, ist für eine Auslegung des Gesetzes, die den Anwendungsbereich
des §
39 Abs.
1 SGB V auf andere als medizinisch begründete Behandlungsnotwendigkeiten erweitert, kein Raum (BSG aaO.).
ee) Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung kommt es auf die medizinischen Erfordernisse
im Einzelfall und nicht auf eine abstrakte Betrachtung an. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben hierbei im Streitfall
uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dabei haben
sie zwar von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen,
wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen.
Für eine Einschränkung der Kontrollbefugnisse der Krankenkasse und des Gerichts in der Weise, dass von der Notwendigkeit der
Krankenhausbehandlung auszugehen ist, wenn der Krankenhausarzt sie bejaht und seine Einschätzung fachlich vertretbar ist,
bietet das Gesetz jedoch keine Grundlage. Auch Vereinbarungen in den Normsetzungsverträgen auf Landesebene können daher nicht
bewirken, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung entgegen dem Gesetz nicht nach objektiven
Maßstäben getroffen wird, sondern im Ergebnis der subjektiven Einschätzung des Krankenhausarztes überlassen bleibt (BSG aaO.).
Der Grundsatz, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen ist, gilt
auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet. Auch in
dieser Konstellation ist eine Zurücknahme der gerichtlichen Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse unter Berufung auf einen
vermeintlichen Einschätzungsvorrang des verantwortlichen Krankenhausarztes weder vom Gesetz vorgesehen noch von der Sache
her erforderlich und deshalb mit dem rechts-staatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar. Eine Besonderheit
besteht - wie schon ausgeführt - lediglich darin, dass die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der
späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen ist, sondern zu fragen ist, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung
bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse
und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (BSG aaO.).
b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
aa) Es fehlt bereits an einer vertragsärztlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung i.S.v. §
39 SGB V.
Wie sich aus §
73 Abs.
2 Nr.
7 und Abs.
4 SGB V sowie §
1 Abs.
3, §§
4 bis
7 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (seit 1. Januar 2004: Gemeinsamer Bundesausschuss) über
die Verordnung von Krankenhausbehandlung (Krankenhausbehandlungs-Richtlinien - KH-RL) in der seit dem 10. Oktober 2003 geltenden
Fassung ergibt, ist für die stationäre Krankenhausbehandlung von Versicherten zu Lasten ihrer Krankenkasse eine vertragsärztliche
Verordnung grundsätzlich erforderlich. Der dafür vorgesehene Vordruck (Muster 2 der Anlage 2 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte
bzw. Arzt-Ersatzkassenvertrag) soll verwendet werden.
Eine von einem niedergelassenen Vertragsarzt ausgestellte Verordnung von Krankenhausbehandlung findet sich in den dem Senat
zur Verfügung gestellten Akten nicht. Zwar war nach dem - vom Senat nicht überprüften - Vorbringen der Klägerin die Landesklinik
seit 1991 als psychiatrisches Krankenhaus nach §
118 Abs.
1 SGB V (in der im Jahre 2004 geltenden Fassung) zur ambulanten Versorgung von Versicherten in den Bereichen allgemeine Psychiatrie
und Suchterkrankungen ermächtigt, sodass ein in den ermächtigten Abteilungen/Instituten angestellter Arzt grundsätzlich eine
vertragsärztliche Verordnung von stationärer Krankenhausbehandlung hätte ausstellen dürfen. Aber auch eine solche Verordnung
findet sich nicht. Eine stationäre Notaufnahme (z.B. nach einem Unfall), der aus Zeitgründen typischerweise keine vertragsärztliche
Verordnung zugrunde liegen kann (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KH-RL sieht insoweit allerdings keine Ausnahme vor), liegt offensichtlich
nicht vor. Ob anderweitig Umstände vorlagen, unter denen ausnahmsweise von der Verwendung des o.g. Musters abgesehen werden
konnte, muss der Senat jedoch nicht entscheiden. Denn auch im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine akutstationäre Krankenhausbehandlung
nach §
39 SGB V nicht erfüllt.
bb) Der Versicherte litt im o.g. Zeitraum an folgenden Erkrankungen:
- Delta-Alkoholismus (F 10.2)
- Alkoholische Encephalopathie (G 31.2)
- Alkoholische Hepatopathie (K 70.9)
- Trochanterabrissfraktur li. (S 72.10)
Dass er auch - wie im Entlassungsbericht der Lklinik vom 1. September 2004 erwähnt und in den Stellungnahmen des Sachverständigen
Dr. Sch festgehalten - an einer paranoiden bzw. kombinierten Persönlichkeitsstörung litt, ist nicht nachgewiesen.
(1) Die paranoide Persönlichkeitsstörung ist nach ihrer Definition durch die Internationale Klassifikation der Krankheiten
(ICD, 10. Ausgabe, Version für das Jahr 2004) "durch übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, Nachtragen von
Kränkungen, durch Misstrauen, sowie eine Neigung, Erlebtes zu verdrehen gekennzeichnet, indem neutrale oder freundliche Handlungen
anderer als feindlich oder verächtlich missgedeutet werden, wiederkehrende unberechtigte Verdächtigungen hinsichtlich der
sexuellen Treue des Ehegatten oder Sexualpartners, schließlich durch streitsüchtiges und beharrliches Bestehen auf eigenen
Rechten. Diese Personen können zu überhöhtem Selbstwertgefühl und häufiger, übertriebener Selbstbezogenheit neigen."
(2) Diese Krankheitsmerkmale sind für den streitigen Zeitraum der Patientenakte nur teilweise zu entnehmen.
So erwähnen die den Versicherten behandelnden Fachkräfte der Klägerin - der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B und der Psychotherapeut
G - im ärztlichen Verlaufsbericht zumindest bis zum 16. August 2004 durchgängig die gestörte Kritik- und Urteilsfähigkeit
des Versicherten, was angesichts der o.g. Krankheitslegende zu den zentralen Elementen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung
zählen dürfte. Darüber hinaus beschreiben sie das in vielerlei Hinsicht normabweichende, oft auch agitierende Verhalten des
Versicherten: so provozierte er immer wieder Personal und Mitpatienten in vielfältiger, teilweise verbal aggressiver Weise,
hatte Anpassungs- und Unterordnungsschwierigkeiten in der Erlebnistherapie, die nicht nur zu negativen Rückmeldungen aus der
Gruppe (z.B. durch die Bezeichnung als "Spinner"), sondern vereinzelt sogar zum Ausschluss aus der gemeinsamen Gruppenaktivität
führten. Auch zeigte er teilweise wenig Motivation zur Mitarbeit und fast durchgängig geringe Krankheitseinsicht, was sich
in ausweichenden Reaktionen (z.B. nach Trinkrückfällen) oder im Überspielen von Defiziten und Problemen äußerte. Für das Vorliegen
einer paranoiden Persönlichkeitsstörung im fraglichen Zeitraum spricht auch die Erwähnung dieser Diagnose im Reha-Entlassungsbericht
der Einrichtung "Haus Sch" vom 29. Oktober 2004. Die "querulatorisch-paranoiden Verhaltens- und Reaktionsmuster" des Versicherten
stellten nach diesem Bericht eines der wesentlichen Hindernisse für eine erfolgreiche Reha-Behandlung dar.
Nicht ausreichend für die Bejahung der o.g. Diagnose ist es allerdings, wenn in der Krankenakte immer wieder die Einschätzung
"paranoid" wiedergegeben wird, ohne dass für den Leser deutlich wird, welche konkreten Reaktionen der Versicherte auf welches
konkrete Verhalten anderer zeigte.
Andererseits wurden offensichtlich - und ohne nähere Begründung durch die Klägerseite - wesentliche Möglichkeiten zur differential-diagnostischen
Eingrenzung der beim Versicherten unstreitig vorhandenen weiteren psychischen Erkrankung nicht genutzt. Wie von der MDK-Ärztin
H in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht beanstandet, wurden weder bildgebende Verfahren zur Ermittlung eine
eventuellen Hirnvolumenminderung angewandt noch eine ausführliche Anamnese erhoben. Letztere sollte, verbunden "mit präzisem
Herausarbeiten immer wiederkehrender Verhaltensmuster und einer aktiven Überprüfung des Vorliegens der diagnostischen Kriterien",
die "gesamte psychiatrische Vorgeschichte und die Biographie des Patienten" umfassen, "um so die Störungsmuster im Kontext
der individuellen Entwicklung und Lebensgeschichte einschätzen zu können" (so die von der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher
Fachgesellschaften (AWMF) herausgegebene Leitlinie "Persönlichkeitsstörungen", unter Ziffer 2.3, vorletzter Absatz, abrufbar
unter http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/038-015_S2_Persoenlichkeitsstoerungen_05-2008_05-2013.pdf, recherchiert
am 3. Juni 2011). Ohne diese weitere differential-diagnostische Abklärung bzw. ohne Erläuterung des Krankenhauses für den
Verzicht auf diese Maßnahmen bleiben nach Auffassung des Senats nicht nur unerhebliche Zweifel, ob die Diagnose einer (paranoiden)
Persönlichkeitsstörung zutreffend gestellt wurde. Diese Zweifel wirken sich nach den auch im sozialgerichtlichen Verfahren
anwendbaren Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Ungunsten der insoweit beweisbelasteten Klägerin aus.
cc) Es ist auch nicht nachgewiesen, dass die o.g. Erkrankungen in der Summe nur mit den Mitteln des Akutkrankenhauses unter
stationären Bedingungen behandelbar sind.
(1) Allerdings spricht gegen das Vorliegen von stationärer Behandlung und insbesondere ihrer Notwendigkeit nicht bereits der
Umstand, dass die Einzelmaßnahmen jeweils für sich auch in einem ambulanten Setting hätten durchgeführt werden können. Denn
nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfordert die Behandlung schwerer psychischer Leiden einen komplexen
Behandlungsansatz unter Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams von Ärzten, Diplompsychologen, Sozialpädagogen, Ergo-
und Bewegungstherapeuten mit fachlich besonders geschultem und erfahrenem psychiatrischen Pflegepersonal im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
(BSG, Urteile vom 16. Februar 2005, Az.: B 1 KR 18/03 R, und vom 20. Januar 2005, Az.: B 3 KR 9/03 R, veröffentlicht jeweils in Juris und jeweils unter Bezugnahme auf Weig/Gelhausen, SGb 96, 577 ff). Daher spricht auch allein
der Umstand, dass bei der Behandlung des Versicherten in hohem Maße Angehörige nicht-medizinischer Berufe zum Einsatz kamen
und der Einsatz ärztlich koordiniert werden musste, nicht per se gegen das Vorliegen und das Erfordernis stationärer Behandlung.
Der Leistungsanspruch des Versicherten - und somit der Vergütungsanspruch der Klägerin - hängt vielmehr entscheidend von der
Schwere der Krankheit und die hierauf bezogenen, mit dem Gesamtbehandlungsplan verfolgten Behandlungsziele ab (BSG, Urteil
vom 16. Februar 2005, aaO.).
(2) Die Erforderlichkeit stationärer (Krankenhaus-)Behandlung ist aber auch gegenüber der stationären medizinischen Rehabilitation
abzugrenzen. Denn die im streitgegenständlichen Zeitraum durchgeführten therapeutischen Maßnahmen unterscheiden sich letztlich
nicht wesentlich von solchen, die auch in einer Rehabilitationseinrichtung erforderlich gewesen wären; die Übergänge zwischen
Krankenhausbehandlung und Rehabilitation sind insoweit fließend (BSG, Urteil vom 20. Januar 2005, aaO.). Der Umstand, dass
die durchgeführte Behandlung dem äußeren Ablauf nach im Prinzip ggf. auch in einer Rehabilitationseinrichtung hätte stattfinden
können, belegt die besonderen Schwierigkeiten, bei psychischen/psychiatrischen Erkrankungen stationäre Krankenhausbehandlung
und stationäre medizinische Rehabilitation voneinander abzugrenzen. Es lässt sich kaum unterscheiden, was noch zur Behandlung
der Krankheit gehört, welche Therapieformen insbesondere bei chronischen Krankheiten noch zur Krankheitsbekämpfung zu rechnen
sind und wann eine Maßnahme "nur" zur Sicherung des Erfolges einer vorangegangenen Behandlung dient. Die therapeutischen Maßnahmen
in der Krankenhausbehandlung sind der Art nach dieselben wie in der Rehabilitation. Während in der somatischen Medizin die
Berücksichtigung der psychosozialen Probleme ganz vorrangig Aufgabe der Rehabilitation ist, gilt dies im Bereich der Psychosomatik/Psychotherapie
nicht in diesem Maße; Schädigung und Schädigungsfolgen sind hier eng miteinander verwoben, sodass schon die Krankenhausbehandlungsphase
rehabilitative Elemente enthalten muss. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles ist entscheidend, dass die
Behandlung einer Erkrankung im Vordergrund steht (BSG aaO. m.w.N.).
(3) Allein die aus dem Alkoholmissbrauch resultierenden Erkrankungen des Versicherten erforderten im streitigen Zeitraum keine
vollstationäre Krankenhausbehandlung. Keiner der Beteiligten vertritt insoweit eine gegenteilige Auffassung. Selbst die wiederholten
Trinkrückfälle des Versicherten, welche auch im hier fraglichen Zeitraum noch auftraten, standen einer AEB entgegen, wie der
Sachverständige Dr. S und die MDK-Ärztin H in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht übereinstimmend bekundeten.
Die Femurfraktur (Oberschenkelbruch) wurde im streitigen Zeitraum nicht mehr behandelt und vermag daher den geltend gemachten
Vergütungsanspruch ebenfalls nicht zu begründen.
Soweit die Klägerin die Krankenhausbehandlung des Versicherten mit der Möglichkeit oder Gefahr begründet, er könne psychotisch
werden oder eine affektive bipolare Störung entwickeln, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit hat die MDK-Ärztin
H zu Recht darauf hingewiesen, dass der Patientenakte noch nicht einmal Hinweise auf hieraus folgende diagnostische Maßnahmen
(z.B. in Form einer ausführlichen psychiatrischen Nachexploration) zu entnehmen sind. Allein die Möglichkeit (oder auch Gefahr),
der Krankheitszustand eines Versicherten könnte sich verschlimmern, löst keinen Vergütungsanspruch aus, wenn nicht zugleich
weiterführende diagnostische oder therapeutische Schritte eingeleitet werden.
(4) Im vorliegenden Fall sprechen darüber hinaus folgende weitere Aspekte gegen die Notwendigkeit, den Versicherten im streitigen
Zeitraum akutstationär zu behandeln:
(a) Ein auf den Versicherten bezogener (Gesamt-)Behandlungsplan findet sich in der Patientenakte nicht. Auch sind den Kostenübernahmeanträgen
der Lklinik keine Behandlungsziele zu entnehmen, sodass eine Beurteilung, ob der Aufenthalt des Versicherten in dieser Einrichtung
in erster Linie der Krankenbehandlung oder der Sicherung eines Behandlungserfolgs diente, nicht ermöglicht wird.
(b) Dass im Rahmen einer AEB die Therapieangebote typischerweise "emotional belastender" sind als im Rahmen einer stationären
psychiatrischen Krankenhausbehandlung, ist für den Senat weder dem Therapiekonzept der Klägerin, dem Reha-Entlassungsbericht
der Einrichtung "Haus Sch" noch der von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) herausgegebenen "Arbeitshilfe
für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen" (abrufbar unter http://www.bar-frankfurt.de/upload/Arbeitshilfe_Abhängigkeit_172.pdf,
recherchiert am 3. Juni 2011) zu entnehmen.
(c) Da der Versicherte am 27. Mai 2004 aus der Lklinik E zum Antritt einer AEB entlassen wurde und demzufolge sowohl die Ärzte
dieses Krankenhauses als auch die Ärzte der die AEB bewilligenden LVA Brandenburg von einer zu diesem Zeitpunkt gegebenen
Rehabilitationsfähigkeit des Versicherten ausgingen, hätte es einer besonderen Begründung durch die Landesklinik Brandenburg
bedurft, warum der Versicherte ab dem 1. Juni 2004 - und somit erst recht ab dem 27. Juli 2004 - erneut der akutstationären
Behandlung bedurfte. Eine solche Begründung hat die Klägerseite nicht ansatzweise erbracht.
dd) Ferner bestehen Zweifel, ob überhaupt die typischen Mittel der Krankenhausbehandlung, insbesondere die von der Klägerseite
behauptete sog. S4-Behandlung, zum Einsatz kamen. Der Inhalt dieser Behandlungsformen ergibt sich aus der Anlage zur Psychiatrie-Personalverordnung
(PsychPV). Diese Verordnung regelt nach ihrem § 1 Abs. 1 die Maßstäbe und Grundsätze zur Ermittlung des Personalbedarfs für
Ärzte, Krankenpflegepersonal und sonstiges therapeutisches Fachpersonal in psychiatrischen Einrichtungen für Erwachsene sowie
für Kinder und Jugendliche mit dem Ziel, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche stationäre oder teilstationäre
Behandlung der Patienten zu gewährleisten, die einer Krankenhausbehandlung im Sinne des §
39 Abs.
1 SGB V bedürfen. Sie hat damit nicht nur eine spezifisch krankenhausfinanzierungsrechtliche, sondern eine unmittelbar auch krankenversicherungsrechtliche
Funktion; denn sie macht durch die Beschreibung von Tätigkeitsprofilen im Krankenhaus zugleich inhaltliche Vorgaben zur Behandlung
psychisch Kranker, indem sie dabei die Bedingungen einer modernen psychiatrischen Behandlung berücksichtigt (BSG, Urteil vom
16. Februar 2005, Az.: B 1 KR 18/03 R, veröffentlicht in Juris).
Anlage 1 zu dieser Verordnung enthält die inhaltliche Beschreibung der aufgabentypischen Schwerpunkte u.a. des Behandlungsbereichs
S ("Abhängigkeitskranke"). Der Teilbereich S4
(Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker) sieht für Alkohol- und Medikamentenabhängige mit anhaltenden psychiatrischen,
neurologischen und internistischen Begleit- und Folgeerkrankungen, mit erheblicher Rückfallgefahr und ohne die Möglichkeit
einer rehabilitativen Behandlung oder Entlassung in komplementäre Einrichtungen folgende Behandlungsziele vor: Bessern, Lindern,
Verhüten von Verschlimmerung, Befähigung zur rehabilitativen Behandlung, Eingliederung in komplementäre Einrichtungen und
ambulante Behandlung. Hierbei sollen medizinische Grundversorgung mit hohem ärztlichen und pflegerischen Aufwand sowie eine
suchtspezifische soziotherapeutisch mehrdimensionale Behandlung zum Einsatz kommen. Die Soziotherapie (vgl. §
37a SGB V) wird in Abschnitt I Ziffer 1 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung von
Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Soziotherapie-Richtlinien) in der Fassung vom 23. August 2001 wie folgt
definiert:
Schwer psychisch Kranke sind häufig nicht in der Lage, Leistungen, auf die sie Anspruch haben, selbständig in Anspruch zu
nehmen. Soziotherapie nach §
37 a SGB V soll ihnen die Inanspruchnahme ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen ermöglichen. Sie soll dem Patienten durch Motivierungsarbeit
und strukturierte Trainingsmaßnahmen helfen, psychosoziale Defizite abzubauen; der Patient soll in die Lage versetzt werden,
die erforderlichen Leistungen zu akzeptieren und selbständig in Anspruch zu nehmen. Sie ist koordinierende und begleitende
Unterstützung und Handlungsanleitung für schwer psychisch Kranke auf der Grundlage von definierten Therapiezielen. Dabei kann
es sich auch um Teilziele handeln, die schrittweise erreicht werden sollen.
Gründe, diese für den ambulanten Versorgungsbereich erstellte Legaldefinition nicht auch auf stationär erbrachte Soziotherapien
anzuwenden, sind nicht ersichtlich. Allerdings ist anhand der Patientenakte nicht erkennbar, dass im Falle des Versicherten
überhaupt eine Soziotherapie durchgeführt wurde. Zwar geht der Senat in Anschluss an eine entsprechende Erklärung der Klägervertreterin
in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass die in Bl. 84 bis 86 der Patientenakte enthaltene Verlaufsdokumentation von
Beratungsgesprächen die Tätigkeit von Sozialarbeitern oder -pädagogen wiedergibt. Für den hier streitigen Zeitraum finden
sich allerdings nur für 3 Tage Eintragungen, sodass bereits fraglich ist, ob die der Personalbemessung dienenden Zeitvorgaben
in § 5 Abs. 1 PsychPV - 77 Minuten wöchentlich je Patient - erreicht wurden. Jedenfalls waren Inhalt dieser Gespräche lediglich
technische Einzelheiten der vom Versicherten nach der Entlassung aus der Lklinik beanspruchbaren Sozialleistungen. Motivierungsarbeit
zum Abbau psychosozialer Defizite oder Hilfen zur Erlangung ärztlicher oder ärztlich verordneter Leistungen, jeweils auf der
Grundlage definierter Therapieziele, sind hingegen weder dieser Dokumentation noch dem Klägervorbringen zu entnehmen. Sind
aber Leistungen aus diesem gesetzlich vorgegebenen Teilbereich einer S4-Behandlung nicht erbracht worden, bleibt zweifelhaft,
ob überhaupt eine S4-Behandlung i.S.d. PsychPV durchgeführt wurde. Auch diese Zweifel wirken sich zu Ungunsten der insoweit
beweisbelasteten Klägerin aus.
2.) Mit ihrem Rückforderungsanspruch hat die Beklagte wirksam aufgerechnet.
a) Das SGB enthält zwar keine allgemeine Regelung der Aufrechnung. Für die Rechtsverhältnisse zwischen Leistungserbringern
und Krankenkassen ordnet §
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V in der seit dem 18. Dezember 2008 geltenden Fassung (neue Fassung - nF -) jedoch die entsprechende Anwendung der Vorschriften
des
BGB, somit auch der die Aufrechnung betreffenden §§ 387ff, an, soweit sie nicht - was hier nicht der Fall ist - mit dem Regelungssystem
des
SGB V unvereinbar sind (allgemein zur Aufrechnung als Institut des öffentlichen Rechts: BSGE 75, 283; 63, 224). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem ohne weitere sozialrechtliche Ermächtigungsnorm (BSGE 75, 283) gemäß §
389 BGB die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen zum Zeitpunkt des Eintritts der Aufrechungslage bewirkt wird, ist gemäß §
387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen.
Dies ist hier der Fall. Zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung der Beklagten im Juni 2005 standen sich ihre o.g. fällige
Erstattungsforderung und die in der o.g. "Sammel-Ausgabeanordnung" aufgelisteten, erfüllbaren Vergütungsansprüche der Klägerin
als gleichartige Forderungen gegenüber.
b) Der Aufrechnung seitens der Beklagten steht die von ihr mit Erfüllungswirkung (§
366 BGB) vorgenommene Zahlung nicht entgegen. Denn der Krankenkasse bleiben etwaige Einwendungen gegen Grund und Höhe der geltend
gemachten Behandlungskosten trotz der Zahlung erhalten; die Rückforderung und die Möglichkeit späterer Aufrechnung gegen unbestrittene
Forderungen des Krankenhauses aus anderen Behandlungsfällen werden durch die Zahlung nicht ausgeschlossen (BSG, Urteil vom
20. November 2008, Az.: B 3 KN 4/08 KR R, veröffentlicht unter www.bundessozialgericht.de, m.w.N.).
c) Die Beklagte hat die Aufrechnung auch wirksam gegenüber der Klägerin (§
388 BGB) erklärt.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.