Kostensachen; Erinnerungen PKH, KFB, RVG - reformation in peius; Universaldienstleistungen der Postdienste; Vergütungsvereinbarung
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Festsetzung einer höheren Vergütung für eine ergänzende Stellungnahme zu einem von ihm erstatteten
medizinischen Sachverständigengutachten.
Zwischen dem Sächsischen Landessozialgericht (LSG) und dem Antragsteller besteht seit dem 07.04.2011 eine Vereinbarung nach
§ 14 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG), wonach der Antragsteller für ein vom LSG in Auftrag gegebenes Gutachten 850 €, für eine Stellungnahme, die nach einer Gutachtenserstattung
auf gerichtliche Anforderung abgegeben wird, hingegen eine Pauschalvergütung von 100 € erhält.
In einem vor dem LSG geführten Berufungsverfahren (L 6 U 172/10) über die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurde der Antragsteller mit Beweisanordnung
vom 28.06.2011 zum ärztlichen Sachverständigen auf orthopädischem Fachgebiet ernannt und mit der Erstellung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens nach den §§
106,
109 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu mehreren Beweisfragen beauftragt. Das Gutachten wurde am 03.08.2011 erstattet.
Mit Verfügung des Senats vom 04.12.2012 wurde der Antragsteller um eine ausführliche ergänzende Stellungnahme zu seinem Gutachten
vom 03.08.2011 gebeten, dem er mit Schreiben vom 07.02.2013 nachkam. Für diese ergänzende Stellungnahme machte der Antragsteller
mit Vergütungsantrag vom gleichen Tage insgesamt 493,77 € geltend; im einzelnen berechnete er als Vergütung für die Leistung
als Gutachter 390 € (Zeitaufwand von sechseinhalb Stunden à 60 €), Schreibauslagen in Höhe von 13,03 €, Portokosten in Höhe
von 11,90 € und Umsatzsteuer auf die Gesamtsumme in Höhe von 78,84 €. Der Anweisungsbeamte des Sächsischen LSG kürzte mit
Verfügung vom 12.02.2013 die Vergütung auf insgesamt 148,67 €, weil für die gutachterliche Leistung in der ergänzenden Stellungnahme
nach der Pauschalvereinbarung nur 100 € geschuldet seien; dadurch verringere sich auch die zu erstattende Umsatzsteuer. Gegen
die geringere Vergütung der gutachterlichen Leistung richtet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung
der Vergütung vom 21.03.2013. Er ist der Auffassung, dass es sich bei der ergänzenden Stellungnahme um eine ausführliche Nachbegutachtung
gehandelt habe.
Die Akten des Verfahrens L 6 U 172/10 einschließlich der dazugehörigen erstinstanzlichen Gerichtsakte und des Kostenhefts waren beigezogen.
II.
Über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG beantragte richterliche Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter
(§ 4 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 JVEG). Hierbei ist er weder an den Antrag des Sachverständigen noch an die Verfügung des Anweisungsbeamten gebunden. Denn der
Antrag nach § 4 Abs. 1 JVEG ist kein Rechtsbehelf; die gerichtliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 JVEG stellt daher keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige
Festsetzung, die die vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungswege sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis
gegenstandslos macht. Das Gericht, das eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vornimmt, kann die Entschädigung
daher auch niedriger festsetzen, als zuvor der Kostenbeamte; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (vgl. Landessozialgericht
München, Beschluss vom 21.11.2013 - L 15 SF 9/13 - juris RdNr. 14; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 4 JVEG RdNr. 10; Binz in: Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 2. Aufl., § 4 JVEG RdNr. 6 m. w. N.).
1. Die Vergütung für das erstattete Sachverständigengutachten ist auf insgesamt 146,96 € festzusetzen. Dies ist die Summe
aus dem Honorar für die Leistung des Sachverständigen in Höhe von 100 € (hierzu unter lit. a), den Schreibauslagen in Höhe
von 13,50 € (hierzu unter lit. b), der Umsatzsteuer auf die drei vorangegangen Positionen in Höhe von 21,56 (hierzu unter
lit. c) und den hier unstreitigen Portokosten von 11,90 €.
a) Das Honorar für die Leistung der Sachverständigen ist abweichend von Antrag des Sachverständigen auf 100 € festzusetzen.
Hierbei ist zu beachten, dass zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner eine wirksame Vergütungsvereinbarung besteht.
Denn mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder eine von diesen bestimmte
Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, § 14 JVEG. Diese Anforderungen erfüllt die Vereinbarung zwischen dem Sächsischen LSG und dem Antragsteller vom 07.04.2011 unstreitig.
Eine solche Vergütungsvereinbarung hat aber zur Folge, dass abweichend hiervon keine andere Vergütung festgesetzt werden darf
(Hartmann, Kostengesetze, § 14 JVEG, RdNr. 1; so wohl schon Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 09.01.2006 - 8 W 611/05 - juris RdNr. 21 zur fast inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 13 des Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen [ZSEG] sowie Hessisches LSG, Beschluss vom 20.11.1969 - L 9/S - 5/68, in: Breithaupt 1970, Seiten 805, 808), weil es in der
Natur einer solchen Vereinbarung liegt, dass diese abschließend die zum Vertragsgegenstand gemachten Dienstleistungen und
deren Vergütung regelt. Nach dieser Vereinbarung ist die hier abzurechenden Leistung des Antragstellers wegen des Vorgutachtens
vom 03.08.2011 und der ihm am 04.12.2012 aufgegebenen Fragestellung nicht als eigenständiges Gutachten, sondern als Stellungnahme
nach Gutachtenserstellung zu qualifizieren, die nach der Vereinbarung mit 100 € zu vergüten ist.
Der Antragsteller kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, die Vergütung sei allein wegen des Umfangs der Stellungnahme
und des Aufwandes bei ihrer Erstellung nicht angemessen. Denn ob die vertraglich vereinbarte Entschädigung angemessen oder
kostendeckend ist, obliegt nicht der Überprüfung des die Vergütung festsetzenden Gerichts (Hessisches LSG, Beschluss vom 20.11.1969,
aaO.; Hartmann, aaO., RdNr. 8), weil es nicht einschätzen kann, welche Motive (Aussicht auf häufigere Inanspruchnahme, Mischkalkulation,
Verwaltungs- und Abrechnungsvereinfachung) die Vertragsparteien zum Abschluss der Vereinbarung bewegt haben, die in aller
Regel (geringfügig) geringere, wegen § 14 JVEG jedoch niemals höhere als die individuell abzurechenden Vergütungen zum Inhalt haben.
b) Die Schreibauslagen sind mit 13,50 € zu beziffern. Dies ist das Produkt aus 18 und 0,75 €. Denn für die Erstellung des
schriftlichen Stellungnahme werden 0,75 Euro je angefangene 1.000 Anschläge ersetzt, § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung, die auf die am 07.02.2013 erstattete ergänzende Stellungnahme noch anzuwenden
ist. Nach der vorgelegten Wortanalyse hatte dieses Gutachten aber 17.374 Zeichen.
c) Als Umsatzsteuer sind gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4JVEG nur 21,56 € zu erstatten. Dies sind 19 v. H. von 113,50 €, der
Summe aus den drei oben genannten Positionen. Für das Porto ist keine Umsatzsteuer zu ersetzen, weil dieses als Vergütung
für eine Universaldienstleistung der Postdienste nach § 4 Nr. 11b des Umsatzsteuergesetzes umsatzsteuerbefreit ist.
2. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG). Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).