Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er im Rahmen seiner Honorarabrechnungen nicht verpflichtet ist, der Beklagten die
den Behandlungsfällen zugrunde liegenden Diagnosen bekannt zu geben.
Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In weiteren Verfahren (L 4 KA 35/16, L 4 KA 36/16 und L 4 KA 38/16 sowie dem von diesem Rechtsstreit abgetrennten Verfahren L 4 KA 54/18, die sämtlich ruhend gestellt sind) macht der Kläger ein höheres Honorar für die Quartale I/2012 und III/2012 bis I/2013
geltend. Zugleich mit seinen Widersprüchen gegen die entsprechenden Honorarabrechnungen (diesem Verfahren lag der Honorarbescheid
III/2012 vom 14. Januar 2013 zugrunde) wandte der Kläger sich gegen die Verpflichtung, die Diagnosen der Patientinnen und
Patienten nach dem ICD-10-Schlüssel anzugeben. Hierzu führte er aus, er könne keine Diagnosen stellen, wenn er in probatorischen
Sitzungen festgestellt habe, dass bei den Patientinnen oder Patienten keine Beschwerden mit Krankheitswert vorlägen, die einer
Krankenbehandlung zuzuführen seien. Eine Diagnostik nach den Psychotherapievereinbarungen und Psychotherapierichtlinien wäre
strafbar, weil er dann ein unrichtiges Gesundheitszeugnis ausgestellt hätte. Gleichwohl habe er die Leistungen erbracht. Den
Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 6. Dezember 2013 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Er hat im Rahmen der Anfechtung des Honorarbescheides
III/2012 und des Widerspruchsbescheides die Feststellung begehrt, dass er berechtigt sei, probatorische Sitzungen auch ohne
Angaben einer ICD-10-Verschlüsselung abzurechnen. Das Erfordernis, Diagnosen anzugeben, verstoße gegen Datenschutzbestimmungen.
§
295 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) sei auf Psychotherapeuten nicht anwendbar. Das folge bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der sich von der Regelung
in §
294 SGB V unterscheide und sich nur auf Ärzte beziehe. Die Angabe der Diagnosen in der Abrechnung diene dem Zweck, der Krankenkasse
die Prüfung ihrer Leistungspflicht zu ermöglichen. Diese Zweckbestimmung betreffe Psychotherapeuten nicht, denn deren Leistung
erfolge nach festgesetzten Zeiteinheiten im Rahmen des Gutachterverfahrens und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung finde nicht
statt. Es erfolge auch keine Plausibilitätsprüfung, da durch das Gutachterverfahren die Wirtschaftlichkeit der Behandlung
sichergestellt werde. Dem Datenschutz der Patientinnen und Patienten werde dadurch Rechnung getragen, dass dem Gutachter gemäß
§ 12 Abs. 15 Psychotherapie-Vereinbarung die Daten nur im Wege einer Pseudonymisierung zugänglich gemacht würden. Diese sei
notwendig, um das Psychotherapeuten-Patienten-Verhältnis vertrauensvoll zu erhalten. Als er einigen Patientinnen und Patienten
mitgeteilt habe, dass er verpflichtet sei, die Diagnosen bei der Abrechnung zu benennen, habe dies Unverständnis und Empörung
zur Folge gehabt und ein Patient habe die Therapie daraufhin abgebrochen. Die Nennung der Diagnosen sei ein Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht der Patientinnen und Patienten. Dies gelte erst recht, wenn über eine probatorische Sitzung hinaus keine
weitere Behandlung erfolge. Es wäre sinnlos und unwahr, in dem Fall eine Verdachtsdiagnose zu benennen. Die probatorischen
Sitzungen dienten unter anderem zur Abfrage der psychischen Beschwerden und der Diagnosestellung, nicht jedoch der Überprüfung
einer bereits gestellten Diagnose. Die Diagnosen würden auch nicht für den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich
benötigt. Bis 2011 habe die Beklagte die Übermittlung der Diagnosen nicht verlangt, obwohl §
295 SGB V bereits seit 1992 in Kraft sei.
Ausgehend von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen die Honorarabrechnung für das Quartal III/2012 hat der Kläger
schriftlich beantragt,
die Honorarabrechnung für das Quartal III/2012 vom 14. Januar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. No- vember
2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat schriftlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend ausgeführt, die Verpflichtung, die Diagnosen
der Patientinnen und Patienten in der Honorarabrechnung mitzuteilen, ergebe sich aus §
295 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB V, der gemäß §
285 Abs.
4 SGB V auf den Kläger anwendbar sei. Ferner werde in §
294 SGB V der Bezug der Vorschrift zu den Psychologischen Psychotherapeuten hergestellt. Schließlich habe der Kläger § 44 Abs. 4 Bundesmantelvertrag/Ärzte
über die sonstigen Abrechnungsregeln zu beachten. Diese Rechtslage sei nicht verfassungswidrig, denn die Daten würden in verschlüsselter
Form übermittelt und der Datenzugriff sei zweckbezogen und bereichsspezifisch. Die Angabe der Diagnosen diene der Prüfung
der Leistungspflicht der Krankenkasse. Die Diagnose sei für Plausibilitätsprüfungen und für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit
von Bedeutung. Nach § 23a Psychotherapie-Richtlinie (PsychothRL) seien vor der ersten Antragstellung bis zu fünf, bei der
analytischen Psychotherapie bis zu acht probatorische Sitzungen möglich (jetzt § 12 Abs. 3 PsychothRL: mindestens zwei, höchstens
vier Sitzungen vor einer Richtlinientherapie). Daraus folge, dass nicht jeder psychotherapeutischen Behandlung probatorische
Sitzungen vorausgehen müssten. Mit Einführung des §
87a in das
SGB V sei in §
285 Abs.
2 die Angabe "Absatz
1 Nr.
5, 6 sowie § 106a und § 305" durch die Angabe "Absatz 1 Nr. 2, 5, 6 sowie den §§ 106a und 305" ersetzt worden. Danach dürften
die kassenärztlichen Vereinigungen Einzelangaben über die persönlichen und sachlichen Verhältnisse der Versicherten erheben
und speichern, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sei. Ferner seien die Daten für die Bestimmung der jeweils
jahresbezogenen Veränderungen der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer KV erforderlich.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Im Einvernehmen der Beteiligten mit der vorgesehenen Verfahrensweise hat das Sozialgericht Kiel ohne mündliche Verhandlung
mit Urteil vom 14. Juni 2016 entschieden und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Verpflichtung
für die Ärzte, in ihrer Honorarabrechnung die Diagnosen nach der internationalen Klassifikation der Krankheiten in der jeweiligen
vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen
Fassung zu verschlüsseln, ergebe sich aus §
295 Abs.
1 Satz 2
SGB V. Nach ihrer systematischen Stellung im Gesetz sei die Vorschrift auch auf Psychotherapeuten anwendbar. Die Verpflichtung
ergebe sich ferner aus § 44 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä). Der Datenzugriff sei zweckbezogen und bereichsspezifisch geregelt, dadurch sei ein ausreichender Schutz gegen die zweckwidrige
Verwendung sensibler Diagnosen gewährleistet. Diese Regelung sei nicht verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht habe
die Verschlüsselung nach dem ICD-10 im Bereich der Versorgung von Versicherten des
SGB V mit Beschlüssen vom 11. September 1996 (1 BvR 630/93) und 10. April 2000 (1 BvR 422/00) als mit den Grundrechten vereinbar angesehen. Auch für probatorische Sitzungen sei die Verpflichtung angemessen und verhältnismäßig.
Diese dienten auch dazu, eine psychische Erkrankung auszuschließen, sie würden aber nicht ohne den Verdacht auf eine Erkrankung
durchgeführt. Daher könne im Zweifelsfall auch diese Verdachtsdiagnose im Rahmen der Verschlüsselung nach dem ICD-10 angegeben
werden.
Gegen die seinen Prozessbevollmächtigten am 27. Juni 2016 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers,
die am 12. Juli 2016 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Neben der Anfechtung des Urteils des
Sozialgerichts Kiel und des Honorarbescheides für das Quartal III/2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. November
2013 begehrt der Kläger (prozessual) die Feststellung, dass er nicht zur Angabe der Diagnosen verpflichtet sei. Der Senat
hat mit Beschluss vom 24. Juli 2018 den Rechtsstreit insoweit abgetrennt, wie der Kläger ein höheres Honorar für das Quartal
III/2012 begehrt und diesen Verfahrensteil unter dem Aktenzeichen L 4 KA 54/18 fortgeführt.
Zur Begründung seines Feststellungsantrages führt der Kläger ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag aus, bereits der
Wortlaut des § 295 spreche gegen dessen Anwendung auf Psychologische Psychotherapeuten. Die Vorschrift sei verfassungskonform
zu reduzieren. Nach §
27 Abs.
1 Satz 4
SGB V gälten psychisch Erkrankte als besonders schutzwürdig. Dies stelle zwar keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, müsse
jedoch in die Auslegung der übrigen Normen einfließen. Die Angabe der Diagnose diene der Prüfung, ob die Krankenkasse leistungspflichtig
sei. Dies gelte nicht für Psychotherapeuten, denn das Gutachterverfahren kläre bereits die Wirtschaftlichkeit der Behandlung.
Die erforderliche Datenerhebung finde im Gutachterverfahren statt. Der Datenschutz sei vor allem dann zu beachten, wenn über
eine probatorische Sitzung hinaus keine weitere Behandlung erfolge. Hier eine Diagnose anzugeben, wäre nicht nur unwahr, sondern
hätte die Gefahr einer Stigmatisierung für die Patientinnen und Patienten zur Folge. Psychiatrische Diagnosen würden häufig
in anderen Arztbriefen aufgegriffen. Dies könne für die Patienten bei privaten Vertragsabschlüssen nachteilig sein. Probatorische
Sitzungen dienten dazu, die psychischen Beschwerden und die Diagnosestellung abzufragen, nicht aber einen bestehenden Verdacht
zu erhärten. Die Daten seien auch nicht für die Ermittlung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs erforderlich,
denn dieser enthalte die Diagnosen ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Ärzte nicht. Die Leistungen von Psychotherapeuten
würden extrabudgetär zeitgebunden und unabhängig von der Schwere der Erkrankung immer gleich vergütet. §
285 Abs.
2 SGB V erlaube die Erhebung und Speicherung von Einzeldaten über persönliche und sachliche Verhältnisse der Versicherten nur zur
Erfüllung der Aufgaben gemäß §
85 Abs.
1 Nr.
2, 5 und 6
SGB V. Dies sei bei ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten oder Psychologen nicht anwendbar. Die Weitergabe der Diagnosen
sei im Übrigen nur an die Krankenkasse, nicht aber an die Kassenärztliche Vereinigung erlaubt. Schließlich rügt er die Besetzung
des Sozialgerichts, da das Urteil andere Richter gefällt hätten als diejenigen, die in der mündlichen Verhandlung am 23. Februar
2016 teilgenommen hätten.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass er nicht verpflichtet sei, die Diagnosen der Patientinnen und Patienten verschlüsselt nach dem ICD-10
in seiner Honorarabrechnung zu benennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Verpflichtung des Klägers, die Behandlungsdiagnosen zu benennen, ergebe sich aus seiner Einbindung in das
vertragsärztliche System. Die Angabe der Diagnose diene unter anderem der Prüfung der Leistungspflicht der Krankenkasse einschließlich
eventueller Regressmöglichkeiten. Sie werde für Plausibilitätsprüfungen und für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit benötigt.
Ferner sehe das Abrechnungssystem die Angabe der Diagnosen vor. Die Notwendigkeit, die Diagnosen in der Abrechnung zu benennen,
sei eine Berufsausübungsregelung, die durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werde. Die Gemeinwohlsaufgabe
liege in der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Hierfür könnten die Leistungserbringer
einbezogen werden, denen andererseits besondere Vorteile aus dem Vertragsarztsystem erwüchsen. Entgegen der Auffassung des
Klägers spielten die Diagnosen bei der Morbiditätsorientierung der Gesamtvergütung eine Rolle. Es sei nicht verfassungswidrig,
dass für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten hiervon keine Ausnahmen gemacht worden seien.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
In der mündlichen Verhandlung haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verfahrensakte vorgelegen. Zur Ergänzung der
Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 14. Juni 2016 ist zulässig. Ausgehend von einer Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage gemäß §
54 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist sie auch gemäß §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingegangen.
Die Berufung des Klägers ist auch insoweit zulässig, als der Kläger - erstmalig - in der Berufungsverhandlung einen Feststellungsantrag
gestellt hat. Gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden.
Die Voraussetzungen hierfür liegen vor. Das Rechtsverhältnis in diesem Sinne ist die Rechtsbeziehung zwischen Personen oder
zwischen Personen und Gegenständen, die sich aus einem Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen
untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl., §
55 Rn. 4). Zur Klärung abstrakter Rechtsfragen darf eine Feststellungsklage nicht erhoben werden. Die Feststellung eines Rechtsverhältnisses
ist auch von der Elementenfeststellungsklage abzugrenzen, bei der lediglich einzelne Tatbestandsmerkmale überprüft werden
(Keller, aaO, Rn. 5,9). Dem Kläger geht es jedoch nicht um eine abstrakte Rechtsfrage, die er geklärt wissen will, denn die
Notwendigkeit, in der Honorarabrechnung die Diagnosen für die Behandlungsfälle zu benennen, stellt sich für ihn mit jeder
Quartalsabrechnung erneut. Das Vorgehen des Klägers betrifft nicht die Feststellung einzelner Leistungs- oder Abrechnungselemente,
weil es bei dieser Verpflichtung nicht um ein einzelnes Tatbestandselement geht, sondern weil seine eigenen konkreten Pflichten
hiervon betroffen sind. Eine Feststellungsklage muss nicht auf die Feststellung des Rechtsverhältnisses im Ganzen gerichtet
sein, sondern sie kann auch im Rahmen eines bestehenden Rechtsverhältnisses einzelne darin angelegte Rechte oder Pflichten
betreffen.
Nach dem Wortlaut des §
55 Abs.
1 SGG, der ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung verlangt, ist die Feststellungsklage gegenüber anderen Klagen
subsidiär. Dieses Feststellungsinteresse fehlt, wenn ein Kläger mit einer anderen, insbesondere einer weitergehenden Klageart
sein prozessuales Ziel erreichen kann. Die Frage, wann ein Feststellungsinteresse besteht, richtet sich nach Maßgabe des Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz. Es muss einem jeden Kläger der Weg eröffnet sein, die Frage, ob er die Diagnosen benennen muss, gerichtlich überprüfen zu
lassen. Theoretisch wäre dies zwar möglich, indem er die Diagnosen nicht benennt und einen ablehnenden Honorarbescheid erhält,
den er anfechten könnte. Jedoch ist es dem Kläger nicht zumutbar, sehenden Auges die Versagung seiner Honorierung zu riskieren,
um seine Verpflichtung zur Angabe der Diagnosen zu klären. Daher muss ihm die Möglichkeit eröffnet sein, die Frage abstrakt
und im Vorhinein gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies ist jedoch nur im Rahmen der Feststellung möglich.
Es ist zulässig, dass der Kläger den Feststellungsantrag (prozessual) erst im Berufungsverfahren gestellt hat. Denn das (materielle)
Feststellungsbegehren war in seinen Anfechtungsklagen gegen die Quartale I/2012 und III/2012 bis I/2013 (L 4 KA 35/16, L 4 KA 36/16, L 4 KA 38/16, L 4 KA 54/18) bereits enthalten. Es kann angesichts dessen dahingestellt bleiben, ob in der Umstellung des Antrags im Hinblick auf ein
Feststellungsbegehren eine Klageänderung im Sinne des §
99 SGG zu sehen ist. Denn selbst wenn man eine Klageänderung bejaht, ist diese zulässig. Nach §
99 Abs.
1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich
hält. Die Einwilligung der Beklagten liegt bereits vor, denn eine solche ist nach §
99 Abs.
2 SGG dann anzunehmen, wenn ein Beteiligter sich ohne der Änderung zu widersprechen in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen
Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat. Die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung ohne eine Rüge einen Klageabweisungsantrag
gestellt. Allerdings liegt keine Einwilligung der Beigeladenen vor, die an der Berufungsverhandlung nicht teilgenommen haben.
Dies ist jedoch unerheblich. Denn der Senat hält die Änderung für sachdienlich im Sinne des §
99 Abs.
1, 2. Alt.
SGG. Nachdem der Kläger wegen der vorangegangenen Quartale I bis IV/2011 die Honorarentscheidungen angefochten und das Bundessozialgericht
mit Urteil vom 11. Oktober 2017 (B 6 KA 8/16 R) seine Sprungrevision abgewiesen hatte und der Kläger nach seinem eigenen Bekunden dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt
hat, war es nicht sachgerecht, über die Honorarabrechnungen der Quartale I/2012 und III/2012 bis I/2013, in denen sich die
Problematik der Vergütung der Leistungen ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Ärzte und Psychologen in gleicher Weise
stellte, erneut zu entscheiden; der insoweit gestellte Ruhensantrag der Beteiligten war daher sachgerecht. Es verblieb somit
allein das Feststellungsbegehren des Klägers, dass er zuvor im Rahmen der Anfechtungen der Honorarabrechnungen geltend gemacht
hatte.
Die Berufung ist nicht begründet. Der Senat ist der Auffassung, dass ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychologen
in gleicher Weise wie andere Ärzte verpflichtet sind, auch für die Abrechnung der in probatorischen Sitzungen erbrachten Leistungen
die Diagnosen der Patientinnen und Patienten zu benennen.
Nach §
295 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB V sind die "an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen" verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen
für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher
Behandlung mit den Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und -befunden, aufzuzeichnen und zu übermitteln.
Diese Verpflichtung trifft auch Psychologische Psychotherapeuten. Unerheblich ist es dabei, dass §
295 SGB V nur die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen, nicht aber Psychologische Psychotherapeuten
benennt und dass in §
294 SGB V der Wortlaut weiter gefasst ist, indem dort "die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen
Leistungserbringer" verpflichtet sind. Denn §
285 Abs.
4 SGB V übt eine Klammerwirkung aus, indem er die Vorschriften des Kapitels, die den Datenaustausch zwischen den Ärzten und den Kassenärztlichen
Vereinigungen zum Gegenstand haben, auch auf Psychotherapeuten, Zahnärzte und Kassenzahnärztliche Vereinigungen erstreckt,
also auf alle Leistungserbringer im Vertragsarztsystem. Eine Beschränkung des §
295 Abs.
1 SGB V allein auf Ärzte würde eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung und unzulässige Ungleichbehandlung zwischen Psychologischen
Psychotherapeuten und ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten bewirken, die ebenso wie die Psychologischen Psychotherapeuten
ausschließlich die Leistungen des Abschnitts 35 EBM abrechnen. §
294 SGB V ist eine allgemeine Vorschrift für die Übermittlung der für die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung notwendigen
Angaben, die es erfordert, hier alle - auch die nichtärztlichen - Leistungserbringer einzubeziehen. Dagegen behandelt §
295 SGB V die erforderlichen Angaben allein für die Vergütung der vertragsärztlichen (einschließlich der psychotherapeutischen) Leistungen.
Es wäre daher systemwidrig, hier die nichtärztlichen Leistungserbringer ebenfalls zu benennen.
Die Verpflichtung, die Diagnosen der Fälle zu benennen, folgt ferner aus § 44 BMV Ä, der die Angabe der Diagnosen ebenfalls
als verpflichtend ansieht und der gemäß § 1 Abs. 4 BMV-Ä auch für Psychologische Psychotherapeuten gilt. Die Gleichstellung der psychotherapeutischen Versorgung, an der auch psychologische
Psychotherapeuten teilnehmen, mit der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen des BMV-Ä folgt aus § 2 Absatz 1 Nr. 13 BMV-L, der die psychotherapeutische Behandlung, auch durch psychologische Psychotherapeuten, als Teil der vertragsärztlichen
Versorgung definiert. Mithin sind die Psychologischen Psychotherapeuten gesetzlich und vertraglich zur Angabe der Diagnosen
verpflichtet. §
295 SGB V bestimmt hierfür die verschlüsselte Form.
Dieses Normengefüge verletzt die Vertragsärzte nicht in ihren geschützten Grundrechten (BVerfG vom 10. April 2000 - 1 BvR 422/00 - SozR 3-2500 § 295 Nr. 2 und vom 7. Februar 1996 - 1 BvR 2399/95 - NZS 1996, S. 223). Die Regelung des §
295 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB V ist bereits durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, S. 2266) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 eingefügt worden. Die Vorschrift normierte die vorher aus der Generalklausel des § 368
Reichsversicherungsordnung abgeleitete entsprechende Verpflichtung zur Angabe von Daten (Luthe in Hauck/Noftz,
SGB V, §
295 Rn. 4). Die Angabe der Diagnosen soll den gesetzgeberischen Zweck verfolgen, der Krankenkasse die Prüfung ihrer Leistungspflicht
zu ermöglichen und die Zwecke der Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu erfüllen (BT-Drucks. 12/3608, S. 122). Bezeichnenderweise
hat das BVerfG in der Entscheidung vom 10. April 2000 (aaO) einen Grundrechtseingriff nicht unter dem Gesichtspunkt thematisiert,
dass Ärzte überhaupt verpflichtet sind, Diagnosen an die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen weiterzugeben, sondern
lediglich unter dem Blickwinkel der Pflicht zur Verschlüsselung der Angaben. Die Erhebung und Weitergabe von Patientendaten
zum Zwecke der Abrechnung selbst ist auch unter datenschutzrechtlichen Bestimmungen im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Abrechnungssystems
verfassungsgemäß (BSG vom 10. Dezember 2008 B 6 KA 37/07 R - SozR 4-2500 § 295 Nr. 2). Bei der Verpflichtung zur verschlüsselten Weitergabe der Diagnosen handelt es sich um einen Eingriff
in die durch Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit auf der Ebene einer Berufsausübungsregelung. Solche Eingriffe sind zulässig, wenn sie
durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet
und erforderlich sind und die durch sie bewirkte Grundrechtsbeschränkung den Betroffenen zumutbar ist. Dabei ist die Sicherung
der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang (BVerfG vom 25. Oktober
1977 - 1 BvR 173/75 - BVerfGE 46, 246; BVerfG vom 31. Oktober 1984 - 1 BvR 35/82, 1 BvR 356/82, 1 BvR 794/82 - SozR 5495 Art. 5 Nr. 1). Zur Verwirklichung dieses Ziels darf der Gesetzgeber gerade auch die Leistungserbringer innerhalb
der vertragsärztlichen Versorgung in die Pflicht nehmen, denen andererseits besondere Vorteile durch die Einbeziehung in das
öffentlich-rechtliche System des Vertragsarztrechts erwachsen. Im Rahmen ihrer Einbeziehung unterliegen sie in erhöhtem Maße
der Einwirkung sozialstaatlicher Gesetzgebung, durch die zur Sicherung der finanziellen Stabilität in das System regulierend
eingegriffen wird. Für die vom Gesetzgeber anvisierten Zwecke ist die Weitergabe der Verschlüsselungsdaten erforderlich und
verhältnismäßig (BVerfG vom 10. April 2000, aaO). Bei der im Einzelnen ausdifferenzierten Vergütungsstruktur nach dem
SGB V mit der wechselseitigen Abhängigkeit der Leistungserbringer vom Verhalten der anderen ist es von überragender Bedeutung,
dass abgerechnete ärztliche Handlungen angesichts der jeweils gestellten Diagnosen erforderlich und wirtschaftlich sind. Anderenfalls
ergeben sich nicht nur Unregelmäßigkeiten bei der Vergütung des einzelnen Arztes, sondern Budgetverschiebungen zulasten der
Gesamtheit aller Vertragsärzte. Als Gemeinwohlbelang tritt hier neben die Volksgesundheit das Funktionieren des vertragsärztlichen
Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Aus seiner Bindung in das Vertragsarztsystem folgt für den einzelnen Arzt, dass
er an einer ordnungsgemäßen und auch kontrollierbaren Abrechnung mitzuwirken hat.
Dies gilt in gleicher Weise für Psychologische Psychotherapeuten. Zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass die antragsgebundenen
Leistungen gemäß Abschnitt 35.2 des EBM außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden (vergleiche HVM
der Beklagten in der Fassung vom 28. August 2013, Teil B II Nr. 23), dass ihre Durchführung an einen vorherigen Antrag sowie
eine Genehmigung gebunden ist und dass die Leistungen Zeittakt bezogen sind. Dies besagt aber nicht, dass sie nicht ebenso
wie andere Leistungen überprüfungsbedürftig sind. Denn die Durchführung des Genehmigungsverfahrens mitsamt der Begutachtung
besagt lediglich, dass eine psychotherapeutische Behandlung notwendig ist, sagt aber nichts über deren wirtschaftliche Durchführung.
Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die probatorischen Leistungen gemäß Nr. 35150 EBM, hinsichtlich derer der
Kläger vor allem Bedenken gegenüber einer Angabe der Diagnosen hat, zwar ebenfalls außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung
vergütet werden, jedoch erfordert die Durchführung dieser Leistungen keinen Antrag und keine Genehmigung. Die Kontrollbedürftigkeit
der Leistungserbringung besteht hier daher in höherem Maße als bei den Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBM. Das Wirtschaftlichkeitsgebot
des §
12 SGB V erstreckt sich auf alle diese Leistungen. Das Gebot muss zwingend durch die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß §
106a SGB V durchgesetzt werden; der gesetzliche Auftrag an die Prüfungsgremien erstreckt sich auf alle ärztlichen Leistungsbereiche
und auf alle Arztgruppen (BSG vom 18. Juni 1997 - 6 RKa 42/96 - SozR 3-2500 §
106 Nr. 40; Engelhard in Hauck/Noftz,
SGB V §
106 Rn. 71: auch auf Psychotherapeuten). Es wäre daher unzulässig, die psychotherapeutischen Leistungen von jeglicher Kontrolle
durch die Prüfgremien auszunehmen. Dies hätte zur Folge, dass psychotherapeutische Leistungen nur einmal, nämlich anlässlich
der im Rahmen des Genehmigungsverfahrens durchzuführenden Begutachtung, zum Gegenstand einer Kontrolle gemacht würden, im
Anschluss daran jedoch nicht mehr. Über die lange Dauer der psychotherapeutischen Behandlungen wäre dies jedoch nicht hinnehmbar.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch psychotherapeutische Behandlungen Gegenstand von Plausibilitätsprüfungen
im Sinne des § 7 Abrechnungsprüfungs-Richtlinien (AbrPr-RL) sind. Gerade durch den vorgegebenen Zeitbezug dieser Leistungen
kann es zu einer Überschreitung der für Auffälligkeiten Anlass gebenden Zeitkorridore kommen. § 7 Abs. 3 AbrPr-RL bestimmt,
dass dann, wenn die regelhaft durchgeführte Plausibilitätsprüfung Abrechnungsauffälligkeiten ergibt, ergänzende Plausibilitätsprüfungen
nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 AbrPr-RL durchgeführt werden müssen. Hierfür kann es jedoch erforderlich sein, die Diagnosen
zu kennen, um Vergleiche mit anderen Ärzten der Fachgruppe oder Ärzten anderer Gruppen, die psychotherapeutische Leistungen
durchführen, anzustellen, insbesondere wenn es darum geht, Besonderheiten der Praxis oder der Behandlungsfälle herauszustellen.
Ferner kann die Angabe der Diagnosen unabhängig von der Wirtschaftlichkeitsprüfung erforderlich sein, um das Vergütungsvolumen
der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu ermitteln, unabhängig davon, dass diese Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung vergütet werden. Denn gleichwohl muss das Vergütungsvolumen, das den Psychotherapeuten zur Verfügung steht,
berechnet werden. Dieses gebietet bereits §
87b Abs.
2 Satz 3 (a.F., jetzt Satz 4)
SGB V, der bestimmt, dass im Verteilungsmaßstab Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten,
der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der
Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch
tätigen Ärzte zu treffen sind, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Daraus folgt, dass ebenso
wie bei den anderen Facharztgruppen und den Hausärzten der Leistungsumfang der psychotherapeutischen Leistungserbringer bemessen
werden muss. Es liegt auf der Hand, dass sich dieser Leistungsumfang qualitativ ermisst und nicht allein nach Zeiteinheiten
errechnet.
Insgesamt kommt der Senat somit zu dem Ergebnis, dass im Bereich der psychotherapeutischen Behandlung in gleicher Weise wie
bei den übrigen Vertragsärzten sachliche Gesichtspunkte für die Erforderlichkeit der Angabe der Diagnosen gegeben sind, die
den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Psychotherapeuten rechtfertigt.
Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Die Verpflichtung zur Angabe der Patientendiagnosen hat keinen bezifferbaren Wert. Daher bestimmt sich der Streitwert nach
dem Auffangwert.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.