Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge
Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht
Aufrechterhaltener Beweisantrag
1. Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende
Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht
gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten
erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen
Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme
beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt
aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
2. Ein in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags
gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten
hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt.
3. Nach Sinn und Zweck des §
160 Abs.
2 Nr.
3 Halbs. 2
SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch
einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
noch nicht als erfüllt ansieht.
Gründe:
Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 10.5.2017 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG).
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 1.8.2017 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form,
weil der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 S 3
SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren
Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Ein - wie hier - in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener
Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in
seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch
einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
(§
103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52).
Es reicht daher nicht aus, lediglich vorzutragen, die Klägerin habe bereits mit Schriftsatz vom 22.11.2013 die Einvernahme
von Prof. Dr. R. und Dr. S. als sachverständige Zeugen beantragt. Dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin damit überhaupt
einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG bezeichnet hat (zu den Anforderungen s Senatsbeschlüsse vom 10.10.2016 - B 13 R 172/16 B - Juris RdNr 12 und vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - Juris RdNr 12, jeweils mwN). Denn sie zeigt - anders als erforderlich - nicht auf, dass sie einen solchen Antrag auch
noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10.5.2017 durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll
aufrechterhalten hat. Auch legt sie nicht dar, dass das LSG in dem angefochtenen Urteil einen entsprechenden prozessordnungsgemäßen
Beweisantrag wiedergegeben habe. Vielmehr trägt sie selbst vor, das Berufungsgericht habe sich nicht mit diesem "Beweisangebot"
auseinandergesetzt.
Sofern die Klägerin vorträgt, in der mündlichen Verhandlung die Vernehmung des Hausarztes Dr. W. beantragt zu haben, räumt
sie zwar ein, dass dieser Antrag nicht protokolliert worden sei. Sie behauptet aber, insoweit eine Berichtigung des Protokolls
beantragt zu haben. Selbst wenn die Klägerin einen entsprechenden Antrag in Gestalt eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags
zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gestellt hätte, hätte sie in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darlegen müssen,
dass und aus welchen Gründen sich das LSG ausgehend von seiner hier allein maßgeblichen materiellen Rechtsansicht zu der Vernehmung
des Dr. W. hätte gedrängt fühlen müssen. An entsprechenden Ausführungen fehlt es.
Dass die Klägerin mit der Auswertung und Würdigung der aktenkundigen Sachverständigengutachten und medizinischen Berichte
durch das LSG nicht einverstanden ist, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Insoweit wendet sie sich
gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (§
128 Abs
1 S 1
SGG). Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG nicht gestützt werden.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen.
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.