Gründe:
I
1. Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) in der Zeit vom 1. Februar bis 31.
Juli 2007.
Die 1975 geborene Klägerin zu 1 bewohnte mit ihrer am Juli 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, bis zum 31. Dezember
2006 eine Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung (4. Stock) mit 45 qm. Sie zahlte hierfür eine Kaltmiete in Höhe von 301 Euro zzgl
89 Euro Betriebskosten sowie 11 Euro für den Kabelanschluss, insgesamt mithin 401 Euro. Die Beklagte bewilligte den Klägerinnen
Leistungen für KdU in Höhe von 381,73 Euro. Am 1. Januar 2007 zogen die Klägerinnen in eine 54 qm große Zwei-Zimmer-Wohung
im 3. Obergeschoss eines Hauses mit Aufzug. Hierfür beträgt die Kaltmiete 515 Euro, die Kosten für einen Tiefgaragenplatz
44 Euro, die Nebenkostenvorauszahlung für Heizungs- und Warmwasserkosten beträgt 30 Euro, sonstige Neben- und Betriebskosten
68 Euro sowie Kosten für die Gemeinschaftsantenne in Höhe von 6 Euro, insgesamt 663 Euro. Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden
vom 13. und 20. Februar 2007 für den streitigen Zeitraum weiterhin KdU in Höhe von 381,73 Euro. Ihren Widerspruch begründeten
die Klägerinnen damit, dass der Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig gewesen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007 zurück. Weder sei der Umzug erforderlich gewesen noch seien die Aufwendungen
für die neue Unterkunft angemessen, weil die tatsächlichen Kosten für die Grundmiete in Höhe von 515 Euro über den im Stadtgebiet
Freiburg für zwei Personen für angemessen angesehenen 337,20 Euro bei einer Größe von 60 qm liegen würden.
Im anschließenden Klageverfahren haben die Klägerinnen ein Attest von Dr. G., Facharzt für Orthopädie, vorgelegt, wonach die
Klägerin zu 1 auf Grund rezidivierender Rückenschmerzen das Tragen von Lasten über 5 kg vermeiden solle. Das Sozialgericht
hat mit Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2008 die Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid abgewiesen und ergänzend
ausgeführt, dass die kalten Mietkosten der Klägerinnen von 515 Euro im Monat nicht angemessen seien. Ausgehend vom Mietspiegel
der Stadt Freiburg sei unter Berücksichtigung gewisser Abschläge ein qm-Preis von 5,87 Euro angemessen, woraus sich unter
Berücksichtigung der für einen Zwei-Personen-Haushalt angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm ein angemessener Mietpreis von
352,20 Euro pro Monat ergebe. Es habe auch keine Umzugsnotwendigkeit bestanden, weil nicht nachvollziehbar sei, inwiefern
das Vermeiden des Tragens von Lasten über 5 kg das Bewohnen der früheren Wohnung unzumutbar gemacht habe.
Vor dem Landessozialgericht hat am 5. Februar 2009 ein Erörterungstermin in der Streitsache L 2 AS 1220/08, in der über die Unterkunftskosten für Januar 2007 gestritten wurde, stattgefunden. In dem Erörterungstermin haben die Klägerinnen
die Berufung in diesem Verfahren zurückgenommen. Nach der Rücknahmeerklärung ist protokolliert: "Die Berichterstatterin schlägt
vor, sich für den Zeitraum ab 1. Januar 2007 auf eine angemessene Kaltmiete in Höhe von 352,20 Euro zu einigen. Diesen Vergleichsvorschlag
lehnen die Beteiligten ab. Der Klägervertreter beantragt, Beweis zu erheben wie im Schriftsatz vom 29. Januar 2009 formuliert.
Die Beteiligten erklären sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden." Mit Schriftsatz vom 2. März
2009 haben die Klägerinnen zum Aktenzeichen L 2 AS 1220/08 eine ausführliche Stellungnahme von Dr. G. übermittelt. Mit weiterem Schriftsatz vom 5. März 2009 teilt der Bevollmächtigte
zu demselben Aktenzeichen unter Bezugnahme auf eine telefonische Besprechung mit, dass eine Beschränkung auf die Frage, ob
der Umzug zum 1. Januar 2007 erforderlich iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II gewesen sei, nicht in Betracht komme. Das Landessozialgericht
hat mit Schreiben vom 12. März 2009 darauf hingewiesen, dass nur noch das Verfahren L 2 AS 302/09 anhängig sei, weil das Verfahren L 2 AS 1220/08 durch Rücknahme im Erörterungstermin erledigt worden sei. Weiter heißt es: "Bitte teilen Sie mit, dass Sie mit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind (Im Erörterungstermin wurde übersehen, das korrekte Aktenzeichen zu ihrer Erklärung
aufzunehmen)." Eine Rückäußerung der Beteiligten erfolgte bis zur Entscheidung des LSG nicht.
Mit Urteil vom 25. März 2009 hat das Landessozialgericht die Berufung der Klägerinnen ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.
Ihr Umzug sei nicht erforderlich iS des § 22 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in der ab dem 1. August 2006
geltenden Fassung gewesen. Maßgeblich sei, ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliege,
von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen. Solche Gründe hätten nicht vorgelegen. Auch wenn die zum Zeitpunkt
des Umzugs 1 ½ Jahre alte Klägerin zu 2 noch nicht habe laufen können, so sei es doch absehbar gewesen, dass sie selbständig
die Treppen in das 4. Obergeschoss habe bewältigen können. Der Klägerin zu 1 sei es zur Vermeidung von Rückenschmerzen zumutbar
gewesen, Hilfsmittel, wie etwa ein rückengerechtes Tragetuch, zu verwenden. Dr. G. habe auch keine zwingenden Diagnosen mitgeteilt.
Die Behandlungsdaten zeigten, dass die Beschwerden auch nach dem Umzug angehalten hätten. Den Senatsmitgliedern sei als Müttern
aus eigener Erfahrung bekannt, dass im Zusammenhang mit der Kleinkindererziehung vorübergehende Rückenbeschwerden durchaus
normal seien. Den Beweisanträgen der Klägerin zu 1 habe nicht nachgegangen werden müssen. Soweit die Einvernahme von Dr. G.
als sachverständiger Zeuge beantragt worden sei, habe hierzu kein Anlass bestanden, da die orthopädischen Beschwerden der
Klägerin zu 1 durch das Attest des Arztes bekannt gewesen seien. Dieser habe im Übrigen in seinem Attest auf die im Beweisantrag
genannten Fragen bereits geantwortet. Sofern eine Beweiserhebung zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft beantragt worden
sei, komme es hierauf nicht mehr an.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen. Sie rügen zum einen eine Verletzung von §
124 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Das Berufungsgericht habe ohne mündliche Verhandlung entschieden, ohne dass ein Einverständnis der Beteiligten vorgelegen
habe. Die entsprechende Erklärung im Erörterungstermin sei im Verfahren L 2 AS 1220/08 protokolliert worden. Selbst wenn man die Einverständniserklärung auf das Verfahren L 2 AS 302/08 beziehen wolle, sei die Erklärung durch den weiteren Vortrag verbraucht. Ein weiterer Verfahrensfehler bestehe darin, dass
das Berufungsgericht den Beweisantrag im Schriftsatz vom 29. Januar 2009 übergangen habe. Es habe auch versäumt, den behandelnden
Orthopäden als sachverständigen Zeugen zu vernehmen und den Klägerinnen die Gelegenheit zu geben, ihn zu befragen. Schließlich
habe das Gericht eine vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen. Die Klägerinnen machen ferner geltend, die Revision sei
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Ob der Begriff der "Erforderlichkeit" in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB
II gleichbedeutend mit dem Begriff der "Erforderlichkeit" in § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II sei, sei höchstrichterlich noch nicht
geklärt. Entgegen der Auffassung des LSG sei der Begriff in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II dahingehend auszulegen, dass lediglich
in Fällen, in denen die Optimierung des Leistungsanspruchs der einzig nachvollziehbare Grund für den Umzug sei, der Anspruch
auf die bisherigen Kosten zu beschränken sei. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung hätten die Klägerinnen Anspruch
auf angemessene Kosten der Unterkunft, wobei das Berufungsgericht nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen habe,
um die angemessene Höhe der Kosten zu bestimmen.
II
Auf die zulässige Beschwerde der Klägerinnen war gemäß §
160a Abs
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Es liegt ein
Verfahrensfehler gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vor, auf dem das Urteil beruhen kann.
Die Klägerinnen rügen zu Recht eine Verletzung von §
124 SGG. Gemäß §
124 Abs
1 SGG entscheidet das Gericht der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Nach
§
124 Abs
2 SGG kann das Gericht unter der Voraussetzung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, dass die Beteiligten ihr Einverständnis
mit dieser Verfahrensweise erklärt haben. Der Sinn dieser Ausnahmeregelung besteht darin, die Gerichte zu entlasten und das
Verfahren im Interesse der Beteiligten zu vereinfachen und zu beschleunigen (BSGE 44, 292 = SozR 1500 § 124 Nr 2). Das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist daher nur dann sinnvoll,
wenn die Sach- und Rechtslage eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten überflüssig erscheinen lässt (BSG aaO).
Die Voraussetzung des §
124 Abs
2 SGG war hier nicht erfüllt, weil die Beteiligten ihr erforderliches Einverständnis nicht erteilt haben. Die entsprechende Erklärung
im Erörterungstermin am 5. Februar 2009 wurde im Verfahren L 2 AS 1220/08 protokolliert, das den vorangegangenen Zeitraum Januar 2007 betraf. Zwar liegt es nahe, dass sich die auf die Rücknahme in
diesem Verfahren folgenden Erklärungen auf ein anderes Verfahren bezogen haben. Missverständlich ist jedoch bereits, dass
die Berichterstatterin einen Vergleichsvorschlag für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 gemacht hat, obwohl das Verfahren betreffend
den Januar 2007 soeben erledigt worden war. Abgesehen davon, ob die Erklärungen der Klägerinnen angesichts des weiter verfolgten
Beweisantrags überhaupt als hinreichend eindeutig und vorbehaltlos anzusehen sind, fehlt es auf jeden Fall an der konkreten
Bezeichnung des Verfahrens, auf das sich die Einverständniserklärung beziehen soll. Dass auch das LSG dies so bewertet hat,
ergibt sich aus dem Schreiben der Berichterstatterin vom 12. März 2009, mit dem sie um Übermittlung einer Einverständniserklärung
gebeten und zutreffend darauf hingewiesen hat, dass das "korrekte" Aktenzeichen nicht genannt worden ist. Bei dieser Sachlage
kann offen bleiben, ob weiterer Vortrag der Klägerinnen nach dem Erörterungstermin zu dem Verbrauch einer Einverständniserklärung
geführt haben kann (vgl dazu BSG, SozR 4-1500 §
124 Nr 1; SozR 3-1500 §
124 Nr 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
124 RdNr 3e). Das LSG hat jedenfalls ohne die erforderlichen Einverständniserklärungen und ohne auch nur eine angemessene Frist
für eine Antwort auf das gerichtliche Anschreiben verstreichen zu lassen, ohne mündliche Verhandlung entschieden.
In der von den Klägerinnen formgerecht gerügten (§
164 Abs
2 Satz 3
SGG) Verletzung des §
124 SGG ist ein wesentlicher Verfahrensmangel zu sehen. Zwar stellt es keinen absoluten Revisionsgrund dar, wenn ein Gericht der
Sozialgerichtsbarkeit ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ohne dass das dafür erforderliche Einverständnis aller Beteiligten
vorliegt (vgl BSGE 53, 83, 85 f = SozR 1500 § 124 Nr 7 S 15, jeweils mwN). Gleichwohl liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Es läßt sich nämlich
nicht ausschließen, dass das angefochtene Urteil auf dem gerügten Vorgehen des LSG beruht. Wegen des besonderen Rechtswerts
der mündlichen Verhandlung lässt sich das Beruhenkönnen der Entscheidung auf der fehlenden Mündlichkeit in der Regel nicht
verneinen (vgl BSG aaO; Urteil vom 7. November 2001 - B 9 V 6/01 R, SGb 2002, 382). Auch hier ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin zu 1 in einer mündlichen Verhandlung zu ihren Gunsten Ausführungen
gemacht hätte und deswegen eine andere Entscheidung ergangen wäre. Das LSG hätte sich möglicherweise auch zu Ermittlungen
in medizinischer Hinsicht, etwa Einholung weiterer Auskünfte bei Dr. G. oder durch Begutachtung der Klägerin zu 1 durch einen
Sachverständigen, veranlasst sehen können. Bei einem derartigen Verfahrensverlauf hätte es zu einer Verurteilung des Beklagten
zu höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Klägerinnen kommen können.
Unter diesen Umständen kann es dahinstehen, ob auch die weitere Verfahrensrüge der Klägerinnen durchgreift. Ebenso kann offen
bleiben, ob die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hat. Es wäre in jedem Fall zu erwarten, dass ein Revisionsverfahren zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht
führen würde (vgl dazu BSG, Beschlüsse vom 23. Mai 2006 - B 13 RJ 253/05 B und vom 30. April 2003 - B 11 AL 203/02 B), sodass der Senat von der Möglichkeit Gebrauch macht, in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene
Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, §
160a Abs
5 SGG.
Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits unter Beachtung des Ausgangs der Nichtzulassungsbeschwerde zu befinden
haben.