Anhörungsrüge
Anspruch auf rechtliches Gehör
Bescheidung von Vorbringen
Rechtsansicht eines Beteiligten
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll u.a. sicherstellen, dass das Vorbringen der Beteiligten vom Gericht in seine Erwägungen
mit einbezogen wird.
2. Er verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen.
3. Auch haben sie nicht jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden, sondern nur das Wesentliche der Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu würdigen.
4. Für eine zulässige Anhörungsrüge bedarf es daher nach §
178a Abs.
2 S. 5
SGG einer in sich schlüssigen Darstellung, dass trotz der genannten Grenzen des Prozessgrundrechts eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs in entscheidungserheblicher Weise vorliegt.
Gründe:
I
Durch Beschluss vom 18.4.2017 (B 12 KR 18/15 R) hat der Senat die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen LSG vom 9.6.2015 (L 4 KR 27/13) als unzulässig verworfen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Revisionsbegründung
nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Soweit die "Verletzung sachlichen Rechts" gerügt worden sei, fehle es an
einer selbst nur kurzen zusammenhängenden Darstellung des vom LSG festgestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalts. In
Bezug auf die erhobenen Verfahrensrügen seien die den jeweiligen Verfahrensmangel ergebenden Tatsachen nicht bezeichnet worden.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Anhörungsrüge vom 13.6.2017.
II
Die Anhörungsrüge ist unzulässig und daher zu verwerfen (§
178a Abs
4 S 1
SGG).
Gemäß §
178a Abs
1 S 1
SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn ein
Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr 1) und das Gericht den Anspruch dieses
Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr 2). Das Vorliegen der in Nr
2 genannten Voraussetzungen ist mit der Rüge darzulegen (§
178a Abs
2 S 5
SGG). Diesem Darlegungserfordernis ist nur dann genügt, wenn Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs ergeben kann (BSG Beschluss vom 7.4.2005 - B 7a AL 38/05 B - SozR 4-1500 § 178a Nr 2 RdNr 8).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §§
62,
128 Abs 2
SGG) soll ua sicherstellen, dass das Vorbringen der Beteiligten vom Gericht in seine Erwägungen mit einbezogen wird (BSG Beschluss vom 8.11.2006 - B 2 U 5/06 C - SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 4 mwN). Er verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten
zu folgen (BVerfG [Kammer] Beschluss vom 4.9.2008 - 2 BvR 2162/07 ua - BVerfGK 14, 238, 241 f unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 12.4.1983 - 2 BvR 678/81 ua - BVerfGE 64, 1, 12 und BVerfG Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 33 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 4). Auch haben sie nicht jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden, sondern nur das Wesentliche
der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu würdigen (stRspr des BVerfG,
zB BVerfG [Kammer] Beschluss vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - BVerfGK 13, 303, 305 unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 1.2.1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182, 189). Für eine zulässige Anhörungsrüge bedarf es daher nach §
178a Abs
2 S 5
SGG einer in sich schlüssigen Darstellung, dass trotz der genannten Grenzen des Prozessgrundrechts eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs in entscheidungserheblicher Weise vorliegt (BSG Beschluss vom 7.1.2016 - B 9 V 4/15 C - Juris RdNr 8 mwN). Daran fehlt es hier.
Die Ausführungen der Klägerin zur mit der Revision geltend gemachten "Verletzung sachlichen Rechts" beschränken sich im Wesentlichen
auf die Rüge, der Lebenssachverhalt ergebe "sich jedoch ausführlich und umfangreich aus dem ausführlichen Vortrag selbst"
und darüber hinaus sei "zu den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen der S. ausführlich vorgetragen" worden. Damit ist
eine unzureichende Berücksichtigung des Revisionsvorbringens lediglich behauptet, nicht aber aufgezeigt worden. Dass der Inhalt
der maßgeblichen Satzung sowie der Beitrags- und Zuwendungsordnung "an zahlreichen Stellen als Tatsache wiedergegeben" worden
sei, macht ebenfalls nicht deutlich, inwieweit der entscheidungserhebliche Sachverhalt mitgeteilt worden sein soll, anhand
dessen sich eine Verletzung iS des §
164 Abs
2 SGG durch den Subsumtionsschluss des LSG beurteilen lässt.
Das weitere Vorbringen der Klägerin, der Senat habe die Anforderungen an das Begründungserfordernis, auch in Bezug auf die
geltend gemachten Verfahrensrügen, überspannt, zielt nicht auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern
betrifft die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Die Anhörungsrüge dient aber nicht der Fortführung des ursprünglichen
Verfahrens, sondern der Überprüfung eines speziellen Verfahrensverstoßes gegen ein verfassungsrechtlich abgesichertes Recht
der Beteiligten (BSG Beschluss vom 8.11.2006 - B 2 U 5/06 C - SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 5).
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Zulassung der Revision durch das Tatsachengericht ohne Belang für die
Frage ist, ob die Revisionsbegründung den gesetzlichen Anforderungen genügt oder nicht, und die zum Hinweisschreiben des Senats
vom 13.2.2017 abgegebene Stellungnahme vom 27.2.2017 selbst von einem offenkundigen "Übertragungsversehen" in Bezug auf "§
164 Abs.
2 BGB" spricht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
178a Abs
4 S 4
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.