Keine Sozialversicherungspflicht eines ehrenamtlich tätigen Kreishandwerksmeisters
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Klägerin zur Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung
(GRV) wegen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ihrem ehrenamtlichen Kreishandwerksmeister.
Die Klägerin ist die Kreishandwerkerschaft N., eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder die Handwerksinnungen
des südlichen Teils des Landkreises N. sind. Sie hat insbesondere die Aufgabe, die Gesamtinteressen des selbstständigen Handwerks
und des handwerksähnlichen Gewerbes sowie die gemeinsamen Interessen der Handwerksinnungen ihres Bezirks wahrzunehmen und
diese bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Ihre Geschäfte führt ein von der Mitgliederversammlung gewählter Vorstand.
Der Vorstand besteht aus dem Kreishandwerksmeister, dessen Stellvertreter und drei weiteren Mitgliedern. Die Aufgaben des
Kreishandwerksmeisters (etwa Einladung zu den Sitzungen des Vorstands und zur Mitgliederversammlung) ergeben sich ua aus der
Satzung der Kreishandwerkerschaft. Die Klägerin unterhält eine Geschäftsstelle und beschäftigt dort ua einen hauptamtlichen
Geschäftsführer, dem die Aufgaben des laufenden Geschäfts übertragen sind. Der Beigeladene zu 1. war als selbstständiger Handwerker
tätig und wurde von der Kreishandwerkerschaft zum ehrenamtlichen Kreishandwerksmeister gewählt. Er übte dieses Amt vom 1.1.2006
bis 30.9.2010 aus und erhielt dafür in den Jahren 2006 und 2007 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 6420 Euro jährlich
und in den Jahren 2008 und 2009 von 6600 Euro jährlich.
Nach einer Betriebsprüfung forderte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund für die Zeit vom 1.1.2006 bis 31.12.2009
von der Klägerin ua pauschale Rentenversicherungsbeiträge wegen geringfügiger Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. in Höhe
von insgesamt 2632,73 Euro nach. Der Beigeladene zu 1. sei als ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister geringfügig beschäftigt
gewesen, weil er für die Klägerin nicht nur repräsentative, sondern auch Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen gehabt habe und
insoweit weisungsgebunden gewesen sei (Bescheid vom 7.7.2011). Die Klägerin beantragte im September 2011 die Rücknahme des
inzwischen bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 7.7.2011, soweit er den Beigeladenen zu 1. betrifft; dies lehnte die
Beklagte ab (Bescheid vom 17.11.2011, Widerspruchsbescheid vom 31.1.2012). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher
Kreishandwerksmeister stelle sich als abhängige Beschäftigung dar und sei als geringfügige Beschäftigung beitragspflichtig
in der GRV gewesen.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 7.7.2011 insoweit zurückzunehmen,
als damit das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen
zu 1. festgestellt und deshalb Beiträge zur Sozialversicherung erhoben worden sind. Zudem hat es antragsgemäß festgestellt,
dass der Beigeladene zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit als Kreishandwerksmeister für die Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2006 bis
30.9.2010 nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag (Urteil vom 11.8.2015). Auf die Berufung
der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.2.2016): Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister
sei als geringfügige Beschäftigung beitragspflichtig in der GRV gewesen. Obwohl ihm eine Reihe von Aufgaben oblegen habe,
die der Repräsentation zuzurechnen seien, seien ihm darüber hinaus trotz der auf den Geschäftsführer übergegangenen und von
diesem zu erledigenden Aufgaben Verwaltungsaufgaben verblieben und von ihm auch tatsächlich wahrgenommen worden, die zur Beurteilung
als abhängiges Beschäftigungsverhältnis führten. Diese Verwaltungsaufgaben in Form von Mitwirkungs-, Vertretungs- und Überwachungsfunktionen
ergäben sich aus der Satzung der Klägerin und seien nicht vollkommen untergeordnet; sie seien vielmehr prägend für die Tätigkeit
des Beigeladenen zu 1. gewesen. Der Beigeladene zu 1. habe an der Spitze einer Hierarchie innerhalb der Klägerin gestanden,
über die wiederum die Handwerkskammer Aufsicht ausgeübt habe. Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. sei wegen Geringfügigkeit
iS von §
8 Abs
1 SGB IV versicherungsfrei, nicht jedoch beitragsfrei gewesen. Da der Beigeladene zu 1. privat krankenversichert gewesen sei, bestehe
nur eine Beitragspflicht zur GRV.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§
7 Abs
1 und
15 Abs
1 SGB IV. Das LSG habe eine unzutreffende Gesamtwürdigung der Aufgaben des Beigeladenen zu 1. vorgenommen, denn bei der Tätigkeit
des Kreishandwerksmeisters stünde die Wahrnehmung protokollarischer und organschaftlicher Repräsentationsaufgaben sowie die
weisungsfreie Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben im Vordergrund. Die laufenden Geschäfte der Verwaltung habe der zur Vertretung
berechtigte Geschäftsführer wahrgenommen. Zudem handele es sich nicht um eine allgemein zugängliche Verwaltungstätigkeit.
Der Beigeladene zu 1. habe kein Arbeitsentgelt erzielt, denn steuerrechtlich sei die Aufwandsentschädigung als Einkommen aus
selbstständiger Tätigkeit angesehen worden. Auch unter Berücksichtigung allgemeiner Kriterien sei festzustellen, dass der
Beigeladene zu 1. nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen sei und keine Weisungen erhalten habe. Er sei weiterhin
als selbstständiger Handwerksmeister tätig gewesen; dies erfordere auch das Ehrenamt.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.7.2017 die Feststellungsklage zurückgenommen und zuletzt nur noch beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten
gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 11. August 2015 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und keine Stellungnahmen abgegeben.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist, soweit der Rechtsstreit nicht durch Zurücknahme der Feststellungsklage seitens der
Klägerin erledigt worden ist, begründet.
1. Das LSG hat zu Unrecht die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage abgewiesen und das Urteil des SG insoweit aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 17.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2012 ist
rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, ihren Bescheid vom 7.7.2011 nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X zurückzunehmen, soweit in diesem die Entrichtung von Beiträgen zur GRV für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als Kreishandwerksmeister
der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2009 gefordert wird.
Die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 S 1 SGB X liegen vor. Der Bescheid der Beklagten vom 7.7.2011 ist rechtswidrig und die Beklagte erhebt zu Unrecht aufgrund dieses Bescheides
Beiträge. Im Rahmen der Betriebsprüfung war der beklagte Rentenversicherungsträger gemäß § 28p Abs 1 S 5
SGB IV zwar befugt, über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin zu entscheiden. Die
Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister der klagenden Kreishandwerkerschaft begründete jedoch
keine Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur GRV. Der beigeladende Kreishandwerksmeister war im streitigen Zeitraum nicht
- auch nicht geringfügig - beschäftigt.
Gemäß §
172 Abs
3 S 1
SGB VI trugen im streitigen Zeitraum Arbeitgeber für Beschäftigte nach §
8 Abs
1 Nr
1 SGB IV, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind oder die nach §
5 Abs
4 SGB VI versicherungsfrei sind, einen Beitragsanteil in Höhe von 12 vom Hundert (Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.7.2004,
BGBl I 1791) bzw 15 vom Hundert (Fassung des HBeglG 2006 vom 29.6.2006, BGBl I 1402 und des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes
vom 20.4.2007, BGBl I 554) des Arbeitsentgelts, das bei Versicherungspflicht der Beschäftigten beitragspflichtig gewesen wäre.
Eine geringfügige Beschäftigung lag nach §
8 Abs
1 SGB IV in seiner hier noch gültigen alten Fassung (= Neufassung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 23.1.2006, BGBl I 86, Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008, BGBl I 2933 und Neufassung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 12.11.2009, BGBl I 3710) vor, wenn
1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht überstieg,
2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt
zu sein pflegte oder im Voraus vertraglich begrenzt war, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wurde und
ihr Entgelt 400 Euro im Monat überstieg.
Das LSG ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beigeladene zu 1. eine geringfügig entlohnte Beschäftigung iS des
§
8 Abs
1 Nr
1 SGB IV ausgeübt hat. Es bestand weder ein Beschäftigungsverhältnis (dazu 2.) noch erhielt der Beigeladene zu 1. Arbeitsentgelt (dazu
3.).
2. Der beigeladene Kreishandwerksmeister war in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nicht abhängig beschäftigt.
a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist §
7 Abs
1 SGB IV. Gemäß §
7 Abs
1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung
sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Diese Voraussetzungen
sind nicht erfüllt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN). Diese von der Rechtsprechung formulierten Kriterien orientieren sich am Typus des Arbeitnehmers,
der in §
7 Abs
1 S 1
SGB IV als normativer Regelfall abhängiger Beschäftigung genannt wird. Kennzeichnend für die persönliche Abhängigkeit Beschäftigter
ist ebenfalls, dass Beschäftigte ihre Arbeitsleistung auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages oder Rechtsverhältnisses
(insbesondere eines Arbeitsverhältnisses) erbringen, um als Gegenleistung dafür eine Entlohnung zu erhalten, sodass die Arbeitsleistung
bei objektiver Betrachtung zu Erwerbszwecken erbracht wird (zur Rechtsfigur des Typus vgl BVerfG Beschluss vom 20.5.1996 -
1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
b) Hieran fehlt es vorliegend. Weder unterlag der Beigeladene zu 1. Weisungen bezüglich Art, Zeit oder Ort seiner Tätigkeit
noch war er einem Arbeitnehmer vergleichbar in die Arbeitsorganisation der Kreishandwerkerschaft eingebunden (aa); daran ändert
es auch nichts, dass sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht auf reine Repräsentationsaufgaben beschränkte (bb). Ebenso
wenig erbrachte er sein ehrenamtliches Engagement um einer finanziellen Gegenleistung willen (cc). Vielmehr zeichnete sich
die Tätigkeit dadurch aus, dass sie - wie dies bei ehrenamtlichem Engagement typisch ist - nicht zu Erwerbszwecken oder auch
nur in der Erwartung einer finanziellen Gegenleistung ausgeübt wurde.
aa) Der Beigeladene zu 1. unterlag in seinem Aufgabenbereich keinen Weisungen der Kreishandwerkerschaft oder deren Organen,
wie sie in §
7 Abs
1 S 1
SGB IV als Anhaltspunkte abhängiger Beschäftigung genannt sind. Insbesondere führte die Erfüllung der ihn im Rahmen von § 87 Abs 1 Handwerksordnung (HwO) treffenden organschaftlichen Aufgaben nicht zu persönlicher Abhängigkeit, wie sie §
7 Abs
1 SGB IV umschreibt. Die Kreishandwerkerschaft hat danach aufgrund Bundesrechts die Aufgabe,
- die Gesamtinteressen des selbstständigen Handwerks und des handwerksähnlichen Gewerbes
- sowie die gemeinsamen Interessen der Handwerksinnungen ihres Bezirks wahrzunehmen, - die Handwerksinnungen bei der Erfüllung
ihrer Aufgaben zu unterstützen,
- Einrichtungen zur Förderung und Vertretung der gewerblichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Mitglieder der
Handwerksinnungen zu schaffen oder zu unterstützen,
- die Behörden bei den das selbstständige Handwerk und das handwerksähnliche Gewerbe ihres Bezirks berührenden Maßnahmen zu
unterstützen und ihnen Anregungen, Auskünfte und Gutachten zu erteilen,
- die Geschäfte der Handwerksinnungen auf deren Ansuchen zu führen,
- die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen; die Handwerkskammer
hat sich an den hierdurch entstehenden Kosten angemessen zu beteiligen.
Der Kreishandwerksmeister ist der Vorsitzende des Vorstands der Kreishandwerkerschaft. Der Vorstand führt die Geschäfte der
Kreishandwerkerschaft, soweit sie nicht der Mitgliederversammlung obliegen oder dem Geschäftsführer übertragen sind. Die Klägerin
unterhält eine Geschäftsstelle und beschäftigt dort ua einen hauptamtlichen Geschäftsführer, dem die Aufgaben des laufenden
Geschäfts übertragen sind. Der Kreishandwerksmeister vertritt gemeinsam mit dem Geschäftsführer die Kreishandwerkerschaft
in allen öffentlich- und zivilrechtlichen Angelegenheiten, sofern nicht Angelegenheiten der laufenden Geschäfte betroffen
sind.
Vorrangige Aufgabe des beigeladenen Kreishandwerksmeisters war die Umsetzung der genannten Aufgaben der Klägerin als Kreishandwerkerschaft
bei Führung der Geschäfte durch den Vorstand. Er übte dabei als Vorsitzender des Vorstands Repräsentationsaufgaben und organschaftliche
Verwaltungsaufgaben aus. Die Verwaltungsaufgaben waren aufgrund normativer Vorgaben der HwO und der Satzung festgelegt, der Beigeladene zu 1. musste die ihm durch diese Regelungen zugewiesenen Aufgaben erfüllen, jedoch
wurden dem Beigeladenen zu 1. darüber hinaus keine Weisungen zur Ausübung seiner Aufgaben erteilt: es gab keine Zeiterfassung,
keine vorgeschriebenen Anwesenheitszeiten, zumal der Beigeladene zu 1. über kein Büro in der Geschäftsstelle verfügte. Auch
über die Art der Ausführung der Tätigkeit erhielt der Beigeladene zu 1. von Dritten keine Weisungen.
Aus der Tatsache, dass er im Vorstand, einem Kollegialgremium, überstimmt werden konnte, ergibt sich rechtlich nichts für
die Frage einer Weisungsgebundenheit iS des §
7 Abs
1 S 1
SGB IV. Der Beigeladene zu 1. führte nämlich die Beschlüsse des Vorstands, soweit es die laufenden Geschäfte betrifft, nicht selbst
aus, sondern der Geschäftsführer (s auch BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 33/76 - BSGE 47, 201 = SozR 2200 § 165 Nr 32, SozR 1500 § 96 Nr 14 - Verbandsvorsteher eines Wasser- und Bodenverbandes, dem alle den Verband
betreffenden Geschäfte oblagen und der als "Verwaltungsorgan" tätig war).
Aber auch soweit die laufenden Geschäfte nicht betroffen sind, ergaben sich aus der Satzung und aus der HwO keine Aufgaben, die der Beigeladene zu 1. hätte ausführen müssen, deren Ausgestaltung sich wegen eines möglichen Vorstandsbeschlusses
als weisungsgebunden darstellen würden. Gleiches gilt hinsichtlich der Beschlüsse der Mitgliederversammlung, die den Vorstand
ggf binden. Solche Beschlüsse geben die Ausrichtung der Aktivitäten der Klägerin vor, es handelt sich aber nicht um eine Weisung
iS des §
7 Abs
1 SGB IV. Ebenso übte die Handwerkskammer keine Fachaufsicht aus, die zu einer Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1. führen
würde (s auch BVerwG Urteil vom 25.4.1972 - I C 3.70 - Juris). Der Vorstand ist zudem nach seiner Wahl nicht ohne Weiteres in einer Weise abberufbar, wie Arbeitnehmer regelmäßig
kündbar sind. Der Widerruf der Bestellung des Vorstands oder einzelner seiner Mitglieder ist nur bei Vorliegen eines wichtigen
Grundes möglich. Die Satzung benennt als Beispiele für einen wichtigen Grund eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit.
Letztlich führen auch die normativen Vorgaben durch die HwO und die Satzung an sich nicht zu einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit, denn in jedweder Tätigkeit sind solche rechtlichen
Rahmenbedingungen zu beachten. Vielmehr ergibt sich hieraus, dass das Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum des Beigeladenen zu
1. vollständig seiner organschaftlichen Stellung als Vorsitzender des Vorstandes der Kreishandwerkerschaft entsprach.
bb) Dass das Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum des Ehrenamts nach der Satzung nicht nur Repräsentationsaufgaben umfasst, sondern
zugleich auch Verwaltungsaufgaben, führt nicht zur Annahme abhängiger Beschäftigung.
Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass weder das Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter als solches
noch dessen Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit eigenen
gesetzlichen Befugnissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall
die Annahme eines versicherungspflichtigen und beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses per se ausschließen (vgl BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 6 mwN). Er hat dabei zwischen Repräsentationstätigkeiten bzw Tätigkeiten aufgrund mitgliedschaftlicher
Verpflichtung und allgemein zugänglicher (Verwaltungs-)Tätigkeit differenziert. Er hat damit die Besonderheiten ehrenamtlichen
Engagements anerkannt und die mit einem Ehrenamt verbundenen Repräsentationsaufgaben als weisungsfreie, dem Grunde nach nicht
versicherungspflichtige Tätigkeiten qualifiziert (BSG Urteil vom 27.3.1980 - 12 RK 56/78 - SozR 2200 § 165 Nr 44). Der Senat hat - trotz dieses Befundes - in einer Gesamtwürdigung jedoch insgesamt abhängige Beschäftigung dann angenommen,
wenn ein ehrenamtlich Tätiger zugleich allgemein zugängliche Verwaltungsaufgaben übernommen und zudem für die Ausübung dieser
Tätigkeiten eine Aufwandsentschädigung erhalten hat, die über den tatsächlichen Aufwänden lag (vgl BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 6 mwN). Weiter hat er ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in Fällen angenommen, in denen die Betätigung
nicht allein aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung und wegen dieser Verpflichtung ohne Erwerbszweck für einen Verein
ausgeübt wurde (BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98 = SozR Nr 5 zu § 160
RVO; BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 §
7 Nr
19 mit Verweis auf die Rechtsprechung zur Beschäftigung gemäß §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII: BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27; s auch BSG Urteil vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - Juris).
Der Senat entwickelt diese Grundsätze seiner Rechtsprechung zur ehrenamtlichen Betätigung fort. Aufgaben und Tätigkeiten,
die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und auch nicht für jedermann frei zugänglich
sind, führen regelmäßig nicht zu der in §
7 Abs
1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit (dazu cc). Zudem ist ehrenamtliche Tätigkeit nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt,
sondern erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit (dazu dd).
cc) Einladungen zur und die Leitung der Sitzungen des Vorstands und der Mitgliederversammlung sowie die Mitzeichnung von Niederschriften
durch den Kreishandwerksmeister gehören ebenso zum Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum des Beigeladenen zu 1. als Vorsitzendem
des Vorstandes der Kreishandwerkerschaft wie die Erstellung des Haushaltsplanes seitens des Vorstandes für das jeweils folgende
Rechnungsjahr und einer Jahresrechnung für das abgelaufene Rechnungsjahr. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die
Verwaltungsaufgaben allesamt in der Funktion des ehrenamtlichen Kreishandwerksmeisters gründen und der Umsetzung seiner Aufgabe
dienen. Sie sind nicht allgemein zugänglich, denn sie können nur vom gewählten Vorstand bzw Vorstandsvorsitzenden verrichtet
werden. Zum Kreishandwerksmeister kann grundsätzlich nur einer der Vertreter der Mitgliedsinnungen, welche die Mitgliederversammlung
bilden, gewählt werden, der zudem die Befugnis zum Ausbilden von handwerklichen Lehrlingen besitzt (§§ 88, 89 Abs 1 Nr 3 und
5, § 61 Abs 1 S 3, § 66 Abs 1 S 1 HwO iVm §§ 7, 11 Abs 1 und § 18 Abs 1 der Satzung der Klägerin).
Über das gesetzlich und satzungsrechtlich bestimmte Spektrum von Aufgaben hinaus hat der Beigeladene zu 1. keine überobligatorischen,
sein Ehrenamt überschreitenden Aufgaben des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt. Etwas anderes würde gelten, wenn Anhaltspunkte
dafür vorliegen würden, dass der Beigeladene zu 1. den Bereich des Ehrenamts verlassen und eine darüber hinausgehende Beschäftigung
für die Klägerin ausgeübt hätte; dies wäre zB dann der Fall, wenn er die Aufgaben des Geschäftsführers mit übernommen hätte.
Denn die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit schließt es nicht aus, dass bei einem die Grenzen der Organstellung überschreitenden,
überobligatorischen Engagement zusätzlich und neben dem nicht zu abhängiger Beschäftigung und damit zur Versicherungspflicht
führenden Ehrenamt ein Rechtsverhältnis vorliegt, das als abhängige Beschäftigung, idR als Arbeitsverhältnis oder Dienstvertrag,
qualifiziert werden kann. Ein solches Beschäftigungsverhältnis entsteht dann zusätzlich zum Ehrenamt, steht neben diesem (s
auch BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 KR 3/08 R - Juris) und ändert nichts an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der ehrenamtlichen Betätigung als solcher sowie
hierfür ggf gewährter Aufwandsentschädigung und Aufwendungsersatz. Nach den Feststellungen des LSG bestehen jedoch keine Anhaltspunkte
für ein Tätigwerden des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin über das Ehrenamt hinaus.
dd) Ehrenamtliche Tätigkeit ist nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt, sondern erhält ihr Gepräge durch die Verfolgung
ideeller Zwecke und Unentgeltlichkeit.
Ehrenamtliche Tätigkeit kommt im Bereich des Privatrechts aber auch im Bereich des öffentlichen Rechts vor. Sie knüpft teilweise
an einen speziellen Status an, sodass sie von vornherein nur für bestimmte Personen in Betracht kommt. Die Ausübung von Aufgaben
der Repräsentation im Rahmen ehrenamtlicher Betätigung ist möglich, jedoch nicht typischerweise kennzeichnend für eine ehrenamtliche
Tätigkeit; viele ehrenamtliche Tätigkeiten beinhalten keinerlei Repräsentationsaufgaben. Trotzdem wird bei Ausübung einer
solchen, nicht oder kaum mit Repräsentationsaufgaben verbundenen ehrenamtlichen Tätigkeit nicht in jedem Fall eine Beschäftigung
ausgeübt, die bei wertender Betrachtung eine Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung, an welche die Sozialversicherungspflicht
anknüpft, unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Sozialversicherung sinnvoll erscheinen lässt. Dies gilt auch dann, wenn
sich der ehrenamtlich Tätige im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements bei seinem Einsatz, seiner "Arbeit" zB sachlichen
oder fachlichen Weisungen Dritter fügt oder er sich in eine Organisation einordnet, weil in aller Regel nur auf diese Weise
die Funktionsfähigkeit der Organisation gewährleistet ist.
Ehrenamtliche Tätigkeit erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit, nicht durch persönliche Abhängigkeit,
wie sie für abhängige Beschäftigung iS von §
7 Abs
1 SGB IV typisch ist. Entgeltlichkeit ist zwar kein absolut zwingendes Kriterium abhängiger Beschäftigung, jedoch ist sie Typus bildend
für die abhängige Beschäftigung, denn regelhaft liegt der Ausübung einer Beschäftigung ein Erwerbszweck zugrunde. Selbst in
den Fällen, in denen es - wie zB bei Willensmängeln oder Verstoß gegen gesetzliche Verbote - an einem rechtswirksamen Arbeitsverhältnis
fehlt und arbeitsrechtlich von einem fehlerhaften Arbeitsverhältnis und sozialversicherungsrechtlich von abhängiger Beschäftigung
auszugehen ist (Schlegel in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
25 RdNr 43 ff, Stand Einzelkommentierung Dezember 2014; Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl 2016, §
7 RdNr 49), wird idR eine Gegenleistung für geleistete Arbeit gewährt (Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl 2016, §
7 RdNr 44 bis 46). Das Gesetz bezieht Beschäftigte im Sinne individueller Vorsorge einerseits und zum Schutz der Allgemeinheit
vor mangelnder Eigenvorsoge des Einzelnen andererseits in die einzelnen Zweige der Sozialversicherung ein und ordnet dazu
Versicherungs- und Beitragspflicht an (vgl BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 12 KR 21/98 R - BSGE 87, 53 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19; s auch BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 RE 17/14 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 22; Schlegel NZS 2000, 421, 427 f). Das Versicherungsverhältnis ist als Gegenleistungsverhältnis des Beschäftigten auf der einen Seite und der Solidargemeinschaft
aller Versicherten eines Zweiges der Sozialversicherung auf der anderen Seite angelegt und erfordert, dass aus der Beschäftigung
Erwerbseinkommen erzielt wird, aus dem sozial angemessene Beiträge zur Finanzierung des jeweiligen Systems geleistet werden
können. Dass Versicherungsschutz auch Personengruppen in Tätigkeiten gewährt wird, die gemeinnütziger Ziele und nicht der
Erzielung von Erwerbseinkommen wegen verrichtet werden, ist im System nicht angelegt und bedarf der ausdrücklichen gesetzlichen
Regelung, wie sie zB in §
2 Abs
1 Nr
9 und
10 SGB VII getroffen worden ist.
Dies lässt es zu, in Fällen, in denen eine Arbeitsleistung oder Tätigkeit nicht auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages,
insbesondere eines Arbeitsvertrages, sondern auf sonstiger (Rechts-)Grundlage (zB familiäre Beistandspflichten, Vereinsmitgliedschaft)
erbracht wird, dem Kriterium der fehlenden Entgeltlichkeit oder fehlenden Erwerbsabsicht erhebliches Gewicht beizumessen.
Durch Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse ist zu prüfen, ob eine Arbeitnehmern im Wesentlichen vergleichbare Schutzbedürftigkeit
vorliegt, die es zulässt, die betreffende Person noch dem Typus des abhängig Beschäftigten zuzurechnen. Der Senat knüpft insoweit
an die von ihm zur familienhaften Mithilfe entwickelten Grundsätze an (vgl BSG Urteil vom 29.3.1962 - 3 RK 83/59 - BSGE 17, 1 = SozR Nr 3 zu § 1399
RVO; BSG Urteil vom 30.4.1968 - 3 RK 100/64 - SozR Nr 24 zu § 160
RVO) und entwickelt seine Rechtsprechung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung ehrenamtlicher Betätigung in diesem Sinne fort
(zur Berücksichtigung der Höhe der Honoraransprüche bei der Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen
Entscheidung vgl auch die Entscheidung des Senats vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30).
Die Unentgeltlichkeit, die für diverse Ehrenämter auch von Gesetzes wegen angeordnet ist (s zB hier §§ 89 Abs 1 Nr 5, 66 Abs 4 HwO iVm § 18 Abs 4 der Satzung der Klägerin), ist Ausdruck dafür, dass bei der im Rahmen ideeller Zwecke "geleisteten Arbeit" keine maßgebliche
Erwerbsabsicht im Vordergrund steht. Eine Gegenleistung für geleistete Arbeit wird nicht erbracht und regelmäßig auch nicht
erwartet. Der Senat sieht sich insoweit in Einklang mit der Rechtsprechung des BAG. Dieses differenziert im Arbeitsrecht ebenfalls
anhand einer Vergütungserwartung, wenn festzustellen ist, ob einer ehrenamtlichen Betätigung ein Arbeitsverhältnis zugrunde
liegt. Mit einem Arbeitsverhältnis sei nämlich typischerweise die Vereinbarung oder jedenfalls die berechtigte Erwartung einer
angemessenen Gegenleistung für die versprochenen Dienste verbunden. Ob eine berechtigte Vergütungserwartung besteht, richte
sich nach der Art der Arbeit und nach den Umständen, unter denen sie geleistet werde (§
612 Abs
1 BGB). Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft sei, spreche ihr Fehlen doch im
Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Denn typischerweise verfolge ein Arbeitnehmer das
Ziel, für seine Arbeit ein Entgelt zu erhalten. Dass neben diesem materiellen Interesse oftmals auch immaterielle Interessen
eine Rolle spielen, schließe nicht aus, die Erwerbsabsicht als wesentliches Merkmal zur Abgrenzung von Tätigkeiten heranzuziehen,
die vorwiegend auf ideellen Beweggründen beruhen (BAG Urteil vom 29.8.2012 - 10 AZR 499/11 - BAGE 143, 77).
Sofern finanzielle Zuwendungen erfolgen, schließen diese die Unentgeltlichkeit des ehrenamtlichen Engagements nicht prinzipiell
aus. Sie sind unschädlich, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder pauschal berechnete Aufwände abdecken. Im
Rahmen einer Aufwandsentschädigung kann auch ein pauschaler Ausgleich für die übernommene Verpflichtung gewährt werden (vgl
Seewald, SGb 2006, 538). Finanzielle Zuwendungen können auch Ausfall für Zeitversäumnis oder Verdienstausfall enthalten (vgl auch BFH Urteil vom
31.1.2017 - IX R 10/16 - BFHE 256, 250 - Zuwendungen für eine Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter). Die Beurteilung der Erwerbsmäßigkeit erfolgt dabei nicht aus
der subjektiven Sicht des Einzelnen; das ehrenamtliche Engagement ist objektiv abzugrenzen. Dazu ist zu klären, was vom ehrenamtlich
Tätigen im konkreten Fall normativ oder mangels rechtlicher Regelung nach allgemeiner Verkehrsanschauung - von Aufwandsentschädigung
und Aufwendungsersatz abgesehen - ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann. Dabei sind - in Fällen wie dem
vorliegenden - auch Körperschaften des öffentlichen Rechts hinsichtlich der Satzungsmacht Grenzen gesetzt. Die Verrichtung
von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks ohne Erwerbsabsicht muss objektiv erkennbar vorliegen; die gewährte Aufwandsentschädigung
darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen. Der vorliegende Fall bietet für eine solche Verschleierung
jedoch keinerlei Anhaltspunkte.
Der Beigeladene zu 1. übte die ehrenamtliche Tätigkeit neben seiner selbstständigen Tätigkeit als selbstständiger Handwerksmeister
aus. Er tat dies unentgeltlich und ohne objektivierbare Erwerbsabsicht. Die Tätigkeit des Kreishandwerksmeisters knüpft daran
an, dass der Amtsinhaber seine Tätigkeit als selbstständiger Handwerker nicht aufgibt, denn diese garantiert die erforderliche
Praxisnähe zur Handwerkerschaft. Die Übernahme des Ehrenamts als Kreishandwerksmeister erfolgt somit nicht zu Erwerbszwecken,
sondern zur Erfüllung einer gemeinnützigen Aufgabe. Da die Klägerin zudem eine Geschäftsstelle betreibt und einen hauptamtlichen
Geschäftsführer beschäftigt, obliegen dem Kreishandwerksmeister auch keine Aufgaben, die bei objektiver Betrachtung nicht
mehr vom Ehrenamt umfasst sind.
Auch die Höhe der gewährten Aufwandsentschädigung und des Aufwendungsersatzes - 6420 Euro bzw 6600 Euro jährlich, wobei das
LSG keine Feststellungen zur Zusammensetzung der Beträge getroffen hat - gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass ein Erwerbszweck
der Ausübung des Ehrenamts zugrunde liegen könnte. Die Tätigkeit wurde nicht in Erwartung einer Vergütung ausgeübt.
3. Mangels Vorliegens abhängiger Beschäftigung des beigeladenen Kreishandwerksmeisters scheidet damit auch die Einstufung
der ihm gewährten finanziellen Zuwendungen als Arbeitsentgelt iS von §
14 SGB IV aus.
4. Der Senat erlaubt sich den Hinweis, dass er es für wünschenswert hält, dass der Gesetzgeber hinsichtlich ehrenamtlichen
Engagements durch gesetzliche Klarstellung weitergehende Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schafft. Der Gesetzgeber hat
durch die Einsetzung einer Enquetekommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" im Jahr 1999 sowie aktuell eines
Unterausschusses "Bürgerschaftliches Engagement" des Deutschen Bundestags der Bedeutung ehrenamtlichen Engagements für das
gesellschaftliche Zusammenleben in organisatorischer Hinsicht Rechnung getragen. Bemühungen um eine weitere Klärung der sozialversicherungsrechtlichen
Rechtslage durch gesetzliche Regelungen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit vom 4.7.2000 -
BT-Drucks 14/3778; Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit vom 14.8.2008 - BR-Drucks 597/08) sind bisher
ohne Erfolg geblieben, könnten aber zur Stärkung ehrenamtlichen Engagements beitragen.
6. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß §
197a Abs
1 S 1
SGG iVm §§ 63 Abs 2 S 1, 52 Abs 1 und 3, 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrags der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.