Vergütung vertragsärztlicher Leistungen; Zulässigkeit der Bemessung der Regelleistungsvolumina nach praxisindividuellen Abrechnungsergebnissen
ab 1.4.2005
Gründe:
I
Umstritten ist die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal II/2005.
Die Klägerin nimmt seit 1991 als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO) in C. - an der vertragsärztlichen Versorgung
teil. Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten sah ab dem Quartal III/2003 die Zuteilung eines persönlichen Punktmengenvolumens
(PMV) vor, das auf der im Bemessungszeitraum vom III. Quartal 2001 bis zum II. Quartal 2002 abgerechneten anerkannten Punktmenge
beruhte. Ab dem Quartal II/2005 wurden die PMV durch Regelleistungsvolumina (RLV) ersetzt. Grundlage für die Bestimmung der RLV bildeten die zum 31.3.2005 gültigen PMV. Diese wurden mit einem arztgruppenspezifischen Anpassungsfaktor multipliziert und
ergaben das neue RLV. Die innerhalb des RLV geltend gemachte Punktmenge wurde mit einem einheitlichen Punktwert von 4 Cent im hausärztlichen und von 3,75 Cent im fachärztlichen
Versorgungsbereich vergütet. Die das RLV überschreitende Punktmenge wurde mit dem jeweiligen Restpunktwert vergütet, der bei den Hausärzten und den fachärztlichen
Honorargruppen 0,1 Cent nicht übersteigen durfte.
Der Klägerin war zum 31.3.2005 ein PMV von 1 156 650,9 Punkten zugewiesen. Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 25.10.2005
das Honorar der Klägerin für das Quartal II/2005 bei einer Gesamtfallzahl von 1 526 und einer Gesamtpunktzahl von 1 523 600
Punkten sowie unter Zugrundelegung eines RLV von 800 865,1 Punkten auf 32 864,63 Euro fest. Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.2.2006
zurück. Die der Honorarverteilung zugrunde liegenden Regelungen zu den RLV seien mit höherrangigem Recht vereinbar. Mit dem Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 vom 25.4.2006 setzte die Beklagte
das Honorar für das Quartal II/2005 unter Zugrundelegung eines neu berechneten RLV auf 35 855,45 Euro fest.
Das SG hat mit Urteil vom 17.6.2009 die Klage abgewiesen. Die HVM-Regelungen seien von der Öffnungsklausel in Teil III. Nr 2.2 des
Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 gedeckt. Die zum Quartal II/2005 eingeführten RLV stellten als Modifizierungen der bis zum Quartal I/2005 geltenden PMV die Fortführung eines vorhandenen Steuerungsinstrumentes
dar. Beide seien in ihren Auswirkungen auch vergleichbar, weil für die abrechenbare Punktmenge ein fester Punktwert festgelegt
worden sei und dieses Punktzahlvolumen aufgrund seiner Berechnung aus dem bis zum Quartal I/2005 geltenden PMV und dem Anpassungsfaktor
eine arztgruppenspezifische Komponente enthalte. Der Klägerin stehe auch nicht deshalb höheres Honorar zu, weil für die Aufteilung
der Mittel auf die Facharztgruppen mittelbar an Quartale angeknüpft worden sei, in denen eine rechtswidrige Arztzahlveränderungsregelung
galt.
Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal
II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen - hinsichtlich der Bewertung der
Gebührenordnungspositionen - hat es die Berufung zurückgewiesen. Der im streitigen Zeitraum geltende HVM entspreche nicht
dem Beschluss des BewA vom 29.10.2004. Zwar sehe er eine Vergütung der innerhalb des RLV geltend gemachten Punktmenge mit festen Punktwerten vor. Er weiche jedoch bei der Bestimmung des RLV vollständig vom Beschluss des BewA ab, wonach sich die Höhe des RLV aus der Multiplikation der arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal
ergebe. Dagegen bilde die Grundlage für die Bestimmung des RLV nach dem HVM der Beklagten das zum 31.3.2005 gültige PMV, das wiederum auf der in einem Bemessungszeitraum abgerechneten
und anerkannten Punktmenge der jeweiligen Praxis beruhe. Nur bei Jungärzten und bei unterdurchschnittlich abrechnenden Altärzten
seien die durchschnittlichen RLV von Bedeutung. Die arztgruppenspezifischen Anpassungsfaktoren dienten der Gewährleistung des einheitlichen Regelleistungspunktwertes
und spiegelten daher in erster Linie die zuvor bestehenden Punktwertdifferenzen zwischen den einzelnen Honorargruppen wider.
Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Öffnungsklausel in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA berufen. Zwar werde
im Sinne dieses Beschlusses ein bereits vorhandenes Steuerungsinstrument fortgeführt. Dieses Steuerungsinstrument sei in seinen
Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V jedoch nicht vergleichbar. Das BSG habe bereits entschieden, dass Individualbudgets, deren Bestimmung für jede Arztpraxis nach deren individuellen Gegebenheiten
festgelegt würden, ein grundlegend anderes Steuerungsinstrument seien als RLV, die das typische Leistungsgeschehen innerhalb einer Arztgruppe zum Maßstab nähmen. Der hier anzuwendende Anpassungsfaktor
sei zwar arztgruppenspezifisch, dies sei jedoch nur der Anpassung der Punktwertunterschiede zwischen den Honorargruppen geschuldet.
Es genüge auch nicht, dass in dem für die Bestimmung der PMV maßgeblichen Bemessungszeitraum arztgruppenspezifische Festlegungen
in Form von Praxisbudgets gegolten hätten, die den gesetzlichen Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V vergleichbar gewesen seien. Der HVM ordne nicht die weitere Anwendung der Regelung über die Praxisbudgets an, sondern ziehe
nur die auf ihrer Grundlage in einem vergangenen Zeitraum abgerechneten und vergüteten Punktzahlen zur Bestimmung der PMV
und damit der RLV heran. Das durchschnittliche RLV der Vergleichsgruppe habe nur Bedeutung, wenn es um Jungärzte bis zum Erreichen einer Niederlassungsdauer von 16 Quartalen
oder um Altärzte mit unterdurchschnittlichem RLV gehe. Die Regelungen könnten auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelung Bestand haben, weil sie
schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmten. Schließlich lasse sich die Honorarverteilungsregelung
auch nicht als Vorkehrung gegen existenzbedrohende Honorarminderungen infolge der Umstellung des Vergütungssystems rechtfertigen.
Die HVM-Regelungen seien hingegen nicht aufgrund von Folgewirkungen der Arztzahlveränderungsregelung rechtswidrig. Die Regelung,
wonach sich die Honorarvolumina in den fachgruppenspezifischen Honorartöpfen nach Maßgabe der Arztzahlen veränderten, sei
ab dem Quartal IV/2000 nicht mehr zur Anwendung gekommen. Bis zum Quartal II/2003 sei die Aufteilung nach Maßgabe des Anteils
der jeweiligen Honorargruppe im Quartal III/2000 erfolgt. Danach - auch für das hier streitige Quartal - sei die Aufteilung
des fachärztlichen Gesamtvergütungsanteils auf der Grundlage der durchschnittlichen Anteile der einzelnen Arztgruppen in den
Quartalen III/2001 bis II/2002 vorgenommen worden. Der Bemessung der Fachgruppenanteile seien damit Quartale zugrunde gelegt
worden, die nicht mehr unmittelbar durch die rechtswidrige Verteilung beeinflusst gewesen seien.
Hiergegen richten sich die Revisionen der Klägerin und der Beklagten. Die Beklagte trägt vor, es handle sich entgegen der
Auffassung des LSG bei den streitigen Regelungen des HVM um ein im Sinne des Beschlusses des BewA hinsichtlich der leistungssteuernden
Wirkung den RLV vergleichbares Regelungsinstrument. Die Partner des Honorarverteilungsvertrages hätten ein Konzept gewählt, nach dem eine
praxisindividuelle Abrechnungsmenge aus einem Referenzzeitraum mit festen arztgruppenspezifischen Anpassungsfaktoren multipliziert
werde, um so zu praxisindividuellen Grenzwerten zu gelangen, die unter den Bedingungen eines einheitlichen festen Punktwertes
der Begrenztheit in den arztgruppenspezifischen Honorarfonds ebenso Rechnung trage, wie dem Umfang der individuellen Praxisausrichtung
anhand des Referenzzeitraums. Die Honorarverteilung enthalte hinreichende arztgruppenspezifische Elemente, deren Auswirkungen
mit den Regelungen in §
85 Abs
4 SGB V vergleichbar seien. Auch die Vergütung der das RLV überschreitenden Leistungsmenge mit einem Restleistungspunktwert, der 0,1 Cent nicht übersteigen dürfe, stehe nicht im Widerspruch
zu der nach §
85 Abs
4 Satz 8
SGB V vorzusehenden Punktwertabstaffelung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23.2.2011 aufzuheben, soweit es das Urteil des SG geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2006
sowie des Bescheides vom 25.4.2006 verpflichtet hat, über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal II/2005 unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden
vom 17.6.2009 sowie
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23.2.2011 zu ändern, soweit es die Berufung zurückgewiesen hat, das Urteil
des Sozialgerichts Dresden vom 17.6.2009 insgesamt aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25.10.2005
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2006 sowie des Bescheides vom 25.4.2006 zu verpflichten, auch insoweit
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie beanstandet, dass der im streitigen Quartal geltende HVM immer noch mittelbar Bezug auf die Zeiträume nehme, in denen
die rechtswidrige Arztzahlveränderungsregelung gegolten habe. Für die Ermittlung des arztgruppenspezifischen Anpassungsfaktors
spielten die Finanzmittel der einzelnen Honorarfonds eine entscheidende Rolle, weil sie in Relation zum Leistungsbedarf gesetzt
worden seien. Eine bessere Ausstattung eines Honorarfonds in der Zeit vom Quartal III/2001 bis II/2002 habe demnach zu höheren
Anpassungsfaktoren und damit zu höheren RLV geführt. Die Arztzahlveränderungsregelung habe dazu geführt, dass dem Honorarfonds der HNO-Ärzte 11 % weniger Geld zur Verfügung
gestanden habe als ohne die Regelung. Dass die Beklagte trotz positiver Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Honorarverteilung
nicht zur Vornahme von Korrekturen verpflichtet sein solle, widerspreche dem Rechtsstaatsprinzip und dem Prinzip der Gewährung
effektiven Rechtsschutzes. Die Beklagte habe überprüfen müssen, ob die rechtswidrige Benachteiligung fortwirke und geeignete
Maßnahmen treffen müssen, um die Fortwirkung zu beseitigen.
II
Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind nicht begründet.
1. Das LSG hat die Beklagte zu Recht zur erneuten Entscheidung über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal II/2005
verpflichtet. Dem Honorarbescheid fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren
Grundlage der Honorarbescheid erging, verstoßen gegen höherrangiges Recht. Die "Vereinbarung des HVM" (im Folgenden: HVM)
vom 14.4.2005 (angepasst durch die Vereinbarung des HVM vom 19.5.2006) für die Zeit ab dem 1.4.2005 entsprachen nicht den
Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V. Sie erfüllten auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004
(DÄ 2004, A 3129).
a. Die Regelungen des HVM waren nicht mit den Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V (idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Modernisierungsgesetz - GMG] vom 14.11.2003
[BGBl I 2190]) vereinbar, wie das LSG zutreffend dargelegt hat.
aa. Nach §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF waren in der Honorarverteilung "insbesondere ... arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung
waren zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß §
85 Abs
4 Satz 8
SGB V aF kam hinzu, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen sind (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 18).
Das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) stellte nach der Rechtsprechung des
Senats eine zentrale und strikte Vorgabe dar (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19). Nicht im selben Maße strikt war die Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte":
Dies musste nicht als arztgruppen"einheitliche" Festlegung ausgelegt werden in dem Sinne, dass der gesamten Arztgruppe dieselben
RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr konnte dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung genügen,
die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den Fallpunktzahlen vorgab, dann deren Multiplikation mit den individuellen
Behandlungsfallzahlen vorsah und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führte (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15). Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V aF hatte der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften
(Satz 6: "... soll sicherstellen ..." und Satz 7: "Insbesondere kann ..." sowie Satz 8: "... kann ...") mit Wirkung ab 1.1.2004
zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hatte ("... hat ... vorzusehen" und "... sind ... festzulegen ..." sowie "... ist
vorzusehen ..."). Diese Änderung wurde in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170
S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V relativierte die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergab, wurde
damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus
auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden konnten, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen durften (BSG aaO RdNr 15 aE).
bb. Von dem Element des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF der arztgruppenspezifischen Grenzwerte (im Sinne eines RLV) wichen die Vereinbarungen zur Honorarverteilung ab, die die Beklagte und die Verbände der Krankenkassen mit Wirkung ab dem
1.4.2005 getroffen hatten.
Der HVM sah nach den maßgeblichen Feststellungen des LSG (vgl §
162 SGG und dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 27 mwN) in § 7 Abs 1 (in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung vom 14.4.2005) für niedergelassene Ärzte, MVZ sowie Ärzte in Einrichtungen
nach §
311 Abs
2 SGB V die Zuweisung eines persönlichen RLV vor. Grundlage zur Bestimmung der RLV bildeten nach § 7 Abs 2 HVM die zum 31.3.2005 gültigen Punktmengenvolumen, die aufgrund der Honorarverteilungsmaßstäbe im Bereich der Kassenärztlichen
Vereinigung (KÄV) Sachsen ab der Fassung vom 11.6.2003 bis zur Fassung vom 23.12.2004 ermittelt worden waren. Nach § 7 Abs
1 des HVM vom 11.6.2003 bestimmte sich das PMV je Quartal für im Bemessungszeitraum der Praxisbudgetierung unterliegende Ärzte
nach 90 %, für nicht der Praxisbudgetierung unterliegende Ärzte nach 75 % der von der jeweiligen Praxis im Quartalsdurchschnitt
des Bemessungszeitraums vom Quartal III/2001 bis II/2002 abgerechneten und anerkannten Punktmenge. Diese Regelung galt grundsätzlich
für alle der Leistungssteuerung auf der Grundlage von PMV unterliegenden Ärzte, die am 1.7.2001 seit mindestens zwölf Quartalen
niedergelassen waren. Ein Zuwachs bis zum durchschnittlichen PMV der Vergleichsgruppe wurde Altärzten mit unterdurchschnittlichem
PMV sowie den Ärzten zugebilligt, die im Bereich der Beklagten weniger als zwölf Quartale niedergelassen waren oder sich zwischen
dem 1.7.2001 und dem 30.6.2003 niedergelassen hatten. Ähnliche Regelungen finden sich in den für das streitige Quartal geltenden
HVM. Auf die nach § 7 Abs 2 HVM ermittelten PMV wurden nach § 7 Abs 3 HVM idF vom 14.4.2005 die in der Anlage 2 (§ 1 Abs 8
HVM vom 19.5.2006: Anlage 2a) zum HVM (Vergleichsgruppenbildung für Fachgruppen der KÄV Sachsen) ausgewiesenen Anpassungsfaktoren,
die auf Grundlage der Anlage 4 (Grundzüge der Finanzplanung) unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages von 5 vH (nach
Anlage 4 Buchst f wegen zu erwartender Mehrausgaben durch Neuzulassungen, Zuwachsmöglichkeiten der RLV, den psychotherapeutischen Leistungsbereich, Interventionsregelungen und finanzielle Schwankungen ua der Gesamtvergütungen)
ermittelt wurden, angewandt und ergaben das neue RLV. In der Anlage 2 bzw 2a HVM war das durchschnittliche PMV der Vergleichsgruppe ausgewiesen (für die Fachärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
sowie Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie 1 080 410,7 [HVM 14.4.2005] bzw für die Fachärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
1 067 798,7 [HVM 19.5.2006]), der Transformationsfaktor auf den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä
2005) zur Information und der Anpassungsfaktor auf den Punktwert von 4 Cent für den hausärztlichen und 3,75 Cent für den fachärztlichen
Bereich einschließlich des Transformationsfaktors und des 5 %igen Sicherheitsabschlags. Für die Fachgruppe der Klägerin ergab
sich ein Anpassungsfaktor von 0,6924 (HVM 14.4.2005) bzw 0,7395 (HVM 19.5.2006). Hieraus folgte wiederum ein durchschnittliches
RLV der Vergleichsgruppe von 748 076,4 bzw 789 637,1. Die über das RLV hinausgehenden Leistungen wurden nach § 5 Abs 8 Buchst c HVM maximal mit einem Punktwert von 0,1 Cent vergütet.
Damit sah der HVM nicht, wie in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V vorgeschrieben, arztgruppenspezifische Grenzwerte vor, sondern RLV, die aus den individuellen PMV früherer Abrechnungszeiträume resultierten. Ob der HVM dieselben Ziele wie die Regelung in
§
85 Abs
4 Satz 7
SGB V verfolgt, ist nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann nicht den Mangel ausgleichen, dass
es an den nach dem Wortlaut des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V erforderlichen Regelungen arztgruppenspezifischer Grenzwerte fehlt (s schon BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 18).
b. Die Bestimmungen des HVM können auch nicht aufgrund der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA
zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß §
85 Abs
4 SGB V vom 29.10.2004 Geltung beanspruchen. Zwar ist diese Übergangsregelung dem Grunde nach von der Ermächtigung des §
85 Abs
4a Satz 1 iVm Abs
4 Satz 4 bis 8
SGB V gedeckt und somit wirksam (s hierzu BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 20 ff), doch werden die dort festgelegten Voraussetzungen - Fortführung von Steuerungsinstrumenten,
die mit der gesetzlichen Regelung in ihren Auswirkungen vergleichbar sind - nicht erfüllt.
aa. Das LSG hat zutreffend ausgeführt, dass es allerdings - anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106,
56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54) entschiedenen Fall - nicht bereits an einer Fortführung bisheriger Steuerungsinstrumente in dem
Sinne fehlt, dass etwaige Änderungen nicht von den Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V wegführen dürfen (BSG aaO RdNr 22, 25). Nach den Feststellungen des LSG haben die Vertragspartner den bis zum 31.3.2005 geltenden HVM im Grundsatz nicht verändert,
sondern lediglich modifiziert bzw nicht systemrelevant ergänzt. Der Senat hat im Urteil vom 14.12.2011 (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 24) entschieden, dass einzelne Änderungen des HVM der Annahme einer "Fortführung" nicht entgegenstehen,
sofern die wesentlichen Grundzüge des Steuerungsinstruments unverändert bleiben.
bb. Nach dem Inhalt der maßgeblichen Regelungen des HVM ist - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - jedoch
nicht erkennbar, dass der fortgeführte HVM den Anforderungen der Übergangsregelung entsprach. Nach Teil III. Nr 2.2 Beschluss
des BewA vom 29.10.2004 konnten in einer KÄV zum 31.3.2005 bereits vorhandene Steuerungsinstrumente im Einvernehmen mit den
Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene für eine Übergangszeit fortgeführt werden, wenn sie "in ihren Auswirkungen mit
der gesetzlichen Regelung in §
85 Abs
4 SGB V vergleichbar sind". Die Auswirkungen der hier fortgeführten Steuerungsinstrumente waren jedoch nicht mit den Vorgaben des
§
85 Abs
4 SGB V vergleichbar.
Das in der Übergangsregelung normierte Tatbestandsmerkmal der "vergleichbaren Auswirkungen" bedarf der Auslegung bzw Konkretisierung.
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 14.12.2011 (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 28) insofern auf sein Urteil vom 17.3.2010 verwiesen (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21): "Welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift
des §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Teilsatz
SGB V und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen. Sinn dieser Ermächtigung war und ist es, dass der BewA den Weg zur
Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V vorzeichnet. Bei der Auslegung der Ermächtigung ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der
Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre,
eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des §
85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen
und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Nicht hinnehmbar wäre es indessen, zu gestatten, dass sich eine Honorarverteilungsregelung
gegenüber der bisherigen - sei es auch nur vorübergehend - weiter von den Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V entfernt." Der Senat hat in dieser Entscheidung weiter dargelegt, dass die Übergangsvorschrift in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses
des BewA vom 29.10.2004 diesen Anforderungen bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht wurde und es nach dem Wortlaut der
Ermächtigungsvorschrift gestattet war, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des §
85 Abs
4 SGB V aF vergleichbar sind, fortgeführt werden (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22).
Ausgeschlossen hat der Senat in seiner Entscheidung vom 14.12.2011 eine Auslegung der Übergangsvorschrift, die faktisch zu
einer vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben führen würde (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr
29). Bereits der Wortlaut der in §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Teilsatz
SGB V getroffenen Regelung ziele, so der Senat weiter, auf eine Inhaltsbestimmung im Sinne einer "Konkretisierung" und nicht einer
(auch nicht vorübergehenden) "Suspendierung" der gesetzlichen Vorgaben ab. Dies gelte umso mehr, als dem Wortlaut der in §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V in ihren Grundzügen vorgegebenen Regelungen, deren Inhalt der BewA zu bestimmen habe, nur bei eher weiter Auslegung entnommen
werden könne, dass auch die Normierung von Übergangsregelungen vorgesehen sei. Ein dahingehender Wille des Gesetzgebers, dass
die nähere Ausgestaltung des Inhalts der Regelungen durch den BewA auch eine großzügige Übergangslösung bis hin zu einer zeitlich
nicht klar befristeten vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben umfassen dürfe, sei nicht erkennbar. Auch der
dem BewA zustehende Gestaltungsspielraum (vgl hierzu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26 ua) berechtigte diesen nicht dazu, gesetzliche Regelungen faktisch weitgehend leerlaufen
zu lassen, da ein Gestaltungsspielraum untergesetzlicher Normgeber nur innerhalb der ihnen erteilten Normsetzungsermächtigung
bestehe. Nichts anderes gelte schließlich für die Aussage des Senats, dass dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche
Anpassung an die Vorgaben des §
85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren (vgl BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 52). Ziel der zulässigen Übergangsregelung sei nämlich die "Annäherung" an die Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 §
85 Nr 54, RdNr 22). Dies setze entweder voraus, dass die zu prüfende Honorarverteilungsregelung dem gesetzlichen Ziel deutlich
näher stehe als die Vorgängerregelung, oder, dass die Regelung bereits - ohne dass es einer Änderung bedurft hätte - eine
ausreichende Nähe zu den gesetzlichen Vorgaben besitze.
Der Senat ist auch der Auffassung entgegengetreten, vergleichbare Zielsetzungen stünden "vergleichbaren Auswirkungen" gleich
(B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 31). Zum einen stelle die Übergangsregelung nach ihrem klaren Wortlaut nicht auf vergleichbare
Ziele, sondern auf vergleichbare Auswirkungen ab. Zum anderen stehe einer maßgeblichen Berücksichtigung vergleichbarer Zielsetzungen
entgegen, dass die Ziele der hier in Rede stehenden gesetzlichen Regelung derart allgemein gefasst seien, dass sie den Intentionen
einer Vielzahl anderer Regelungen entsprächen. Durch die Vorgabe von RLV solle erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen
Punktwerten vergütet würden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen
gegeben werde; durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten solle zum
einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen
Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl Begründung zum Gesetzentwurf GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr
64 Buchst h Doppelbuchst cc = §
85 Abs 4 Satz 6 bis 8
SGB V; dies entspricht im Wesentlichen der ursprünglichen Begründung bei Einfügung der Norm durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz
[GKV-SolG], vgl Ausschussbericht zum GKV-SolG, BT-Drucks 14/157 S 34 zu Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc).
Das Ziel, den Vertragsärzten Kalkulationssicherheit zu geben, charakterisiere (und rechtfertige) jedoch unter der Geltung
einer Budgetierung der Gesamtvergütungen jegliche Form von Honorarbegrenzungsregelungen (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 32 unter Hinweis auf Rechtsprechung zu Honorarbegrenzungsregelungen, etwa zu Individualbudgets:
BSGE 83, 52, 56 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 29; zu Praxisbudgets: BSGE 86, 16, 17 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 116 sowie BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 26; zu Teilbudgets: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 20; zu Fallzahlzuwachs-Begrenzungsregelungen: BSGE 89, 173, 182 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 378; zu progressiven Honorareinbehalten: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 14; zu Richtgrößen und Umsatzregelungen: BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 28 ff; zur Vorgabe gleich hoher Budgets für alle (Zahn-)Ärzte: BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24). Würde man daher (allein) auf eine vergleichbare Zielsetzung abstellen, hätte die vom
BewA geschaffene Übergangsregelung eine (nahezu) uneingeschränkte Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente in den Honorarverteilungsregelungen
ermöglicht.
Die somit allein als Prüfungs- bzw Vergleichsmaßstab heranzuziehenden konkreten "Auswirkungen" der honorarbegrenzenden Regelungen
der HVM der Beklagten waren mit den "Auswirkungen" der gesetzlichen Regelung in §
85 Abs
4 Satz 7 und 8
SGB V aF nicht vergleichbar. Wesentliche "Auswirkung" der gesetzlichen Regelung war, dass ein arztgruppenspezifisch definiertes
RLV gebildet wurde, innerhalb dessen die erbrachten Leistungen mit einem festen Punktwert vergütet wurden. An einer hinreichenden
Vergleichbarkeit der "Auswirkungen" fehlt es in Bezug auf den vorliegend maßgeblichen HVM schon deswegen, weil dort der Grenzwert
bzw das Vergütungsvolumen nicht anhand arztgruppenspezifischer (Durchschnitts-)Werte bestimmt wird, sondern ihm - im Sinne
eines klassischen Individualbudgets - arztindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen zugrunde lagen. §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF setzte jedoch ein RLV voraus, das auf arztgruppendurchschnittlichen Werten beruhen musste; diesem strukturell vergleichbare Auswirkungen haben
nur Grenzwerte, die ebenfalls auf Durchschnittswerten beruhen. Dies ist eine Mindestvoraussetzung der Vergleichbarkeit; ihr
Fehlen führt, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 14.12.2011 entschieden hat, zur Rechtswidrigkeit einer HVM-Regelung.
Der Senat hat ausgeführt (aaO RdNr 36), der Gesetzgeber sei mit der Vorgabe arztgruppenspezifischer Grenzwerte erkennbar von
der in den KÄVen weit verbreiteten und von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligten Praxis abgewichen, Honorarbegrenzungsregelungen
in Form von Individualbudgets zu normieren. Dass es sich bei der arztgruppenbezogenen Bestimmung des Grenzwerts bzw des Vergütungsvolumens
um eine grundlegende Richtungsentscheidung des Gesetzgebers handele, zeige sich zudem daran, dass auch für die vom 1.1.2009
bis 31.12.2011 geltenden RLV die Werte nach Arztgruppen festzulegen waren (§
87b Abs
3 Satz 1
SGB V). Arztgruppenspezifische Werte lägen weiterhin den Richtgrößen im Arzneimittelbereich (vgl §
84 Abs
6 Satz 1
SGB V) und letztlich auch der Degressionsregelung im vertragszahnärztlichen Bereich (vgl §
85 Abs
4b Satz 1
SGB V) zugrunde.
Hinzu komme, dass es für die vom Gesetzgeber mit der Einführung von RLV - neben dem Aspekt der Kalkulationssicherheit - verfolgten Ziele der Berücksichtigung von Kostendegression und Mengenbegrenzung
sehr wohl von Bedeutung sei, anhand welcher Kriterien der maßgebliche Grenzwert bzw das "privilegierte" Vergütungsvolumen
bestimmt werde. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten und damit
im Ergebnis schon durch die Bestimmung des hierfür maßgeblichen Grenzwerts solle zum einen der Kostendegression bei steigender
Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden
(vgl Begründung zum Gesetzentwurf-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h Doppelbuchst cc = §
85 SGB V). Im Hinblick auf diese Ziele sei es bedeutsam, ob zur Bestimmung des "privilegierten" Vergütungsvolumens arztgruppenspezifische
Durchschnittswerte herangezogen werden oder ob diesem das ggf "übermäßige" individuelle Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes
in der Vergangenheit zugrunde gelegt werde. Es liege auf der Hand, dass sich das Ziel einer Mengenbegrenzung sachgerechter
anhand von arztgruppenspezifischen Durchschnittswerten als durch eine Fortschreibung vorhandener Besitzstände erreichen lasse.
Zu berücksichtigen sei schließlich, dass Durchschnittswerte den Versorgungsbedarf der Versicherten zuverlässiger widerspiegeln
würden als arztindividuelle Werte (aaO RdNr 37).
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 eine auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelte Honorarverteilung
als eine Regelungsstruktur bezeichnet, deren Auswirkungen nicht mit den Vorgaben des §
85 Abs
4 SGB V vergleichbar seien (vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 §
85 Nr 53, RdNr 23). Auch in seinen Urteilen vom 18.8.2010 (SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 39 ua) hat er ausgeführt, dass ohne normative
Grundlage die ggf mit der Einführung von RLV für die Vertragsärzte verbundenen Vorteile nicht so begrenzt werden dürften, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichten Vergütungen
- zur Anwendung kommen; konkret hat der Senat beanstandet, dass ungeachtet formal bestehender RLV mit festen Punktwerten als Folge einer korrigierenden Ausgleichsregelung die abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet
wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar waren (aaO RdNr 42).
An der arztindividuellen Bezogenheit der RLV nach dem HVM der Beklagten ändert auch der Umstand nichts, dass das individuelle RLV durch die Multiplikation mit dem einheitlichen Anpassungsfaktor der Arztgruppe reduziert wurde. Der arztgruppenspezifische
Anpassungsfaktor modifizierte lediglich die individuellen RLV, ohne dass dadurch die grundsätzliche Bindung an das individuelle Leistungsvolumen im Referenzzeitraum aufgehoben wurde.
Das LSG hat auch zu Recht ausgeführt, dass das in der Anlage 2 bzw 2a des HVM ausgewiesene durchschnittliche RLV der Vergleichsgruppe nur eine Rolle für die Fälle spielte, in denen Zuwachsmöglichkeiten eröffnet werden etwa für "Jungärzte"
oder "Altärzte" mit unterdurchschnittlichem PMV oder bei dem Neueintritt eines Arztes in eine Gemeinschaftspraxis. Eine generelle
Anbindung an den Vergleichsgruppendurchschnitt bestand nicht. Der Anpassungsfaktor diente vielmehr allein der Anpassung der
Leistungsmenge zur Gewährleistung eines einheitlichen Regelleistungspunktwertes, wie dies in der Anlage 4 Buchst e HVM ausdrücklich
formuliert ist. Zuzustimmen ist dem LSG auch, dass das Bestehen von Praxisbudgets im Bemessungszeitraum den PMV noch nicht
den Charakter einer arztgruppenspezifischen Festlegung gibt.
cc. Da bereits die arztindividuelle Bezogenheit des Vergütungsvolumens im HVM einer Vergleichbarkeit der Auswirkungen entgegensteht,
bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob eine Vergleichbarkeit der Auswirkungen zumindest hinsichtlich der Vorgabe
fester Punktwerte gegeben ist. Das ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.
Die HVM-Regelung setzte nicht beim Preis, sondern bei der Menge der mit festen Preisen vergüteten Leistungen an, indem sie
für einen bestimmten Teil der erbrachten Leistungen des fachärztlichen Versorgungsbereichs einen festen Punktwert von 3,75
Cent garantierte. Zur Bildung des RLV wurde das individuelle PMV allerdings mit dem Anpassungsfaktor multipliziert und damit faktisch reduziert. Der in der Anlage
2 bzw 2a HVM geregelte Anpassungsfaktor entsprach einschließlich dem Transformationsfaktor auf den EBM-Ä 2005 und dem Sicherheitszuschlag
von 5 % dem prozentualen Anteil der Leistungen der Fachgruppe, die tatsächlich aus den zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen
mit einem Punktwert von 3,75 Cent vergütet werden können. Damit war für den Vertragsarzt kalkulierbar, für welche Leistungsmenge
er mit welcher Vergütung rechnen konnte. Zwar ist die Festlegung "absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten
Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen. Bei gedeckelter Gesamtvergütung wird die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch
ermöglicht, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen ausreichen, um alle erfassten Leistungen
mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dadurch, dass dies zu Lasten der "freien Leistungen" geht. So hat auch der
Senat eingeräumt, dass ein gewisses Floaten der Punktwerte nicht zu vermeiden ist, das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung vielmehr eine Quotierung voraussetze (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16). Die Regelungen des HVM der Beklagten gewährleisteten aber in diesem Rahmen für die Leistungen innerhalb des
persönlichen RLV weitgehende Kalkulierbarkeit.
Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob die Festsetzung des Restleistungspunktwertes mangels einer an der Leistungsmenge
orientierten Abstaffelung rechtswidrig war.
2. Auch die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Ausstattung des Honorarfonds für die HNO-Ärzte
im streitigen Quartal nicht beanstandet.
Der Senat hat bereits mit Urteilen vom 29.8.2007 und 28.5.2008 (B 6 KA 2/07 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr 30 und B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42 RdNr 63) entschieden, dass sich die Verpflichtung der Beklagten zur Neuausrichtung ihrer Aufteilungsregelungen
wegen der Rechtswidrigkeit der bis zum Quartal III/2000 geltenden Arztzahlveränderungsregelung auf die Quartale IV/2000 bis
II/2003 beschränkte. Soweit ab dem Quartal III/2003 die Aufteilung der Gesamtvergütungen auf die einzelnen Facharzttöpfe nach
Maßgabe von deren Durchschnittsanteilen in den Quartalen III/2001 bis II/2002 erfolgte, hat der Senat darin keine Fortführung
eines rechtswidrigen Zustands gesehen und es nicht für erforderlich gehalten, allein deshalb auch alle unter diesem Regelwerk
bereits vollzogenen Honorarverteilungen zu korrigieren. Die Verteilungsergebnisse in diesen neuen Basisquartalen waren nicht
mehr unmittelbar durch die rechtswidrige Verteilung auf der Grundlage der Arztzahlveränderungsregelung beeinflusst.
In den Beschlüssen vom 11.3.2009 (B 6 KA 47/08 B) und 28.10.2009 (B 6 KA 51/08 B) hat der Senat klargestellt, dass die normgebende KÄV bei der Festlegung einer neuen Basis für Gesamtvergütungsanteile weitere
Faktoren wie etwa die Morbiditätsentwicklung, das Leistungsund Abrechnungsverhalten der Vertragsärzte oder Punktwertstützungsmaßnahmen
berücksichtigen kann, dass aber grundsätzlich die Anknüpfung an bestimmte frühere Gesamtvergütungsanteile nicht zu beanstanden
und auch nicht begründungsbedürftig ist. Der Normgeber kann im Rahmen des ihr zur Verfügung stehenden Gestaltungsermessens
auf die tatsächlichen Umstände in einem nicht mehr unmittelbar von vorausgegangenen rechtswidrigen Regelungen infizierten
Zeitraum abstellen und diese einer neuen normativen Regelung für künftige Honorarverteilungen zugrunde legen. Dass einmal
- aus welchen Gründen auch immer - erfolgte Anknüpfungen an materiell rechtswidrige Verteilungslagen über den eigentlichen
Regelungszeitraum hinaus nicht ad infinitum fortwirken dürfen, sieht der Senat auch im Interesse der Funktionsfähigkeit des
vertragsärztlichen Honorarverteilungssystems als geboten an (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr 30). Auch wenn nie ausgeschlossen werden kann, dass sich fehlerhafte Verteilungsregelungen auf spätere Zeiträume
auswirken, ist es nicht zuletzt im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit erforderlich, eine verlässliche rechtliche
Basis durch Begrenzung des infizierten Zeitraums zu gewährleisten.
Wirkte damit die Rechtswidrigkeit der Arztzahlveränderungsregelung im streitigen Quartal nicht mehr im rechtlichen Sinne fort,
bestand für die Beklagte insofern auch keine erhöhte Begründungspflicht. Dass generell die Anknüpfung an die Bemessung von
Honorarmengen vergangener Zeiträume nicht zu beanstanden ist, ist ständige Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 18 mwN) und gilt - siehe oben - auch bei der Heranziehung von mittelbar von einer rechtswidrigen Regelung noch
infizierten Referenzzeiträumen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO.