Regress wegen einer unzulässigen Arzneimittelverordnung; Hemmung des Ablaufs der vierjährigen Ausschlussfrist durch Prüfantrag
einer Krankenkasse
Gründe:
I
Im Streit steht ein Regress wegen der Verordnung eines Arzneimittels.
Der Beigeladene zu 1. ist Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde des Kreiskrankenhauses H. und war im fraglichen Zeitraum
zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Am 18.12.2000 verordnete er zugunsten eines bei der Beigeladenen
zu 8. versicherten Patienten Wobe Mugos E-Tabletten. Am 22.10.2001 stellte die Beigeladene zu 8. bei der klagenden Kassenärztlichen
Vereinigung (KÄV) einen Antrag auf Prüfung dieser Verordnung und Festsetzung eines Regresses in Höhe von 260,27 DM (= 133,07
Euro). Mit Schreiben vom 27.12.2001 setzte die Bezirksstelle Hannover der Klägerin den Beigeladenen zu 1. über den Prüfantrag
in Kenntnis. Zugleich teilte sie diesem sowie der Beigeladenen zu 8. mit, dass sie den Antrag bis zur Klärung der Rechtslage
ruhen lassen werde; die Verordnungsfähigkeit des Präparats sei unsicher, da für Wobe Mugos E-Tabletten nur eine fiktive Zulassung
vorliege.
Nachdem das BSG mit Urteil vom 27.9.2005 (B 1 KR 6/04 R - BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3) entschieden hatte, dass Wobe Mugos E-Tabletten nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
verordnet werden können, setzte der Prüfungsausschuss mit Bescheid vom 10.8.2006 gegen den Beigeladenen zu 1. einen Regress
in Höhe von 133,07 Euro fest. Der vom Beigeladenen zu 1. unter Hinweis auf zwischenzeitlich eingetretene Verjährung eingelegte
Widerspruch blieb erfolglos. Der Beklagte vertrat die Auffassung, der Ablauf der hier maßgeblichen Verjährungsfrist von vier
Jahren sei dadurch unterbrochen (bzw gehemmt) worden, dass der betroffene Vertragsarzt von der Prüfungseinrichtung über die
Antragstellung der Krankenkasse informiert und ihm rechtliches Gehör eingeräumt worden sei.
Auch die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das SG hat die Auffassung vertreten, die vierjährige Ausschlussfrist sei im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung für Honorarkürzungen
entwickelt worden; durch die hier festgesetzten Regresse werde jedoch unmittelbar keine Honorarkürzung bewirkt. Eine Ausschlussfrist
sei auch nicht zur Wahrung der Rechtssicherheit erforderlich, weil die Prüfvereinbarung vorsehe, dass Krankenkassen Anträge
auf Festsetzung eines sonstigen Schadens innerhalb von vier Jahren nach der Pflichtverletzung stellen müssten. Die von der
Klägerin erhobene Einrede der Verjährung sei ohne Rechtswirkung, weil das hier fragliche verfahrensrechtliche Gestaltungsrecht
grundsätzlich nicht der Verjährung unterliegen könne (Urteil vom 10.10.2007).
Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei der Beigeladene zu 1. dem Grunde
nach verpflichtet, der betroffenen Krankenkasse den Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unzulässige Verordnung von Wobe
Mugos E entstanden sei. Jedoch sei der Beklagte durch Fristablauf an der Festsetzung eines Regresses gehindert gewesen. Allerdings
greife nicht die von der BSG-Rechtsprechung entwickelte Ausschlussfrist ein, denn für diese sei von vornherein kein Raum,
wenn sich - wie hier - die Regressforderung aus einem Schadensersatzanspruch ergebe, bei dem die zeitliche Begrenzung bereits
aus der Möglichkeit der Verjährung folge. Der Schadensersatzanspruch der Beigeladenen zu 8. sei verjährt, denn ausgehend von
der Einlösung der umstrittenen Verordnung im Jahre 2001 sei der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres
2005 - und damit vor Erlass des Bescheides des Prüfungsausschusses vom 10.8.2006 - vollendet gewesen. Die Verjährung sei auch
nicht dadurch gehemmt worden, dass die Beigeladene zu 8. die Festsetzung des Schadensersatzanspruchs bei der Klägerin beantragt
und die Klägerin dies dem Beigeladenen zu 1. mitgeteilt habe. §
45 Abs
3 SGB I sei nicht einschlägig, da die darin liegende Privilegierung des Anspruchsinhabers auf Sozialleistungen beschränkt sei (Urteil
vom 28.1.2009).
Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Er teile zwar die Auffassung des Berufungsgerichts,
dass bei einem Arzneimittelverordnungsregress im Einzelfall wegen der Nähe zum klassischen Schadensersatzrecht keine Ausschlussfrist
eingreife, sondern Regressansprüche der Krankenkassen der Verjährung unterlägen, gehe jedoch von einer wirksamen Hemmung der
Verjährungsfrist aus. Bei den gesetzlichen Verjährungsregelungen gehe es jeweils um ein Zweierverhältnis zwischen Gläubiger
und Schuldner, während im komplizierten Kompetenzgeflecht im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung immer Verhältnisse mit
mehr als zwei Beteiligten zu beurteilen seien. Zudem sei er - der Beklagte - nie Gläubiger der Regressforderung, die er festsetze.
Als Konsequenz aus diesen Besonderheiten dürften etwaige Hemmungsvorschriften nur entsprechend und nicht direkt zur Anwendung
kommen. In diesem Sinne seien "Verhandlungen" iS des §
203 BGB nF (in der seit dem 1.1.2002 gültigen Fassung) in Form der Rechtsverfolgung bzw eines alle Instanzen durchlaufenden Gerichtsverfahrens
erfolgt. Auch eine Anwendung des §
206 BGB sei nicht ausgeschlossen, denn er - der Beklagte - habe die höchstrichterliche Entscheidung zu dem Problemkomplex um das
Präparat Wobe Mugos E abwarten müssen, um ggf nicht sehenden Auges rechtswidrige Bescheide zu erlassen. Die vom LSG angeführte
Entscheidung des BVerwG sei auf den vorliegenden Fall mangels Vergleichbarkeit nicht übertragbar; sie benachteilige auch diejenigen,
die auf ein zweistufiges Verwaltungsverfahren verwiesen würden. Schließlich sei der Grundsatz nicht beachtet worden, dass
die Verjährung nicht gegen denjenigen laufe, welcher den Eintritt der Verjährung nicht - klageweise - verhindern könne. Die
Beigeladene zu 8. habe keine Möglichkeit gehabt, das laufende Verfahren zu beeinflussen, sondern sei zur Untätigkeit gezwungen
gewesen. Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 28.8.1996 sei eine Hemmung der Verjährungsfrist dann gegeben, wenn
die Beteiligten über den Hemmungsgrund "offiziell" Kenntnis erlangt hätten, dieser Hemmungsgrund zweckmäßig sei und nicht
eine sittenwidrige Verzögerung bedinge, und der Hemmungszeitraum angemessen sei und nicht gegen den Grundsatz von Treu und
Glauben verstoße. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil
des Sozialgerichts Hannover vom 10. Oktober 2007 zurückzuweisen, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen
vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Prüfbefugnis der Gremien nach §
106 SGB V unterliege als verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht allein einer vierjährigen Ausschlussfrist. Die Prüfgremien seien in
jedem Einzelfall verpflichtet, zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Prüfbefugnis gegeben oder aufgrund des Ablaufs der
Ausschlussfrist entfallen sei. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit dürften die Verfahren hinsichtlich der Fristenregelung
nicht unterschiedlich beurteilt werden. Es müsse den Prüfgremien von vornherein klar sein, ob Fristenregelungen von Amts wegen
vor Beginn der Prüfung (Ausschlussfrist) oder erst im Rahmen der Durchführung der materiellen rechtlichen Prüfung auf Einrede
(Verjährung) zu beachten seien. Im vorliegenden Fall sei die Ausschlussfrist nicht wirksam gehemmt worden. Dies erfordere
zwingend den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen; die bloße Kenntnisnahme einer solchen Möglichkeit vor
Ablauf der Ausschlussfrist genüge nicht. Bei dem Schreiben ihrer Bezirksstelle vom 27.12.2001 handele es sich nicht um einen
Verwaltungsakt, sondern um eine bloße Information. Eine Hemmung durch Rechtshandlungen der antragstellenden Krankenkasse komme
nur in Ausnahmefällen in Betracht, nämlich dann, wenn es darum gehe, einer Vereitelung der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch
die Prüfgremien entgegenzutreten. Der Beigeladenen zu 8. habe die Möglichkeit offengestanden, eine Hemmung der Frist durch
Erhebung der Untätigkeitsklage nach §
88 SGG zu bewirken. Es hätten weder Verhandlungen in Form der Rechtsverfolgung stattgefunden, noch stelle das Zuwarten auf eine
höchstrichterliche Entscheidung höhere Gewalt dar, die eine Rechtsverfolgung verhindert habe.
Die Beigeladenen zu 6. und zu 8. haben sich - ohne Anträge zu stellen - den Ausführungen des Beklagten angeschlossen. Die
übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.
II
Die Revision des Beklagten ist begründet. Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anspruch der Beigeladenen zu
8. auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses verjährt ist. Er ist auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen.
1. Die KÄV ist durch den Bescheid, mit dem der Beklagte einen Arzneikostenregress gegen den Beigeladenen zu 1. festgesetzt
hat, rechtlich beschwert (BSGE 79, 97, 99 f = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 3 f; BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, RdNr 21). Eine Betroffenheit der KÄV in eigenen Rechten hat der Senat aus der Gesamtverantwortung
der KÄVen für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung
(§
75 Abs
1 SGB V) abgeleitet, in die durch die Entscheidung der Prüfgremien eingegriffen wird (BSGE 79 aaO S 99 f = SozR aaO S 4; BSGE 92
aaO = SozR aaO, RdNr 22). Hieraus folgt ihre Befugnis, die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung unabhängig vom Nachweis eines
darüber hinausgehenden konkreten rechtlichen Interesses im Einzelfall geltend zu machen (BSGE 79 aaO S 100 = SozR aaO S 4
mwN).
2. Für die vom Beigeladenen zu 1. im Quartal IV/2000 vorgenommene Verordnung von Wobe Mugos E haben die Prüfgremien zu Recht
einen Regress festgesetzt. Dieser ist - wie auch nicht im Streit steht - in der Sache nicht zu beanstanden. Der Festsetzung
eines Regresses steht auch weder ein Verjährungseintritt noch ein Verstreichen der Ausschlussfrist von vier Jahren entgegen.
a) Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist §
106 Abs
2 SGB V (hier zugrunde zu legen idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die im Quartal IV/2000 galt;
- zur Zugrundelegung des §
106 Abs
2 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 §
106 Nr
17 RdNr
12 und BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung
unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten
oder bei Überschreitung von Richtgrößen nach §
84 SGB V (§
106 Abs
2 Satz 1 Nr
1 SGB V) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (§
106 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB V) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß §
106 Abs
2 Satz 4
SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen
(s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 bis 14 mwN). Diese waren auch in der hier einschlägigen Prüfvereinbarung
vom 24.6.1996 vorgesehen, wie sich aus dem Urteil des SG ergibt, das für die Feststellung und Auslegung von Landesrecht (auch) zuständig ist (s §
162 SGG und dazu zB BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 17 RdNr 12 mwN). Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl daher rechtmäßig - wenn das
individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs
am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 16; BSG SozR § 106 Nr 21
RdNr 14). Dem Beschluss des Beklagten ist auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass er eine Einzelfallprüfung
wegen Unwirtschaftlichkeit durchgeführt hat.
b) Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführte Einzelfallprüfung lässt Rechtsfehler nicht
erkennen. Die Annahme der Unwirtschaftlichkeit wie auch die Höhe des festgesetzten Regresses sind nicht zu beanstanden.
Wie der Senat bereits mit Urteilen vom 5.11.2008 (B 6 KA 63/07 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 21 und B 6 KA 64/07 R) sowie vom 6.5.2009 (B 6 KA 3/08 R = USK 2009-14 = MedR 2010, 276) entschieden hat, war die vom Beigeladenen zu 1. vorgenommene Verordnung von Wobe Mugos E im Quartal IV/2000 nicht zulässig.
Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden; insoweit bestand
weder eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten. Jedenfalls seit der Ablehnung
der Zulassungsverlängerung durch den Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 9.6.1998 war Wobe
Mugos E nicht mehr verordnungsfähig im Sinne des
SGB V (vgl BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 21 RdNr 25). Fehlte die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben (BSG aaO unter Hinweis auf BSG SozR
3-2500 § 106 Nr 52 S 281 f und BSG MedR 2007, 557).
c) Die Festsetzung des Regresses ist auch nicht wegen Zeitablaufs ausgeschlossen.
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt das Recht der Prüfgremien auf Erlass von Prüfbescheiden nicht
der Verjährung. Dies hat der Senat - unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 16.1.1991 - BSGE 68, 97 = SozR 3-2500 § 106 Nr 4, und vom 31.7.1991 - BSGE 69, 147 = SozR 3-2500 § 106 Nr 7) bereits mit Urteil vom 16.6.1993 (14a/6 RKa 37/91- BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19; bestätigt durch BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 16; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 20) entschieden.
(1) Wie der Senat dargelegt hat, unterliegt nach §
194 Abs
1 BGB der Verjährung nur das Recht, von einem Anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch); Rechte, die keine Ansprüche
sind, unterliegen nicht der Verjährung (BSGE 72, 271, 273 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 107). Das gilt insbesondere für Gestaltungsrechte (BSGE aaO = SozR aaO mwN; s auch Ellenberger
in: Palandt,
BGB, 69. Aufl 2010, §
194 RdNr 3). Das Prüfverfahren ist nach dem Gesetz auf die endgültige Feststellung des Honoraranspruchs in Ersetzung des Honorarbescheides
und auf die Festsetzung eines etwaigen Regresses wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise ausgerichtet (BSG aaO). Das Recht
des Prüfungsausschusses, den Honoraranspruch endgültig und entsprechend dem Prüfergebnis anders als im Honorarbescheid festzusetzen,
ist nicht auf ein Tun oder Unterlassen des Vertragsarztes gerichtet (BSG aaO). Es ist jedenfalls kein Anspruch, sondern einem
Gestaltungsrecht vergleichbar (BSG aaO; s auch BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4).
(2) Etwas anderes gilt lediglich für das Verfahren auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" (s BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4). Zur Begründung hat der Senat (aaO) auf die Unterschiede verwiesen, die zwischen der Überprüfung
des dem Vertragsarzt gegen die KÄV zustehenden Honoraranspruchs unter den Gesichtspunkten der sachlich-rechnerischen Richtigkeit
und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung auf der einen und der Feststellung eines gegen den Vertragsarzt gerichteten
Schadensersatzanspruchs auf der anderen Seite bestehen. Anders als die auf Prüfung und ggf Kürzung der eingereichten Honorarforderung
gerichtete Prüfungsbefugnis der Prüfgremien, die - wie dargelegt - als verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht nicht der Verjährung
unterliegt, bildet das Verfahren auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" nach bundesmantelvertraglichen Vorschriften (jetzt
§ 48 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/§ 44 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen sowie § 23 Abs 1 Satz 2 Bundesmangelvertrag-Zahnärzte)
die Grundlage für die Geltendmachung eines gegen den Vertragsarzt gerichteten Schadensersatzanspruchs, der wie jeder Anspruch
verjähren kann (BSG aaO). In diesem Fall wird dem Interesse des betroffenen Vertragsarztes, nicht zeitlich unbegrenzt Ersatzansprüchen
aus einer abgeschlossenen Behandlung ausgesetzt zu sein, bereits durch die Verjährungsvorschriften Rechnung getragen.
(3) Bei Arzneikostenregressen, die auf der Verordnung eines nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Arzneimittels beruhen,
handelt es sich jedoch nicht um einen Fall des "sonstigen Schadens" im Sinne der BSG-Rechtsprechung. Der gegenteiligen Auffassung
des LSG kann nicht gefolgt werden.
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG, Urteile vom 14.3.2001 = SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283 sowie B 6 KA 18/00 R, vom 30.1.2002, B 6 KA 9/01 R = USK 2002-110 sowie vom 20.10.2004 = SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12) sind Schadens- und Verordnungsregresse wegen eines
Verstoßes gegen die Arzneimittelrichtlinien bzw generell wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht
als Fall der Festsetzung eines "sonstigen Schadens" im Sinne der bundesmantelvertraglichen Vorschriften anzusehen. Der durch
fehlerhaftes Verordnungsverhalten des Arztes einer Krankenkasse entstandene Schaden unterscheidet sich grundlegend von dem
- verschuldensabhängigen (s hierzu BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283 und BSG USK 2002-110) - "sonstigen Schaden".
Bei Verordnungsregressen besteht der zu ersetzende Schaden der Krankenkasse darin, dass sie an Apotheken Geldbeträge für Arzneien
gezahlt hat, welche dem Versicherten gegen Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung ausgehändigt wurden und ausgehändigt
werden durften (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 284; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12). Die Krankenkasse hat mithin Kosten
aufgewandt, die sie prinzipiell aufwenden muss, die aber im konkreten Fall nicht angefallen wären, wenn der Vertragsarzt den
normativen Vorgaben entsprochen hätte (Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 28 RdNr 3). Der "Schaden",
der durch einen Verordnungsregress auszugleichen ist, entspricht somit demjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise
im Sinne von §
106 Abs
2 Satz 1
SGB V verursacht worden ist (BSG aaO).
Der typische Schadensregress außerhalb des Verordnungsverhaltens ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass das Verhalten des
Arztes (zB ein Behandlungsfehler oder eine falsche Bescheinigung) Folgekosten der Krankenkasse in anderen Leistungsbereichen
ausgelöst hat (zB notwendige Nachbehandlung, Leistungen wegen Mutterschaft). Der dann zu ersetzende Schaden ist der Struktur
nach einem Mangelfolgeschaden nach bürgerlichem Recht vergleichbar (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 284; BSG SozR 4-2500 § 106
Nr 7 RdNr 12; in diesem Sinne auch Wenner aaO RdNr 3; vgl ferner BSGE 55, 144 = SozR 2200 § 368n Nr 26).
Aber auch außerhalb dieser typischen Konstellationen kann es Verordnungsregresse geben, die dem Schadensregress nach den bundesmantelvertraglichen
Vorschriften zuzuordnen sind. Hierfür kommen insbesondere Fallgestaltungen in Betracht, bei denen Fehler in Frage stehen,
die nicht speziell der Verordnung selbst anhaften, sondern sich aus der Art und Weise der Ausstellung der Verordnung ergeben.
Dies kann zB in Betracht kommen, wenn ein Vertragsarzt für einen Patienten eine Verordnung ausstellt, obgleich er ihn nicht
selbst in Behandlung hat, dieser sich zur Zeit der Ausstellung der Verordnung in der Behandlung eines Krankenhauses befindet,
in dem umfassend Therapien einschließlich aller Arzneimittel zu gewähren sind. Gleiches gilt, wenn ein ermächtigter Krankenhausarzt
Arzneiverordnungen im Rahmen seiner Ermächtigungstätigkeit durch einen insoweit nicht vertretungsbefugten anderen Krankenhausarzt
unterzeichnen lässt. In solchen Fällen ist im Wege des Schadensregresses vorzugehen, dessen Rechtmäßigkeit ein Verschulden
und die Einhaltung der vierjährigen Verjährungsfrist voraussetzt.
Kein Schadensregress nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften, sondern ein Fall der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß
§
106 SGB V liegt indessen zB dann vor, wenn eine Krankenkasse gegenüber einem Vertragsarzt geltend macht, dieser habe die Verteilung
des Sprechstundenbedarfs zwischen Primär- und Ersatzkassen fehlerhaft vorgenommen (s BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 7). Ein Fall des §
106 SGB V ist auch dann gegeben, wenn ein Regress deshalb erfolgt, weil die Grenzen der gesetzlichen Leistungspflicht der gesetzlichen
Krankenversicherung nicht eingehalten wurden. Auch dieser Regress entspricht der systematischen Struktur nach einem Arzneikostenregress
wegen unzureichender Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots oder einer Kürzung vertragsärztlichen Honorars wegen unwirtschaftlicher
Leistungserbringung. Diese Maßnahmen knüpfen an die inhaltliche Ausrichtung der Verordnung an, die sich als unzulässig bzw
unwirtschaftlich darstellt. Diese Zuordnung wird durch §
106 Abs
5b SGB V bekräftigt, der klarstellt, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Einhaltung der Arzneimittel-Richtlinien zu
prüfen ist. In solchen Fällen kommt es auf ein Verschulden nicht an.
bb) Dass ein Prüfanspruch nicht der Verjährung unterliegt, bedeutet jedoch nicht, dass ein Regressbescheid wegen unzulässiger
- und damit unwirtschaftlicher - Arzneiverordnungen zeitlich unbegrenzt ergehen könnte.
(1) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 16.6.1993 (14a/6 RKa 37/91 - BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19) entschieden hat, ergibt sich die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens
bereits aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit (Art
20 Abs
3 GG); greifen die Verjährungsvorschriften nicht ein, so muss der Gefahr eines "ewigen Prüfverfahrens" auf andere Weise Rechnung
getragen werden (BSGE aaO S 275 = SozR aaO S 109 f). Daher hat es der Senat als sachgerecht angesehen, die in den Büchern
des SGB für die Verjährung einheitlich festgesetzte Frist von vier Jahren im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze als Ausschlussfrist
auch auf das Verfahren zur endgültigen Festsetzung der vertragsärztlichen Honorare zu übertragen (BSGE aaO S 277 = SozR aaO
S 112). Diese Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid ergehen muss, gilt für sachlich-rechnerische Richtigstellungen
(s hierzu BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSG SozR 42500 § 85 Nr 22 RdNr 14; BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16) und für Bescheide zur Umsetzung degressionsbedingter Honorarminderungen (BSG MedR 2008,
100 RdNr 15 ff, und BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 15 ff) gleichermaßen wie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen (s hierzu BSGE 72, 271, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62).
(2) Diese Ausschlussfrist gilt auch für Regresse wegen solcher Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der gesetzlichen
Krankenversicherung nicht eingehalten haben, da sie - wie dargelegt - der systematischen Struktur nach einem Arzneikostenregress
wegen unzureichender Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots entsprechen. Soweit das LSG die Auffassung vertritt, dass für
eine Ausschlussfrist von vornherein dann kein Raum sei, wenn sich die Regressforderung aus einem Schadensersatzanspruch ergebe,
bei dem die zeitliche Begrenzung bereits aus der Möglichkeit der Verjährung erfolge, trägt es der Argumentation des erkennenden
Senats zur Ausschlussfrist nicht hinreichend Rechnung. Dieser hat seine Entscheidung, dass das Recht der Prüfgremien auf Erlass
von Honorarkürzungsbescheiden nicht der Verjährung unterliegt, damit begründet, dass dieses Recht keinen Anspruch im Sinne
des §
194 BGB darstellt, sondern vielmehr einem Gestaltungsrecht vergleichbar ist. Zwar unterliegen Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüche
als solche der Verjährung; damit kann aber eine Verjährung des Prüfrechts nicht begründet werden (BSGE 72, 271, 274 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 108 f).
cc) Der Bescheid vom 10.8.2006 ist allerdings nicht innerhalb der hier maßgeblichen Ausschlussfrist von vier Jahren ergangen.
Der die Wirtschaftlichkeitsprüfung bzw die Prüfung der sachlich-rechnerischen Berichtigung abschließende Bescheid muss nach
der zitierten Senatsrechtsprechung innerhalb der Ausschlussfrist von vier Jahren ergehen. Dabei kann offen bleiben, wann diese
Ausschlussfrist in den Fällen zu laufen beginnt, in denen - wie hier - ein Regress wegen einzelner Arzneimittelverordnungen
im Streit steht. Wie der Senat mit Urteil vom 28.3.2007 (B 6 KA 22/06 R - BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35; ebenso die weiteren Urteile vom 28.3.2007, MedR 2008, 100 und B 6 KA 28/06 R) entschieden hat, beginnt die Ausschlussfrist "in allen Fällen der Berichtigung von Honorarbescheiden" mit dem Tag nach der
Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (BSGE aaO = SozR aaO, RdNr 18). Ob dies
- im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung - auch bei Arzneikostenregressen entsprechend gilt (zu weiteren möglichen
Anknüpfungspunkten s SG Berlin, Urteil vom 27.8.2008 - S 83 KA 653/07, juris), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn unabhängig davon, ob die Ausschlussfrist noch im Laufe des Jahres 2000
oder - äußerstenfalls - mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen begonnen hatte, war sie spätestens mit Ende des Jahres 2005,
also vor Erlass des Regressbescheides, abgelaufen.
Später ergehende Kürzungs- bzw Rückforderungsbescheide können regelmäßig nur noch dann Rechtswirkungen entfalten, wenn die
Vertrauensschutzausschlusstatbestände des § 45 SGB X (Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1) vorliegen (BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 16; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12). Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, denn es liegen keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass der Beigeladenen zu 1. "bösgläubig" im Sinne des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X war.
dd) Der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist ist jedoch unbeachtlich, weil die Ausschlussfrist vorliegend unterbrochen
bzw gehemmt worden ist.
(1) Die Möglichkeit einer Unterbrechung bzw Hemmung der Ausschlussfrist für den Erlass von Prüf- und Richtigstellungsbescheiden
folgt aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des §
45 SGB I über die Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung (s hierzu BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14; s auch BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28, und BSG, Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - juris RdNr 10 f; vgl auch BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62). Die Anwendung einzelner Verjährungsvorschriften, insbesondere der über die Unterbrechung
bzw Hemmung der Verjährung, auf Ausschlussfristen ist trotz der Unterschiede zwischen Verjährung und Ausschlussfrist nicht
ausgeschlossen und auch im bürgerlichen Recht anerkannt (BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 15 mwN).
Dabei sind die Änderungen des §
45 SGB I wie auch der entsprechend anwendbaren
BGB-Vorschriften durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im Ergebnis ohne Bedeutung. Insbesondere für die ohnehin nur entsprechende
Heranziehung der Hemmungs- bzw Unterbrechungstatbestände des
BGB auf die Ausschlussfrist kommt es nicht darauf an, in welcher Weise sich die zum 1.1.2002 in Kraft getretenen Neuregelungen
des
BGB auf bereits laufende Verjährungsvorschriften auswirkten. Denn für die Wahrung der genannten Ausschlussfrist ist es ohne Belang,
ob die Frist vor dem 1.1.2002 unterbrochen, die Unterbrechungswirkung danach fortdauerte oder ob sie nach diesem Zeitpunkt
gehemmt wurde. Für §
45 SGB I gilt nichts anderes. Die Rechtswirkungen von Unterbrechung und Hemmung bleiben insoweit gleich (s schon BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 §
106 Nr 15, RdNr 14). Nach §
205 BGB aF wie nach §
209 BGB nF bewirkt die Hemmung, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet
wird; die Unterbrechung der Verjährung bewirkte nach §
217 BGB aF, dass die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht kommt.
(2) Eine Hemmung der Verjährung bzw des Ablaufs der Ausschlussfrist bei höherer Gewalt nach §
206 BGB nF bzw §
203 BGB aF kommt hier entgegen der Auffassung des Beklagten allerdings nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass höhere Gewalt
- zu der auch der Stillstand der Rechtspflege gehört (s Ellenberger in Palandt,
BGB, 69. Aufl 2010, §
206 RdNr
1; vgl §
203 Abs
1 BGB aF) - nur dann vorliegt, wenn der Berechtigte auch bei äußerster, nach den Umständen vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt
an der Rechtsverfolgung gehindert ist (Lakkis in: JurisPK-
BGB, 4. Aufl 2008, §
206 RdNr 2; vgl auch BSGE 101, 235 = SozR 4-1300 § 44 Nr 17, RdNr 31). Die Beigeladene zu 8. war aber nicht in diesem Sinne an der Rechtsverfolgung gehindert,
denn ihr stand die rechtliche Möglichkeit offen, im Wege der Untätigkeitsklage nach §
88 Abs
1 SGG eine Entscheidung der Prüfgremien herbeizuführen.
Der Senat hat wiederholt auf die Möglichkeit verwiesen, zur Unterbrechung bzw Hemmung der Ausschlussfrist Untätigkeitsklage
gegen das zuständige Prüfgremium zu erheben. Bereits mit Urteil vom 8.12.1993 (BSGE 73, 244 = SozR 3-1500 § 88 Nr 1) hatte der 14a Senat betont, dass Antragsteller gegenüber den Prüfgremien einen Rechtsanspruch auf
Erlass eines Prüfbescheides haben und ihre Interessen nicht nur durch den Inhalt der Entscheidungen der Prüfgremien berührt
werden, sondern auch durch ihren Zeitpunkt (BSGE aaO = SozR aaO S 5). Diesen Anspruch können sie ggf mit der Untätigkeitsklage
durchsetzen (BSGE aaO = SozR aaO; s hierzu auch BSG, Urteil vom 20.9.1995 - BSGE 76, 285, 287 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 167, 168; BSG, Urteil vom 14.5.1997 - SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215; zuletzt Urteil vom
6.9.2006 - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17). Deren Erhebung unterbricht bzw hemmt auch - in entsprechender Anwendung des §
209 Abs
1 BGB aF (in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung) bzw §
204 BGB nF - die vierjährige Ausschlussfrist (BSGE 76, 285, 289 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170; s auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215). Ungeachtet des Umstandes, dass eine Verjährungsunterbrechung
bzw -hemmung im Regelfall nur eintritt, wenn die Klage gegen den Schuldner gerichtet wird (s BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7), wird eine analoge Anwendung jedenfalls dann bejaht, wenn dem betroffenen Vertragsarzt
vor Ablauf der Frist der Beschluss über seine Beiladung zu diesem Verfahren zugestellt wird und er damit förmlich Kenntnis
nimmt (BSGE 76, 285, 293 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170; BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17).
Sofern die Ausführungen des Senats in seiner Entscheidung vom 16.6.1993 (BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19), die Deutung des Prüfungsrechts als ein der Verjährung unterliegender Anspruch sei auch deshalb
abzulehnen, weil diejenigen Beteiligten, die die Folgen der Verjährung letztlich wirtschaftlich träfe, nämlich Krankenkassen
und KÄVen, nicht in der Lage seien, "den Eintritt der Verjährung zu verhindern" (BSGE aaO S 274 = SozR aaO S 109), im gegenteiligen
Sinne verstanden werden könnten, wird hieran nicht festgehalten.
(3) Zu Recht hat das LSG auch eine Ablaufhemmung in entsprechender Anwendung des §
203 BGB nF (bzw §
852 Abs
2 BGB aF analog) verneint, denn es fanden gerade keine Verhandlungen zwischen dem Schuldner - also dem Beigeladenen zu 1. - und
dem Gläubiger - der Beigeladenen zu 8. - statt. Abgesehen davon, dass ein dem Vertragsarzt "aufgezwungenes" Verfahren vor
den Prüfgremien schon wegen fehlender Freiwilligkeit nicht einer Verhandlung im Sinne des §
203 BGB nF gleichgestellt werden kann, beschränkten sich die Handlungen der Beteiligten des Verwaltungsverfahrens bis zu dessen Wiederaufnahme
auf die Geltendmachung einer entsprechenden (Regress-)Forderung auf der einen und deren Zurückweisung auf der anderen Seite.
(4) Eine Unterbrechung bzw Hemmung des Ablaufs der Ausschlussfrist ist jedoch durch die Stellung des Prüfantrages seitens
der Beigeladenen zu 8. eingetreten. Diese Wirkung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §
204 Abs
1 Nr
12 Halbs 1
BGB nF (bzw §
210 Satz 1
BGB aF) wie auch des §
45 Abs
3 SGB I.
(a) Nach §
204 Abs
1 Nr
12 Halbs 1
BGB nF (bzw §
210 Satz 1
BGB aF) wird die Verjährung durch die Einreichung des Antrags bei einer Behörde gehemmt, wenn die Zulässigkeit der Klage von
der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird.
Eine "Vorabentscheidung" einer Behörde stellen auch die Entscheidungen der Prüfstellen (bzw der früheren Prüfungsausschüsse)
nach §
106 SGB V dar.
Dem steht nicht entgegen, dass nach ganz herrschender Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nur diejenigen
Anträge verjährungshemmende Wirkung haben, die unmittelbar, also ohne weitere Verfahrensschritte, Voraussetzung für die Klageerhebung
sind (so grundlegend BVerwGE 57, 306, 309 f; bestätigt durch BVerwGE 102, 33; ohne nähere Begründung auch BVerwG, Urteile vom 15.6.2006 - 2 C 17/05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr 13 und - 2 C 15/05 - IÖD 2007, 7; die verwaltungsgerichtliche Instanzrechtsprechung ist dem gefolgt: vgl Verwaltungsgericht [VG] Kassel, Urteil vom 19.6.2007
- 1 E 520/05 - juris RdNr 7; VG Magdeburg, Urteil vom 21.3.2006 - 5 A 104/05 - juris RdNr 15; Thüringer Oberverwaltungsgericht [OVG], Urteil vom 29.10.2009 - 2 KO 893/07 - juris RdNr 40). Zur Begründung wird darauf verwiesen (BVerwGE 57, 306, 309 f), aus der Gleichstellung des Gesuchs an eine Behörde mit den Wirkungen einer die Verjährung unterbrechenden Klageerhebung
ergebe sich, dass nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur solche Schritte als ausreichend anzusehen seien, die den eindeutigen
Willen zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs gegenüber dem Schuldner erkennen ließen. Diesem Zweck diene die erstmalige
Geltendmachung eines Anspruchs noch nicht, sondern zunächst nur der Konkretisierung eines sich aus dem Gesetz lediglich abstrakt
ergebenden Anspruchs. Es sei dem Betroffenen zuzumuten, seinen Anspruch so rechtzeitig bei der Behörde einzureichen, dass
gegen den daraufhin erlassenen Verwaltungsakt noch vor Ablauf der Verjährungsfrist Widerspruch eingelegt werden könne.
Diese einschränkende Auslegung des §
204 Abs
1 Nr
12 BGB kann jedoch auf die lediglich entsprechende Anwendung der Norm im Vertragsarztrecht wegen der dort bestehenden Besonderheiten
nicht übertragen werden. Das BSG hat bereits in seinem Urteil vom 28.8.1996 (BSGE 79, 97 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1) dargelegt, dass ein Antrag auf Schadensfeststellung im Prinzip geeignet ist, eine Verjährungsunterbrechung
zu bewirken, und eine Anwendung des §
210 BGB (aF) in Betracht käme (BSGE aaO S 101 f = SozR aaO S 6). Es hat ausgeführt, dass diese Norm den Interessen des Anspruchstellers
Rechnung tragen solle, der seine Forderung nicht unmittelbar durch Klageerhebung geltend machen könne, weil das Gesetz die
Zulässigkeit der Klage von einer vorherigen Überprüfung des Anspruchs in einem Verwaltungsverfahren abhängig mache. Der Rechtsgedanke
des §
210 BGB (aF) sei grundsätzlich auf sozialrechtliche Ansprüche übertragbar.
Diesen Gedanken fortführend hält der Senat eine Anwendung des §
204 Abs
1 Nr
12 BGB nF im Vertragsarztrecht deswegen für geboten, weil nur so den hier bestehenden Besonderheiten Rechnung getragen werden kann.
Im Verwaltungsrecht stehen sich üblicherweise Gläubiger und Schuldner in Zweierbeziehungen unmittelbar gegenüber. So lag der
oben angeführten Entscheidung des BVerwG ein Antrag eines Beamten gegen seinen Dienstherrn auf Gewährung beamtenrechtlicher
Besoldungszahlungen zugrunde. Demgegenüber bestehen im Vertragsarztrecht wegen der hier maßgeblichen Trennung der Rechtskreise
keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem "Gläubiger" (der Krankenkasse) und dem "Schuldner" (dem Vertragsarzt).
Die Krankenkasse hat im Regelfall keine Möglichkeit, den Vertragsarzt unmittelbar "in Regress" zu nehmen. Vielmehr ist nach
den gesetzlichen Vorgaben die Festsetzung eines Regresses ausschließlich den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von
Ärzten und Krankenkassen zugewiesen (vgl §
106 Abs
4 Satz 1 iVm Abs
5 Satz 1
SGB V). Eine Krankenkasse, die einen Regressanspruch gegen einen Vertragsarzt durchsetzen möchte, ist daher auf ein Tätigwerden
der Prüfgremien angewiesen.
Dem steht auch nicht die Überlegung entgegen, dass die Beigeladene zu 8. die Möglichkeit gehabt hätte, eine Untätigkeitsklage
nach §
88 Abs
1 SGG zu erheben. Zum einen wäre die rechtliche Wirkung einer derartigen Klage nicht sicher zu beurteilen, da die "verjährungsunterbrechende"
Wirkung der Untätigkeitsklage von einer (einfachen) Beiladung des betroffenen Vertragsarztes abhängig ist (vgl BSGE 76, 285, 293 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 174; BSGE 79, 97, 103 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 7 f; s auch BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 17), die wiederum im Ermessen des Gerichts steht. Zum anderen entspricht das Vorgehen, bei
einer strittigen und schwierig zu beurteilenden Frage wie der Verordnungsfähigkeit von Wobe Mugos E eine höchstrichterliche
Klärung abzuwarten, dem gesetzlich angelegten partnerschaftlichen System der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten
und Krankenkassen. Dieses würde empfindlich gestört, wenn Krankenkassen wegen des Fehlens einer den Ablauf der Ausschlussfrist
hemmenden Wirkung ihres Prüfantrages gezwungen wären, die Prüfungsstellen regelhaft durch Erhebung von Untätigkeitsklagen
zu einer vorzeitigen Entscheidung zu nötigen.
Somit reicht es im Vertragsarztrecht aus, dass die vom Tätigwerden eines Dritten abhängige Krankenkasse ihr Recht geltend
macht. Um allerdings die Rechte des ebenfalls von einer Entscheidung der Prüfgremien abhängigen Vertragsarztes zu wahren,
ist der Eintritt einer die Ausschlussfrist unterbrechenden bzw hemmenden Wirkung des Prüfantrags zudem davon abhängig, dass
der Anspruchsgegner - der Vertragsarzt - von der Stellung des Prüfantrages Kenntnis erlangt. Dies war vorliegend der Fall.
Darüber hinaus war der Beigeladene zu 1. auch über die Gründe informiert, die einer zügigen Entscheidung über den von der
Krankenkasse gestellten Prüfantrag entgegenstanden, so dass sich bei ihm kein Vertrauen dahingehend bilden konnte, dass sich
der Antrag zwischenzeitlich erledigt haben könnte.
(b) Zum selben Ergebnis führt eine entsprechende Anwendung des §
45 Abs
3 SGB I. Danach wird die Verjährung neben den im
BGB genannten - nach §
45 Abs
2 SGB I entsprechend anwendbaren - Fällen auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs
gehemmt (in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung: "unterbrochen"). Dementsprechend hat der Antrag der Beigeladenen zu
8. auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses den Ablauf der Ausschlussfrist bis zu der Entscheidung der Prüfungsstelle gehemmt.
§
45 SGB I gilt zwar unmittelbar nur für Sozialleistungen, findet aber nach der Rechtsprechung des Senats bezüglich der im Vertragsarztrecht
geltenden Ausschlussfristen entsprechende Anwendung (BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28; BSG, Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - juris RdNr 10 f). Auch wenn sich die genannten Entscheidungen des Senats allein auf §
45 Abs
2 SGB I beziehen, ist eine entsprechende Anwendung des §
45 Abs
3 SGB I jedenfalls in den Fällen zu bejahen, in denen der Arzt - wie hier - von dem Prüfantrag der Krankenkasse unterrichtet ist
und über den Grund informiert wird, weshalb mit einer zügigen Entscheidung nicht gerechnet werden kann.
(c) Die das Verstreichen der Ausschlussfrist unterbrechende bzw hemmende Wirkung des Prüfantrags ist schließlich nicht dadurch
entfallen, dass das Verfahren infolge des angeordneten "Ruhens" nicht "betrieben" wurde. Nach §
204 Abs
2 BGB nF endet die Hemmung nach Absatz
1 der Norm ("Hemmung durch Rechtsverfolgung") sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung
des eingeleiteten Verfahrens (Satz 1). Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so
tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst
mit dem Verfahren befassten Stelle (§
204 Abs
2 Satz 2
BGB nF, §
211 Abs
2 Satz 1
BGB aF). Die letzte Verfahrenshandlung in diesem Sinne wäre die Mitteilung des Ruhens durch die KÄV gewesen.
Es entspricht jedoch herrschender Auffassung, dass §
204 Abs
2 Satz 2
BGB nF bzw §
211 Abs
2 BGB aF in dem vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren nicht entsprechend anzuwenden
ist (BSGE 92, 159 = SozR 4-6580 Art 19 Nr 1, RdNr 12; LSG Hamburg, Urteil vom 24.2.2005 - L 6 RJ 122/03 - juris RdNr 27; Rolfs in Hauck/Noftz,
SGB I, §
45 RdNr 26 mwN; aA noch Kretschmer in: GK-
SGB I, 3. Aufl 1996, §
45 RdNr 24). Denn das "Betreiben" ist ein spezifisches Erfordernis des vom Beibringungsgrundsatz beherrschten zivilrechtlichen
Verfahrens; die Vorschrift passt daher nicht auf das sozialrechtliche Verfahren (BSGE aaO = SozR aaO, RdNr 13; LSG Hamburg
aaO).
Auch außerhalb des Sozialrechts führt eine Untätigkeit des Gläubigers nicht zur Beendigung der Unterbrechung bzw Hemmung,
wenn die Behörde von Amts wegen für den Fortgang des Verfahrens zu sorgen hat (BGH VersR 77, 647; ebenso OVG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 19.12.2008 - 4 N 77.07 - juris RdNr 9; Ellenberger in: Palandt,
BGB, 69. Aufl 2010, §
204 RdNr 27; Peters/Jacoby in: Staudinger,
BGB,
2009, §
204 RdNr 125,
140; Mansel/Budzikiewicz in: Anwaltkommentar
BGB, Band 1, 2005, §
204 RdNr 125; Kesseler in: Prütting/Wegen/Weinreich,
BGB, 4. Aufl 2009, §
204 RdNr 19, 21). Diese Voraussetzungen sind angesichts des Umstandes, dass die Beigeladene zu 8. - abgesehen von der "irregulären"
Option einer Untätigkeitsklage - keine Möglichkeit hatte, auf den Fortgang des Verfahrens Einfluss zu nehmen, auch in diesem
Fall gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbs 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist (§
154 Abs
1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge
gestellt haben (§
162 Abs
3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 §
63 Nr
3, RdNr 16).