Sozialversicherungspflicht als mitarbeitende Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH
Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
Vorliegen einer Sperrminorität nach dem Gesellschaftsvertrag
Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb hinsichtlich der Erwerbstätigkeit
Fehlen eines unternehmerischen Risikos
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene Ziff. 1 in ihrer Tätigkeit als mitarbeitende Gesellschafterin der
Klägerin in der Zeit vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Dezember 2012 abhängig beschäftigt gewesen ist.
Die 1979 geborene Beigeladene Ziff. 1 erlernte den Beruf der Köchin. Sie gründete zusammen mit ihrem Ehemann durch notariellen
Vertrag vom 5. April 2006 die Klägerin. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25.000,00 EUR, das die Beigeladene Ziff.
1 sowie deren Ehemann zu jeweils einem Anteil in Höhe von 12.500,00 EUR übernahmen. Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung
werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn das GmbH-Gesetz keine höhere Mehrheit vorschreibt. In dem Gesellschaftsvertrag wurden zur Geschäftsführung folgende Regelung getroffen:
"Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so vertreten zwei gemeinschaftlich
oder ein Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen. Die Gesellschafterversammlung kann, auch wenn mehrere Geschäftsführer
bestellt sind, dem einzelnen die Befugnis zur Einzelvertretung erteilen, ohne dass es einer Satzungsänderung bedarf. Ist nur
ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Die Gesellschafterversammlung kann Geschäftsführer von
den Beschränkungen des §
181 BGB befreien."
Die Gesellschaft wurde am 27. April 2006 in das Handelsregister beim Amtsgericht G. - Registergericht - eingetragen (Geschäftsnummer
HRB 1749 Gei). Zum Geschäftsführer wurde der Ehemann der Beigeladenen Ziff. 1 bestellt und im Handelsregister eingetragen. Am
26. Juni 2006 wurde die Beigeladene Ziff. 1 neben ihrem Ehemann als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin mit der
Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen,
eingetragen. Unter dem 22. November 2006 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen Ziff. 1 einen "Geschäftsführervertrag"
u.a. mit folgenden Bestimmungen:
"§ 1 Aufgabenbereich 1. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ihm steht Einzelvertretungs-
und Einzelgeschäftsführungsbefugnis zu. 2. Der Geschäftsführer führt seine Tätigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften,
der Satzung der Gesellschaft und diesem Geschäftsführervertrag. 3. Der Geschäftsführer führt seine Tätigkeit mit der Sorgfalt
eines ordentlichen Geschäftsführers aus. Die Einteilung der Arbeitszeit richtet sich nach der übernommenen Verantwortung und
den betrieblichen Erfordernissen.
§ 2 Zustimmungspflichtige Geschäfte 1. Die Befugnis zur Geschäftsführung umfasst die Vornahme aller Maßnahmen im Rahmen des
gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft. 2. Zur Vornahme von Rechtsgeschäften, welche über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb
der Gesellschaft hinausgehen, muss die vorherige Zustimmung des Gesellschafters eingeholt werden. Dies gilt insbesondere für
folgende Geschäfte: a) Festlegung oder Änderung der lang-, mittel- und kurzfristigen Geschäftspolitik, insbesondere Festlegung
und Änderung der Vertriebs- und Preispolitik; b) Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Hilfen für Dritte; c)
Aufnahme neuer Geschäftstätigkeiten, teilweise oder vollständige Aufgabe in der Vergangenheit ausgeübter Geschäftstätigkeiten;
d) Entrichtung oder Aufhebung von Betriebsstätten und Zweigniederlassungen; e) Erwerb und Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben;
f) Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Beteiligungen an anderen Unternehmen; g) Abschluss, Änderung und Beendigung von
Dienstverträgen, die eine Gewinn- oder Umsatzbeteiligung oder eine jährliche Vergütung von mehr als EUR 50.000,00 vorsehen;
h) Erteilung oder Entzug von Prokuren oder Handlungsvollmachten; i) Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, grundstücksgleichen
Rechten und Rechten an Grundstücken; j) Abschluss der Änderung oder Beendigung von Miet- und Pachtverträgen, die eine Laufzeit
von mehr als drei Jahren oder einen Miet- oder Pachtzins von jährlich mehr als EUR 50.000,00 vorsehen; k) Geschäfte oder Maßnahmen,
die von der Gesellschaft für zustimmungspflichtig erklärt werden.
§ 3 Vergütung 1. Der Geschäftsführer erhält eine monatliche Vergütung von EUR 1.800,00. 2. Mehrarbeit sowie die Tätigkeit
an Sonn- und Feiertagen wird nicht besonders vergütet.
§ 4 Nebentätigkeit Der Geschäftsführer wird seine ganze Arbeitskraft, Erfahrungen und Kenntnisse der Gesellschaft zur Verfügung
stellen. Dem Geschäftsführer ist während der Dauer dieses Vertrages jede entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeit für
sich oder Dritte untersagt.
§ 5 Urlaub 1. Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Der Urlaub ist terminlich mit den
betrieblichen Belangen und den Aufgaben des Geschäftsführers abzustimmen. 2. Kann der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub
nicht oder nicht vollständig bis zum 30.06. des Folgejahres nehmen, weil Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so ist
der Urlaubsanspruch abzugelten. Das Entgelt bemisst sich nach der Höhe des Festgehalts.
§ 6 Krankheit Der Geschäftsführer erhält im Krankheitsfall oder bei einer sonstigen unverschuldeten Dienstverhinderung seine
vertraglichen Bezüge auf die Dauer von sechs Wochen fortgezahlt.
§ 7 Betriebsgeheimnis ...
§
8 Selbstkontrahieren Der Geschäftsführer ist nicht von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit.
§ 9 Beginn und Dauer des Vertrages 1. Der Vertrag tritt mit Wirkung zum 01.12.2006 in Kraft. Er wird auf unbestimmte Dauer
abgeschlossen ...
§ 10 Schlussbestimmungen ..."
Die Beigeladene Ziff. 1 wurde zum 31. Mai 2012 als Geschäftsführerin bei der Klägerin abbestellt und war anschließend dort
als Köchin tätig. Durch Gesellschafterbeschluss vom 12. Januar 2013 wurde die Beigeladenen Ziff. 1 mit Wirkung zum 1. Januar
2013 wieder zur Geschäftsführerin bestellt. Am 16. Januar 2013 wurde sie als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin
mit der Befugnis, im Namen der Klägerin mit sich im eigenen Namen oder als Vertreterin eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen,
in das Handelsregister eingetragen.
Am 3. August 2012 beantragte die Klägerin die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bzgl. der Tätigkeit der
Beigeladenen Ziff. 1 ab 1. Juni 2012. Sie gab u.a. an, die Beigeladene Ziff. 1 sei ab 1. Juni 2012 als Köchin beschäftigt.
Bis zum 31. Mai 2012 sei sie als Gesellschafter-Geschäftsführerin bei der Klägerin tätig gewesen. Nun sei sie nur noch Gesellschafterin
und als Köchin angestellt. Die Firma habe vor der Errichtung der GmbH bereits als Einzelfirma der Eltern der Beigeladenen
Ziff. 1 bestanden. Als Stimmrecht sei eine einfache Mehrheit vertraglich vereinbart. Das Stimmrecht werde nicht aufgrund einer
vertraglichen Verpflichtung zugunsten eines Dritten ausgeübt. Gesellschafterbeschlüsse könnten durch vertragliche Sonderrechte
weder herbeigeführt noch verhindert werden. Die Beigeladene Ziff. 1 habe der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 378,00 EUR
gegeben und eine Bürgschaft in Höhe von 820.000,00 EUR übernommen. Die Beigeladene Ziff. 1 sei nicht ausschließlich im Rahmen
des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit verpflichtet. Die Mitarbeit sei nicht in einem besonderen Arbeits- bzw. Dienstvertrag
geregelt. Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Die Beigeladene Ziff. 1 unterliege keinem
Weisungsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort oder Art der Beschäftigung. Sie könne ihre Tätigkeit in der Gesellschaft
frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung ihrer Tätigkeit sei von betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen
wirtschaftlichen Interesse zum Wohl und Gedeihen des Unternehmens abhängig. Personal einstellen und/oder entlassen könne sie
nicht. Ihren Urlaub müsse sie sich nicht genehmigen lassen. Eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Sie erhalte eine monatlich
gleichbleibende Vergütung unabhängig von der Ertragslage der Klägerin als Gegenleistung für die geleistete Arbeit in Höhe
von 3.862,00 EUR. Diese Vergütung werde im Falle einer Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt. Von der Vergütung werde Lohnsteuer
entrichtet. Die Vergütung werde als Betriebsausgabe verbucht. Die Beigeladene Ziff. 1 sei am Gewinn der Klägerin beteiligt.
Durch Bescheide vom 27. August 2012 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen Ziff. 1 fest, dass die
Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 als mitarbeitende Gesellschafterin (Köchin) bei der Klägerin seit dem 1. Juni 2012 im Rahmen
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Aufgrund des Kapitaleinsatzes von
50% des Gesamtkapitals und dem daraus resultierenden Stimmrechtsanteil sei es der Beigeladenen Ziff. 1 nicht möglich, die
Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Weiterhin könne sie aufgrund von mangelnden Vetorechten bzw. Sperrminoritäten
keine Entscheidungen verhindern. Im Hinblick auf die Zahlung fester Bezüge trage sie kein eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes
Unternehmerrisiko. Trotz weitgehender Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Ausübung
der Tätigkeit bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sich diese in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene
Ordnung des Betriebes eingliedere.
Dagegen hat die Klägerin am 13. September 2012 Widerspruch eingelegt. Sie hat zur Begründung u.a. ausgeführt, dass die Beigeladene
Ziff. 1 durch ihren hälftigen Anteil an der Klägerin über eine Sperrminorität verfüge. Sie könne jede Entscheidung der Gesellschafterversammlung
verhindern, da eine Beschlussfassung nur mit einfacher Mehrheit möglich sei. Die Beigeladene Ziff. 1 habe gegenüber der Sparkasse
G. eine persönliche Sicherungsabrede abgegeben. Sie hafte für Verbindlichkeiten gegenüber dieser Bank in Höhe von 820.000,00
EUR mit ihrem Privatvermögen.
Die Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2012 den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
zur GmbH sei bei mitarbeitenden Gesellschaftern, die nicht zu Geschäftsführern bestellt seien, von vornherein ausgeschlossen,
sofern sie maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft hätten. Bei einer Kapitalbeteiligung von 50% oder einer
bloßen Sperrminorität liege für mitarbeitende Gesellschafter ohne Geschäftsführerfunktion - im Gegensatz zu Gesellschafter-Geschäftsführern
- allerdings kein maßgeblicher Einfluss vor. Maßgeblichen Einfluss hätten mitarbeitende Gesellschafter nur, sofern sie Mehrheitsgesellschafter
seien, d.h. mehr als 50% der Kapitalanteile der GmbH hielten (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -). Nur mitarbeitende Mehrheitsgesellschafter seien in der Lage, Einzelanweisungen der Geschäftsführung im Bedarfsfall jederzeit
zu verhindern. Dies habe das BSG in seinem Urteil vom 25. Januar 2006 im Fall einer Alleingesellschafterin (Kapitalbeteiligung von 100%) einer GmbH entschieden.
Alleingesellschafter hätten aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem
Geschäftsführer und unterlägen damit ihrerseits nicht dessen Weisungsrecht. Dies treffe nicht nur auf Alleingesellschafter,
sondern grundsätzlich auf alle mitarbeitenden Mehrheitsgesellschafter zu, da sie einen ändernden Mehrheitsbeschluss jederzeit
herbeiführen und damit ihre eigene Abhängigkeit beenden könnten. Sowohl Minderheitsgesellschafter als auch hälftig am Kapital
einer GmbH beteiligte mitarbeitende Gesellschafter ohne Geschäftsführerfunktion seien insbesondere nicht in der Lage, Abweichungen
von der grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung herbeizuführen, die die Dienstaufsicht über die Angestellten vorbehaltlich
anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag der laufenden Geschäftsführung, d.h. dem Geschäftsführer als dem zuständigen
Organ, zuweise.
Dagegen hat die Klägerin am 14. Januar 2013 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die Beigeladene Ziff. 1 sei zum 31. Mai 2012 auf eigenen Wunsch aus persönlichen Gründen als Geschäftsführerin
abberufen worden. Sie leite eigenverantwortlich den Geschäftsbereich "Küche und Restaurant", wozu der Einkauf, die Weisungsbefugnis
über die in der Küche sowie im Restaurant tätigen Angestellten (insgesamt 17), der Direktkontakt mit Gästen sowie die Vorbereitung
und Durchführung von Banketts, Events und Feierlichkeiten gehörten. Der Ehemann der Beigeladenen Ziff. 1 sei im Geschäftsbereich
"Hotel und kaufmännischer Bereich" tätig. Die Beigeladene Ziff. 1 könne als Gesellschafterin mit 50% Geschäftsanteilen jeden
Gesellschafterbeschluss aufgrund der benötigten einfachen Mehrheit für die Beschlussfassung verhindern. Die Tätigkeit der
Beigeladenen Ziff. 1 habe sich nach ihrer Abberufung als Geschäftsführerin - mit Ausnahme der fehlenden Vertretungsbefugnis
nach außen - nicht verändert. Es sei kein neuer Anstellungsvertrag geschlossen worden. Tatsächlich sei der ehemalige Geschäftsführerdienstvertrag
fortgeführt worden. Sie habe ein Entgelt in gleicher Höhe bezogen. Den ihr zustehenden Anspruch auf Erholungsurlaub von 30
Tagen schöpfe sie regelmäßig nicht aus und verzichte zugunsten der Klägerin. Auch belaufe sich ihre Arbeitszeit auf weit über
40 Wochenstunden. Das Grundstück D. Str ... in B. D. sowie die darauf stehenden Gebäude, in denen sich das Hotel und das Restaurant
der Klägerin befinde, stehe im alleinigen Eigentum der Beigeladenen Ziff. 1. Die Gebäude seien von der Beigeladenen Ziff.
1 zur alleinigen Nutzung an die Klägerin mit Ausnahme einer Wohnung, die die Beigeladene Ziff. 1 zusammen mit ihrem Ehemann
bewohne, verpachtet. Für die Errichtung des Hotels bzw. den Umbau des Restaurants habe die Beigeladene Ziff. 1 private Investitionen
und Kredite in Höhe von 1.120.000,00 EUR getätigt und aufgenommen, die auf dem Grundstück mit einer Grundschuld in Höhe von
820.000,00 EUR abgesichert seien. Die Beigeladene Ziff. 1 hafte zusätzlich mit der im Grundbuch des Grundstücks D. Str ...
in B. D. eingetragenen Grundschuld in Höhe von 820.000,00 EUR auch für Bankverbindlichkeiten bzw. Kontokorrentkredite der
Klägerin in Höhe von 55.000,00 EUR persönlich. Sie habe der Klägerin ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 665,01 EUR gewährt.
Zudem hafte die Beigeladene Ziff. 1 persönlich in Höhe von 40.000,00 EUR für Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber einer
stillen Gesellschafterin der Klägerin. Die Beigeladene Ziff.1 sei ab 1. Januar 2013 wieder zur Geschäftsführerin der Klägerin
bestellt worden. Streitig sei daher lediglich der Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis einschließlich zum 31. Dezember 2012. Die
Beigeladene Ziff. 1 trage ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Da beide Gesellschafter jeweils 50% der Geschäftsanteile
hielten, könnten wirksame Beschlüsse der Gesellschaft grundsätzlich nur dann gefasst werden, wenn beide Gesellschafter, also
auch die Beigeladene Ziff. 1, dem Beschluss zustimmten bzw. diesen ablehnten. Ohne die Zustimmung der Beigeladenen Ziff. 1
in der Gesellschafterversammlung könne also insbesondere dem Geschäftsführer der Klägerin keine Entlastung erteilt werden.
Der geschäftliche Erfolg oder Misserfolg der Klägerin wirke sich unmittelbar auf die Beigeladene Ziff. 1 aus. Sie selbst bestimme
mit ihrem Mitgesellschafter, ihrem Ehemann, über die Verwendung des Gewinns und somit auch über die Unternehmenspolitik. Der
Geschäftsführer der Klägerin unterliege zudem gemäß § 2 des Geschäftsführerdienstvertrages bei dessen Geschäftsführerbefugnis
einem Katalog von zustimmungspflichtigen Geschäften durch die Gesellschafterversammlung, insbesondere für über den gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb hinausgehende Rechtsgeschäfte. Der Geschäftsführer der Klägerin sei somit zumindest im Innenverhältnis bei
der Ausführung seiner Geschäftsführungsbefugnis an die Zustimmung der Beigeladenen Ziff. 1 bei wichtigen Rechtsgeschäften
gebunden gewesen. Des Weiteren müsse auch auf die familiäre Verbundenheit der beiden Gesellschafter abgestellt werden. Der
Geschäftsbetrieb der Klägerin sei zwischen beiden Gesellschaftern aufgeteilt, indem die Beigeladene Ziff. 1 eigenverantwortlich
den Geschäftsbereich Küche und Restaurant betreibe und der Ehemann den Geschäftsbereich Hotel und kaufmännische Leitung. Trotz
formaler Geschäftsführerstellung des Ehemannes hätten sich die beiden Gesellschafter die Leitung des Betriebes faktisch aufgeteilt.
Zwar sei die Beigeladene Ziff. 1 rein rechtlich gesehen an Weisungen der Geschäftsleitung der Klägerin gebunden gewesen. Die
tatsächliche Ausübung der Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 bei der Klägerin beinhalte jedoch auch die Befugnis, den Mitarbeitern
der Klägerin, die in dem Geschäftsbereich Küche und Restaurant tätig seien, eigenverantwortlich Weisungen zu erteilen sowie
Mitarbeiter in diesem Geschäftsbereich einzustellen bzw. diese zu entlassen. Weiterhin seien die Grundsätze der Familien-GmbH
auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Hiernach liege kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, wenn die Tätigkeit
mehr durch familienhafte Rücksichtnahme und durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander als durch einen für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis
typischen Interessengegensatz gekennzeichnet sei. Die Beigeladene Ziff. 1 arbeite eng mit ihrem Ehemann zusammen. Der Erfolg
der Klägerin stelle die alleinige Existenzgrundlage der Eheleute dar. Es sei ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Eheleute
gegeben. Das von der Klägerin an die Beigeladene Ziff. 1 bezahlte Gehalt könne nicht als branchenüblich angesehen werden.
Ebenso wenig sei es die Regel, dass Arbeitnehmer ohne Weiteres auf einen Großteil des ihnen vertraglich zustehenden Urlaubs
verzichteten. Dasselbe gelte für den Verzicht auf Abgeltung von Mehrarbeit sowie auf Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeiten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das SG hat zunächst die Beigeladene Ziff. 1 durch Beschluss vom 11. Februar 2013 beigeladen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25. Januar 2017 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 27. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember
2012 dahingehend abgeändert, dass die Beigeladene Ziff. 1 ab 1. Januar 2013 nicht mehr der Versicherungspflicht in der Kranken-,
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.
Das SG hat durch Urteil vom 25. Januar 2017 den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 11. Dezember 2012 bezüglich der Zeit vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Dezember 2012 aufgehoben und festgestellt, dass die
Beigeladene Ziff. 1 bei ihrer Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum 1. Juni 2012 bis 31. Dezember 2012 nicht der Versicherungspflicht
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Zur Begründung hat
das SG u.a. ausgeführt, dass bei einem bei einer GmbH angestellten Gesellschafter ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung
der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis dann ausschließe, wenn der Gesellschafter
damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könne (Hinweis auf BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -). Dies sei jedenfalls bei Alleingesellschaftern grundsätzlich der Fall. Derartige Gesellschafter hätten aufgrund ihrer
gesellschaftsrechtlichen Positionen letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterlägen damit nicht
ihrerseits dessen Weisungsrecht. Eine derartige Rechtsmacht hätten GmbH-Gesellschafter regelmäßig auch dann, wenn sie zugleich
Geschäftsführer der Gesellschaft seien und mindestens 50 % des Stammkapitals inne hätten (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KA 34/00 R-). Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligung geringer sei, könne sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages die
Rechtsmacht ergeben, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer mit seinem Anteil alle ihm nicht genehmen Entscheidungen verhindern
könne (sogenannte Sperrminorität). Ein solcher Fall liege hier zwar nicht vor. Die Beigeladene halte als Gesellschafterin
die Hälfte des Stammkapitals der Klägerin. Sie sei aber in der Zeit vom 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2012 nicht deren Geschäftsführerin.
Ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt sei, besitze allein aufgrund seiner
gesetzlichen Gesellschafterrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben
und abzusprechen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag sei die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht
über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (unter
Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KA 34/00 R -). Nach § 12 des Geschäftsführervertrages vom 22. November 2006 umfasse die Befugnis zur Geschäftsführung die Vornahme aller
Maßnahmen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft, zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber
den Beschäftigten der GmbH gehöre. Einschränkungen sehe der Gesellschaftsvertrag insoweit nicht vor. In ihm habe die Gesellschafterversammlung
Weisungsrechte gegenüber Beschäftigten weder allgemein noch im Einzelfall an sich gezogen oder vorbehalten. Auch soweit die
Beigeladene Ziff. 1 innerhalb der GmbH für den Bereich der Küche verantwortlich sei, werde sie nur als Erfüllungsgehilfin
des Geschäftsführers tätig. Allein dieser sei für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft und damit grundsätzlich
auch für den von der Beigeladenen Ziff. 1 übernommenen Küchen- und Restaurantbetrieb zuständig. Das BSG habe jedoch entschieden, dass eine rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein
könne, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dennoch ausscheide. Ob eine Überlagerung rechtlich
bestehender Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse vorliege, sei anhand einer Abwägung sämtlicher Umstände des
Einzelfalls zu entscheiden. Dabei könne auch der Umfang der tatsächlichen Einflussnahme der Gesellschafter auf die GmbH von
Bedeutung sein, wobei auch eine mittelbare Beeinflussung durch die Veränderung entsprechender Beschlüsse - bspw. der Entlassung
des Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbH-Gesetz) - zu bedenken sei. Im vorliegenden Fall spreche eine Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls letztlich gegen eine abhängige
Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 1 im streitigen Zeitraum. Zu berücksichtigen sei, dass die Beigeladene Ziff. 1 nicht
nur eine für das Unternehmen nicht ins Gewicht fallende Mitarbeiterbeteiligung, sondern die Hälfte des Stammkapitals halte
und gegen ihren Willen keine Gesellschafterbeschlüsse gefasst werden könnten. Damit sei sie rechtlich in der Lage zu verhindern,
dass die Unternehmenspolitik in eine Richtung gelenkt werde, mit der sie nicht einverstanden sei. Sie bestimme gleichberechtigt
mit ihren Mitgesellschaftern über die Verwendung des Gewinns und damit auch über die Unternehmenspolitik. Die gleichberechtigte
Unternehmensführung spiegle sich auch darin wider, dass die Beigeladene Ziff. 1. als gelernte Köchin seit der Gründung der
Klägerin zum 1. Dezember 2006 eigenverantwortlich den Bereich Küche und Restaurant geleitet habe, während ihr Ehemann als
gelernter Hotelfachmann den kaufmännischen Bereich übernommen habe. An dieser Aufteilung habe sich trotz der formalen alleinigen
Geschäftsführerposition des Ehemanns auch im streitgegenständlichen Zeitraum nichts geändert. Ein Indiz für die faktisch unveränderten
Verhältnisse sei auch der fehlende Abschluss eines Anstellungsvertrages. Zu berücksichtigen sei auch, dass sich der geschäftliche
Erfolg oder Misserfolg der Klägerin unmittelbar auf die Beigeladene Ziff. 1 auswirke, da ihr das Unternehmen zur Hälfte gehöre,
sie Eigentümer des verpachteten Grundstücks sei und das Unternehmen für sie und ihren Ehemann die wirtschaftliche Existenzgrundlage
darstelle. Die Beigeladene Ziff. 1 habe zu den Umbau- und Renovierungsarbeiten im Rahmen der Gründung des Unternehmens in
ganz erheblichem Umfang durch eine eigene finanzielle Beteiligung beigetragen und zur Absicherung der aufgenommenen Privat-
bzw. Kontokorrentkredite der Klägerin in Höhe von insgesamt 55.000,00 EUR eine Grundschuld in Höhe von 820.000,00 EUR aufgenommen.
Darüber hinaus hafte sie persönlich für Verbindlichkeiten der Klägerin in Höhe von 40.000,00 EUR gegenüber einer stillen Gesellschafterin.
Gegen das ihr am 10. Februar 2017 zugestellten Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 23. Februar 2017 zum Landessozialgericht
(LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Die ständige Rechtsprechung des BSG verneine ein Beschäftigungsverhältnis eines mitarbeitenden Gesellschafters regelmäßig nur unter der Voraussetzung, dass dieser
Kraft seines Anteils am Stammkapital maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen könne. Nicht zu Geschäftsführern
bestellten mitarbeitenden Gesellschafter einer GmbH - wie die Beigeladene Ziff. 1 - hätten nur maßgeblichen Einfluss auf die
Geschicke der GmbH, wenn sie Mehrheitsgesellschafter seien, d. h. mehr als 50 % am Stammkapital der GmbH hielten (unter Hinweis
auf BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KA 30/04 R -; Urteil vom 23. Juni 1994 - B 12 RK 72/92 R -; Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KR 34/00 R -). Wenn das SG darauf abstelle, dass der Beigeladenen Ziff. 1 tatsächlich keine Weisungen erteilt worden seien bzw. sie sich vielmehr die
Leitung des Betriebes faktisch mit ihrem zum alleinigen Geschäftsführer bestellten Ehemann geteilt habe, stehe dies nicht
in Einklang mit der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R -; Urteil vom 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R - und - B 11a AL 45/06 R -). Auch in seiner Entscheidung vom 29. August 2012
(B 12 KR 25/00 R und B 12 R 14/10 R) habe das BSG nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die bloße Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich sei, solange es nicht auch wirksam
abgedungen sei. Die tatsächlichen Voraussetzungen gäben im Zweifel den Ausschlag, allerdings nur im Rahmen des rechtlich zulässigen.
Eine bloße "Schönwetter-Selbständigkeit" mit Blick auf zwar bestehende, jedenfalls bis zu einem ungewissen Konfliktfall tatsächlich
aber nicht ausgeübte Kontrollrechte scheide aus. Ein Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber formellen Vereinbarungen
bestehe nur, soweit sie rechtlich zulässig abgedungen werden könnten. Weitreichende Befugnisse und eine faktische Weisungsfreiheit
in der betrieblichen Praxis begründeten selbst dann keine Selbständigkeit, wenn diese Umstände auf besondere Rücksichtnahme
innerhalb des Familienunternehmens beruhten (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 -). Gleichfalls seien der wirtschaftliche Einfluss und das Führen der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken nach dem BSG grundsätzlich nicht maßgeblich für die Statusfeststellung. In seinen Entscheidungen vom 29. Juli 2015 und 19. August 2015
habe das BSG erneut die Bedeutung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht betont. Gleichzeitig habe das BSG mit den Entscheidungen vom 29. Juli 2015 (B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R) auch ausdrücklich die sogenannte "Kopf und Seele-Rechtsprechung" aufgegeben. Mit der Entscheidung vom 19. August 2015
(B 12 KR 9/14 R) habe das BSG außerdem bestätigt, dass aus einer Darlehensgewährung kein unternehmerisches Risiko hergeleitet werden könne und auch familiäre
Rücksichtnahmen nicht zu einem sozialversicherungsrechtlich anzuerkennenden besonderen Status führten. Mit seiner Entscheidung
vom 11. November 2015 (B 12 KR 13/14 R und B 12 KR 10/14 R und B 12 R 2/14 R) habe das BSG erneut die Bedeutung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht betont. Bei mitarbeitenden Gesellschaftern ohne Geschäftsführerfunktion
sei zu berücksichtigen, dass es zu den Aufgaben und Rechten des Geschäftsführers zähle, die Gesellschaft nach außen zu vertreten
sowie Dienstaufsicht und Weisungsrecht gegenüber Mitarbeitern auszuüben. Ein mitarbeitender Gesellschafter unterliege daher
zunächst wie auch alle anderen Mitarbeiter grundsätzlich der Weisungsbefugnis eines Geschäftsführers, die mit dem Status eines
selbständigen Unternehmers nicht zu vereinbaren sei. Nur wenn er aufgrund seines Anteils am Stammkapital oder satzungsmäßiger
Sonderrechte in der Lage sei, dieses organschaftlich begründete Weisungsrecht des Geschäftsführers einzuschränken oder gegebenenfalls
durch dessen Abberufung jederzeit zu beenden, sei er nicht als abhängig beschäftigter Mitarbeiter anzusehen. Ansonsten spreche
bereits die insofern fehlende Rechtsmacht für eine persönliche Abhängigkeit und somit für eine abhängige Beschäftigung, insbesondere
da die Weisungsgebundenheit - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe
am Arbeitsprozess verfeinert sein könne. Aus der Satzung seien anderweitige Reglungen, die der Beigeladenen Ziff. 1 eine größere
Rechtsmacht in ihrer Funktion als mitarbeitende Gesellschafterin zugeständen, nicht ersichtlich. So habe sich insbesondere
auch die Gesellschafterversammlung keine Weisungsrechte gegenüber Angestellten vorbehalten. Als Gesellschafterin mit Sperrminorität
sei die Beigeladene Ziff. 1 demnach zwar in der Lage, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern, weitergehende
Gestaltungsmöglichkeiten stünden ihr - insbesondere im Hinblick auf die Stellung ihres Ehemannes als Alleingeschäftsführer
- nicht zur Verfügung. Gerade im Hinblick auf die dem Geschäftsführer obliegende Arbeitgeberfunktion sei es ihr grundsätzlich
nicht möglich, ihr nicht genehme Weisungen hinsichtlich ihrer konkreten Tätigkeit abzuweisen. Das Weisungsrecht und die Dienstaufsicht
gegenüber den Angestellten der GmbH sei Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung. Hieran
werde der grundsätzliche Unterschied eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers zu einem GmbH-Gesellschafter deutlich. Bei
einem GmbH-Gesellschafter ohne Geschäftsführerbestellung reiche es nicht aus, wenn er nur in der Lage sei, ihm nicht genehme
Beschlüsse der Gesellschaft zu verhindern, um die generell für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit zu vermeiden.
Denn der Gesellschafter-Geschäftsführer sei nur an die Weisung der Gesellschafterversammlung gebunden. Er bedürfe nur zu einer
Änderung der Beschlusslage der Zustimmung der Gesellschafterversammlung und könne, wenn er über eine Sperrminorität verfüge,
nicht genehme Weisungen der Gesellschaft verhindern. Dem gegenüber erschöpfe sich die Rechtsmacht eines Gesellschafters ohne
Geschäftsführerstellung jedoch mit 50 % allein darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Er könne den
Geschäftsbetrieb dadurch jedoch weder bestimmen noch einen maßgebenden gestalterischen Einfluss auf die Gesellschaft nehmen
oder seine Weisungsgebundenheit als Angestellter gegenüber dem die laufende Geschäftsführung ausübenden Geschäftsführer aufheben
oder abschwächen. Im streitigen Zeitraum habe allein der Ehemann der Beigeladenen Ziff. 1 die laufenden Geschäfte der GmbH,
zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber dem Beschäftigten gehört habe, geführt. Einschränkungen in Bezug auf
dieses Weisungsrecht sehe der Gesellschaftsvertrag nicht vor. Die Beigeladene Ziff. 1 sei für die Klägerin als Köchin tätig
gewesen und habe eigenverantwortlich den Geschäftsbereich Küche und Restaurant geleitet. Aus dem Umstand, dass sie in ihrem
Aufgabenbereich habe frei walten und schalten können, lasse sich keine Selbständigkeit herleiten. Die Art der Tätigkeit lasse
nicht erkennen, dass sie die GmbH nach eigenem Gutdünken geführt habe, Geschäftspolitik betrieben habe, strategische Entscheidungen
gefällt habe und für sie die gegebene Betriebsordnung nicht bestimmend gewesen sei. Ein Unternehmerrisiko trage die Beigeladene
Ziff. 1 aufgrund des von ihr bezogenen und von der Ertragslage des Unternehmens unabhängigen gleichbleibenden Vergütung nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Januar 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin ist unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens der Berufung der Beklagten entgegengetreten.
Den von der Beklagten zitierten Urteilen des BSG sei gerade nicht zu entnehmen, dass mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH nur maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der
Gesellschaft hätten, wenn sie mehr als 50 % am Stammkapital der GmbH haben. Ein Gesellschafter, der mindestens über 50 % des
Stammkapitals verfüge, habe grundsätzlich einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, da er insbesondere
die Rechtsmacht besitze, Beschlüsse zu verhindern. Zwar sei die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Arbeitnehmer
der GmbH Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung. Eine selbständige Tätigkeit liege jedoch
dann vor, wenn der Gesellschafter zugleich eine entsprechende tatsächliche Einflussmöglichkeit auf den Inhalt der Gesellschafterbeschlüsse
habe, etwa durch ein seinen Gesellschaftsanteilen entsprechendes Stimmengewicht oder im Falle einer Sperrminorität und der
Betroffene damit rechtlich über die Möglichkeit verfüge, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren.
Die Beigeladene Ziff. 1 wäre auch bei Vorliegen eines Zerwürfnisses zwischen den Eheleuten insbesondere in der Lage gewesen,
den Geschäftsführer nach § 46 Nr. 5 GmbH-Gesetz gegen dessen Willen abzuberufen und sich gegebenenfalls auf diesem Weg den Weisungen zu entziehen.
Der Senat hat durch Beschluss vom 14. Mai 2019 die Kranken- und Pflegekasse, die kontoführende Deutsche Rentenversicherung
Baden-Württemberg sowie die Bundesagentur für Arbeit beigeladen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der
Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
1. Die gemäß §
143 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und gemäß §
151 Abs.
1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der
Zulassung nach §
144 Abs.
1 Satz 1
SGG, denn die Klage betrifft weder eine Geld , Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt (vgl.
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Oktober 2016 - L 4 R 899/15 - juris Rdnr. 88; Wehrhahn in jurisPK-
SGG, 1. Aufl. 2017 (Stand 13. Mai 2019), §
144 Rdnr. 29).
2. Der Senat hatte die zuständigen Träger der Kranken- und Pflegeversicherung, der kontoführenden Rentenversicherung sowie
der Arbeitsförderung gemäß §
75 Abs.
2 Var. 1
SGG notwendig beizuladen, nachdem das SG dies versäumt hatte. Die Beiladung war notwendig, weil die versicherungsrechtliche Entscheidung gegenüber dem Beschäftigten
und den Sozialversicherungsträgern nur einheitlich ergehen kann (vgl. Gall in jurisPK-
SGG, 2017 (Stand 15. Juli 2017), §
75 Rdnr. 67; Pietrek in jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016 (Stand 7. Mai 2019), §
7a Rdnr. 166 m.w.N.). Die Beiladung ist auch noch im Berufungsverfahren möglich (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
75 Rdnr. 13e).
3. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 27. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2012
(§
95 SGG), mit dem die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen Ziff. 1 festgestellt hat, dass die Tätigkeit der Beigeladenen
Ziff. 1 als mitarbeitende Gesellschafterin (Köchin) bei der Klägerin seit dem 1. Juni 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ausgeübt wird und in diesem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Dagegen hat sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs-
und Feststellungsklage (§§
54 Abs.
1,
55 Abs.
1 Nr.
1,
56 SGG) gewendet (Pietrek in jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016 (Stand 7. Mai 2019), §
7a Rdnr. 165) und ihr Begehren auf die Zeit vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Dezember 2012 begrenzt, nachdem die Beklagte den angefochtenen
Bescheid für die Zeit ab 1. Januar 2013 aufgehoben hatte.
4. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2012
aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene Ziff. 1 als mitarbeitende Gesellschafterin bei der Klägerin in der Zeit
vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Dezember 2012 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.
a. Nach §
7a Abs.
1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach §
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger
hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet
aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§
7a Abs.
2 SGB IV). Die Bekanntgabe der Statusfeststellung gegenüber den Beteiligten erfolgt seitens der Beklagten durch einen Verwaltungsakt
mit Doppelwirkung (Pietrek in jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016 (Stand 7. Mai 2019), §
7a Rdnr. 39 m.w.N.). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. §
7a Abs.
6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des
SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem
rückwirkend zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I S. 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden;
zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drs. 14/1855, S. 6).
Die Beklagte war für die von der Klägerin beantragte Feststellung zuständig, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung am 3. August
2012 kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet war.
b. Der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide steht nicht entgegen, dass hierin lediglich festgestellt worden wäre, dass
die Beigeladene Ziff. 1 die Tätigkeit bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe.
Die Beklagte darf sich im Rahmen einer Statusfeststellung nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung
gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen,
das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in
welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung
geführt hat (BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R - juris Rdnr. 14 ff.; Urteil vom 4. Juni 2009 - B 12 R 6/08 R - juris Rdnr. 13 ff.).
Diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Bescheide. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 27. August 2012 nicht lediglich
festgestellt, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bei der Klägerin abhängig beschäftigt ist, sondern auch, dass in diesem Beschäftigungsverhältnis
Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
c. Der Bescheid vom 27. August 2012 ist auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).
Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar
wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 11 RAr 43/96 - juris Rdnr. 15; Mutschler in Kasseler Kommentar, Stand Juni 2019, § 33 SGB X Rdnr. 4). Er ist hingegen nicht hinreichend bestimmt, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht
widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers
nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R - juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 25/01 R - juris Rdnr. 22 m.w.N.; Pattar in jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017 (Stand 1. Dezember 2017), § 33 Rdnr. 20 m.w.N).
Der Verfügungssatz des Bescheides vom 27. August 2012 genügt diesen Anforderungen an die Bestimmtheit. Denn die Beklagte hat
darin festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 bei der Klägerin als mitarbeitende Gesellschafterin (Köchin)
der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit dem
1. Juni 2012 besteht. Damit ist der Regelungsgehalt des Bescheides eindeutig (zu demgegenüber problematischen Formulierungen
vgl. z.B. LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 3. September 2014 - L 8 R 55/13 - juris Rdnr. 80 f.).
d. Der Bescheid vom 27. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2012 ist auch im Übrigen rechtmäßig.
Die Beklagte hat zu Recht hinsichtlich der Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 bei der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2012
bis zum 31. Dezember 2012 Versicherungsflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
festgestellt.
aa. Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) -
Gesetzliche Krankenversicherung -, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI)
- Gesetzliche Rentenversicherung -, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes
Buch (III) - Arbeitsförderung - und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes
Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung - gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit
und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale
überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris Rdnr. 23; Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R - juris Rdnr. 21, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen
abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer
des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - juris Rdnr. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 15 f.; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris Rdnr. 23 ff., jeweils m.w.N.).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich
relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige
Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen
tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich
aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch
zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung
auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung
rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition
nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung
auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - juris Rdnr. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen
abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - juris Rdnr. 16; Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - juris Rdnr. 16; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R - juris Rdnr. 17, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte
Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 17; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 16).
Ob sich an diesen Maßstäben dadurch etwas ändert, dass der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. April 2017 in §
611a BGB (eingefügt durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitsnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21. Februar 2017, BGBl. I S. 258) die Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung umschrieben hat, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu
entscheiden, da §
611a BGB erst nach Beendigung des hier streitigen Zeitraums (1. Juni 2012 bis zum 31. Dezember 2012) in Kraft getreten ist.
bb. Die Beigeladene Ziff. 1 hatte im Betrieb der Klägerin eine Stellung inne, die derjenigen von Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis
entspricht. Die Beigeladende Ziff. 1 war bei der Klägerin als Köchin und Leiterin der Bereiche Küche und Restaurant tätig
und erzielte eine feste, vorab vereinbarte und monatlich ausgezahlte Vergütung als Gegenleistung für ihre geleistete Arbeit
in Höhe von 3.862,00 EUR, über die sie allein verfügen konnte. Eine Erfolgsbeteiligung fand nicht statt. Die vereinbarte wöchentliche
Arbeitszeit betrug 40 Wochenstunden, wobei Mehrarbeit nicht gesondert vergütet wurde. Die Beigeladene Ziff. 1 hatte Anspruch
auf eine arbeitnehmertypische Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub. Dass ursprünglich im Hinblick auf
die Bestellung der Beigeladenen Ziff. 1 zur Geschäftsführerin der Klägerin unter dem 22. November 2006 ein "Geschäftsführervertrag"
geschlossen worden war, steht einer arbeitnehmertypischen Beschäftigung ab 1. Juni 2012 nicht entgegen. Denn gem. § 9 Abs.
1 des Geschäftsführervertrages galt die Abberufung der Beigeladenen Ziff. 1 als Geschäftsführerin der Klägerin zum 1. Juni
2012 als Kündigung des Geschäftsführervertrages, sodass dieser nach der Abberufung im Mai 2012 alsbald endete (vgl. §§
620 Abs.
2,
621 Nr.
3 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB)). Nach Angaben der Klägerin und der Beigeladenen Ziff. 1 haben diese für die Zeit ab 1. Juni 2012 keinen schriftlichen Arbeitsvertrag
geschlossen. Vielmehr hat die Beigeladene Ziff. 1 ihre Tätigkeit bei der Klägerin als Köchin und Leiterin des Arbeitsbereichs
Küche und Restaurant fortgeführt und weiterhin eine monatlich feste Vergütung bei Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
und bezahlten Erholungsurlaub erhalten. Dagegen bildete der infolge der Abberufung der Beigeladenen Ziff. 1 beendete Geschäftsführervertrag
keine Grundlage mehr für eine gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Klägerin und für eine Befugnis zur Geschäftsführung.
Allein ihre weitreichenden Entscheidungsbefugnisse als leitenden Angestellte der Bereiche Küche und Restaurant, die in funktionsgerecht
dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen die Beigeladene Ziff. 1 nicht schon
zu einer Selbständigen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R - juris Rdnr. 24).
cc. Die Beigeladene Ziff. 1 war auch unter Berücksichtigung ihrer Stellung als Gesellschafterin im Rahmen einer Beschäftigung
i.S.d. §
7 Abs.
1 SGB IV für die Klägerin als abhängig Beschäftigte versicherungspflichtig erwerbstätig. Einem Beschäftigungsverhältnis zwischen der
Beigeladenen Ziff. 1 und der in der Rechtsform einer GmbH handelnden Klägerin stehen die zwischen der Beigeladenen Ziff. 1
und ihrem Ehemann getroffenen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages vom 20. März 2006 nicht entgegen. Die Beigeladene Ziff.
1 war insbesondere trotz ihres Gesellschaftsanteils von 50 % weisungsgebunden in den von ihr selbst personenverschiedenen
unterhaltenen Betrieb der Klägerin - einer juristischen Person des Privatrechts - eingegliedert. Wer Gesellschaftsanteile
an einer Kapitalgesellschaft - sei es auch an einer Familiengesellschaft - hält, ist nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG nur dann selbständig erwerbstätig, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen
verbunden ist; das kann insbesondere in einem seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht zum Ausdruck kommen oder
ausnahmsweise auch in Form einer Sperrminorität, wenn der Betroffene damit rechtlich zugleich über die Möglichkeit verfügt,
ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit abzuwehren (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R - juris Rdnrn. 28, 37; Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 26; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 - juris Rdnr. 25 m.w.N.; ferner Lau, NZS 2019, 452/454). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Beigeladene Ziff. 1 und
ihr Ehemann waren zwar alleinige Gesellschafter der Klägerin und verfügten jeweils über einen Anteil von 50 %, sodass nach
§ 7 für einen Gesellschafterbeschluss auch die Zustimmung der Beigeladenen Ziff. 1 erforderlich war. Die Beigeladene Ziff.
1 verfügte damit über eine Sperrminorität und konnte darauf bezogen maßgeblich Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen
nehmen. Allerdings reichte diese Rechtsstellung der Beigeladenen Ziff. 1 als Gesellschafterin nicht soweit, dass sie damit
jegliche Einzelanweisung im Rahmen ihrer - vorliegend sozialversicherungsrechtlich allein zu beurteilenden - Erwerbstätigkeit
für die Klägerin an sich jederzeit hätte verhindern können. Vielmehr blieb die Beigeladene Ziff. 1 trotz der ihr auf der Ebene
des Gesellschaftsvertrages hinsichtlich der Geschicke der GmbH eingeräumten Sperrminorität hinsichtlich der im Betrieb konkret
ausgeübten Tätigkeiten weisungsgebunden und war gleichwohl in den von ihr personenverschiedenen (fremden) Betrieb der Klägerin
eingegliedert. Die Beigeladene Ziff. 1 hatte - wie dargelegt - in der hier streitigen Zeit arbeitnehmertypische Rechte inne.
Ein GmbH-Gesellschafter, der von der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt wurde, besitzt allein aufgrund
seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung nicht regelmäßig zugleich auch die Rechtsmacht,
seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Die Rechtsmacht
eines Gesellschafters mit Sperrminorität erschöpft sich in solchen Fällen vielmehr allein darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
verhindern zu können (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 28). Vorbehaltlich abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht
über die Angestellten der GmbH Sache der laufenden Geschäftsführung, nicht dagegen der Gesellschafterversammlung (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 28, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - juris Rdnr. 15; Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R - juris Rdnr. 23; LSG Hamburg, Urteil vom 14. Februar 2017 - L 3 R 103/14 - juris Rdnr. 28; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Januar 2016 - L 9 KR 84/13 - juris Rdnr. 34). Dies gilt auch im vorliegenden Fall: Als alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war in der hier streitigen
Zeit der Ehemann der Beigeladenen Ziff. 1 bestellt. Die Beigeladene Ziff. 1 war im Rahmen ihrer Erwerbstätigkeit für die Klägerin
an die Weisungen des Geschäftsführers rechtlich gebunden. Allein dieser führte die laufenden Geschäfte der GmbH, zu denen
auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten der Gesellschaft gehörte. Einschränkungen in Bezug auf dieses
Weisungsrecht sieht der Gesellschaftsvertrag gerade nicht vor. So räumt § 7 der Gesellschafterversammlung keine Weisungsrechte
gegenüber Beschäftigten ein. Weiterhin schränkt der Gesellschaftsvertrag (vgl. § 8) die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers nicht ein (vgl. § 37 GmbH-Gesetz). Auch soweit die Beigeladene Ziff. 1 innerhalb der GmbH für den Bereich Küche und Restaurant verantwortlich war, wurde sie
letztlich nur als Erfüllungsgehilfin des Geschäftsführers tätig. Weiterhin war die Beigeladene Ziff. 1 aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen
Stellung bei der Klägerin auch nicht in der Lage, ihren Ehemann als Geschäftsführer gegen seinen Willen nach §§ 38, 46 Nr. 5 GmbH-Gesetz abzuberufen und sich gegebenenfalls auf diesem Weg dessen Weisungen zu entziehen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R - juris Rdnr. 38). Da Gesellschafterbeschlüsse nach § 7 des Gesellschaftsvertrages mit einfacher Mehrheit der abgegebenen
Stimmen gefasst werden konnten, hätte auch der Ehemann als Gesellschafter-Geschäftsführer seiner eigenen Abberufung zustimmen
müssen. Selbst wenn man insoweit eine mittelbare Beeinflussung des Geschäftsführers durch die Beigeladene Ziff. 1 in der Form
in Erwägung ziehen wollte, dass sie als Mitgesellschafterin über die Möglichkeit verfügte, dem Geschäftsführer die - ebenfalls
mehrheitlich zu erteilende - Entlastung nach § 46 Nr. 5 GmbHG zu versagen, würde dies an der rechtlich bestehenden persönlichen Abhängigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 von der Klägerin
in Bezug auf ihren sozialversicherungsrechtlichen Status nichts ändern. Zwar wäre es denkbar, auf diesem Weg Einfluss auf
den Geschäftsführer zu nehmen. Ohne Weiteres erfolgversprechend wäre dies indessen nicht, zumal nach einer nicht erteilten
Entlastung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Geschäftsführer wiederum ein - nur mit dessen Mitwirkung
zu treffender - mehrheitlicher Gesellschafterbeschluss nötig gewesen wäre. Auch handelt es sich insoweit nicht um ein rechtlich
wirksames und durchsetzbares Instrument, um Weisungen des Geschäftsführers zu verhindern (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 30; vgl. ferner LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Januar 2016 - L 9 KR 84/13 - juris Rdnr. 42). Schließlich war die Beigeladene Ziff. 1 auch nicht mit einer dem Geschäftsführer vergleichbaren Rechtsmacht
ausgestattet, da sie weder von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit noch mit Prokura ausgestattet war (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 14. Februar 2017 - L 3 R 103/14 - juris Rdnr. 30). Dass der Geschäftsführer der Klägerin von seinem Weisungsrecht gegenüber der Beigeladenen Ziff. 1 in dem
hier streitigen Zeitraum keinen Gebrach gemacht hat, ändert nichts daran, dass allein dem Geschäftsführer das Weisungsrecht
über die Angestellten der Klägerin zustand und die Beigeladene Ziff. 1 über keine Rechtsmacht verfügt hat, im Konfliktfall
bzw. im Falle eines familiären Zerwürfnisses eine ihr nicht genehme Weisung des Geschäftsführers zu verhindern (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 35).
Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung hat die Rechtsprechung des BSG bereits früher eine selbständige Tätigkeit nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen angenommen, etwa bei Familienunternehmen,
wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft,
die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht
wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon
sei insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der
verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt
(z.B. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 - juris Rdnr. 31). Diese Rechtsprechung hat das BSG inzwischen zugunsten einer streng am Vorliegen von Rechtsmacht orientierten Normanwendung aufgegeben. Eine vom rein faktischen,
nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung ist mit dem
Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - juris Rdnr. 30; Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 R 1/15 R - juris Rdnr. 25). Vor diesem Hintergrund kann die von den für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der
Unfallversicherung zuständigen Senaten des BSG entwickelte sog. "Kopf und Seele"-Rechtsprechung für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach §
7 Abs.
1 SGB IV nicht herangezogen werden (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - juris Rdnr. 29; Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 R 1/15 R - juris Rdnr. 24). Soweit auch der für das Statusrecht zuständige 12. Senat des BSG in der Vergangenheit vereinzelt hierauf zurückgegriffen hat, hat er dies inzwischen ausdrücklich aufgegeben (BSG, Urteile vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - juris Rdnr. 29; Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 R 1/15 R - juris Rdnr. 24).
dd. Die Beigeladene Ziff. 1 hat in der streitigen Zeit auch kein maßgebliches Unternehmerrisiko getragen. Nach der Rechtsprechung
des BSG (z.B. Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R juris Rdnr. 32; Urteil vom 25. Januar 2001 - B 12 KR 17/00 R - juris Rdnr. 24) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, dass eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch
mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss
ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann hinreichendes Indiz für eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem
Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen
(BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 KR 17/09 R - juris Rdnr. 25). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Denn die Beigeladene Ziff. 1 setzt ihre Arbeitskraft nicht mit der Gefahr
ein, hierfür keine Gegenleistung zu erhalten. Vielmehr erhält sie gerade ein vom wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin unabhängiges
Festgehalt. Auch der Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 das Grundstück einschließlich des darauf befindlichen Hotels und
Restaurants an die Klägerin verpachtet hat, begründet kein maßgebliches Unternehmerrisiko. Denn die Beigeladene Ziff. 1 erhält
dafür als Gegenleistung von der Klägerin eine marktübliche Pacht. Dass sie diese Pacht zur Tilgung der zum Ausbau bzw. zur
Modernisierung des Pachtobjekts von ihr als Eigentümerin aufgenommenen (grundschuldrechtlich gesicherten) Darlehen einsetzen
muss, ist Folge ihrer Investitionsentscheidung als Eigentümerin und Verpächterin. Größere Freiheiten in der Gestaltung und
der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz ihrer eigenen Arbeitskraft als Köchin und Leiterin der Bereiche Küche und Restaurant
resultierten daraus nicht. Auch die Gewährung eines Darlehens (nach Angaben der Klägerin in Höhe von 665,00 EUR), die Sicherung
eines Kontokorrentkredits in Höhe von 55.000,00 EUR durch Einräumung einer Grundschuld sowie die Haftung gegenüber einer stillen
Gesellschafterin (nach Angaben der Klägerin in Höhe von 40.000,00 EUR) begründen kein mit ihrer Tätigkeit für die Klägerin
verbundenes Risiko. Die Beigeladene Ziff. 1 übernahm damit vielmehr nur ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, wie es mit jeder
Darlehensgewährung und Stellung einer Sicherheit verbunden ist. In Bezug auf die Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 ergaben
sich jedoch keine erkennbaren finanziellen Auswirkungen, vielmehr erhielt sie als Gegenleistung für ihre Tätigkeit nach wie
vor eine feste monatliche Vergütung. Im Übrigen ist es im Geschäftsleben auch nicht völlig unüblich, dass Arbeitnehmer (insbesondere
in einer Familiengesellschaft) dem Unternehmen persönliche Darlehen gewähren oder zu dessen Gunsten sonstige finanzielle Verbindlichkeiten
eingehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Kreditinstitute bei Familienunternehmen typischerweise auch auf einer finanziellen
Beteiligung bzw. Mithaftung von Ehepartnern bzw. anderen beteiligten Familienangehörigen bestehen (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 33).
5. Nachdem weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Personen gehören, beruht die nach §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG zu treffende Kostengrundentscheidung auf §
154 Abs.
1 und
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO); außergerichtliche Kosten der Beigeladenen, die keine Anträge gestellt haben, sind nicht zu übernehmen (vgl. §§
154 Abs.
3,
162 Abs.
3 VwGO).
6. Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe hierfür (§
160 Abs.
2 SGG) nicht vorliegen.