Keine Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2101 - Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen-
oder Muskelansätze – bei Rhizarthrose der Daumensattelgelenke
Keine Anerkennung als Wie-Berufskrankheit bei Montiererinnen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Rhizarthrose beidseits (Arthrose des Daumensattelgelenkes) als Berufskrankheit
(BK) bzw. als sogenannte Wie-BK.
Die 1956 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und ist seit 17.06.1991 durchgängig im Zwei-Schicht-Betrieb in der Montage
von Metalltüren bei der Firma St. & J. in S. beschäftigt.
Der Durchgangsarzt Dr. W. diagnostizierte am 06.11.2013 eine ausgeprägte Daumensattelgelenksarthrose rechts bei Zustand nach
operativ versorgter Rhizarthrose links 2005 und zeigte den Verdacht des Vorliegens einer BK bei der Beklagten an (Bl. 1 der
Verw.akte). Die Beklagte teilte zunächst mit Schreiben vom 05.12.2013 der Klägerin sowie Dr. W. mit, dass ein Feststellungsverfahren
nicht durchgeführt werden könne, da weder die Rhizarthrose noch die Daumensattelgelenksarthrose in der Liste der Berufskrankheiten
aufgeführt sei und auch keine neuen gesicherten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen würden, dass diese Erkrankung
wie eine BK anerkannt werden könnte (Bl. 3 der Verw.akte).
Der Chirurg Dr. K. zeigte mit Schreiben vom 03.07.2017 erneut den Verdacht des Vorliegens einer BK an und teilte als Diagnosen
eine Rhizarthrose rechts, STT (scapho-trapezio-trapezoidale) - Arthrose rechts, einen Zustand nach Arthrodese des Endgelenkes
D2 rechts mit aktuell Krepitationen und Belastungsschmerzen des Daumensattelgelenkes mit der radialen Handwurzel und eine
synovitische Schwellung der betroffenen Gelenke mit (Bl. 6 der Verw.akte).
Nachdem die Beklagte abermals mit Schreiben vom 19.07.2017 (Bl. 8 der Verw.akte) die Einleitung eines Feststellungsverfahrens
ablehnte, beantragte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 20.07.2017 die Anerkennung einer BK (Bl. 9 der Verw.akte).
Dr. K. führte in einem Bericht vom 04.07.2017 aus, dass die Beschwerden seit dem Jahr 2000 bestünden. Bei der Montagearbeit
müssten kleinere Montageteile in vorgefertigte Löcher in den Türen unter Druck des Daumenstrahles gedrückt bzw. reingepresst
werden. Die Klägerin führe die Entwicklung ihrer Handarthrose auf die monotone und langandauernde Tätigkeit über viele Jahre
zurück (Bl. 10 der Verw.akte).
Die Beklagte zog einen Rehaentlassungsbericht vom 10.05.2005 der M.-Klinik in Bad B. über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme
vom 13.04.2005 bis zum 04.05.2005 (Diagnosen: chronische Cervikobrachialgien beidseits, pseudoradikuläre Ausstrahlung mit
chronischen Myogelosen des Muskulus trapezius und Ansatztendinose links, eine Rhizarthrose links, zeitweilige Migräneanfälle
und depressive Episoden, Bl. 21 der Verw.akte) sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der zuständigen Krankenkasse (Bl. 14 bis
19 der Verw.akte) bei.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.10.2017 die Anerkennung der Erkrankung der Handgelenke als BK nach der Nr. 2103 (Erkrankungen
durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen) nach der
BKV sowie als Wie-BK nach §
9 Abs.
2 SGB VII ab und führte aus, dass die Klägerin nicht mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen gearbeitet habe
und daher keinen Einwirkungen bei ihrer Berufstätigkeit ausgesetzt sei, die geeignet seien, eine BK 2103 zu verursachen. Auch
würden keine neuen gesicherten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, dass die Personengruppe der Montiererinnen
in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung an Arthrosen litten. Eine BK und Erkrankung wie eine BK würden nicht
vorliegen (Bl. 29 der Verw.akte).
Die Klägerin erhob hiergegen am 24.10.2017 Widerspruch und führte aus, dass eine Anerkennung sowohl als BK als auch als Wie-BK
möglich sei. Die Beklagte habe im Jahr 2011 bei einem 53 Jahre alten Mann, der als Holzwollstopfer gearbeitet habe, eine beidseitige
Rhizarthrose als BK anerkannt. Auch seien die besonderen Belastungen, denen Daumen und Handwurzel der Klägerin seit 25 Jahren
ausgesetzt gewesen seien, nicht überprüft worden. Der Kausalzusammenhang zwischen den Arbeitsabläufen und der Erkrankung sei
durch eine Gewerbeärztin/einen Gewerbearzt festzustellen (Bl. 32 und 36 der Verw.akte).
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2018 zurück (Bl. 43 der Verw.akte).
Die Klägerin hat am 09.03.2018 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Die Rhizarthrose sei jedenfalls
im Hinblick auf §
9 Abs.
2 SGB VII wie eine BK anzuerkennen. Die Nichtaufnahme in die Liste sei dem Umstand geschuldet, dass dem Verordnungsgeber nicht bekannt
gewesen sei, dass Personen, die Arbeiten ausführten, wie sie die Klägerin seit über 25 Jahren ausführe, an Rhizarthrose erkrankten.
Tagtäglich müsse die Klägerin über Stunden mit der rechten Hand unter Kraftaufwendung Plastikteile in vorgebohrte Öffnungen
drücken. Diese Öffnungen seien so dimensioniert, dass die Plastikteile nur unter großer Kraftaufwendung in die Öffnungen hineingedrückt
werden könnten. Die Erkrankung der Klägerin beruhe auf ihrer beruflichen Tätigkeit. Es sei ein gerichtliches Gutachten einzuholen.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.10.2018 ab und führte aus, dass weder die Voraussetzungen für die Anerkennung
einer BK 2101 (Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung
aller Tätigkeiten gezwungen habe, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich
waren oder sein können) noch für die Anerkennung einer BK 2103 vorlägen. Die Rhizarthrose der Daumensattelgelenke sei keine
Erkrankung der Sehnen- oder Muskelansätze im Sinne der BK 2101. Eine geeignet berufliche Belastung für eine BK 2103 sei nicht
gegeben. Zudem sei in der Rechtsprechung durch das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 29.01.2009 - L 2 KN 24/07 U, juris) sowie durch das LSG Baden - Württemberg (Urteil vom 27.03.2003 - L 7 U 4004/00, juris) entschieden, dass eine Daumensattelgelenksarthrose nicht zum Erkrankungsbild einer BK 2103 gehöre. Auch eine Anerkennung
als Wie-BK nach §
9 Abs.
2 SGB VII könne nicht erfolgen, da für die Daumensattelgelenkserkrankung der Klägerin weder im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten
noch zum Zeitpunkt der Entscheidung der erkennenden Kammer nach neuen medizinischen Erkenntnissen die Voraussetzungen für
eine Bezeichnung als BK vorlägen. Beim Ärztlichen Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
gebe es zur Frage, ob mechanische Einwirkungen auf die Daumensattelgelenke durch das Eindrücken von Montageteilen vermehrt
zu einer Rhizarthrose führten, weder eine Empfehlung, noch Beratungen oder wissenschaftliche Stellungnahmen oder sonstige
Beratungsergebnisse. Auch reichten vereinzelte Meinungen einzelner Sachverständiger für die Annahme neuer wissenschaftlicher
Erkenntnisse nicht aus. §
9 Abs.
2 SGB VII enthalte keine allgemeine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als Wie-BK
anzuerkennen wäre. Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens stelle eine bloße Beweisanregung dar. Weitere Ermittlungen von
Amts wegen seien jedoch nicht erforderlich.
Die Klägerin hat gegen den am 09.10.2018 zugestellten Gerichtsbescheid am 05.11.2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden
- Württemberg (LSG) eingelegt und hat unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen vorgetragen, dass die Klägerin seit 1991
an den Türen und Gehäusen von Schaltkästen Scharniere und Verschlussteile an die vorgefertigten Bohrungen anbringe. Diese
Scharniere und Verschlussteile bestünden aus Plastik und müssten mit großen Druck, sowohl mit der rechten als auch mit der
linken Hand, jeweils mit dem Daumen in die Öffnung gepresst werden. Pro Tag würden, je nach Größe, bis zu 400 Türen mit dem
Druck des Daumens, entweder der rechten oder linken Hand, bestückt. Soweit bisher vorgetragen worden sei, dass die Bestückungen
nur mit einer Hand erfolgten, beruhe dies auf einem Informationsversehen. Triebig und Blome hätten in dem Aufsatz "Rhizarthrose
als "Wie-BK" anerkannt: Eine Kasuistik" (Der Medizinische Sachverständige, 2012, S. 191 ff) zutreffend darauf hingewiesen,
dass der Zusammenhang zwischen langwieriger und hoher Druckbelastung des Daumensattelgelenkes in Verbindung mit einer Akkordtätigkeit
und dem Entstehen einer Rhizarthrose pathoanatomisch und pathophysiologisch plausibel und gut begründet sei. Mit Ausnahme
von Triebig und Blome habe sich noch niemand mit dem Kausalzusammenhang zwischen Arbeitstätigkeiten, wie sie von der Klägerin
jahrzehntelang ausgeübt werden und dem Entstehen einer Rhizarthrose befasst, weshalb die im Aufsatz von Triebig und Blome
aufgeführten Erkenntnisse neu seien. Die Klägerin hat den Aufsatz sowie den Operationsbericht über die operative Versorgung
der Rhizarthrose der linken Hand im Mai 2008 sowie weitere ärztliche Befundberichte über die operative Versorung im Jahr 2008
sowie 2015 eingereicht (Bl. 22 bis 29 sowie Bl. 52 bis 65 der Senatsakte).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01.10.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2017 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Rhizarthrose der Klägerin in ihren
beiden Daumen als Berufskrankheit oder als "Wie-Berufskrankheit" anzuerkennen und ihr die gesetzlich zustehende Leistung zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung vorgetragen, dass die im vorgelegten Aufsatz vertretene Auffassung nicht ausreiche,
um von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu sprechen. Diese lägen nur dann vor, wenn die Mehrzahl der mit der Thematik befassten
Wissenschaftler die Frage der beruflichen Verursachung der Erkrankung durch besondere Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen
durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt seien, bejaht habe. Bei
diesem Sachverhalt komme es auf die Art der Tätigkeit im konkreten Fall gerade nicht an, weshalb die Beklagte ihren Präventionsdienst
nicht eingeschaltet habe. Soweit die Klägerin die Gewährung von Leistungen beantrage, habe die Beklagten bislang über konkrete
Leistungen nicht entschieden, weshalb diese nicht Gegenstand des Rechtsstreits sein könnten.
Die Berichterstatterin hat das Verfahren zusammen mit den Beteiligten bei einem nichtöffentlichen Erörterungstermin erörtert
(vgl. Protokoll Bl. 39 bis 40 der Senatsakte).
Der Senat hat Prof. Dr. T. mit der Erstellung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens nach
§
109 SGG beauftragt. In seinem am 18.07.2019 erstellten Gutachten hat Prof. Dr. T. mitgeteilt, dass eine beidseitige Rhizarthrose
vorliege und diese mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die schädigenden Einwirkungen der beruflichen Tätigkeit zurückzuführen
sei. Es liege eine Wie-BK nach §
9 Abs.
2 SGB VII vor. Nach einer metaanalytischen Untersuchung mehrerer Studien zum Thema liege ein (begrenzter) Nachweis darüber vor, dass
ein fester Griff das Erkrankungsrisiko erhöhe, auch wenn das Krankheitsbild Rhizarthrose nicht spezifisch untersucht worden
sei. Nach einer berufsspezifischen Analyse der Arbeitsunfähigkeitszeiten sei die Rhizarthrose bei Frauen in Berufen mit vermehrter
manueller Belastung statistisch signifikant erhöht. Auch sei die Rhizarthrose in der ehemaligen DDR als BK 71 anerkannt worden.
Bei fehlender epidemiologischer Erkenntnis und bei biologischer bzw. toxikologischer Evidenz könne ausnahmsweise zur Vermeidung
unbilliger Ergebnisse der Verzicht auf eine statistisch nachgewiesene Gruppentypik in Betracht kommen. Zwar spreche die fehlende
Gruppentypik grundsätzlich gegen die Annahme einer Wie-BK, jedoch seien bislang systematische arbeitsmedizinisch-epidemiologische
Untersuchungen nicht durchgeführt worden, so dass von einem wissenschaftlichen Erkenntnisdefizit auszugehen sei (Bl. 66 bis
103 der Senatsakte).
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14.08.2019 Einwände gegen das Gutachten von Prof. Dr. T. vorgebracht (Bl. 104 bis 105 der
Senatsakte).
Hierzu hat Prof. Dr. T. auf Antrag der Klägerin nach §
109 SGG ergänzend Stellung genommen (Bl. 105 bis 111 der Senatsakte).
Der Ärztliche Sachverständigenbeirat hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 15.10.2019 mitgeteilt, dass die Fragestellung
arthrotischer Veränderungen des Handgelenkes oder der Daumengelenke (Rhizarthrose) bislang nicht geprüft worden sei. Wissenschaftliche
Erkenntnisse, dass Montagetätigkeiten überhaupt eine Rhizarthrose verursachten, seien dem BMAS nicht bekannt. Insofern lägen
derzeit keine entsprechenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse im Sinne von §
9 SGB VII vor. Darüber, ob in der gesamten nationalen oder internationalen Wissenschaft derartige Erkenntnisse vorlägen, sei keine
Aussage möglich (Bl. 119 der Senatsakte).
Die Klägerin hat einen Befundbericht des Neurologen Dr. Dr. B. vom 10.02.2020 eingereicht (Diagnose: leichtes Karpaltunnelsyndrom
rechts ohne OP-Indikation, guter Zustand nach voroperiertem Karpaltunnelsyndrom links, Bl. 128 der Senatsakte).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach §
124 Abs.
2 SGG erklärt (Beklagte Schreiben vom 02.04.2020 Bl. 133 der Senatsakte, Klägerin Schreiben vom 07.04.2020 Bl. 134 der Senatsakte).
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten
beider Rechtzüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §
151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung nach den §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG entscheidet, ist gemäß §§
143,
144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
20.02.2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung
der BK 2101 sowie 2103 der
BKV und auch nicht auf Feststellung einer Wie-BK nach §
9 Abs.
2 SGB VII. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 01.10.2018 ist nicht zu beanstanden.
Die Klage ist hinsichtlich des Leistungsantrages in Ermangelung einer von der Beklagten getroffenen Verwaltungsentscheidung
über konkrete Entschädigungsleistungen bereits unzulässig (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 22.06.2016, L 8 U 4542/15, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Auch hat die Beklagte nicht in den angefochtenen Bescheiden über die Anerkennung einer BK
2101 entschieden, so dass der Klageantrag insoweit bereits unzulässig ist. Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen
einer BK 2101 nicht vor, so dass die Klage insoweit - die Zulässigkeit unterstellt - auch unbegründet ist. Die Klage ist weiterhin
auch bezüglich der geltend gemachten Anerkennung der Rhizarthrose beidseits als BK 2103 bzw. als Wie-BK unbegründet.
Das SG hat die rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK 2101 sowie 2103 der
BKV zutreffend dargelegt und mit ausführlicher und überzeugender Begründung ausgeführt, dass die Rhizarthrose der Daumensatttelgelenke
keine Erkrankung der Sehnen- oder Muskelansätze im Sinne der BK 2101 darstellt und die Klägerin bei ihrer beruflichen Tätigkeit
als Montiererin keinen Einwirkungen einer Maschine im Sinne der BK 2103 unterlag. Der Senat schließt sich dem nach eigener
Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb insoweit gemäß §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen
Gerichtsbescheids zurück.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Feststellung einer Wie-BK hat.
Nach §
9 Abs.
2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der
BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall
anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen
für eine Bezeichnung nach §
9 Abs.
1 Satz 2
SGB VII erfüllt sind (sog. "Öffnungsklausel" für Wie-Berufskrankheiten). Die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit nach dieser Vorschrift
ist unter anderem vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als Berufskrankheit
nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.2013 - B 2 U 33/11 R, juris m. w. N.). Diese allgemeinen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn bestimmte Personengruppen infolge einer versicherten
Tätigkeit nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach den Erkenntnissen
der medizinischen Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen. Die insoweit in früheren Entscheidungen des Bundessozialgerichts
verwendeten Begriffe der Gruppentypik, generellen Geeignetheit und gruppentypischen oder -spezifischen Risikoerhöhung dienten
allein der Erläuterung oder Umschreibung der aufgezeigten Voraussetzungen, ohne dass damit andere Anforderungen an die Anerkennung
einer Wie-Berufskrankheit gestellt werden sollten (vgl. BSG, Urteil vom 27.04.2010 - B 2 U 13/09 R, juris m. w. N.).
Die Klägerin leidet an einer Rhizarthrose beidseits, wie der Senat den Berichten von Dr. W. und Dr. K. entnimmt. Dies ist
zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch der Gutachter Prof. Dr. T. hat diese Diagnose in seinem Gutachten vom 18.07.2019
bestätigt. Die Klägerin war auch aufgrund ihrer versicherten Tätigkeit als Montiererin bei der Firma St. & J. als Beschäftigte
nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII besonderen Einwirkungen durch die Druckbelastung der Daumen und des Zeigefingers bei der Montage von Türen in erheblich höherem
Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Als Einwirkung kommt jedes auf den Menschen einwirkende Geschehen in Betracht
(BSG, a.a.O.). Es fehlt hingegen am generellen Ursachenzusammenhang zwischen der Erkrankung und der besonderen Einwirkung durch
die Druckbelastung für die Berufsgruppe der Montiererinnen.
Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei
der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine
langfristige zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder. Mit wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen muss zu begründen
sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, eine bestimmte Krankheit zu verursachen. Erst dann lässt
sich anhand von gesicherten "Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" im Sinne des §
9 Abs.
2 SGB VII begründen, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt. Solche Erkenntnisse setzen regelmäßig
voraus, dass die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf dem jeweils in Betracht kommenden Fachgebiet über besondere
Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es ist nicht erforderlich,
dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Medizinerinnen und Mediziner widerspiegeln. Andererseits reichen vereinzelte
Meinungen einiger sachverständiger Personen grundsätzlich nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 6/12 R, juris, Rz. 17 m. w. N.).
Nach §
9 Abs.
1 Satz 1
SGB VII sind Berufskrankheiten grundsätzlich nur solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung
des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Berufskrankheitenrechts
der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-Berufskrankheit in § 551 Abs. 2
Reichsversicherungsordnung <RVO> durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30.04.1963 (BGBl I S. 241) wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen
mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der
BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (vgl. BSG, Urteil vom 25.08.1994 - 2 RU 42/93, juris). Sinn des §
9 Abs.
2 SGB VII ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine
Berufskrankheit zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden sind, weil die
Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der
letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl.
BSG, Urteil vom 04.08.1981 - 5a/5 RKnU 1/80, juris). Die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit knüpft damit an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber
auch nach §
9 Abs.
1 Satz 2
SGB VII für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.
Die damit zur Anerkennung einer Wie-BK notwendigen gesicherten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft in Bezug auf die
generelle Tatsache (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 9/08 R, juris) des Zusammenhanges zwischen dem der Druckbelastung auf den Daumen und Zeigefinger während der Ausübung der beruflichen
Tätigkeit von Montiererinnen und einer Rhizarthrose liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Hinsichtlich eines solchen
Zusammenhangs fehlt es an epidemiologischen Studien und statistisch relevanten Zahlen bezogen auf die Berufsgruppe der Montiererinnen/Montagearbeiterinnen
(vgl. BSG, Urteil vom 27.04.2010, a.a.O).
Auch wenn eine besondere Gefährdung dieser Berufsgruppe durch das Einpressen der Kunststoffteile mit dem Daumen und dem Zeigefinger
in zwei Löcher bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit zu beobachten ist, lässt sich ein Zusammenhang zwischen der beruflichen
Belastung und der Entwicklung der beidseitigen Rhizarthrose mangels statistisch gesicherter Erkenntnisse nicht herstellen.
Der Senat nimmt hierzu auf die Auskunft des Ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 15.10.2019 Bezug. Danach ist die Fragestellung
arthrotischer Veränderungen des Handgelenks oder Daumengelenke (Rhizarthrose) bisher nicht geprüft worden. Wissenschaftliche
Erkenntnisse, dass Montagetätigkeiten überhäufig eine Rhizarthrose vorverursachen, sind dem Bundesministerium für Arbeit und
Soziales daher nicht bekannt.
Auch der Gutachter Prof. Dr. T. hat in seinem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 18.07.2019 nach Überzeugung des Senats keine
solchen neuen Erkenntnisse bzw. Anhaltspunkte benennen können. Prof. Dr. T. führt aus, dass die Klägerin seit 1995 immer wieder
Schmerzen in beiden Händen und Taubheitsgefühle angegeben habe. Diese Beschwerden hätten im Verlauf zugenommen. Ab dem Jahr
2008 seien dann ambulante und stationäre Behandlungen erfolgt. Am 05.05.2008 sei dann die ausgeprägte Rhizarthrose links und
das Carpaltunnelsyndrom links operativ behandelt worden. Die Beschwerden in der linken Hand hätten danach dann zwar nachgelassen,
in der rechten Hand jedoch zugenommen. Die DIP (distale Interphalangealgelenke) - Arthrose D2 rechts sei am 24.09.2015 operativ
versorgt worden. Die Rhizarthrose rechts sei bislang noch nicht operiert worden. Die Klägerin habe Schmerzen und Pelzigkeit
in beiden Händen insbesondere beim Greifen von Gegenständen angegeben. Der Gutachter stellt fest, dass eine Rhizarthrose beidseits
vorliege. Bei dieser Erkrankung handele es sich um eine degenerative Gelenkerkrankung, die bevorzugt bei Frauen nach der Menopause
auftrete. Im Unterschied dazu habe sich die Krankheit bei der Klägerin im Alter von 40 bis 45 Jahren manifestiert. Im Vergleich
zu den epidemiologischen Erfahren in der Allgemeinbevölkerung sei daher von einer zeitlichen Vorverlegung auszugehen, welche
auf eine besondere exogene Belastung und/oder eine erhöhte individuelle Empfindlichkeit für diese Erkrankung hinweise.
Prof. Dr. T. führt des Weiteren aus, dass es sich bei der Rhizarthrose um kein typisches Krankheitsbild einer Listen -BK handele.
Weder die Voraussetzungen der BK 2101 noch der BK 2103 seien erfüllt. Auch sei die Anerkennung als Wie-BK in der Rechtsprechung
durch das LSG Nordrhein-Westfalen am 20.02.2003 und am 29.01.2009 sowie das LSG Baden - Württemberg am 27.03.2003 unter Verweis
auf das Fehlen gesicherter medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse abgelehnt worden. Allerdings lägen diese Entscheidungen
mehrere Jahre zurück und hätten deshalb die neueren arbeitsmedizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht berücksichtigen
können. Eine Berufsgenossenschaft habe eine beidseitige Rhizarthrose eines Versicherten mit der Tätigkeit eines Baumwollstopfers
als Wie-BK anerkannt und entschädigt. Auch habe der Gutachter in einem Parallelverfahren in einem Gutachten für das SG Reutlingen
die Anerkennung der beidseitigen Rhizarthrose eines Stickers als Wie-BK empfohlen. Das SG sei dem unter Verweis auf den hohen Grad der Repetition der Tätigkeit des Klägers gefolgt. Allerdings sei das Verfahren derzeit
in der Berufungsinstanz anhängig.
Im internationalen Schrifttum seien zum Thema mehrere Studienergebnisse veröffentlicht worden, die in einer Metaanalyse von
Hammer (HAMMER et al., 2014) ausgewertet worden seien. Danach liege ein (begrenzter) Nachweis darüber vor, dass ein fester
Griff bei beruflicher Aktivität mit Belastung der Hände bzw. Vibrationen das Erkrankungsrisiko einer Arthrose der Finger/Handgelenke
erhöhe. Allerdings sei das Krankheitsbild Rhizarthrose nicht spezifisch untersucht worden. Hierzu liefere die berufsspezifische
Analyse der AU - Zeiten durch eine Arbeitsgruppe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (LIEBERS et. Al.,
2009) einen wichtigen Hinweis. Danach sei die Rhizarthrose bei Frauen in Berufen mit vermehrter manueller Belastung statistisch
signifikant erhöht, beispielsweise für Tätigkeiten in der Blechverarbeitung und Montagearbeiten. In der ehemaligen DDR sei
die Rhizarthrose als BK Nr. 71 anerkannt worden, nachdem eine Untersuchung von 2.095 Bauarbeitern häufige radiologische Veränderungen
an den Handgelenken, vor allem Arthrosis deformans, Trümmerzysten und Lunatumnekrosen gezeigt habe. Bei Fehlen epidemiologischer
Erkenntnisse bzw. biologischer bzw. toxikologischer Evidenz könne ausnahmsweise zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse der Verzicht
auf eine statistisch nachgewiesene Gruppentypik in Betracht kommen. So könnten die wissenschaftlichen Erkenntnisse auch aus
Einzelfallstudien, Forschung und praktischen Erfahrungen, insbesondere auf der Grundlage kasuistisch-empirischer Auswertungen
typischer Geschehensabläufe hergeleitet werden. Diese Schlussfolgerung sei vorliegend zu bejahen, da die Klägerin bei ihrer
Tätigkeit einer hohen repetitiven Druckbelastung unterlegen sei, welche ursächlich für das vorzeitige Auftreten der beidseitigen
Rhizarthrose sei. Eine Wie-BK liege somit vor.
Der Senat kann sich auch nach Prüfung und Würdigung der Ausführungen von Prof. Dr. T. nicht vom Vorliegen einer Wie-BK überzeugen.
Der Gutachter weist selbst in seinem Gutachten - wie auch in dem vorgelegten Aufsatz (Triebig u. Blome, MedSach 108/2012,
S. 191 bis 195) - darauf hin, dass die Gruppentypik fehle.
Sofern der Gutachter der Ansicht ist, dass bei Fehlen epidemiologischer Evidenz ausnahmsweise zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse
ein Verzicht auf eine statistisch nachgewiesene Gruppentypik in Betracht komme und hierzu auf Schönberger/Mehrtens/Valentin
(Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 91) Bezug nimmt, kann dem nicht gefolgt werden. Auf den statistisch
- epidemiologischen Nachweis der Gruppentypik kann nicht verzichtet werden. Die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit setzt
auch bei sehr kleinen Berufsgruppen nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.06.2013, a.a.O.) medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über den generellen Ursachenzusammenhang zwischen
besonderer Einwirkung und Erkrankung voraus, selbst wenn epidemiologische Studien wegen der geringen Zahl der betroffenen
Personen möglicherweise nicht möglich sind. Das BSG nimmt in der Entscheidung vom 18.06.2013 (a.a.O.) zwar auch auf die Rechtsprechung zu sogenannten Seltenheitsfällen Bezug,
wonach die den generellen Ursachenzusammenhang zwischen besonderer Einwirkung und Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen
Erkenntnisse nicht ausschließlich anhand von Methoden der Epidemiologie und statistischer Belege nachgewiesen werden müssen.
Fehlt es an einer im Allgemeinen notwendigen langfristigen zeitlichen Überwachung von Krankheitsbildern, da aufgrund der Seltenheit
einer Erkrankung medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse durch statistisch abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden können,
kommt nach dieser Rechtsprechung ausnahmsweise auch ein Rückgriff auf Einzelfallstudien, auf Erkenntnisse aus anderen Staaten
und auf frühere Anerkennungen entsprechender Erkrankungen, auch in der ehemaligen DDR, in Betracht (BSG vom 04.06.2002, - B 2 U 20/01 R, - Juris Rn. 22 mwN). Das BSG hat es jedoch in der Entscheidung vom 18.06.2013 offengelassen, ob eine solche Vorgehensweise unter Zugrundelegung eines
geringeren wissenschaftlichen Standards überhaupt mit den gesetzlichen Voraussetzungen des §
9 Abs.
2 SGB VII (iVm §
9 Abs.
1 Satz 2
SGB VII) für die Anerkennung einer Wie-BK vereinbar ist.
Bei den Erkrankungen der Klägerin handelt es sich jedoch ersichtlich nicht um derart seltene Erkrankungen, bei denen statistisch
abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden könnten, sondern auch nach Aussage von Prof. Dr. T. um eine gerade bei Frauen ab
einem gewissen Alter häufig vorkommende Erkrankung. Auch ist mit der Berufsgruppe der Montiererinnen keine Berufsgruppe betroffen,
bei der wegen ihrer geringen Größe epidemiologische Studien nicht zu erwarten sind (BSG, a.a.O.). Die Gruppe der Montiererinnen umfasst ein weites Tätigkeitsfeld mit einer ausreichenden Anzahl berufstätiger Personen.
Zudem waren Tätigkeiten mit manueller Belastung - wie die vom Gutachter angeführten Veröffentlichungen zeigen - bereits Gegenstand
von Untersuchungen. Gerade angesichts der Vielzahl von Tätigkeiten, welche das Berufsfeld der Montiererinnen ausmachen, ist
eine Eingrenzung und Abgrenzung mit wissenschaftlich genauer Untersuchung der konkret schädigenden Arbeitsvorgänge erforderlich.
Dass bislang noch keine weiteren epidemiologischen Studien vorliegen, muss daher nicht - wie der Gutachter anführt - Folge
eines wissenschaftlichen Erkenntnisdefizits sein, sondern kann auch der weiten Bandbreite der angeschuldigten Arbeitsvorgänge
geschuldet sein. Überdies enthält §
9 Abs.
2 SGB VII nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG keine allgemeine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als Wie-Berufskrankheit
anzuerkennen wäre (vgl. BSG vom 13.02.2013, a.a.O.).
Für die Annahme gesicherter Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft im Sinne des §
9 Abs.
2 SGB VII genügt es zudem nicht, dass einzelne Medizinerinnen und Mediziner die Verursachung einer Rhizarthrose der Fingergelenke durch
repetitive Druckbelastungen für plausibel oder wahrscheinlich halten. Es reicht nicht aus, dass überhaupt medizinisch-wissenschaftliche
Erkenntnisse zu dem jeweils relevanten Problemfeld existieren, vielmehr muss sich eine so genannte "herrschende Meinung" im
einschlägigen medizinischen Fachgebiet gebildet haben (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2002, a.a.O.). Soweit daher der Gutachter im Aufsatz im MedSach 108/2012 die Meinung vertritt, dass der
Ursachenzusammenhang zwischen der langjährigen Tätigkeit eines Holzwollstopfers mit der Folge einer außergewöhnlich hohen
Druckbelastung der Daumensattelgelenke und der Entstehung einer Arthrose an diesen Gelenken hinreichend wahrscheinlich sei,
stellt dies eine Einzelmeinung dar, welche bislang noch keine weitreichendere Verbreitung in der medizinischen Wissenschaft
gefunden hat. Der Aufsatz enthält im Übrigen auch keine neuen Erkenntnisse, sondern bespricht die zum Thema bislang ergangenen
Entscheidungen. Auch die im Gutachten angeführte Studie von HAMMER sowie die Analyse der AU - Zeiten sind nicht geeignet,
um den Einwirkungszusammenhang im Sinne neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gemäß 9 Abs. 2
SGB VII zu belegen. Die Studie von HAMMER erfasst - wie Prof. Dr. T. selbst bemerkt - nur allgemein den Zusammenhang zwischen einer
beruflichen Belastung der Hände und Handgelenke und der Erhöhung des Erkrankungsrisikos für Arthrose, ohne sich konkret auf
das Erkrankungsbild einer Rhizarthrose zu beziehen. Aus diesem Grund kann auch die des weiteren angeführte berufsspezifische
Analyse der AU - Zeiten keine konkreten Erkenntnisse bezüglich der Dosis - Wirkung - Beziehung vermitteln. Soweit der Gutachter
auf seine Ausführungen im Aufsatz sowie in einem Gutachten für das SG Reutlingen verweist, gibt er darin nur die von ihm vertretene
wissenschaftliche Meinung wieder, welche jedoch bislang noch keine weitergehende Verbreitung gefunden hat.
Dies gilt auch für die Ausführungen des Gutachters in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2019, wonach selbst unter Annahme
einer besonderen Vulnerabilität der Klägerin sich eine additive Wirkung aus Vorschaden und beruflicher Belastung ergebe und
sie durch die Wie-BK stärker betroffen sei als Gesunde. Prof. Dr. T. teilt zwar mit, dass die Rhizarthrose als Folge von besonderer
beruflicher Exposition bereits seit längerem im wissenschaftlichen Schrifttum diskutiert werde und die Unfallversicherungsträger
nach §
9 Abs.
8 SGB VII durch eigene Forschung bei der Findung von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Fortentwicklung von Berufskrankheiten
mitwirken sollen. Er nennt jedoch keine weiteren wissenschaftlichen Arbeiten, welche seine Auffassung stützen. Zudem reicht
es noch nicht aus, dass ein Thema im wissenschaftlichen Schrifttum diskutiert wird. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse müssen
vielmehr in Bezug auf die generelle Eignung der angeschuldigten besonderen Einwirkung zur Verursachung oder wesentlichen Verschlimmerung
der diagnostizierten Erkrankung und die Zugehörigkeit des Betroffenen zu einer Personengruppe, die den schädlichen Einwirkungen
aufgrund ihrer Arbeit in erheblich höherem Grade ausgesetzt ist als die übrige Bevölkerung vorliegen (vgl. Brandenburg in:
Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VII, 2. Aufl., §
9 SGB VII, Rn. 117ff). Derartige neue gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der Dosis - Wirkung - Beziehung sowie der
Gruppentypik kann der Senat weder dem Gutachten noch der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2019 entnehmen.
Die beidseitige Rhizarthrose der Daumensattelgelenke der Klägerin kann somit nicht als Wie-BK nach §
9 Abs.
2 SGB VII anerkannt werden.
Soweit Prof. Dr. T. in seinem Gutachten vom 18.07.2019 mitteilt, dass die Klägerin an einem Karpaltunnelsyndrom beidseits
leide und der begründete Verdacht des Vorliegens einer BK 2113 vorliege, hat die Beklagte hierüber in den streitgegenständlichen
Bescheiden nicht entschieden. Eine BK 2113 sowie eine BK 2103 infolge des Karpaltunnelsyndroms beidseits ist daher nicht Gegenstand
des Klage- und Berufungsverfahrens. Über das Vorliegen dieser BK ist jeweils gesondert nach Einleitung eines Feststellungsverfahrens
von der Beklagten zu entscheiden.
Die Berufung war bezüglich der geltend gemachten Anerkennung der beidseitigen Rhizarthrose der Daumensattelgelenke als BK
sowie als Wie-BK zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§
160 Abs.
2 SGG). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Maßgeblich für die Entscheidung sind die tatsächlichen Umstände des
Einzelfalls.