SGB-II-Leistungen
Darlehen
Verwertung von Vermögen
Bewertungszeitpunkt
Vorliegen der Unverwertbarkeit
Tatbestand
Der Kläger begehrt für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
(Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), hilfsweise eine Entscheidung des Beklagten, diese Leistungen als Darlehen zu erbringen.
Der 1957 geborene Kläger bezog seit dem Jahr 2005 mit einer kurzen Unterbrechung Alg II. Bereits zu Beginn des Leistungsbezuges
bewohnte er eine selbstgenutzte Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 98 qm, die er mit notariellem Kaufvertrag vom 24.09.1998
erworben hatte. In seinem erstmaligen Antrag auf Bewilligung von Leistungen hatte er angegeben, zur Finanzierung der Wohnung
habe er bei der A.- Lebensversicherung AG ein Darlehen über 100.000,00 DM aufgenommen, über die eine Briefgrundschuld erstellt
sei. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Zinszahlungen (235,20 EUR monatlich) berücksichtigte der Beklagte in der
Folgezeit als Bedarfe der Unterkunft bei der Bewilligung von Alg II.
Zu Beginn des Jahres 2012 wurde zwischen den Beteiligten streitig, ob die Beziehung des Klägers zu Frau R. H. (H.) - nach
seinen Angaben einer Bekannten - als Bedarfsgemeinschaft zu qualifizieren sei. Ein in diesem Zusammenhang ergangener Rücknahme-
und Erstattungsbescheid vom 29.05.2012 (idG des Widerspruchsbescheides 03.07.2012) wurde durch das Sozialgericht Bayreuth
(SG) aufgehoben (Urteil vom 28.05.2014). Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben (Urteil des Senates
vom 26.11.2014 - L 11 AS 589/14).
Mit Schreiben vom 06.03.2012 wies der Beklagte den Kläger erstmals darauf hin, dass die von ihm bewohnte Eigentumswohnung
mit einer Wohnfläche von 98 qm unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) unangemessen groß und daher grundsätzlich zu verwerten sei. Nach der Kaufpreissammlung des Landratsamtes B-Stadt seien für
vergleichbare Wohnungen bislang Verkaufserlöse von mindestens 93.000,00 EUR erzielbar gewesen. Diesen Wert für die Wohnung
des Klägers zugrunde gelegt verbleibe nach Abzug der bekannten Verbindlichkeiten in Höhe von 51.000,00 EUR ein anrechenbares
Vermögen in Höhe von mindestens 42.000,00 EUR. Um den genauen Wert der Immobilie zu ermitteln, sei eine Besichtigung der Wohnung
durch den Gutachterausschuss des Landratsamtes B-Stadt zum Zwecke der Verkehrswertbestimmung erforderlich. Bis 20.03.2012
werde um Mittelung gebeten, ob Bereitschaft bestehe, die Wohnung besichtigen zu lassen. Nach mehreren Anträgen zur Verlängerung
der Erklärungsfrist beauftragte der Beklagte den Gutachterausschuss am 17.04.2012 mit einer Wertermittlung zum Stichtag 01.05.2012.
Mit Schreiben vom 25.04.2012 forderte der Gutachterausschuss den Kläger zur Vorlage von Unterlagen über die Eigentumswohnung
auf.
Bereits am 02.04.2012 (Eingang des Formblattantrages beim Beklagten am 19.04.2012) beantragte der Kläger die Weiterbewilligung
von Leistungen für die Zeit ab 01.05.2012. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20.04.2012 ab. Der Kläger verfüge
über verwertbares Vermögen in Gestalt der selbstgenutzten aber unangemessenen Eigentumswohnung. Der Wert der Wohnung übersteige
zusammen mit den sonstigen noch zu berücksichtigenden Vermögenswerten den Grundfreibetrag von 8.850,00 EUR. Zudem bilde er
zusammen mit H. eine Bedarfsgemeinschaft. H. habe bislang keine Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht.
Es sei daher davon auszugehen, dass durch das Einkommen und Vermögen der H. der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft sicherzustellen
sei. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch (Eingang beim Beklagten am 04.05.2012) machte der Kläger geltend, die Leistungen
seien höchstvorsorglich als Darlehen zu erbringen. Nachdem der Kläger seinen Widerspruch inhaltlich nicht weiter begründet
hatte, wies der Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 zurück. Einen Antrag vom 19.10.2012 auf Weiterbewilligung
von Alg II für die Zeit ab dem 01.11.2012 lehnte der Beklagte für die Zeit mit unangefochtenem Bescheid vom 07.12.2012 ab.
Bereits nach dem ablehnenden Bescheid vom 20.04.2012 hatte der Kläger beim SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt (S 17 AS 558/12 ER), worauf der Beklagte mit Beschluss vom 06.07.2012 durch das SG verpflichtet worden war, dem Kläger vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 692,00 EUR für den Zeitraum vom 01.05.2012
bis 31.10.2012 zu zahlen. Nach Auszahlung der Leistungen für die Monate Mai 2012 bis August 2012 änderte der erkennende Senat
auf die Beschwerde des Beklagten den Beschluss des SG dahingehend ab, dass lediglich für den Zeitraum vom 06.07.2012 bis 31.10.2012 (vorläufige) Leistungen in Höhe von 617,00
EUR monatlich zu zahlen seien (Beschluss vom 14.09.2012 - L 11 AS 533/12 B ER).
Mit der gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 zum SG erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die selbstgenutzte Eigentumswohnung sei grundsätzlich nicht als Vermögen
zu berücksichtigen. Zudem seien bei einer Berücksichtigung als Vermögenswert die auf der Eigentumswohnung lastenden Schulden
in Abzug zu bringen, so dass kein Vermögen vorhanden sei, das den Freibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II übersteige. Bei Erlass des ablehnenden Bescheides vom 20.04.2012 habe der Beklagte keine Kenntnis darüber gehabt, ob eine
Pflicht zur Verwertung bestanden habe. Allein die Kenntnis, dass die Wohnungsgröße die Angemessenheitsgrenze überschreite,
genüge nicht. Der Beklagte hätte ermitteln müssen, ob nach einer Verwertung ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen vorhanden
sei. Die Eigentumswohnung sei mit Forderungen belastet, die dinglich gesichert seien. Grundschulden seien zugunsten der A.
Lebensversicherung AG (valutiertes Darlehen: 49.949,31 EUR) und der VR- Bank (valutiertes Darlehen zum 01.05.2012: 6.025,22
EUR; zum 01.07.2012: 6.066,73; zum 01.10.012: 6.133,44 EUR) im Grundbuch eingetragen. Zudem bestünden Zwangssicherungshypotheken
zugunsten seiner Tochter (rückständiger Unterhalt: 4.991,06 EUR), der Bundesagentur für Arbeit (10.698,00 EUR) und der (ausstehendes
Hausgeld: 5.398,74 EUR - Eintragung im Grundbuch am 29.07.2012). Mit einer Verwertung der Wohnung durch einen freihändigen
Verkauf hätte auch das Darlehen der A. Lebensversicherung AG abgelöst werden müssen, wodurch eine Vorfälligkeitsentschädigung
(3.340,40 EUR), Kosten für eine Löschungsbewilligung (57,40 EUR) und Zinsen (7,66 EUR) angefallen wären. Auch hätte er eine
Maklerprovision in Höhe von 3,57 % des Kaufpreises aufbringen müssen. Bei dem Ablehnungsbescheid handle es sich daher um eine
Entscheidung des Beklagten "ins Blaue hinein", die durch spätere Ermittlungen nicht geheilt werden könne. Zu bezweifeln sei
auch, ob er in der Lage gewesen wäre, ab dem Zeitpunkt, zu dem er von der Verwertungspflicht Kenntnis erlangt habe, eine Verwertung
bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts im Oktober 2012 hätte durchführen können. Er selbst hätte innerhalb dieses Zeitraums
eine Wohnung finden müssen, was auf dem B. Wohnungsmarkt jedoch nur schwer möglich gewesen wäre. Einer Verwertung der Wohnung
innerhalb von sechs Monaten habe auch entgegengestanden, dass sie auf Grund eines Baumangels von Schimmel befallen gewesen
sei. Zur Beseitigung des Schimmels wäre ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich gewesen, zu dem es jedoch
trotz seines Betreibens nicht gekommen sei. Mit der Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung am 27.12.2012 sei auch
ein rechtliches Verwertungshindernis eingetreten. Dadurch, dass der Beklagte sieben Jahre lang auf die Verwertung der Wohnung
verzichtet habe, bestehe ein (konkludenter) verzichtender Verwaltungsakt zu seinen Gunsten, der nur unter den Voraussetzungen
des § 45 oder § 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben werden könne. Auch sei zu berücksichtigen, dass er seit dem Jahr 2010 unter gesundheitlichen Einschränkungen
leide, so dass die Verwertung der Wohnung eine unzumutbare Härte bedeutet hätte.
Mit Beschluss vom 21.12.2012 hat das Amtsgericht B-Stadt (AmtG) die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung des Klägers angeordnet
(Az. ). Zur Feststellung des Verkehrswertes ist der Dipl.-Ing. B. J. (Architekt) zum Sachverständigen ernannt und mit der
Erstellung eines Verkehrswertgutachtens beauftragt worden. In seinem Gutachten vom 22.04.2013 hat er den Verkehrswert am Miteigentumsanteil
der Eigentumswohnung sowie der dazu gehörigen Stellplätze mit 95.000,00 EUR bestimmt. Im Versteigerungstermin am 15.05.2014
wurde der Zuschlag bei 90.000,00 EUR an die Ersteherin erteilt.
Das SG hat Beweis erhoben durch die schriftliche Befragung der Zeugen F., F. Immobilien GmbH (B.), E., H. Immobilien (G.) und G.,
H. GmbH (K.) sowie durch die Einvernahme der Zeugen H. und H. R. (R.).
Mit Urteil vom 09.07.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form eines Zuschusses bestehe nicht. Die Eigentumswohnung des Klägers sei verwertbares Vermögen, dessen Wert den für den
Kläger maßgeblichen Freibetrag übersteige. Der Bescheid vom 20.04.2015 (idG des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012) sei
formell rechtmäßig. Die vom Kläger geltend gemachten Mängel des Verwaltungsverfahrens seien unbeachtlich, ungeachtet des Umstandes,
dass der Beklagte dem Kläger in hinreichendem Maße die sachlichen Grundlagen für seine Prognoseentscheidung mitgeteilt und
ihn bereits im März 2012 zur Verwertung der Immobilie aufgefordert habe. Auch könne der Kläger aus dem Verhalten des Beklagten,
eine Verwertung der Eigentumswohnung fast sieben Jahre lang nicht zu thematisieren, keinen Leistungsanspruch ableiten, denn
es liege weder ein konkludenter Verwaltungsakt noch eine Zusicherung vor, eine Verwertung nicht zu verlangen. Der Kläger sei
nicht hilfebedürftig, denn die Eigentumswohnung sei verwertbares Vermögen. Ein rechtliches Verwertungshindernis habe nicht
bestanden. Die Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren sei erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums
mit der Eintragung des Vermerkes über die Anordnung der Zwangsversteigerung am 27.12.2012 eingetreten. Auch sei eine Verwertung
innerhalb eines Sechs- Monats- Zeitraumes nicht aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen gewesen. Die Eigentumswohnung hätte
zum Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 2012 kurzfristig verkauft werden können. Dies ergebe sich aus der Aussage des Zeugen
K., der im Jahr 2012 etwa zehn Wohnungen ähnlicher Art kurzfristig verkauft habe. Auch habe dem Kläger ein Angebot über 90.000,00
EUR vorgelegen, das in Kenntnis der geltend gemachten Mängel abgegeben worden sei. Dieses habe der Kläger jedoch abgelehnt.
Er könne nicht damit gehört werden, dass die Wohnung unverkäuflich gewesen sei. Bestätigt werde diese Einschätzung zuletzt
auch dadurch, dass im Wege der Zwangsversteigerung eine Erlös von 90.000,00 EUR zu erzielen gewesen sei, obwohl sich die Wohnung
in einem nicht renoviertem Zustand befunden habe. Der Wert der Eigentumswohnung übersteige nach Abzug der auf ihr lastenden
dinglich gesicherten Schulden (Grundschuld A.: 49.949,31 EUR; Grundschuld VR-Bank: 6.025,22 EUR; Zwangssicherungshypothek
Unterhalt: 4.991,06 EUR; Zwangssicherungshypothek Bundesagentur: 10.698,00 EUR) sowie der anlässlich der Verwertung anfallenden
Kosten (Vorfälligkeitsentschädigung A.: 3.340,40 EUR; Grunderwerbsteuer: 1.662,50 EUR; Verwertung: 7,66 EUR; Sonstiges 57,60
EUR) den für den Kläger nach § 12 Abs. 2 SGB II maßgeblichen Freibetrag, wobei von einem Verkehrswert von 93.000,00 EUR auszugehen sei, den der Beklagte auf der Grundlage
der Kaufpreissammlung ermittelt habe. Die Eigentumswohnung sei auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II von einer Verwertung auszunehmen, denn mit 98 qm sei sie unangemessen groß. Zuletzt stehe einer Verwertung auch nicht entgegen,
dass diese nur in unwirtschaftlicher Weise hätte erfolgen können, oder dass dies eine unbillige Härte für den Kläger dargestellt
hätte. Dem Kläger habe ein Angebot über 90.000,00 EUR vorgelegen, so dass der zu erzielende Verkaufserlös in keinem deutlichen
Missverhältnis zum Verkehrswert gelegen habe, den der Beklagte mit 93.000,00 EUR und das AmtG mit 95.000,00 EUR ermittelt
habe. Eine unzumutbare Härte sei in einem siebjährigen Verzicht des Beklagten, die Verwertung zu fordern und im Gesundheitszustand
des Klägers nicht zu sehen.
Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt. Das fehlerhafte Verwaltungshandeln des Beklagten führe zur Rechtswidrigkeit
des Bescheides vom 20.04.2012. Der Antrag sei ohne Ermittlung des Sachverhaltes abgelehnt worden. Ein Nachschieben von Gründen
sei unzulässig. Zudem dürfe der Beklagte keine Verwertung der Eigentumswohnung verlangen, nachdem er sieben Jahre darauf verzichtet
habe. Das Verwertungsverlangen sei als Repressalie zu sehen, weil es dem Beklagten misslungen sei, eine Einstehensgemeinschaft
zwischen ihm und der H. nachzuweisen. Das SG stelle in seiner Entscheidung in unzulässiger Weise auf eine ex-post- Betrachtung der Verwertungsmöglichkeiten ab. Im Rahmen
des zeitnahen Eilverfahrens sei das SG noch im Juni 2012 davon ausgegangen, dass eine Verwertung innerhalb eines halben Jahres nicht möglich sei. Bereits der Umstand,
dass die Wohnung unter einem erheblichen Schimmelbefall gelitten habe, habe gegen eine kurzfristige Verwertung gesprochen.
Zudem seien auch die Vollstreckungszinsen zugunsten der A.- Lebensversicherung AG iHv mehr als 11.000,00 EUR wertmindernd
zu berücksichtigen. Nach einer Einvernahme der Zeugen B., G. und K. in einem Termin am 25.01.2017 hat der Kläger ergänzend
vorgetragen, auch die Aussagen der Zeugen erbrächten keinen Nachweis dafür, dass die Wohnung tatsächlich innerhalb von sechs
Monaten habe verkauft werden können. Auch träfen die Aussagen, es habe ihm Jahr 2012 ein Angebot über 95.000,00 EUR vorgelegen,
nicht zu. Die Angaben des G. stünden zudem im Widerspruch zu seinen schriftlichen Angaben gegenüber dem SG, so dass dieses Angebot allenfalls im Jahr 2013 vorgelegen haben kann. Zu diesem Zeitpunkt sei die Wohnung im Rahmen des
Zwangsversteigerungsverfahrens jedoch schon beschlagnahmt gewesen. Aus der Einvernahme hätten sich auch die schriftlichen
Angaben zu einem weiteren Angebot iHv 90.000,00 EUR nicht bestätigen lassen. Der Umstand, dass die Wohnung im Rahmen der Zwangsversteigerung
im Jahr 2014 zu 90.000,00 EUR versteigert worden ist, könne nicht als Maßstab herangezogen werden. Aufgrund der doppelten
Abiturjahrgänge im Jahr 2013 sei der Wohnungsmarkt in B-Stadt im Jahr 2014 wesentlich angespannter gewesen als im Jahr 2012.
Soweit die Wohnung als Vermögenswert zu berücksichtigen wäre, sei der Beklagte zumindest dazu zu verurteilen, über den Antrag
vom 04.05.2012 auf Gewährung eines Darlehens zu entscheiden.
Der Kläger beantragt das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.07.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des
Bescheides vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012 zu verurteilen,
dem Kläger für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 Arbeitslosengeld II in Höhe von 673,82 EUR monatlich zu zahlen,
hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag vom 04.05.2012 auf darlehensweise Bewilligung der Leistungen nach
dem SGB II unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Klageänderung in Bezug auf den Hilfsantrag widerspreche er ausdrücklich. Im Übrigen habe das SG zutreffend entschieden.
Im Rahmen eines Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage sind die vom SG schriftlich befragten Zeugen B., G. und K. uneidlich vernommen worden. Auf das Protokoll des Termins vom 25.01.2017 wird
Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) ist in der Hauptsache unbegründet. Lediglich hinsichtlich des erstmals im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrages erweist
sich das Rechtsmittel als begründet.
Die (zunächst allein erhobene) Klage auf Zahlung von Alg II als Zuschuss hat das SG mit Urteil vom 09.07.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
29.05.2012 ist zumindest im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Gegenstand des Verfahrens
sind die Leistungsansprüche des Klägers für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012. Ungeachtet des Umstandes, dass der
Kläger den Leistungsanspruch durch seinen Antrag selbst beschränkt hat, wird der Streitgegenstand bereits durch den Antrag
vom 19.10.2012 auf Weiterbewilligung der Leistungen und die nachfolgende Ablehnung für die Zeit ab dem 01.11.2012 durch den
Bescheid vom 07.12.2012 begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R - juris; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 12/11, § 41 SGB II Rn. 141). Im Hinblick auf sein Vermögen hat der Kläger in diesem streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung
von Alg II als Zuschuss. Die vom Kläger selbst genutzte Eigentumswohnung von nicht angemessener Größe war als Vermögen zu
betrachten, dessen Verwertung - vor der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II - grundsätzlich zu erwarten war, wobei der aus einer Verwertung erzielbare Verkaufserlös - nach Abzug der berücksichtigungsfähigen
Belastungen und Verwertungskosten - den für den Kläger maßgeblichen Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 SGB II überschritten hätte. Einer Nutzbarmachung des Vermögenswertes zur Sicherung des Lebensunterhaltes stand auch nicht entgegen,
dass einer kurzfristigen Verwertung des Vermögens innerhalb des streitgegenständlichen Leistungszeitraumes tatsächliche oder
rechtliche Hindernisse entgegengestanden hätten. Allein soweit der Kläger im Berufungsverfahren mit der zulässigen Klageänderung
erstmals geltend gemacht hat, der Beklagte habe über seinen Antrag vom 04.05.2012 auf hilfsweise Gewährung eines Darlehens
bislang nicht entschieden, ist das Rechtsmittel begründet. Die Klageänderung iSe Klageerweiterung ist als sachdienlich anzusehen,
wobei die hilfsweise erhobene Untätigkeitsklage (§
88 SGG) zulässig und begründet ist, denn der Beklagte hat nach fast fünf Jahren - trotz entsprechender Hinweise des Senates - noch
immer keine Entscheidung zum Darlehensantrag des Klägers getroffen.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (idF des Gesetzes vom 20.12.2011; BGBl. I S 2854) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind, und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, nicht oder nicht ausreichend
aus, dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).
Diese Voraussetzungen für den (zuschussweisen) Bezug von Alg II erfüllt der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum (01.05.2012
bis 31.10.2012) nicht, denn er war in der Lage, durch die zumutbare und tatsächlich mögliche Verwertung seines berücksichtigungsfähigen
Vermögens, nämlich der selbstgenutzten Eigentumswohnung, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Hilfebedürftig ist zwar auch
derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist
oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde (§ 9 Abs. 4 SGB II). Insoweit sind gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB II die Leistungen jedoch nur als Darlehen zu erbringen. Dies ist vorliegend aber nicht in der Sache streitig, denn der Beklagte
hat über den Antrag des Klägers auf Bewilligung von darlehensweisen Leistungen bislang nicht entschieden.
Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II), wobei Vermögen als verwertbar zu betrachten ist, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können.
Grundsätzlich nicht als Vermögen sind zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine
entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II) bzw. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere
Härte bedeuten würde (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II). Diese Einschränkungen stehen vorliegend einer Verwertung der in Rede stehenden Immobilie aber nicht entgegen.
Allein durch den Umstand, dass der Kläger seine Eigentumswohnung selbst genutzt hat, ist eine Berücksichtigung als verwertbares
Vermögen nicht gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II ausgeschlossen, denn die Wohnung war mit 98 qm für einen Ein- Personen- Haushalt unangemessen groß. In diesem Zusammenhang
ist auf die Lebensumstände abzustellen, die für die Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgeblich
sind (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II), wobei das Bundessozialgericht hierzu entschieden hat, dass die Frage der angemessenen Wohnungsgröße an den Wohnflächengrenzen
des § 39 Abs. 1 Satz 1 des Zweites Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz - 2. WoBauG) zu orientieren und eine Differenzierung nach der Anzahl der Personen geboten sei (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 4 mwN). Danach gelten Eigentumswohnungen mit bis zu 120 qm bei einem Haushalt mit vier Personen
nicht als unangemessen groß (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 2. WoBauG), wobei bei einer geringeren Familiengröße je Person Abschläge
von 20 qm angezeigt erscheinen. Eine Unterschreitung von 80 qm ist, insbesondere im Hinblick auf einen bei jüngeren Leistungsberechtigten
jederzeit möglichen Zuwachs durch einen neuen Partner oder Kinder, in aller Regel allerdings nicht geboten (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - SozR 4- 4200 § 12 Nr. 3). Ob darüber hinaus für den alleinstehenden Kläger eine weitere Beschränkung dieser als angemessen
anzusehenden Wohnungsgröße denkbar erscheint, weil ein Zuwachs im oben genannten Sinne aufgrund der Umstände des Einzelfalls
mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein dürfte (idS Mecke in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 12 Rn.92), kann dahinstehen. Ungeachtet des Umstandes, dass es - entgegen der Auffassung des Beklagten - keinerlei Anhaltspunkte
für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit einer anderen Person gibt (vgl. hierzu auch das zwischen den Beteiligten ergangene
Urteil des Senates vom 26.11.2014 - L 11 AS 589/14), überschreitet die Eigentumswohnung des Klägers mit 98 qm die für ihn (maximal) zu berücksichtigende Angemessenheitsgrenze
von 80 qm deutlich, womit die Verwertung der Wohnung vor der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich zu erwarten war.
Des Weiteren wäre eine Verwertung der Immobilie weder offensichtlich unwirtschaftlich gewesen noch hätte dies eine besondere
Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II dargestellt.
Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung von Vermögen, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis
zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (vgl. BSG, Urteil vom 23.05.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 19 mwN), wobei sich eine absolute Grenze bei Immobilien nicht ziehen lässt und gewisse Verluste
- insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - als zumutbar angesehen
werden können (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 aaO). Eine Unwirtschaftlichkeit in diesem Sinne käme allenfalls in Betracht, wenn bei einer Veräußerung
wesentlich weniger als der vom Kläger zum Erwerb der Eigentumswohnung aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte. Dies
wird vom Kläger aber weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte hierfür nach Lage der Akten ersichtlich. Insbesondere sind
lediglich Grundschulden in Höhe von insgesamt 95.100 EUR (= 186.000 DM; Grundschuld iHv 100.000 DM zu Gunsten der A.- Lebensversicherung
AG; Grundschuld iHv 86.000 DM zugunsten der VR- Bank H-Sadt) im Grundbuch vorgetragen, die überhaupt in einen Zusammenhang
mit dem Erwerb der Immobilie gebracht werden können. Dies entspricht im Wesentlichen aber dem (reinen) Immobilienwert, der
vorliegend mit 95.000,00 EUR zugrunde zu legen ist. Grundsätzlich ist für die Bewertung eines Vermögensgegenstandes der Verkehrswert
in dem Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung
gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Für die Eigentumswohnung des Klägers geht der Senat, auf der Grundlage des Gutachtens vom 22.04.2013, das der Dipl.- Ing.
B. J. (Architekt) für das AmtG im Zwangsversteigerungsverfahren als Sachverständiger erstellt hat, von einem Wert der Immobilie
von 95.000,00 EUR aus. Insoweit handelt es sich um den einzigen zeitnah und in qualifizierter Weise ermittelten Wert der in
Rede stehenden Immobilie. Hinweise, die eine fehlerhafte Wertermittlung nahe legen, sind dem Senat weder ersichtlich noch
wurden solche Aspekte vom Kläger vorgetragen. Soweit der Gutachter im Zusammenhang mit der Ermittlung des Vergleichswertes
(Seite 12/13 des Gutachtens) aus der Kaufpreissammlung Verkäufe baugleicher Wohnungen in den Jahren 2011 (Februar; 969,00
EUR/ qm mit einem KfZ- Stellplatz) und 2012 (Mai; 1.203,00 EUR/ qm mit einem KfZ- Stellplatz) herangezogen hat, bestätigt
dies die - als zurückhaltend zu bezeichnende - Ermittlung des Immobilienwertes, den der Sachverständige für die Eigentumswohnung
(allein) mit 90.000,00 EUR und das Sondernutzungsrecht an den beiden dazu gehörenden Stellplätzen mit 5.000,00 EUR angesetzt
hat. Zugleich widerlegt dies aber auch die ohne Nachweis gebliebene Behauptung des Klägers, der Immobilienmarkt im Landkreis
B-Stadt sei im Jahr 2012 deutlich schwächer gewesen als zum Zeitpunkt der vorliegenden Wertermittlung im Jahr 2013. Anhaltspunkte
dafür, die es rechtfertigen würden, von einem anderen Wert auszugehen, gibt es nicht. Auch nach der durch den Senat durchgeführten
Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen B., G. und K. lassen sich die noch anlässlich der Erörterung vom 09.11.2016 geäußerten
Zweifel an dem Gutachten vom 22.04.2013 nicht hinreichend begründen. Insbesondere gibt es keine Hinweise darauf, dass die
vom Kläger behauptete Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung (Schimmelbefall; Fenster) bei der Wertbildung in dem Gutachten
nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Allein der Zeuge G. konnte bestätigen, dass die Fenster der Wohnung alt und
in einem erneuerungsbedürftigen Zustand gewesen sein dürften, wobei er diesbezüglich die Einschränkung gemacht hat, dass er
dem Kläger einen Kaufinteressenten hätte vermitteln können, der - nach Besichtigung der Wohnung und in Kenntnis der vorhandenen
Mängel - bereit gewesen wäre, die Wohnung für 95.000,00 EUR zu erwerben, wohingegen in renoviertem Zustand die Bereitschaft
bestanden habe, einen Betrag von 115.000,00 EUR zu zahlen. Damit gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die feststellbaren
Mängel, insbesondere auch nicht der von allen drei Zeugen und auch im Gutachten vom 22.04.2013 beschriebene und durch Bilder
dokumentierte Schimmelbefall in der Wohnung, bei der Wertermittlung des Gutachters außer Betracht geblieben wären, womit ein
Betrag von 95.000,00 EUR auch als realistisch erzielbarer Verkaufserlös anzusehen war. Dies bestätigt sich zudem durch den
Umstand, dass im Jahr 2014 bei nahezu unveränderten Marktbedingungen im Vergleich zum Jahr 2012 unter den für einen Verkäufer
erschwerten Bedingungen eines Zwangsversteigerungsverfahrens tatsächlich ein Verkaufserlös von 90.000,00 EUR erzielt werden
konnte. Nachweise für die Behauptung des Klägers zur Schwäche des Immobilienmarktes im Jahr 2012 gibt es nicht. Insoweit bestehen
daher erhebliche Zweifel an einer Realitätsnähe der Werteinschätzung des Zeugen G., die er im April 2013, zu der Zeit, zu
der auch das Gutachten erstellt worden ist, gegenüber dem SG abgegeben hat (ca. 70.000,00 EUR bis 85.000,00 EUR). Die Abweichung zu den im Termin am 25.01.2017 gemachten Angaben erscheint
hierbei am ehesten durch eine weitgehend fehlerhafte Einschätzung des Renovierungsbedarfes (ca. 9.000,00 EUR bis 14.000,00
EUR) erklärbar, so dass der Senat den schriftlichen Angaben des G. - und damit der Auffassung des Klägers - nicht zu folgen
vermag. Durchgreifende Zweifel bezüglich der Angaben des G. im Termin am 25.01.2017, er habe kurzfristig einen Kaufinteressenten
gehabt, der nach der Besichtigung der Wohnung 95.000,00 EUR gezahlt hätte, bestehen seitens des Senates nicht, denn diese
Angaben decken sich im Kern mit der Aussage des Zeugen K, der bekundet hat, ihm sei bekannt gewesen, dass dem Kläger über
den Zeugen G ein Kaufangebot in Höhe von 95.000,00 EUR (unrenoviert) bzw. in Höhe von 115.000,00 EUR (renoviert) vorgelegen
habe. Auch die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Zweifel des Klägers an der Glaubwürdigkeit des G, weil dieser im Jahr
2013 anlässlich seiner schriftlichen Befragung nichts über einen Kaufinteressenten gegenüber dem SG hat verlautbaren lassen, vermag der Senat nicht zu teilen, denn der Zeuge K. hat bereits anlässlich seiner schriftlichen
Befragung im Jahr 2013 gegenüber dem SG angegeben, dass der Zeuge G. dem Kläger einen Kaufinteressenten hätte vermitteln können, der Kläger jedoch das Angebot -
damals war ein Betrag von 90.000,00 EUR nach Besichtigung der Wohnung genannt - abgelehnt habe. Unabhängig davon, dass die
Angaben der Zeugen G. und K. voneinander abweichen, ob es sich um einen männlichen oder einen weiblichen Interessenten gehandelt
hat, und auch die Angaben bezüglich der Höhe des Kaufangebotes im Laufe der Jahre differieren, was im Ergebnis - entgegen
der Auffassung des Klägers - gegen eine Absprache der beiden Zeugen spricht, steht im Hinblick auf den Wesenskern der Aussagen
der Zeugen G. und K. zur Überzeugung des Senates fest, dass dem Kläger im Jahr 2012 die Möglichkeit eröffnet worden war, seine
Eigentumswohnung zu einem Preis zu verkaufen, der sich im Bereich des Verkehrswertes bewegt hat, welcher durch das Gutachten
vom 22.04.2013 ermittelt und anlässlich der Zwangsversteigerung auch nahezu erlöst worden ist. Dem Grunde nach bestätigt auch
der Kläger selbst, dass Angebote an ihn herangetragen worden sind, soweit er behauptet der Zeuge G. hätte ihm einen Käufer
vermitteln können, der aber wegen des Schimmelbefalles allenfalls 60.000,00 EUR gezahlt hätte. Ungeachtet des Umstandes, dass
in Bezug auf die Höhe des angebotenen Kaufpreises Zweifel am Vortrag des Klägers bestehen, bestätigen dessen Angaben zumindest
im Ergebnis die Aussagen der Zeugen G. und K., dass ein Kaufinteressent die Wohnung besichtigt und ein Angebot abgegeben hat,
so dass der Hinweis des Klägers auf den Umstand, dass der Zeuge G. den Kaufinteressenten gegenüber dem SG nicht erwähnt hat, keine Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit insgesamt begründen können. Im Ergebnis gibt es daher keine Hinweise
darauf, dass der Kläger gezwungen gewesen wäre, seine Eigentumswohnung in unwirtschaftlicher Weise zu verwerten, denn nach
Aufforderung des Beklagten im März 2012, die in Rede stehende Wohnung zu veräußern, hat der Kläger Kontakt zu G. aufgenommen,
von dem ihm ein Kaufinteressent genannt worden ist, der bereit gewesen wäre einen Kaufpreis zu zahlen, der sich in dem Bereich
des durch das Gutachten vom 22.04.2013 ermittelten Verkehrswertes bewegt hätte.
Der Verweis auf die Verwertung der unangemessenen Wohnung stellt keine besondere Härte iSd § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II, insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund, dass trotz Kenntnis der Beklagten von der Größe der Wohnung der Kläger sieben
Jahre lang Leistungen als Zuschuss bezogen hat, dar. Vorliegend ist bereits nicht ersichtlich, dass der Leistungsbezug des
Klägers schon zu Beginn im Jahr 2005 oder zu einem späteren Zeitpunkt zu Unrecht erfolgt wäre, weil keine Erkenntnisse darüber
vorliegen, ob und wann die Wohnung - unabhängig von ihrer unangemessenen Größe - in der Zeit bis zum streitgegenständlichen
Zeitraum so werthaltig war oder geworden ist, dass mit ihrer Verwertung ein Erlös zu erzielen gewesen wäre, aus dem Kläger
- zumindest für eine gewisse Zeit seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Der Beklagte hat bis März 2012 keinerlei
Aktivität gezeigt, den Kläger auf die Verwertung seines Vermögens zu verweisen. Dies aber ist nicht ohne weitere Anhaltspunkte
als (konkludenter) Verzicht gegenüber dem Kläger zu werten, dieser müsse seine Vermögenswerte nicht zum Lebensunterhalt einsetzen.
Darüber hinaus sind die Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug nach dem SGB II - ungeachtet einer vorhergehenden Bewilligung - bei einer (erneuten) Antragstellung stets vollständig zu prüfen, ohne dass
sich die Beteiligten auf die tatsächlichen Grundlagen vorhergehend bestandskräftiger Entscheidungen berufen zu können. Vorliegend
kann sich der Kläger insbesondere auch nicht unter dem Aspekt von Treu und Glauben darauf berufen, dass ihm weiterhin in rechtswidriger
Weise Leistungen bewilligt werden, denn dem steht der Grundsatz entgegen, dass kein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im
Unrecht besteht. Soweit der Kläger hierbei weiter geltend macht, der Beklagte verlange die Verwertung der Immobilie allein
aus sachwidrigen Gründen, nämlich weil es ihm misslungen sei, Leistungen nach dem SGB II wegen des Bestehens einer Einstehensgemeinschaft für die Vergangenheit zurückzufordern und zukünftig zu verweigern, rechtfertigt
dies nicht die Annahme, die Verwertung der Immobilie stelle eine besondere Härte für den Kläger dar. Mit diesem Vorbringen
stellt der Kläger allein auf das Verwaltungshandeln des Beklagten ab, das aber, sollte es fehlerhaft gewesen sein, keinen
materiell- rechtlichen Leistungsanspruch zu begründen vermag, sondern allenfalls einen Schadensersatzanspruch aus einer Amtspflichtverletzung
nach sich ziehen kann. Zuletzt kann (aus systematischen Gründen) die Verwertung der Immobilie auch deshalb nicht als besondere
Härte ansehen werden, weil der Reinerlös (allein) aus der Verwertung der Immobilie zu keiner dauerhaften oder zumindest langfristigen
Beseitigung der Hilfebedürftigkeit geführt hätte. Die Tatbestände des § 12 Abs. 3 SGB II beziehen sich ausschließlich auf den Aspekt, ob ein Vermögensgegenstand grundsätzlich von einer Berücksichtigung ausgenommen
bleibt. Die Prüfung, ob durch den Einsatz der zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände Hilfebedürftigkeit beseitigt werden
kann, ist erst in einem nachfolgenden Schritt unter Berücksichtigung aller einzusetzender Vermögensgegenstände zu ermitteln,
so dass die Frage, ob die Verwertung eines einzelnen Vermögensgegenstandes eine unbillige Härte darstellen kann, nicht davon
abhängig zu machen ist, ob und in welchem Umfang durch eine Verwertung Hilfebedürftigkeit beseitigt wird.
Im streitgegenständlichen Zeitraum verfügte der Kläger damit über verwertbares Vermögen, das zum 01.05.2012 einen Verkehrswert
iSd § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II i.V.m. § 8 Alg II-V (idF des Gesetzes vom 17.12.2007, BGBl. I S. 2942) von 23.336,41 EUR bzw. ab dem 29.06.2012, dem Zeitpunkt zu dem die Zwangshypothek der Fa. H. als weitere Belastung in das
Grundbuch eingetragen wurde, von 17.937,67 EUR hatte, und dessen Wert weitergehend auf 17.896,16 EUR (für die Zeit ab dem
01.07.2012) bzw. 17.829,45 EUR (für die Zeit ab dem 01.10.2012) abgesunken war, weil die dinglich gesicherte Forderung der
VR - Bank im streitigen Zeitraum angewachsen war.
Grundsätzlich ist für die Bewertung eines Vermögensgegenstandes der Verkehrswert in dem Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Antrag
auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Für die Eigentumswohnung des Klägers geht der Senat, wie bereits dargelegt, auf der Grundlage des Gutachtens vom 22.04.2013,
das der Dipl.- Ing. B. J. (Architekt) für das AmtG im Zwangsversteigerungsverfahren als Sachverständiger erstellt hat, von
einem Verkehrswert von 95.000,00 EUR aus.
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Kläger überschuldet war, worauf der Umstand hindeutet, dass mit der Zwangsversteigerung
der in Rede stehenden Immobilie im Jahr 2014 nicht sämtliche Verbindlichkeiten des Klägers gedeckt werden konnten. Vermögen
iS von § 12 SGB II sind nicht die Bilanz aus aktiven und passiven Vermögenswerten, sondern die vorhandenen aktiven Vermögenswerte. Insoweit
kann auf die zur Arbeitslosenhilfe entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 28/09 R - juris mwN), wobei Schulden und sonstige vorhandene oder noch entstehende Belastungen im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswertes
nur zu berücksichtigen sind, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit dem Vermögensgegenstand des Arbeitslosen
eine Einheit bilden (vgl. BSG, Urteil vom 09.02.2006 - B 7a AL 36/05 R - juris), denn in diesem Fall könnte er ohne Abzüge nicht veräußert werden (vgl.
BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14 AS 27/07 R - juris).
Dies zugrunde gelegt, ist der ermittelte Wert von 95.000,00 EUR um die dinglichen Belastungen zu mindern, die im Grundbuch
eingetragen sind, wobei vorliegend nicht allein auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Leistungsantrages oder
zu Beginn des Bewilligungsabschnittes abzustellen ist. Soweit der Kläger - wie hier - geltend macht, ihm seien für den Zeitraum
vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 durchgehend Leistungen nach dem SGB II zu erbringen, ist ein derartiger Anspruch lediglich dann auszuschließen, wenn an jedem Tag des streitigen Zeitraumes Vermögen
des Klägers vorhanden war, das einem Leistungsanspruch entgegengestanden hat. Nachdem gemäß § 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II wesentliche Änderungen des Verkehrswertes zu berücksichtigen sind, ist der Kläger - bei rückblickender Betrachtung des geltend
gemachten Anspruches - nicht anderes zu behandeln, als derjenige der sein Vermögen verbraucht und vor dem Ende des (vermeintlichen)
Bewilligungsabschnittes erneut eine Antrag auf Bewilligung von Leistungen gestellt hat (vgl. hierzu auch Urteil des Senates
vom 23.07.2015 - L 11 AS 681/14 - juris).
Vorliegend sind als dinglich gesicherte Verbindlichkeiten des Klägers die iHv 49.949,31 EUR valutierte Grundschuld zugunsten
der A.- Versicherung AG (Anhaltpunkte für Erhöhung der Hauptschuld für die Zeit nach dem 02.04.2012 gibt es nicht), die Grundschuld
zugunsten der VR-Bank (inklusive Zinsen) iHv 6.025,22 EUR (bis 30.06.2012 bzw. iHv 6.066,73 ab 01.07.2012 und iHv 6.133,44
EUR ab 01.10.2012), die Zwangssicherungshypothek zugunsten der M. L. iHv 4.991,06 EUR sowie die Zwangssicherungshypothek zugunsten
der Bundesagentur für Arbeit iHv 10.698,00 EUR berücksichtigungsfähig (berücksichtigungsfähiger Verkehrswert vgl. folgende
Tabelle: 23.336,41 EUR). Zudem war für die Zeit ab der Eintragung der Zwangssicherungshypothek am 29.06.2012 (eine zeitlich
vorhergehende Vormerkung ist nach Lage der Akten nicht ersichtlich) zugunsten der Fa. H. iHv 5.398,74 EUR weitergehend der
(berücksichtigungsfähige) Verkehrswert um diesen Betrag zu mindern, denn ab diesem Zeitpunkt wäre aus dem in Rede stehenden
Vermögensgestand lediglich ein um diesen Betrag geminderter Verwertungserlös zu erzielen gewesen (berücksichtigungsfähiger
Verkehrswert vgl. folgende Tabelle: 17.937,67 EUR). Zuletzt sind im Laufe des streitigen Bewilligungszeitraumes (01.05.2012
bis 31.10.2012) weitere dinglich gesicherte Forderungen hinzugetreten, die im Falle einer Verwertung den zu erzielenden Erlös
geschmälert und für den Lebensunterhalt des Klägers nicht zur Verfügung gestanden hätten, nämlich die durch Grundschuld gesicherte
Zinsforderung der VR- Bank, die zum 01.07.2012 auf 6.066,73 EUR und zum 01.10.2012 auf 6.133,44 EUR angestiegen waren und
somit zu einer Minderung des Verkehrswertes auf 17.896,16 EUR (ab 01.07.2012) bzw. auf 17.829,45 EUR (ab 01.10.2012) geführt
haben (vgl. hierzu folgende Tabelle).
Entgegen der Auffassung des Klägers war die Forderung der A.-Lebensversicherung AG in Höhe 11.157,53 EUR, die Vollstreckungszinsen
aus der Grundschuld, die dinglich gesichert waren, nicht wertmindernd zu berücksichtigen, denn ausweislich des Entwurfes des
Teilungsplanes des AmtG vom 17.07.2014 sind diese Zinsen für den Zeitraum vom 06.03.2013 bis 16.07.2014 angefallen und konnten
somit den Wert der Immobilie für die Zeit bis 31.10.2012 nicht beeinflussen.
- Tabelle 1
Von dem berücksichtigungsfähigen Verkehrswert sind die notwendigen Verwertungskosten abzusetzen, die nicht bereits durch die
Immobilie dinglich gesichert waren (z.B. Vorfälligkeitsentschädigung), jedoch erforderlich gewesen wären, um einen Verkaufserlös
realisieren zu können, denn eine andere Art der Verwertung (z.B. die Aufnahme eines Darlehens und die weitere Belastung der
Immobilie) war unter Beachtung der finanziellen Situation des Klägers nicht realistisch.
Hierunter fallen die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens (Hauptschuld 49.949,31 EUR)
angefallen wären, das zugunsten der A.- Lebensversicherung AG durch eine Grundschuld gesichert war, wobei für die Berechnung
der Anwendungen zugunsten des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum (01.05.2012 bis 31.10.2012) eine gleichbleibende
(zum 02.04.2012 maßgebliche) Vorfälligkeitsentschädigung iHv 3.340,40 EUR angenommen wird, auch wenn sich diese der Natur
der Sache nach bis zum 31.10.2012 sukzessive verringert haben dürfte. Nicht abzugsfähig waren in diesem Zusammenhang jedoch
die Zinsaufwendungen für die laufende Bedienung des Darlehens, denn der Sache handelte es sich um Kosten der Unterkunft, die
der Beklagte mit der tatsächlichen Zahlung von Alg II im streitgegenständlichen Zeitraum getragen hat, so dass diese Aufwendungen
nicht aus dem Vermögenserlös zu decken gewesen wären. Erforderlich waren demgegenüber die Aufwendungen für eine Löschungsbewilligung
(57,60 EUR) zum Nachweis der Lastenfreiheit der Grundstückes sowie die Grunderwerbssteuer [3.325,00 EUR = 3,5 vH x 95.000,00
EUR (Bemessungsgrundlage; § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG); mangels gesetzlicher Regelung in Bayern beträgt der Hebesatz weiterhin 3,5 vH (§ 11 Abs. 1 GrEStG i.V.m. Art
105 Abs.
2a Grundgesetz -
GG)], die der Kläger als am Erwerbsvorgang Beteiligter zusammen mit dem Käufer als Gesamtschuldner zu tragen gehabt hätte (§
13 Nr. 1 GrEStG), so dass zumindest auch die hälftige Grunderwerbssteuer (= 1.662,50 EUR) einen Verkaufserlös geschmälert hätte. Ob darüber
hinaus die Beauftragung eines Maklers erforderlich gewesen wäre, um den Verkauf der Wohnung zeitnah nach der Aufforderung
durch den Beklagten im März 2012 zu gewährleisten und eine neue Wohnung vermittelt zu erhalten, kann vorliegend dahinstehen,
denn nach der Einvernahme des Zeugen G., der mit dem Verkauf der Wohnung des Klägers befasst war, steht fest, dass der Kläger
als Verkäufer keine Maklercourtage hätte entrichten müssen, da dies in B-Stadt und Umgebung nicht ortsüblich gewesen sei und
auch der Zeuge G - nach seinen Angaben - eine Provision vom Kläger nicht verlangt hätte. Ausgehend hiervon ergeben sich daher
folgende erzielbare Veräußerungserlöse, die durch die Verwertung der Wohnung im Wege eines freihändigen Verkaufes hätten realisiert
werden können.
- Tabelle 2
Das verfügbare Vermögen, dass durch die Verwertung der Immobilie im Wege eines freihändigen Verkaufes nutzbar gemacht werden
konnte, überschritt die Freibetragsgrenzen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 4 SGB II, denn im Hinblick auf das Alter des Klägers zum 01.05.2012 - er hatte das 54. Lebensjahr vollendet - betrug der absetzbare
Freibetrag insgesamt 8.850,00 EUR bzw. ab dem 15.07.2012, dem Zeitpunkt der Vollendung des 55. Lebensjahres, 9.000,00 EUR.
Als Grundfreibetrag waren nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 SGB II vom Vermögen des Klägers 150,00 EUR je vollendetem Lebensjahr bis zu einer Grenze von 9.750,00 EUR abzugsfähig, nachdem er
vor dem 01.01.1958 geboren ist (§ 12 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Hieraus errechnet sich für den streitgegenständlichen Zeitraum, ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung zum 01.05.2012,
der Grundfreibetrag in Höhe von 8.100,00 EUR (= 54 x 150,00 EUR) bzw. ab dem 15.07.2012 iHv 8.250,00 EUR (= 55 x 150,00 EUR).
Hinzuzurechnen ist der Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 EUR für notwendige Anschaffungen.
Damit ist das oberhalb dieser Grenzen von 8.850,00 EUR (= 8.100,00 EUR + 750,00 EUR) bzw. 9.000,00 EUR (ab dem 15.07.2012)
liegende Vermögen (zur Entwicklung dieses Betrages wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen) in zumutbarer Weise verwertbares
Vermögen, das der Kläger zur Sicherung seines Lebensunterhalts grundsätzlich einzusetzen hatte (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R - juris mwN).
- Tabelle 3
Damit lag zu jedem Zeitpunkt des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraumes vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 in hinreichendem
Maße verwertbares Vermögen vor, durch das der Kläger in der Lage gewesen wäre, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Die Verwertung der Immobilie war weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, insbesondere war eine
Verwertbarkeit in keiner Form durch vertragliche Vereinbarungen mit Dritten oder durch Verpfändung bzw. Abtretung an Dritte
eingeschränkt.
Der Begriff der Verwertbarkeit ist hierbei ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als
auch nach den rechtlichen Verhältnissen (vgl. BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243ff; Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 18).
Ein rechtliches Verwertungshindernis hat während des im Streit stehenden Bewilligungszeitraumes vom 01.05.2012 bis 31.10.2012
nicht bestanden. Die vom Kläger geltend gemachte Beschlagnahme im Verfahren ist erst durch die Anordnung der Zwangsversteigerung
mit Beschluss des AmtG vom 21.12.2012 erfolgt, welche am 27.12.2012 in das Grundbuch eingetragen worden ist. Damit sind die
Beschränkungen erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums eingetreten.
Einer Verwertung der Eigentumswohnung stand zum Zeitpunkt der Aufforderung des Beklagten im März 2012 auch kein tatsächliches
Hindernis entgegen. Die Eigentumswohnung war nicht über ihren Substanzwert hinaus mit dinglichen Sicherungsrechten belastet
und damit insoweit marktfähig, dass - bei prognostischer Betrachtung - eine Verwertung innerhalb eines halben Jahres möglich
erscheinen durfte, wobei mit einem Erlös gerechnet werden konnte, der geeignet gewesen wäre, den Lebensunterhalt des Kläger
(zumindest vorübergehend) zu sichern.
Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt
bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden
sein wird, weil sie nicht marktfähig sind (vgl. BSG Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 ff). Die Verwertbarkeit von Vermögen iS des § 12 Abs. 1 SGB II kann daher nur dann angenommen werden, wenn der Berechtigte in der Lage ist, die Verwertung innerhalb einer bei Antragstellung
feststehenden Zeitspanne durch eigenes Handeln - autonom - herbeizuführen. Ist dagegen völlig ungewiss, wann eine für die
Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt, so liegt bereits eine generelle Unverwertbarkeit iS des § 12 Abs. 1 SGB II vor (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 12; Urteil vom 06.12.2007 - aaO). Maßgebend für die Prognose, dass ein tatsächliches (oder rechtliches)
Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der
sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II (vgl. BSG Urteil vom 27.01.2009 aaO). Für diesen Zeitraum muss im vornherein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten
bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R - FEVS 62, 337ff).
Ausgehend hiervon ist vorliegend zwar zu bemängeln, dass der Beklagte seine Prognoseentscheidung, die Eigentumswohnung des
Klägers sei marktfähig und innerhalb eines halben Jahres verwertbar, nicht dokumentiert hat, so dass der Senat diese in vollem
Umfang hätte überprüfen können. Soweit die rudimentären Überlegungen des Beklagten hierzu nachzuvollziehen sind, bestehen
vor dem Hintergrund, dass auch der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens schlüssige Einwendungen nicht erhoben
hat, aber keine Bedenken, die Annahme des Beklagten zu stützen, die Wohnung des Klägers sei innerhalb eines halben Jahres
in einer Weise zu verkaufen gewesen, dass hinreichend Geldmittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes zur erlösen gewesen wären.
Soweit der Beklagte anlässlich der erstmaligen Aufforderung (Schreiben vom 06.03.2012) den Verkehrswert - unter Hinweis auf
die aktuelle Kaufpreissammlung - mit 93.000,00 EUR beziffert und dingliche Belastungen (zugunsten der A.- Lebensversicherung
AG) in Höhe von (lediglich) 51.000,00 EUR berücksichtigt hat, ist nicht zu beanstanden, dass er aus diesen Angaben, die ihm
allein zur Verfügungen gestanden haben, den Schluss gezogen hat, der Kläger könne sich sein Vermögen zur Sicherung seines
Lebensunterhaltes kurzfristig nutzbar machen. Weitergehende Belastungen waren dem Beklagten nicht bekannt. Insbesondere hat
der Kläger die weiteren dinglichen Belastungen (zugunsten der VR- Bank und der anderen Gläubiger) erst im Rahmen des Klageverfahrens
vorgetragen.
Mögliche Verwertungshindernisse, wie eine Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung, hat der Kläger gegenüber dem Beklagten zu
keinem Zeitpunkt selbst angesprochen, denn diese wurden allein im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen ermittelt. Im Rahmen
des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens (sowie des parallel laufenden Eilverfahrens) hat der Kläger keine substanziellen
Einwendungen gegen die Wertermittlung des Beklagten vorgebracht, sondern lediglich pauschal behauptet, eine Verwertung sei
angesichts des aktuellen Wohnungsmarktes unrealistisch. Unter Beachtung dieser Datenlage ist daher die Auffassung des Beklagten
zu bestätigen, die Wohnung sei - ausgehend vom Zeitpunkt der Aufforderung im März 2012 - innerhalb eines halben Jahres (bzw.
bis spätestens 31.10.2012) verwertbar gewesen. Nach der vom Beklagten zugrunde gelegten Kaufpreissammlung waren in den vorangegangen
Jahren Wohnungen, die mit der Eigentumswohnung des Klägers vergleichbar waren, verkauft worden, so dass ohne weitere Anhaltspunkte
davon ausgegangen werden durfte, auch die Wohnung des Klägers sei marktgängig. Erkenntnisse über tatsächliche Verwertungshindernisse,
insbesondere eine Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung, hatte der Beklagte nicht, und solche Einwendungen hat der Kläger
bis zum Klageverfahren auch nicht geltend gemacht. Zudem hat sich ausgehend von der Kaufpreissammlung für den Beklagten -
wenn auch mit gewissen Unsicherheiten verbunden - abgezeichnet, dass - mangels Kenntnis über wertmindernde Faktoren, die der
Kläger unterlassen hat mitzuteilen - ein Kaufpreis von um die 90.000,00 EUR zu erzielen sein würde, der nach Abzug der bekannten
Verbindlichkeiten (ca. 51.000,00) erwarten ließ, der für den Kläger nach § 12 Abs. 2 SGB II maßgebliche Freibetrag werde erheblich überschritten, womit auch nicht zu erkennen ist, dass die Aufforderung zur Verwertung
- entgegen der Auffassung des Klägers - ins "Blaue hinein" erfolgt wäre. Hierbei war für diese Prognose nicht entscheidend,
ob eine Immobilie tatsächlich binnen sechs Monaten verwertet werden konnte oder der angestrebte Kaufpreis (von 93.000,00 EUR)
zu erzielen war, denn es gehört zum Wesen der Prognose, dass aufgrund feststehender Fakten Schlussfolgerungen für eine künftige
ungewisse Entwicklung gezogen werden. Dabei kommt es nur auf die Umstände an, die zu dem Zeitpunkt erkennbar waren, in dem
die Prognose vorausschauend beurteilt werden musste (vgl. BayLSG, Urteil vom 19.12.2012 - L 7 AS 432/11 - juris mwN). Vorliegend war dies spätestens der Zeitpunkt, zu dem die Bewilligung von Leistungen beantragt war, denn der
Kläger war auf die Leistungen zur Sicherung seiner Existenz (gegebenenfalls im Wege eines Darlehens) angewiesen. Der Beklagte
war daher gehalten, vor diesem Zeitpunkt eine Prognoseentscheidung zu treffen, die er zur Grundlage seiner Bewilligungsentscheidung
zu machen hatte und die es nunmehr allein zu betrachten galt. Soweit nachfolgend durch den Vortrag des Klägers im Klageverfahren
und die gerichtlichen Ermittlungen insbesondere zu eventuellen Verwertungshindernissen weitere Erkenntnisse hinzugetreten
sind, waren auch diese nicht geeignet, die zum 01.05.2012 zu stellende Prognose zu erschüttern. Es kann für das Ergebnis in
der Sache dahinstehen, dass der Beklagte die Wertermittlung in Bezug auf die Eigentumswohnung nur unzureichend durchgeführt
hat, denn auch die Einwendungen des Klägers im gerichtlichen Verfahren haben keinen Hinweis darauf erbracht, dass der Erlös
aus einer Verwertung so gering gewesen wäre, dass er unterhalb des nach § 12 Abs. 2 SGB II maßgeblichen Freibetrages geblieben wäre, auch wenn der vom Beklagten prognostizierte Betrag von ca. 40.000,00 EUR - im Hinblick
auf die weitergehenden dinglichen Belastungen - nicht zu realisieren gewesen wäre. Auch die Einvernahme der Zeugen G., K.
und B. hat keine Hinweise dafür erbracht, dass die Eigentumswohnung aufgrund vorhandener Mängel, insbesondere der Schimmelproblematik,
aus tatsächlichen Gründen auf Dauer oder zumindest für einen nicht absehbaren Zeitraum unverkäuflich gewesen wäre. Sowohl
der Zeuge G. als auch K. haben nachvollziehbar dargelegt, dass ein Schimmelbefall, wie er in der Wohnung des Klägers vorzufinden
war, zwar ein Verkaufshemmnis für eine Wohnung darstellen kann, jedoch kein unüberbrückbares Hindernis, das nicht über die
Höhe des Kaufpreises gelöst werden könnte. Diese Aussagen sieht der Senat auch durch die glaubhaften Angaben der beiden Zeugen
(vgl. hierzu bereits oben) bestätigt, dass dem Kläger noch vor der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens ein Käufer
präsentiert worden war, der bereit gewesen wäre - in Kenntnis des Schimmelbefalles - einen Kaufpreis von 95.000,00 EUR zu
zahlen, wohingegen in renoviertem Zustand ein erheblich höherer Erlös (115.000,00 EUR) zu erzielen gewesen wäre. Im Ergebnis
ist daher auch ein tatsächliches Verwertungshindernis - ausgehend von dem für die Prognosestellung maßgeblichen Zeitpunkt
- nicht zu erkennen, das eine Verwertung der Immobilie innerhalb eines Zeitraumes von einem halben Jahr ausgeschlossen hätte.
Diesbezüglich hatte insbesondere der Zeuge K. bereits anlässlich seiner schriftlichen Befragung durch das SG angegeben, dass sich die Wohnung des Klägers - zumindest im Jahr 2012 - relativ schnell hätte verkaufen lassen, weil er in
diesem Jahr ca. zehn vergleichbare Objekte vermittelt habe. Auch wird diese Prognose nicht einmal durch den tatsächlichen
Geschehensablauf widerlegt, denn nach den Angaben der Zeugen G. und K. wäre ein Käufer bereit gewesen die Wohnung in unrenoviertem
Zustand für 95.000,00 EUR zu erwerben, wobei zwischen den ersten Verwertungsbemühungen des Klägers, die nach seinen Angaben
im Juni 2012 begonnen hätten, und der Beschlagnahme der Wohnung im Dezember 2012, die spätestens das Ende dieser Bemühungen
markiert haben dürfte, lediglich ein halbes Jahr liegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Angebote erst im Jahr 2013 an den Kläger
herangetragen worden wären, gibt es nicht. Zuletzt ist auch der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren - trotz der bekannten
Mängel - unter den für einen Verkäufer ungünstigeren Bedingungen eines Vollstreckungsverfahrens zu einem Wert von 90.000,00
EUR erfolgt, der nur geringfügig unterhalb des geschätzten Verkehrswertes geblieben war.
Im Ergebnis war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 daher auf die zumutbare Verwertung
seines Vermögens zu verweisen, so dass ein Anspruch auf Zahlung von Alg II als Zuschuss nicht besteht. Insoweit ist die Berufung
zurückzuweisen.
Soweit der Kläger mit seinem Hilfsantrag begehrt, der Beklagte sei zu verurteilen, über den Antrag vom 04.05.2012 auf darlehensweise
Erbringung der Leistungen zu entscheiden, ist das Rechtsmittel erfolgreich, denn es handelt sich um eine zulässige Klageänderung,
die auch im Berufungsverfahren noch möglich war (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt,
SGG, 12. Aufl., §
99 Rn. 12 mwN), wobei die geänderte (Untätigkeits-) Klage zulässig und begründet ist.
Gemäß §
99 Abs.
1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich
hält. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagte einer Klageänderung ausdrücklich widersprochen hat, ist in der Sache zu
entscheiden, denn der Senat hält die Änderung der Klage vorliegend für sachdienlich. Der Beklagte hat, trotz seiner offenkundigen
Säumnis diesbezüglich, bislang nicht erkennen lassen, über den Antrag vom 04.05.2012 entscheiden zu wollen, so dass es aus
Gründen der Prozessökonomie und zur Vermeidung weiterer Verfahren zweckdienlich erscheint, bereits jetzt die Frage der Untätigkeit
des Beklagten zu klären.
Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden
worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig (§
88 Abs
1 SGG).
Die Untätigkeitsklage - seit dem Antrag vom 04.05.2012 sind mehr als sechs Monate verstrichen - ist zulässig. Insbesondere
ist ihr ein Rechtsschutzinteresse nicht allein deshalb abzusprechen, weil der Kläger für einen abgelaufenen Zeitraum darlehensweise
Leistungen begehrt, die er ohnehin zurückzuzahlen hätte. Vorliegend sind dem Kläger im Wege einstweiligen Rechtsschutzes für
den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 auf der Grundlage der Beschlüsse des SG vom 06.07.2012 (S 17 AS 558/12 ER) und des LSG vom 14.09.2012 (L 11 AS 533/12 B ER) Leistungen nach dem SGB II zuerkannt, vom Beklagten ausgezahlt und Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet worden. Insoweit ist
dem Kläger ein berechtigtes Interesse nicht abzusprechen, die tatsächlich erhaltenen Leistungen nach einer Rechtskraft der
ablehnenden Entscheidung, Leistungen als Zuschuss zu erhalten, lediglich unter den erleichterten Bedingungen eines Darlehens
zurückzuzahlen. Auch kann der Beklagte nicht damit gehört werden, ein Leistungsanspruch sei auch aus anderen - im vorliegenden
Verfahren nicht relevanten - Gründen ausgeschlossen, weil zwischen dem Kläger und H. eine Bedarfsgemeinschaft bestehe. Hierfür
gibt es weder nach den Feststellungen des SG noch nach denen des erkennenden Senates im Verfahren L 11 AS 589/14 irgendeinen Anhaltspunkt. Die Untätigkeitsklage ist auch begründet, denn der Beklagte hat bislang - obwohl es seine Rechtsauffassung
in Bezug auf die Verwertbarkeit der Wohnung nahegelegt hätte - ohne zureichenden Grund keine Entscheidung über den Antrag
des Klägers vom 04.05.2012 getroffen, es seien ihm nach der Ablehnung von Alg II als Zuschuss höchstvorsorglich - mit anderen
Worten hilfsweise - Leistungen nach dem SGB II als Darlehen zu bewilligen.
Im Ergebnis war daher die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 09.07.2015 zurückzuweisen; der Beklagte war jedoch zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates über
den Antrag des Klägers vom 04.05.2012 auf Bewilligung von darlehensweisen Leistungen zu entscheiden (§
131 Abs.
3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 Abs.
1 SGG und folgt aus dem Ergebnis der Entscheidung, wobei die Kostenquote dem Umstand Rechnung trägt, dass der Beklagte durch die
Art und Weise seiner Sachaufklärung dem Kläger hinreichend Anlass zu Widerspruch und Klage gegeben hat.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.