Krankenversicherung
Rechtmäßigkeit eines aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsbescheides
Pflicht zur hausarztzentrierten Versorgung von Versicherten
Aufgaben der Aufsichtsbehörden
Grundsatz maßvoller Ausübung der Rechtsaufsicht
Bewertungsspielraum der beaufsichtigen Behörde
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsbescheides des Antragsgegners
vom 28.05.2015.
1. Die Klägerin ist eine landesunmittelbare gesetzliche Krankenkasse, die eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte
Versorgung) nach §
73b SGB V im Zusammenwirken mit dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. (BHÄV) ins Werk gesetzt hat. In der Vergangenheit hat die Klägerin
mit dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. mehrere Verträge zur Durchführung der hausärztlichen Versorgung nach §
73b SGB V geschlossen (HzV-Vertrag). Der Vertrag vom 12.02.2009 wurde von der Klägerin gekündigt zum 31.12.2010, der Vertrag vom 13.02.2012
(aufgrund Schiedsspruch) wurde von der Klägerin zum 30.06.2014 gekündigt. In der Folge erzielten die Klägerin und der Bayerische
Hausärzteverband e.V. keine Einigung über den Abschluss eines Vertrages zur hausärztlichen Versorgung, weshalb ein Schiedsverfahren
eingeleitet wurde. Als Schiedsperson setzte die Aufsichtsbehörde nach Landesrecht, das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit
und Pflege (BayStMGP), Herrn Dr. H. K. (Dr. K.) ein. Dieser erließ am 05.05.2014 einen "Teil-Schiedsspruch", mit dem die Fortgeltung
des zum 30.06.2014 gekündigten HzV-Vertrages 2012 bis zum Wirksamwerden eines neuen HzV-Vertrages angeordnet wurde. Hiergegen
hatte die Antragstellerin Klage erhoben zum Sozialgericht München (Az.: S 49 KA 239/14).
2. Mit weiterem Schiedsspruch vom 19.12.2014 setzte Dr. K. aufgrund mündlicher Verhandlungen den Inhalt des Vertrages zur
hausarztzentrierten Versorgung gemäß §
73b SGB V fest. Dieser Vertrag sollte zum 03.03.2015 in Kraft treten und zum 01.04.2015 finanzwirksam werden gemäß § 20 Abs. 3 des
HzV-Vertrages. Der Vertrag blieb durch das BayStMGP unbeanstandet. Die Klägerin hat auch gegen diesen Schiedsspruch Klage
erhoben zum Sozialgericht München (Az.: S 39 KA 228/15). Sie hat dabei zahlreiche Regelungen des Schiedsspruches gerügt wie beispielsweise die Ausgestaltung als Vollversorgungsvertrag,
die Vergütungssystematik, die Einrichtung eines Beirats als internes Streitbeilegungsgremium etc. Mit Schreiben vom 02.03.2015
teilte das BayStMGP der Klägerin und dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. mit, dass es den von Dr. K geschiedsten HzV-Vertrag
nicht beanstanden werde. Nach einer Gesamtwürdigung der Festsetzungen sowie der Gründe des Schiedsspruches sei kein Rechtsverstoß
erkennbar. Gleichwohl bestand zwischen den Vertragsparteien weiterhin Uneinigkeit über die Rechtmäßigkeit des geschiedsten
HzV-Vertrages. Das BayStMGP bemühte sich in mehreren moderierten Gesprächen, eine Einigung der Vertragsparteien herbeizuführen
im Hinblick auf noch zu vereinbarende oder anzupassende Anlagen des Vertrages. Es fanden zur Umsetzung der hausarztzentrierten
Versorgung und der vertraglichen Regelungen dazu zwischen der Klägerin und dem BHÄV zahlreiche strukturierte und in Bezug
auf eine lückenlose Fortsetzung der hausarztzentrierten Versorgung ziel- sowie lösungsbezogene Besprechungen statt in den
Räumlichkeiten des BayStMG, auch unter Beteiligung der Leitung des Hauses. Zum Inhalt des Gespräches zwischen Frau Staatsministerin
H., dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin und dem Vorsitzenden des BHÄV am 09.03.2015 wird hinsichtlich der Position der
Klägerin auf Bl. 94 - 103 der Beklagtenakten, welche der Klägerin vollumfänglich im vorbereitenden Verfahren der Berufung
zur Einsicht vorgelegen haben, Bezug genommen gemäß §
136 Abs.
2 SGG. Zur dort verabredeten Delegation und weiterem Vorgehen erfolgt Bezugnahme auf Bl. 111 Beklagtenakten, hinsichtlich der Position
des BHÄV auf Bl. 139 - 150. Am 11.03.2015 fand ein weiteres Gespräch auf Fachebene statt, zum Inhalt wird Bezug genommen auf
den Vermerk auf Bl. 1320 und 1321 der Beklagtenakten. Zur Position der Klägerin danach, einschließlich der Ablehnung der Maximalposition
des BHÄV sowie des eigenen Interimsangebotes wird auf das Schreiben der Klägerin vom 13.03.2015, Bl 112, 113 der Beklagtenakten
Bezug genommen; zum Gesprächsverlauf aus Sicht der Klägerin erfolgt Bezugnahme auf Bl. 115. Zum Gespräch vom 16.03.2015 wird
Bezug genommen auf den Vermerk auf Bl. 1295 und 1296 der Beklagtenakten, zu dem danach abweichenden Vorschlag der Klägerin
erfolgt Bezugnahme auf Bl. 116, 117 der Beklagtenakten. Sodann wurde nach Schriftwechsel der Positionen am 27.03.2015 in einem
Spitzengespräch mit Frau Staatsministerien H. und dem Vorsitzenden des BHÄV mit den Verwaltungsratsvorsitzenden der Klägerin
persönlich eine konkrete Lösung für das 2. und 3. Quartal 2015 vereinbart, wobei der Zeitraum von sechs Monaten dazu genutzt
werden sollte, noch streitige Fragen einer Klärung zuzuführen und ggf. Vertragsanpassungen vorzunehmen. Dieser Übergangslösung
stimmte der BHÄV in einem Telefongespräch vom 28.03.2015 gegenüber dem BayStMGP grundsätzlich zu. Insoweit wird auf das Bestätigungsschreiben
der Amtschefin des BayStMGP gemäß Bl. 157, 158 Bezug genommen. Jedoch rückte die Klägerin von der so im Verhandlungs- und
Gesprächswege mit der Aufsichtsbehörde gefundenen sowie vom Vertragspartner akzeptierten Lösung mit Schreiben vom 30.03.2015
wieder ab und unterbreitete unter dem 31.03.2015 einen Gegenvorschlag, der aber im Wesentlichen ihre ursprünglichen Positionen
wieder aufnahm; insoweit erfolgt Bezugnahme auf Bl. 161, 162 der Beklagtenakten.
Auch das folgende Bemühen des BayStMGP um Realisierung der hausarztzentrierten Versorgung, namentlich das rechtsaufsichtliche
Beratungsschreiben vom 22.04.2015 (Bezugnahme: Bl. 204 - 208), blieb erfolglos. Weil es die Klägerin weiterhin ablehnte, den
geschiedsten HzV-Vertrag umzusetzen, erließ das BayStMGP am 28.05.2015 per zugestelltem Telefax einen aufsichtsrechtlichen
Verpflichtungsbescheid gegenüber der Klägerin nach §
89 Abs.
1 Satz 2
SGB IV und sprach darin folgende Verpflichtung aus:
1. Die AOK Bayern wird verpflichtet, den von Herrn Dr. K. geschiedsten Vertrag zur Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung
vom 19.12.2014 zwischen dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. und der AOK rückwirkend ab dem 01.04.2015 in Vollzug zu setzen.
2. Die sofortige Vollziehung der vorstehenden Ziffer 1 wird angeordnet.
Hiergegen hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben und zugleich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende
Wirkung der Klage herzustellen (Az.: L 5 KR 243/15 KL ER). Parallel dazu hat die Klägerin gegenüber dem BHÄV die Außerkraftsetzung des Schiedsspruchs, hilfsweise die Feststellung
der Nichtverpflichtung zur Umsetzung des Schiedsspruches im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Mit Beschluss vom
24.06.2015 (Az.: S 21 KA 620/15 ER) hat das Sozialgericht festgestellt, dass zwischen der Klägerin und dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. mangels Festsetzung
der wesentlichen Vertragsinhalte, insbesondere des Anhangs 1 zur Anlage 3 zum Vertrag vom 19.12.2014, ein gültiger Vertrag
zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung nicht bestehe, zu dessen Umsetzung die Klägerin verpflichtet wäre. Der
HzV-Vertrag sei nach summarischer Prüfung unwirksam, da zu der festgesetzten Vergütung keine eindeutig bestimmte oder bestimmbare
Gegenleistung festgelegt sei. Der Schiedsspruch vom 19.12.2014 stelle sich nach dem von den Beteiligten unterbreiteten Sachverhalt
als ein Teil-Schiedsspruch dar, mit dem nur - wenn auch große - Teile eines neuen HzV-Vertrages festgesetzt würden. Es sei
nämlich nicht bestimmbar, welche Leistungen der teilnehmenden Hausärzte durch die in der Anlage 3 festgesetzten Vergütungen
abgegolten seien, insbesondere auch, ob die Klägerin verpflichtet sei, die von den teilnehmenden Hausärzten erbrachten Leistungen
aus Disease-Management-Programmen außerhalb der hausarztzentrierten Versorgung über eine Abrechnung mit der Kassenärztlichen
Vereinigung Bayern zu vergüten oder ob diese Leistungen bereits Gegenstand der in Anlage 3 festgesetzten Vergütung seien und
damit auch der Vergütungsobergrenze in § 15 Abs. 1 HzV-Vertrag unterfallen würden. Dadurch bestehe die Gefahr einer möglichen
Doppelabrechnung. Auf die Beschwerde des BHÄV hat das Bayer. Landessozialgericht mit Beschluss vom 05.10.2015 (L 12 KA 83/15 B ER) den Beschluss des Sozialgerichts aufgehoben, soweit es dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben hatte. Nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.03.2015, B 6 KA 9/14 R) sei grundsätzlich auch ein unvollständiger Vertragstorso zulässig, so dass es der Rechtmäßigkeit des Vertrages nicht entgegenstehe,
wenn einzelne Vertragsdetails einer weiteren Konkretisierung und Ergänzung bedürfen. Ausschlaggebend sei allein, ob der vorliegende
Vertrag in der konkreten Form umgesetzt werden könne, was nach summarischer Prüfung bejaht werde. Die Klägerin hat daraufhin
den Eilantrag im Verfahren L 5 KR 243/15 KL ER zurückgenommen und den hier streitgegenständlichen Schiedsspruch ins Werk gesetzt.
3. Mit der vorliegenden Klage wendet sich die Klägerin gegen den aufsichtlichen Bescheid des Beklagten vom 28.05.2015 und
macht geltend, dass sie keine Rechtsverletzung begangen habe, welche eine rechtsaufsichtliche Maßnahme rechtfertigen könnte.
Der Schiedsspruch von Dr. K. vom 19.12.2014 zur Festsetzung eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung sei unwirksam,
faktisch nicht vollzugsfähig und zudem in zentralen Festsetzungen offensichtlich unbillig. Die Frage der Rechtmäßigkeit des
Schiedsspruchs sei ausschließlich im bilateralen Verhältnis zwischen der Antragstellerin und dem BHÄV als Vertragspartner
eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zu klären. In dieses Rechtsverhältnis greife der Beklagte durch den streitgegenständlichen
Bescheid in unzulässiger Weise ein und führe zudem eine Schwächung der Klägerin in ihrer Verhandlungspostition gegenüber dem
BHÄV herbei. Die Nichtumsetzung des HzV-Vertrages 2015 sei schon deshalb nicht als Rechtsverletzung anzusehen, da vielmehr
die Umsetzung eine Rechtsverletzung darstellte. Ein vertragsloser Zustand sei per se keine Rechtsverletzung. Zudem habe der
Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid seine Kompetenzen als Rechtsaufsicht überschritten. Insbesondere sei es nicht
Aufgabe der Aufsichtsbehörde, über die Rechtmäßigkeit eines durch Schiedsspruch festgesetzten HzV-Vertrages zu befinden. In
der Selbstverwaltung sei es Aufgabe der Aufsicht, unter Wahrung der Selbstverwaltungshoheit der Sozialversicherungsträger
die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Pflichten sowie die Gesetzmäßigkeit ihres Handelns sicherzustellen.
Auch sei gegen das Gebot der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht verstoßen worden. Schließlich sei eine rückwirkende Anordnung
der sofortigen Vollziehung nicht möglich.
Der Beklagte hat erwidert, dass die Klägerin verpflichtet sei, ihren Versicherten die sogenannte hausarztzentrierte Versorgung
anzubieten. Der aufsichtsrechtlichen Beurteilung des Vertrages als solcher komme in diesem Zusammenhang keine eigenständige
Bedeutung zu, denn eine aufsichtsrechtliche Beanstandung würde den HzV-Vertrag weder automatisch außer Kraft setzen noch wäre
die Aufsichtsbehörde zu einer eigenständigen Abänderung der Vertragsinhalte berechtigt. Nachdem das Bayerische Landessozialgericht
mit Beschluss vom 05.10.2015 rechtskräftig festgestellt habe, dass - jedenfalls vorläufig bis zu einer Entscheidung in der
Hauptsache - von einem rechtmäßigen vollziehbaren Schiedsspruch und damit HzV-Vertrag zwischen den Vertragsparteien auszugehen
sei, könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass der geschiedste Vertrag nicht vollziehbar gewesen sei. Der Beklagte
habe daher die Klägerin keineswegs zu einer "unmöglichen Handlung" veranlasst. In seiner Vorgehensweise habe sich der Beklagte
strikt an das vorgegebene Stufenverhältnis gehalten und erst dann eine aufsichtliche Maßnahme ergriffen, als alle zuvor in
die Wege geleiteten Vermittlungsgespräche und Aufforderungen sich als nicht zielführend erwiesen hätten.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 den streitgegenständlichen Bescheid vom 28.05.2015 insoweit
teilweise zurückgenommen, als dort die Invollzugsetzung für die Zeit vor Bekanntgabe des Bescheides bestimmt ist.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 28.05.2015 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 28.05.2015 rechtswidrig
war, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Zur Ergänzung des
Tatbestandes wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in der Gestalt einer Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich. Der Bescheid
des Beklagten vom 28.05.2015 ist nach der Rücknahme der Anordnung der rückwirkenden Vollziehung im noch streitgegenständlichen
Umfang rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1. Die sachliche Zuständigkeit des Bayer. Landessozialgerichts folgt aus §
29 Abs.
2 Nr.
2 SGG in der seit dem 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des
SGG vom 26.03.2008 (Bundesgesetzblatt I S. 444). Es handelt sich hier um eine Aufsichtsangelegenheit gegenüber einem Träger der Sozialversicherung, die Klägerin ist Trägerin
der gesetzlichen Krankenversicherung (§
1 Abs.
1 Satz 1
SGB IV i.V.m. §§
4 Abs.
2,
167 SGB V).
Der 5. Senat des Bayer. Landessozialgerichts ist der gesetzliche Spruchkörper, denn ihm ist im Geschäftsverteilungsplan die
Zuständigkeit zugewiesen für Klagen nach §
29 Abs.2 Nr. 2
SGB V in Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung, bei denen die Aufsicht von einer Landes-
oder Bundesbehörde ausgeübt wird. Dazu zählt die hier auf §
87 Abs.
1 SGB V beruhende Rechtsaufsichtsmaßnahme, für welche die Zuständigkeit gem. §
90 Abs.
2 SGB IV dem nicht selbst rechtsfähigen BayStMGP als oberster Verwaltungsbehörde des Freistaats Bayern für das Gesundheitswesen einschließlich
der gesetzlichen Krankenversicherung zugewiesen ist.
2. In Bezug auf den Verpflichtungsbescheid vom 28.05.2015 ist Erledigung eingetreten, weil die Klägerin den von Dr. K geschiedsten
Vertrag - jedenfalls überwiegend - mittlerweile auch finanzwirksam in Vollzug gesetzt hat. Damit ist die Klage als zulässige
Fortsetzungsfeststellungsklage i.S.v. §
131 Abs.
1 S. 3
SGG gegen den Verpflichtungsbescheid vom 28.05.2015 zu qualifizieren. Die Klägerin macht als berechtigtes Interesse iSd §
131 Abs.
1 S. 3
SGG eine Verletzung ihrer Selbstverwaltungsrechte geltend, weil die Anordnung des Beklagten rechtswidrig gewesen sei da sie das
Aufsichtsrecht überschritten habe. Das Feststellungsinteresse begründet sich zudem darin, dass sich vergleichbare Konflikte
auch in Zukunft wieder einstellen können, also Wiederholungsgefahr (vgl. BSG 25.01.2017 - B 6 KA 2/16 R, Rn. 17 - zitiert nach [...]) geltend gemacht werden kann, denn die hausarztzentrierte Versorgung erweist sich als konfliktträchtig
(vgl. auch BSG 08.09.2015 - B 1 KR 19/15 B, Rn. 8 - zitiert nach [...]).
3. Ausgangspunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung des angefochtenen Verpflichtungsbescheides, also der gerichtlichen Rechtskontrolle
der Rechtskontrolle der Selbstverwaltung ist §
89 Abs.
1 SGB IV i.V.m. §
87 Abs.1 Satz 1
SGB IV. Danach unterliegen die Versicherungsträger der staatlichen Rechtsaufsicht. Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines
Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger
die Rechtsverletzung behebt (§
89 Abs.
1 S. 1
SGB IV). Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger
verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben (§
89 Abs.
1 S. 2
SGB IV). Geregelt ist somit ein zeitlich und in seiner Intensität abgestuftes Verfahren, welches Aufsichtsanordnungen erst nach
mehrfachen Hinweisen, Fristsetzungen zur Behebung der Rechtsverletzung, erfolglosen Aufforderungen und Beratung zulässt (BSG, Urteil vom 31.05.2016, B 1 A 2/15 R, Rn. 8ff, zitiert nach [...]). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, weil der Beklagte den angefochtenen
Bescheid unter Beachtung des aufsichtsrechtlichen Prüfungsmaßstabs einer Rechtsverletzung ermessensfehlerfrei erlassen hat.
a) Die Klägerin ist nach §
73 b Abs.
1 SGB V gesetzlich verpflichtet, ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung anzubieten (zur konfliktreichen Entwicklungsgeschichte
der Norm vgl. Adolf in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 3. Aufl. 2016, §
73b SGB V). Dazu muss die Klägerin gem. §
73b Abs.
4 S. 1
SGB V zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach §
73 b Abs.
1 SGB V Verträge mit den dort genannten Gemeinschaften schließen, in Bayern mit dem BHÄV als vorrangiger Vertragspartner laut Bescheid
des BayStMGP vom 19.12.2013.
Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin der gesetzlichen Pflicht zur hausarztzentrierten Versorgung ihrer Versicherten
nicht mehr nachgekommen war. Sie hatte den entsprechenden Vertrag vom 13.02.2012 zum 30.06.2014 gekündigt. Eine Nachfolgeregelung
stand jedenfalls im hier zuletzt gegenständlichen Zeitraum ab Bekanntgabe des Bescheides vom 28.05.2015 nicht zur Verfügung,
weil die Klägerin den Schiedsspruch vom 19.12.2014 des Dr. K. zur hausarztzentrierten Versorgung gem. §
73b SGB V weder zum vorgesehenen Zeitpunkt 03.03.2015 anerkannt und umgesetzt hatte, noch zum 01.04.2015 gemäß § 20 Abs. 3 des Vertrages
finanzwirksam hatten werden lassen. Dadurch war es weder den Versicherten noch den ärztlichen Leistungserbringern möglich,
mit ausreichender Sicherheit die hausarztzentrierte Versorgung in Anspruch zu nehmen bzw. die ärztlichen und sächlichen Mittel
bereitzuhalten und zur Verfügung zu stellen.
b) Zur Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht ist der Beklagte entsprechend dem gesetzlichen Verfahrensrecht vorgegangen. Der
Erlass des Aufsichtsbescheides ist in dem erforderlichen abgestuften Verfahren erfolgt (BSG, Urteil vom 26.06.1996 - 8 RKn 32/95).
Insoweit ist die vorherige Durchführung einer Beratung grundsätzlich Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Verpflichtungsanordnung.
Diese hat Vorrang vor dem Erlass eines Verpflichtungsbescheides (BSG, Urteil vom 20.06.1990 - 1 RR 4/89) und erfordert eine Darlegung der dem Versicherungsträger möglichen Maßnahmen, mit denen er in rechtlich zulässiger Weise
die nach Meinung der Aufsichtsbehörde vorliegende Rechtsverletzung beheben kann (vgl. Engelhart in [...] PK-
SGB IV, 2. Auflage 2011, §
89 SGB IV, Rdnr. 43 m.w.N.). Aus ihrer Verpflichtung zu kooperativem Verhalten gegenüber den Versicherungsträgern als Selbstverwaltungskörperschaften
folgt außerdem, dass die Aufsichtsbehörde im Zusammenwirken mit dem Versicherungsträger und nicht gegen ihn nach einer sachgerechten
und dem Gesetz entsprechenden Lösung etwaiger Rechtskonflikte zu suchen hat und sich insbesondere nicht zu ihrem eigenen vorangegangenen
Verhalten in Widerspruch setzen darf (Engelhart, a.a.O., Rdnr. 47 m.w.N.).
Der Beklagte hat diesen Anforderungen genügt. Wie sich aus der sowohl vom Beklagten als auch von der Klägerin vorgelegten
umfangreichen Dokumentation ergibt, hat der Beklagte vor Erlass des Verpflichtungsbescheides zahlreiche Schreiben mit konkret
gegenstandsbezogenen Ausführungen an die Klägerin gerichtet (u.a. vom 02.03.2005, 10.04.2015). Es fanden zur Umsetzung der
hausarztzentrierten Versorgung und der vertraglichen Regelungen dazu zwischen der Klägerin und dem BHZV zahlreiche strukturierte
und ziel- sowie lösungsbezogene Gesprächstermine zur lückenlosen weiteren Sicherstellung der gesetzlich gebotenen Sicherstellung
der hausarztzentrierten Versorgung statt in den Räumlichkeiten des BayStMG unter Beteiligung der Spitzen der Klägerin, des
BHÄV sowie des BayStMG, der Ministerialdirektorin (u.a. am 09.03.2015, 16.03.2015, 27.03.2015). Dort wurden jeweils die gegenseitigen
Positionen der Klägerin und des BHÄV ausgetauscht sowie Lösungswege ohne aufsichtsrechtliches Eingreifen auf Verhandlungsbasis
u.a. auch für eine Übergangszeit zur Erlangung von Verhandlungszeit und -spielraum für dauerhafte Lösungen konkret ausgelotet.
Insbesondere wurde im Spitzengespräch vom 27.03.2015 mit den Verwaltungsratsvorsitzenden der Klägerin persönlich eine konkrete
Lösung für das 2. und 3. Quartal 2015 vereinbart, wobei der Zeitraum von sechs Monaten dazu genutzt werden sollte, noch streitige
Fragen einer Klärung zuzuführen und ggf. Vertragsanpassungen vorzunehmen. Dieser Übergangslösung stimmte der BHÄV in einem
Telefongespräch vom 28.03.2015 gegenüber dem BayStMGP grundsätzlich zu. Jedoch rückte die Klägerin von der so im Verhandlungs-
und Gesprächswege mit der Aufsichtsbehörde gefundenen sowie vom Vertragspartner akzeptierten Lösung mit Schreiben vom 30.03.2015
wieder ab. Zugleich unterbreitete die Klägerin dort einen anderen Vorschlag, welcher aber im Wesentlichen ihre ursprünglichen
Positionen wieder aufnahm und beinhaltete. Das weitere, der aufsichtsrechtlichen Schritt- und Stufenfolge entsprechende Vorgehen
des BayStMGP wie namentlich das Ausgangspunkte benennende, die Situation beschreibende und Lösungen sowie Alternativen aufzeigende
Beratungsschreiben vom 22.04.2015 bewegten die Klägerin nicht dazu, den geschiedsten Vertrag umzusetzen. Auch die Erörterung
der Rechtslage mit Frau Staatsministerin H. in der Verwaltungsratssitzung der Klägerin vom 12.05.2015 vermochte deren ablehnende
Haltung nicht zu ändern. Weil diese Vorgehensweise den rechtswidrigen Zustand der fehlenden hausarztzentrierten Versorgung
nicht hatte beseitigen können, war als Folge der streitgegenständliche Verpflichtungsbescheid als letzte noch nicht ausgeschöpfte
Handlungsmöglichkeit die veranlasste aufsichtliche Maßnahme iSd Verfahrensanforderungen des §
89 SGB V.
Insoweit bestand kein Recht des Beklagten, vor dem Verpflichtungsbescheid oder an dessen Stelle eine alternative Lösung selbst
zu bestimmen. Denn in diesem Falle hätte der Beklagte zumindest inzident die Zweckmäßigkeit des geschiedsten Vertrages mit
der eigenen Alternativlösung abgewogen. Dann aber wären die Grenzen der Rechtskontrolle überschritten und eine Zweckmäßigkeitskontrolle
erfolgt. Dies wäre dann der Fachaufsicht zuzuordnen, nicht aber der allein im Gesetz zugelassenen Rechtsaufsicht.
c) Der Beklagte hat sich bei Erlass des strittigen Verpflichtungsbescheides nach §
89 Abs.
1 Satz 2
SGB IV auf die Mittel der Rechtsaufsicht beschränkt.
Die Aufsichtsbehörden haben darüber zu wachen, dass die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung - wie die Klägerin - die
Gesetze und das sonstige für sie als Versicherungsträger maßgebende Recht beachten (§
87 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Zudem muss die Aufsichtstätigkeit des Beklagten dem Selbstverwaltungsrecht der Klägerin als Träger mit Selbstverwaltung
Rechnung tragen. Dabei ist zu beachten, dass der eigenverantwortliche Vollzug einer detaillierten Sozialgesetzgebung zum wesentlichen
Kompetenzbereich der Selbstverwaltung zählt. Deshalb ist es einer Aufsichtsbehörde auch verwehrt, ihre Rechtsauffassung an
die Stelle derjenigen der beaufsichtigten Körperschaft zu setzen, sofern Rechtsfragen zum Anlass einer Beanstandung genommen
werden, die bislang weder das Gesetz noch die Rechtsprechung in eindeutiger Weise beantwortet haben. Ein rechtmäßiges aufsichtsrechtliches
Einschreiten erfordert daher, dass der Beklagte zu Recht davon ausgehen durfte, dass die Klägerin mit ihrem Handeln Rechtsverstöße
begangen hat. Der Grundsatz maßvoller Ausübung der Rechtsaufsicht gebietet es über die dargestellte Verfahrensabstufung hinaus,
dass es in diesem Zusammenhang bei einem gewissen Bewertungsspielraum der beaufsichtigten Behörde bleibt. Der Bewertungsspielraum
der beaufsichtigen Behörde endet erst dort, wo gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen wird, die diesen Spielraum
einengen oder ausschließen. Nur eine entsprechende Grenzüberschreitung stellt eine Rechtsverletzung dar iSv §
89 SGB IV. Bewegt sich jedoch das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren, sind
förmliche Aufsichtsmaßnahmen, die dieses beanstanden, rechtswidrig (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1a 1/03 R).
Ein solcher Fall des rechtlich noch Vertretbaren liegt jedoch in dem hier streitigen Verfahren nicht vor. Die Klägerin hatte
die ihr zustehenden Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten und gegen geltendes Recht verstoßen. Insbesondere hat die
Klägerin gegen ihren Sicherstellungsauftrag aus §
72 i.V.m. §
73 b Abs.
1 SGB V verstoßen, indem sie durch die Weigerung, den geschiedsten HzV-Vertrag zu vollziehen, die Leistungsansprüche ihrer Versicherten
auf eine hausarztzentrierte Versorgung ins Leere laufen ließ. Dies steht vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in Bayern
die Krankenkasse mit der größten Mitgliederzahl ist und durch das Verhalten der Klägerin Millionen Versicherte ihren Anspruch
auf hausarztzentrierte Versorgung faktisch nicht wahrnehmen konnten.
Zugleich war es wegen des Fehlens und der Unsicherheit der finanziellen Absicherung auf Seiten der Hausärzte zu der Situation
gekommen, dass diese den Patienten ihre Leistung anbieten mussten, die Refinanzierung dieser Vorleistung aber gleichsam nicht
gesichert war. Denn die entsprechende Vergütung ist gem. §
73b Abs.
4 SGB V Vertragssache, von der vertragsärztlichen Gesamtvergütung gem. §
85 SGB V nicht umfasst und somit auch weder gedeckt noch abdeckbar.
d) Zu Unrecht wendet die Klägerin ein, der geschiedste Vertrag sei lückenhaft, weshalb er nicht vollzogen werden könne.
aa) Nachdem die Klägerin mit dem BHÄV keine Einigung erzielt hatte, wurde durch die Schiedsperson der HzV 2015 erarbeitet,
der durch das BayStMGP rechtsaufsichtlich geprüft und nicht beanstandet wurde. Dieser geschiedste Vertrag ist zum 01.04.2015
in Kraft getreten und damit von der Klägerin zu vollziehen. Der dazu ergangene, streitgegenständliche Bescheid hat die Klägerin
nicht verpflichtet, einen rechtswidrigen Vertrag zu vollziehen. Der streitgegenständliche Schiedsvertrag begegnete im einstweiligen
Rechtsschutz keinen erheblichen rechtlichen Bedenken (Bayer. LSG, Beschluss vom 05.10.2015, L 12 KA 83/15 B). Die von der Schiedsperson getroffenen Regelungen sind insbesondere hinsichtlich der Vergütung und der Einrichtung eines
Beirates nicht rechtswidrig. Mit Hilfe der gebotenen Auslegung des Vertrages ist es nämlich möglich, den Vertragsinhalt näher
zu erschließen und ihm damit zur Durchführbarkeit zu verhelfen. Hierzu ist im Beschluss vom 05.10.2015, L 12 KA 83/15 B dargelegt: "Insbesondere hat die Schiedsperson die essentialia negotii des Schiedsvertrages in gerade noch ausreichendem
Maße festgesetzt. [ ...] ... der festgesetzten Vergütung in Form der Pauschale P2 und der kontaktabhängigen Grundpauschale
für die hausärztliche Betreuung onkologisch erkrankter Patienten (Onkologie-Pauschale) [steht] eine eindeutig bestimmte bzw.
bestimmbare Gegenleistung gegenüber und [wurde] von der Schiedsperson weitestgehend festgesetzt ... Aus dem Zusammenspiel
[der] Vorschriften ist im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu erkennen, dass der Anhang 1 zur Anlage 3 über die
Fortgeltung der im Anlagenverzeichnis entsprechend gekennzeichneten Anlagen und damit auch des HzV-Ziffernkranzes 2012 durch
die Schiedsperson festgesetzt wurde. Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist eine Regelungslücke in einem
regelungsbedürftigen Punkt der vertraglichen Regelung (st. Rspr., vergleiche nur BGH, Urteile vom 04.12.2014 - VII ZR 4/13, BauR 2015, 527 Rn. 27 = NZBau 2015, 84 und vom 15.11.2012 - VII ZR 99/10, BauR 2013, 236 Rn. 15 mwN - [...]). Hierfür genügt nicht jeder offengebliebene Punkt eines Vertrages. Eine durch ergänzende Vertragsauslegung
zu füllende Lücke ist vielmehr nur dann zu bejahen, wenn die von den Parteien vereinbarte Regelung eine Bestimmung vermissen
lässt, die erforderlich ist, um den ihr zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen ( ...). Ohne die gebotene
Vervollständigung darf eine angemessene interessengerechte Lösung nicht zu erzielen sein ( ...). Die Regelungslücke ist hier
darin zu sehen, dass die Anlage 1 zu Anhang 3 nicht ausdrücklich von der Schiedsperson festgesetzt wurde, sondern nach § 23
Abs. 7 HzV-Vertrag 2015 die "Leistungsbeschreibung gemäß EBM-Ziffernkranz" anzupassen ist. Damit hat die Schiedsperson angeordnet
bzw. anordnen wollen, dass der Anhang 1 zu Anlage 3 Hz-Vertrag 2012 im HzV-Vertrag 2015 in entsprechend modifizierter Form
vorläufig weiter verwendet werden soll. Die EBM-Ziffern, die von der neuen HzV-Vergütungsposition erfasst werden, werden dem
angepassten HzV-Ziffernkranz zugeordnet und im Rahmen der hausärztlichen Versorgung abgerechnet und vergütet. Die Regelungslücke
ist also aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 HzV-Vertrag 2015 zu schließen, indem Vergütungspositionen, die in der neuen Vergütungsanlage
3 HzV-Vertrag 2015 abweichend von der Vergütungsanlage des HzV-Vertrages 2012 geregelt wurden, im Ziffernkranz (Anhang 1)
entsprechend anzupassen sind. Die Anpassung erfolgt dann anhand der von der Schiedsperson festgesetzten Vergütungsanlage 3.
Damit sind Leistung und Gegenleistung des HzV-Vertrages 2015 bestimmt, jedenfalls bestimmbar, zumal der HzV-Vertrag 2012 ebenfalls
als Vollversorgervertrag der Struktur des HzV-Vertrages 2015 entspricht. Durch den dynamischen Verweis in Anhang 1 zu Anlage
3 unterliegt diese Anlage auch während der Laufzeit des Vertrages ständigen Anpassungen aufgrund von Änderungen im EBM, so
dass auch eine Fortgeltung unter Anpassung zu Beginn des Vertrages zumindest als rechtlich vertretbar erscheint. Durch die
Anordnung der Fortgeltung des HzV-Ziffernkranzes 2012 als HzV-Ziffernkranz 2015, gegebenenfalls in anzupassender Form, sind
demnach die Leistungen bestimmt, die der teilnehmende Hausarzt nicht gegenüber der KVB abrechnen kann. Die Modifizierung des
HzV-Ziffernkranzes 2012 ergibt sich deshalb für die vorübergehende Fortgeltung aus den in Anlage 3 zum HzV-Vertrag 2015 festgesetzten
Leistungs- und Vergütungsvorgaben. Einer modifizierten Fortgeltung des HzV-Ziffernkranz 2012 steht nicht entgegen, dass die
Honoraranlage Ziffer 3 des HzV-Vertrages 2015 von der Honoraranlage 3 des HzV-Vertrages 2012, deren Anhang 1 fortgelten soll,
abweicht. Dies ergibt sich auch aus der Wortwahl des § 23 Abs. 7 KZV-Vertrag, wonach die Leistungsbeschreibung gemäß EBM-Ziffernkranz
"anzupassen", nicht aber neu zu vereinbaren ist. Denn nach der Systematik des EBM-Ziffernkranzes in Verbindung mit der Honoraranlage
ist zumindest bestimmbar, welche EBM- Ziffern von welcher Leistungsposition der Anlage 3 HzV-Vertrag 2015 erfasst sind. Der
im Schiedsspruch genannte Modifizierungsbedarf ergibt sich allein daraus, dass die Schiedsperson Einzelleistungen, die in
der Honoraranlage 3 HzV-Vertrag 2012 vorgesehen waren, in der Honoraranlage 3 zum HzV-Vertrag 2015 gestrichen hat. Dies hat
zur Folge, dass die EBM-Ziffern, die diesen Einzelleistungen zugeordnet waren, nun in die Pauschalen (z. B. Kontaktabhängige
Grundpauschale P2) fallen und nicht mehr als Einzelleistungen gesondert abrechenbar sind. Dies zeigt sich auch darin, dass
die Grundpauschale P2 deutlich erhöht wurde. Durch die Anordnung der Fortgeltung des EBM-Ziffernkranzes 2012 bleiben sie aber
Bestandteil des HzV-Vertrages." (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 05.10.2015 - L 12 KA 83/15 B ER, Rn. 112, zitiert nach [...]). Diese Ausführungen sind zwar im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes ergangen, sie sind
gleichwohl in Bezug auf den vorliegenden Streitgegenstand stichhaltig und überzeugend, so dass sich dem der Senat anschließt.
bb) Auch liegt kein unvollständiger Vertrag vor. Denn zum einen steht der Klägerin in Ausübung ihrer Selbstverwaltungsautonomie
nach wie vor der Weg offen, mit dem BHÄV in Verbindung zu treten, um diesbezüglich eine Einigung zu erzielen. Zu beachten
ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Klägerin gesetzlich verpflichtet ist, entsprechende Verträge nach §
73b SGB V zur Durchführung der hausärztlichen Versorgung zu schließen. Der hier streitgegenständliche Schiedsspruch ist nur deswegen
erfolgt, weil es der Klägerin - keineswegs zum ersten Mal - nicht gelungen ist, eine einvernehmliche Regelung mit dem BHÄV
zu treffen. Der nunmehr erlassene Schiedsspruch lässt - das Autonomieprinzip der Selbstverwaltung beachtend und zugleich betonend
- in rechtlich zulässiger Weise weiterhin Raum für ergänzende Regelungen und ist als solches nach seinem derzeitigen Inhalt
entgegen der Auffassung der Klägerin vollziehbar sowie finanzwirksam umsetzbar, wie das Bayerische Landessozialgericht im
o.g. Beschluss überzeugend ausgeführt hat (aaO, Rn. 110). Auch insoweit schließt sich dem der Senat an. Der Nichtvollzug durch
die Klägerin stellt mithin eine Verletzung von §
73 b SGB V dar, die von der Aufsichtsbehörde ein Einschreiten erforderte.
cc) Zu beachten ist, dass die gerichtliche Rechtskontrolle der Rechtskontrolle der Selbstverwaltung in vorliegenden Falle
des streitauslösenden Schiedsspruches des Dr. K nicht dazu führen darf, dass eine eingehendere Kontrolle stattfindet als im
Verfahren der gerichtlichen Prüfung des Schiedsspruches selbst. Dort unterliegt die Entscheidung der Schiedsperson nach §
73b Abs.
4a SGB V nur der Prüfung, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden
rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Es ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten
Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe
für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf,
ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten
hat, d. h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (Bayer. LSG, Urteil vom 14.09.2016 - L 12 KA 149/14, Rn. 71 mwN - zitiert nach, [...]). Dieser Maßstab der direkten gerichtlichen Kontrolle darf im Rahmen der vorliegenden inzidenten
Kontrolle nicht umgangen werden mit der Folge, dass die gesetzliche Schiedsamtslösung und damit die Selbstverwaltungsautonomie
der gesetzlichen Krankenkassen entwertet werden. Deshalb treten Mängel in der Begründung des Schiedsspruches des Dr. K. gegenüber
der dargestellten, durchaus möglichen Lösung durch Auslegung zurück.
4. Der Einwand der Klägerin ist nicht stichhaltig, die strittige Aufsichtsmaßnahme schwäche ihre Verhandlungsposition gegenüber
dem BHÄV. Denn die Aufsichtsmaßnahme begegnet wie dargelegt keinen rechtlichen Einwänden und wird von dem Ziel getragen, die
Pflicht zur hausarztzentrierten Versorgung durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin die Maßnahme hinzunehmen.
5. Der rückwirkende Sofortvollzug des Bescheides ist in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 zurückgenommen worden. Die
Anordnung des Sofortvollzuges mit Wirkung für die Zukunft ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und mit Blick auf den
Sicherstellungauftrag der Klägerin und den bereits eingetretenen Zustand, der die Versicherten und auch die Leistungserbringer
ohne eine hausarztzentrierte Versorgung zurückließ, erforderlich, maßvoll und angemessen.
Somit ist zusammenzufassen: Der Beklagte erließ durch das BayStMGP am 28.05.2015 einen aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsbescheid
gemäß §
89 Abs.
1 Satz 2
SGB IV mit der Verpflichtung zur Umsetzung des geschiedsten Vertrages. Gegen diesen Bescheid bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Daher ist die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
1 VwGO. Die Rücknahme des Sofortvollzuges für die Zeit vom 01.04.2015 bis zur Bekanntgabe des Bescheides vom 28.05.2015 fällt in
Bezug auf den gesamten Streitgegenstand nicht ins Gewicht, insoweit ist eine kostenrechtliche Berücksichtigung nicht veranlasst.
Der Streitwert beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GKG.
Die Revision wird zugelassen, §
160 SGG.