Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe II.
Der 1942 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten und bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau, die seine Pflege übernommen hat,
eine 3-Zimmer-Wohnung im Hochparterre eines Mehrfamilienhauses.
Am 4. August 2008 beantragte der Kläger unter Hinweis auf einen erlittenen Schlaganfall die Gewährung von Pflegegeld. Die
Beklagte holte das MDK-Gutachten der Pflegefachkraft W M vom 9. Oktober 2008 ein, die eine erhebliche Pflegebedürftigkeit
(Pflegestufe I) feststellte: Der Hilfebedarf betrage wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Grundpflege 54 Minuten (41 Minuten
im Bereich der Körperpflege, 6 Minuten im Bereich der Ernährung, 7 Minuten im Bereich der Mobilität) und im Bereich der hauswirtschaftlichen
Versorgung 45 Minuten. Dementsprechend gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 ab dem 1. August 2008 Leistungen
der Pflegestufe I. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 23. Oktober 2008, mit dem er darauf verwies, dass er
"rund um die Uhr" von seiner Ehefrau betreut werden müsse, und dem er weitere medizinische Befundunterlagen beifügte, wies
die Beklagte nach Beiziehung einer ergänzenden Stellungnahme der Pflegefachkraft M vom 4. Dezember 2008 sowie einer sozialmedizinischen
Stellungnahme des D. Sch des MDK vom 9. Dezember 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2009 zurück.
Mit seiner hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren auf Gewährung von Pflegeleistungen
der Pflegestufe II ab Antragstellung weiter. Das Sozialgericht hat den Arzt Dr. Sch mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens
beauftragt. Dieser gelangt in seinem Gutachten vom 3. Dezember 2009 zu der Einschätzung, dass der Hilfebedarf wöchentlich
im Tagesdurchschnitt in der Grundpflege infolge einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes ab August 2009 65 Minuten
(39 Minuten im Bereich der Körperpflege, 9 Minuten im Bereich der Ernährung, 17 Minuten im Bereich der Mobilität) und im Bereich
der hauswirtschaftlichen Versorgung 60 Minuten betrage. Es läge damit zwar eine erhebliche Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe
I), nicht jedoch eine Schwerpflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 31. Mai 2010 hat das Sozialgericht Berlin nach Anhörung der Beteiligten die Klage abgewiesen. Der
für die Gewährung der Pflegestufe II erforderliche Pflegeaufwand im Bereich der Grundpflege von mindestens 120 Minuten wöchentlich
im Tagesdurchschnitt werde nach den überzeugenden Feststellungen und Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch nicht erreicht.
Soweit der Kläger ausführe, er müsse "rund um die Uhr" betreut werden, führe dies zu keinem anderen Pflegebedarf, da allgemeine
Beaufsichtigungstätigkeiten nicht berücksichtigungsfähig seien. Auch der Einwand des Klägers, er könne nicht laufen, führe
zu keinem anderen Ergebnis. Nicht pflegerelevant sei, dass der Kläger beim Schreiben der Hilfe seiner Ehefrau bedürfe.
Gegen den ihm am 15. Juni 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. Juli 2010 Berufung zum Landessozialgericht
eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Zur Begründung trägt er vor, dass sein Pflegebedarf für erforderliche Fahrten zum Arzt und zur Krankengymnastik sowie zum
Transfer zu nächtlichen Toilettengängen nicht berücksichtigt worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides
vom 13. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2009 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem
1. August 2008 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung zu dem von ihm vorgetragenen weiteren Pflegebedarf informatorisch befragt.
Auf das hierüber gefertigte Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge
der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 13. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 20. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Pflegegeld
nach der Pflegestufe II ab dem 1. August 2008. Der Kläger erfüllt insoweit nicht die Voraussetzungen für eine Schwerpflegebedürftigkeit,
da bei ihm ein wöchentlich im Tagesdurchschnitt erforderlicher Grundpflegebedarf von mindestens 120 Minuten nicht besteht
(§§ 14, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2, Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 Sozialgesetzbuch/11. Buch -
SGB XI -). Sein Grundpflegebedarf beläuft sich, wie die Pflegefachkraft Min ihrem Gutachten vom 9. Oktober 2008 schlüssig und nachvollziehbar
für die Zeit bis einschließlich Juli 2009 festgestellt hat, auf wöchentlich im Tagesdurchschnitt 54 Minuten und rechtfertigt
insoweit (unter Berücksichtigung des unstreitig festgestellten Pflegebedarfes im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung
von mindestens 45 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt) allein die Zuerkennung der Pflegestufe I - erhebliche Pflegebedürftigkeit
-, die einen Grundpflegebedarf von wöchentlich im Tagesdurchschnitt mehr als 45 Minuten voraussetzt (vgl. §§
14,
15 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1, Abs.
3 Satz 1 Nr.
1 SGB XI). Ein höherer Pflegebedarf ist auch nicht durch das im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten des sachverständigen
Dr. Sch belegt, weil auch mit dem von ihm infolge einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes nachvollziehbar dargelegtem
Grundpflegebedarf von 65 Minuten für die Zeit ab August 2009 der wöchentlich im Tagesdurchschnitt erforderliche Grundpflegebedarf
von mindestens 120 Minuten nicht erreicht wird.
Eine andere Entscheidung rechtfertigt sich nicht unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren.
Denn selbst wenn der Senat die von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgetragenen Angaben zu seinem Pflegebedarf im Bereich
der Mobilität als wahr und auch zeitlich zutreffend unterstellt, ergäbe sich zwar ein wöchentlich im Tagesdurchschnitt weiterer
Grundpflegebedarf von 50 Minuten. Bei Addition dieses Wertes mit dem, wie dargelegt, zur Überzeugung des Senats nachgewiesenen
Grundpflegebedarf von 54 Minuten ab Antragstellung im August 2008 bzw. 65 Minuten ab August 2009 infolge einer Verschlechterung
des Gesundheitszustandes beliefe sich der bestehende Grundpflegebedarf jedoch auf wöchentlich im Tagesdurchschnitt "lediglich"
104 bzw. 115 Minuten. Der für die Gewährung der Pflegestufe II erforderliche Grundpflegebedarf von mindestens 120 Minuten
würde daher gleichwohl nicht erreicht. Der Senat legt dabei - ohne eigene Prüfung - die Angaben des Klägers in der mündlichen
Verhandlung zu einem weiteren Grundpflegebedarf im Bereich der Mobilität zu seinen Gunsten in vollem Umfang zu Grunde. Danach
ergibt sich hinsichtlich eines weiteren Grundpflegebedarfs von 50 Minuten folgende Berechnung: Für die vom Kläger insoweit
vorgetragenen durchschnittlich zusätzlich anfallenden 4 Toilettenbesuche pro Nacht wäre ein zusätzlicher Pflegeaufwand von
8 Minuten (4 x 2 Minuten) anzusetzen. Denn ausgehend von den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen ist im Rahmen
eines erforderlich werdenden Transfers eine Hilfestellung erforderlich, die pro Toilettengang (hin und zurück) mit 2 Minuten
zu berücksichtigen wäre. Ferner wäre im Bereich der Mobilität für Arztbesuche einschließlich erforderlicher Wartezeiten (vgl.
zu deren grundsätzlichen Berücksichtigungsfähigkeit bereits das Urteil des Senats vom 19. November 2009 -Az: L 27 P 75/08) wöchentlich im Tagesdurchschnitt ein weiterer Grundpflegebedarf von gerundet 42 Minuten zu berücksichtigen. Nach den Angaben
des Klägers fallen wöchentlich ein Arztbesuch (2 x 30 Minuten Fahrtzeit sowie 30 Minuten Wartezeit) und zweimal pro Woche
eine verordnete Krankengymnastik (2 x 20 Minuten Fahrtzeit je Behandlung und 60 Minuten Wartezeit je Behandlung) an, woraus
sich ein wöchentlicher Pflegebedarf von 290 Minuten, mithin von wöchentlich im Tagesdurchschnitt gerundet 42 Minuten errechnet.
Angesichts dessen würde selbst unter vollständiger Berücksichtigung der Angaben des Klägers zu seinem weiteren Pflegebedarf
der für die Gewährung der Pflegestufe II erforderliche Pflegeaufwand im Bereich der Grundpflege nicht erreicht.
Soweit Verschlechterungen im Gesundheitszustand des Klägers eintreten sollten, die Anlass für eine Neubewertung seiner Pflegebedürftigkeit
bieten, bleibt es dem Kläger unbenommen, bei der Beklagten einen neuen Antrag auf Gewährung einer höheren Pflegestufe zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß §
160 Abs.
2 SGG nicht gegeben sind.