Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Mobilitätshilfe bei einer Einsatzwechseltätigkeit
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Mobilitätshilfen für die Zeit vom 28. Oktober 2007 bis 30. April 2008.
Der im ... 1949 geborene und in L wohnhafte Kläger war vom 1. Dezember 2004 bis 30. September 2006 arbeitslos. Seit November
2005 bewilligte die Beklagte ihm mehrfach Reisekosten und Bewerbungskosten. Die im Zusammenhang mit dem Leiharbeitsvertrag,
den der Kläger am 4. Oktober 2006 mit der R ... P und B GmbH schloss, gestellten Anträge auf Reisekosten-, Trennungskosten-
und Fahrkostenbeihilfe lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheiden vom 13. November 2006 ab. Sie begründete die Entscheidungen
damit, dass der Arbeitgeber seinen Sitz in L ... habe und dort sein Direktionsrecht ausübe. Er sei deshalb gemäß §
670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) in der Fürsorgepflicht. Auf den Widerspruch des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2007 Fahrkostenbeihilfe.
Sie berücksichtigte hierbei die Fahrten des Klägers zwischen seiner Wohnung und dem Einsatzort bei dem Entleiherbetrieb. Hinsichtlich
der beiden anderen Mobilitätshilfen wies sie die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 21. Januar 2007 zurück.
Nach erneuter Arbeitslosigkeit, dem Bezug von Arbeitslosengeld II vom 1. November 2006 bis 28. Oktober 2007 und erfolglosen
Bewerbungen schloss der Kläger am 26. Oktober 2007 einen Anstellungsvertrag mit der L GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin),
einer Zeitarbeitsfirma. Der 29. Oktober 2007 war als Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Nach Nummer 1 des Vertrages
galten der Manteltarifvertrag Zeitarbeit, der Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit und der Entgelttarifvertrag Zeitarbeit
zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften
des DGB. Der Bruttolohn betrug bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden 1.939,84 EUR (Nummer 6 Buchst. a und
c des Vertrages). Nach Nummer 10 des Vertrages regelte sich der Ersatz von Aufwendungen nach dem Tarifvertrag beziehungsweise
dem Beiblatt "Übertarifliche Leistungen der L ...". Nach Nummer 1 dieses Beiblattes erhielt der Kläger eine monatliche Zulage
zum Monatsgehalt in Höhe von 60,16 EUR. Nummer 4 des Beiblattes enthielt eine "Übernachtungsregelung". Danach übernahm die
Arbeitgeberin, wenn entfernungsbedingt auftragsbezogene Übernachtungen notwendig waren, die reinen Übernachtungskosten maximal
für fünf Übernachtungen pro Woche gegen den Nachweis der Originalbelege. Im Verwaltungsverfahren gab die Arbeitgeberin hierzu
an, dass der Kläger auf Grund des Tarifvertrages Zeitarbeit einen Anspruch auf Erstattung der Übernachtungskosten habe; die
Fahrkosten würden als individueller Fahrkostenzuschuss freiwillig gezahlt.
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2007 wies die Arbeitgeberin den Kläger ab 29. Oktober 2007 einer Maschinenfabrik in E (Rhein-Neckar-Kreis)
zu. Nach einer Aufstellung des Klägers dauerte dieser Einsatz bis zum 8. Februar 2008. Vom 12. bis 15. Februar 2008 fand eine
betriebsinterne Schulung der Arbeitgeberin in deren Niederlassung in N (Kreis Siegen-Wittgenstein) statt. Ab 19. Februar 2008
war der Kläger einem Automationsunternehmen in K. zugewiesen. Zum 19. Mai 2008 erfolgte eine Zuweisung an einen neuen Betrieb.
Die Beklagte erfasste unter dem 22. Oktober 2007 als Tag der Antragstellung drei Anträge des Klägers auf Reisekosten-, Fahrkosten-
und Trennungskostenbeihilfe. Der Kläger gab als Ort der Arbeitsaufnahme die Adresse der Niederlassung der Arbeitgeberin in
M.an, machte bei dem Antrag auf Reisekostenbeihilfe allerdings die Entfernung von seiner Wohnung bis zum Sitz der Arbeitgeberin
in D. (420 km) geltend. Die drei Antragsformulare unterschrieb der Kläger am 26. April 2008 und sandte sie zusammen mit weiteren
Unterlagen mit Begleitschreiben vom 11. Mai 2008 an die Beklagte. Dort ging das Unterlagenkonvolut am 16. Mai 2008 ein.
Im Antrag auf Reisekostenbeihilfe gab er an, dass sich die Arbeitgeberin bereit erklärt habe, die Kosten in Höhe von 100,00
EUR zu übernehmen. Im Antrag auf Fahrkostenbeihilfe verwies er zum selben Punkt auf die Gehaltsabrechnungen. Aus diesen ergibt
sich, dass der Kläger für Oktober 2007 anteilig und für November 2007 monatlich eine freiwillige Zulage in Höhe von 60,16
EUR erhielt. Ferner zahlte ihm die L. GmbH ab November 2007 einen Fahrkostenzuschuss, zunächst in Höhe von 100,00 EUR, für
Dezember 2007 in Höhe von 200,00 EUR, für Januar und Februar 2008 in Höhe von jeweils 250,00 EUR, für März 2008 in Höhe von
400,00 EUR und für April 2008 in Höhe von 350,00 EUR.
Über diese drei Anträge auf Gewährung von Mobilitätshilfen entschied die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 22. Mai 2008 und
einem Bescheid vom 16. Juni 2008.
Mit dem einen Bescheid vom 22. Mai 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Reisekostenbeihilfe ab, weil die Arbeitgeberin
gleichartige Leistungen erbringe.
Im Widerspruchsschreiben vom 6. Juni 2008 wies der Kläger unter anderem darauf hin, dass ihm bereits bei der Arbeitsaufnahme
bei der Firma R P und B. GmbH im Jahr 2006 die Gewährung von Mobilitätshilfen zur Erleichterung der Lebensführung in Aussicht
gestellt worden sei. Ihm seien die notwendigen Anträge übergeben worden. Seine Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung
vom 30. November 2005 habe er trotz der erheblichen Belastung seiner Lebensführung und trotz seines fortgeschrittenen Alters
erfüllt. Er habe kein Verständnis für die jetzige Rechtsauffassung der Beklagten, die von der im Jahr 2006 abweiche.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 zurück. Die Gewährung von Mobilitätsleistungen
sei in dem Umfang ausgeschlossen, in dem der Arbeitgeber der Reisekostenbeihilfe ähnliche Leistungen erbringe. Danach bestehe
beim Kläger nicht die Notwendigkeit der Leistungsgewährung. Denn selbst wenn nicht Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln,
sondern mit dem privaten Kraftfahrzeug berücksichtigt würden, wären nur 84 EUR (= 420 km x 0,20 EUR/km) zu erstatten gewesen.
Die Arbeitgeberin habe sich jedoch bereit erklärt, die entstandenen Kosten in Höhe von 100,00 EUR zu übernehmen.
Mit dem zweiten Bescheid vom 22. Mai 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Fahrkostenbeihilfe ab, weil die Arbeitgeberin
gleichartige Leistungen gewähre. Ferner sei bei einer großen Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsort die Zahlung von Trennungskostenbeihilfe
wirtschaftlicher. Es könne aber nur Fahrkostenbeihilfe oder Trennungskostenbeihilfe gewährt werden.
Hiergegen legte der Kläger mit dem bereits erwähnten Widerspruchsschreiben vom 6. Juni 2008 Widerspruch ein. Er wies unter
anderem darauf hin, dass mit der Arbeitgeberin ein Fahrkostenzuschuss in Höhe von 50,00 EUR und ab dem 18. Mai 2008 in Höhe
von 60,00 EUR pro Anreise oder Heimfahrt vereinbart worden sei.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit einem zweiten auf den 9. Oktober 2008 datierten Widerspruchsbescheid zurück. Der
geltend gemachte Anspruch bestehe nicht, weil der Kläger nicht täglich zwischen Wohnung und Arbeitsstelle pendle, sondern
maximal dreimal im Monat von seiner Wohnung in L zur jeweiligen Unterkunft am Arbeitsort fahre. Diese Fahrten seien nicht
förderfähig. Zudem sei der Anspruch ausgeschlossen, weil die Arbeitgeberin der Fahrkostenbeihilfe gleichartige Leistungen
gewähre. In Bezug auf die Entfernungen zwischen der auswärtigen Unterkunft und der jeweiligen Einsatzstelle, die 15 km, 5
km und 8 km betragen hätten, fehle es im Hinblick auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers an der Notwendigkeit der Leistungsgewährung.
Jedenfalls hätten diese Pendelstrecken im Rahmen der Ermessensentscheidung bei der Leistungsberechnung herausgenommen werden
können. Denn nach den von der Beklagten erlassenen Verfahrensvorschriften für die Gewährung von Mobilitätshilfen werde Fahrkostenbeihilfe
nicht gewährt, wenn die Entfernung nicht mindestens 20 km betrage. Besonderheiten des Einzelfalles, die zu einer anderen Entscheidung
hätten führen können, habe der Kläger nicht geltend gemacht.
Den Antrag auf Trennungskostenbeihilfe lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2008 ab. Den Widerspruch des Klägers
vom 5. Juli 2008 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2008 zurück. Über die hiergegen erhobene Klage hat das
Sozialgericht Leipzig durch Urteil vom 11. Mai 2009 (Az.: S 20 AS 4761/08) entschieden.
Der Kläger hat am 28. Oktober 2008 Klage erhoben und hierbei die beiden Widerspruchsbescheide vom 9. Oktober 2008 benannt.
Er hat Reisekosten in Höhe von 34,00 EUR und Fahrkosten in Höhe von 3.184,00 EUR geltend gemacht.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2009 abgewiesen. Den Anspruch auf Reisekostenbeihilfe hat es mit der
Begründung verneint, dass den vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 84,00 EUR eine Zahlung der Arbeitgeberin
in Höhe von 100,00 EUR gegenüber gestanden habe, die Aufwendungen mithin gedeckt gewesen seien. Selbst wenn der Arbeitgeber,
wie der Kläger später angegeben habe, nur 50,00 EUR gezahlt hätte, wäre angesichts des monatlichen Bruttoverdienstes der verbleibende
Restbetrag von 34,00 EUR ein so geringfügiger Eigenanteil gewesen, dass er niemanden, auch nicht den Kläger, von der Aufnahme
der auswärtigen Beschäftigung hätte abhalten können. Hinsichtlich der Fahrkostenbeihilfe hat das Sozialgericht auf die Ausführungen
im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 29. Mai 2009 zugestellte Urteil am 22. Juni 2009 Berufung eingelegt. Die nunmehr mandatierten
Klägerbevollmächtigten tragen vor, dass die allgemeine Auffassung des Sozialgerichtes, Kosten in Höhe von 34,00 EUR könnten
niemanden in Schwierigkeiten bringen, für Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht zutreffe. Fahrten, die der Kläger von seinem
Wohnsitz in der Nähe des Arbeitgebers aufgenommen habe, um seine Arbeitsstelle zu erreichen, könnten auch als Heimfahrten
angesehen werden. Die Arbeitsverhältnisse bei der R ... P ... und B ... GmbH und der Arbeitgeberin beruhten auf Vermittlungen
der Beklagten. Da die Anspruchsvoraussetzungen als erfüllt angesehen worden seien, habe der Kläger die entsprechenden Antragsformulare
erhalten. Er habe sich dort, wo ihm eine Wohnung vom Arbeitgeber vermittelt worden war, ordnungsbehördlich gemeldet. Die im
Widerspruchsbescheid für die Trennungskostenbeihilfe ausgewiesenen Kosten seien sämtlich der Fahrkostenbeihilfe zuzuordnen.
Denn nach der Broschüre der Bundesagentur für Arbeit sei der Begriff der Reisekosten eine zusammenfassende Bezeichnung für
Fahrkosten, Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand. Die Rechtssprechung des erkennenden Senates zu Mobilitätsbeihilfen
für Arbeitnehmer, die bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt seien, werde nicht für zutreffend gehalten. Denn diese Arbeitnehmer
seien im Vergleich zu Arbeitnehmern, die beispielsweise bei Bauunternehmen beschäftigt seien und über den Manteltarifvertrag
für das Baugewerbe eine Auslöse erhalten würden, benachteiligt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 11. Mai 2009 aufzuheben, sowie die Ablehnungsbescheide vom 22. Mai 2008 in Gestalt
der Widerspruchsbescheide vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 28. Oktober
2007 bis 30. April 2008 Reisekostenbeihilfe in Höhe von 34,00 EUR und Fahrtkostenbeihilfe in Höhe von 3.184,00 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichtes für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Über die Berufung konnte durch den Berichterstatter entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis gemäß §
155 Abs.
3 und
4 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) erteilt haben.
II. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung im vorliegenden Berufungsverfahren sind die beiden Bescheide vom 22. Mai 2008
in Gestalt der beiden Widerspruchsbescheide vom 9. Oktober 2008, mit denen die Anträge auf Gewährung von Reisekosten- und
Fahrkostenbeihilfe abgelehnt wurden. Hingegen ist über einen etwaigen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Trennungskostenbeihilfe
nicht zu entscheiden. Denn über den entsprechenden Antrag entschied die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2008 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2008. Hierzu wurde ein eigenständiges Klageverfahren durchgeführt. Diese gesonderte
Behandlung der drei Anträge in drei Verwaltungsverfahren, die erst im Verfahren vor dem Sozialgericht im Rahmen einer objektiven
Klagehäufung (vgl. §
56 SGG) teilweise zusammengeführt wurden, war rechtlich möglich, weil es sich bei den verschiedenen Arten der Mobilitätshilfe jedenfalls
bis zum 31. Dezember 2008 um eigenständige Ansprüche auf der Grundlage verschiedener Anspruchsgrundlagen handelte. Erst durch
das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2917) wurden die Regelungen mit dem abschließenden Katalog der Mobilitätshilfen aufgehoben (vgl. Artikel 1 Nr. 23 dieses Gesetzes)
und durch ein Vermittlungsbudget (vgl. § 45 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - [SGB III]) ersetzt.
Der Bescheid vom 16. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2008 wurde auch weder in unmittelbarer
noch in analoger Anwendung des §
86 SGG in die Vorverfahren, die die Reisekosten- und Fahrkostenbeihilfe betrafen, einbezogen. Soweit klägerseits in der mündlichen
Verhandlung vom 15. Juli 2010 darauf hingewiesen wurde, dass in dem die Fahrkostenbeihilfe betreffenden Ablehnungsbescheid
vom 22. Mai 2008 das Verhältnis dieser Beihilfe zur Trennungskostenbeihilfe thematisiert worden sei, ist dies nicht ausreichend,
die Trennungskostenbeihilfe zunächst zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und sodann des nachfolgenden Gerichtsverfahrens,
mithin auch dieses Berufungsverfahrens, zu machen. Denn bei dieser Passage des Bescheides handelt es sich nicht um einen Regelungsbestandteil,
sondern nur um ein Begründungselement.
III. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat. Die Bescheide
der Beklagten vom 22. Mai 2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. Oktober 2008 sind rechtmäßig, weil der Kläger weder
einen Anspruch auf die Gewährung von Reisekostenbeihilfe noch auf Fahrkostenbeihilfe hat.
1. Anspruchsgrundlage für die begehrten Mobilitätshilfen ist § 16 Abs. 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung
für Arbeitsuchende - (SGB II) i. V. m. § 53 Abs. 1 und 2 Nr.
3 Buchst. a und b, §
54 Abs.
3 und
4 SGB III, wonach die Beklagte Reisekosten- und Fahrkostenbeihilfe erbringen konnte. Maßgebend sind §
16 SGB II in der ab 1. Oktober 2007 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
- Verbesserung der Qualifizierung und Beschäftigungschancen von jüngeren Menschen mit Vermittlungshemmnissen vom 10. Oktober
2007 (BGBl. I S. 2329), §
53 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) sowie §
54 SGB III in der vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607).
2. Der Kläger, der Arbeitslosengeld II bezog, war dem Grunde nach anspruchsberechtigt, weil er zum Zeitpunkt der Antragstellung,
dem 22. Oktober 2007, unstreitig ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II war. Insbesondere
war er hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II, weil er seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen
Mitteln bestreiten konnte. Denn den Anstellungsvertrag schloss er erst am 26. Oktober 2007. Auch wurde die Vergütung gemäß
Nummer 6 Buchst. c des Vertrages am Ende eines jeden Kalendermonats gezahlt.
3. Die Voraussetzungen für die beiden begehrten Mobilitätshilfen sind jedoch nicht erfüllt.
Gemäß §
53 Abs.
1 SGB III konnten Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnahmen,
durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig war. Die Mobilitätshilfen bei
Aufnahme einer Beschäftigung umfassten gemäß §
53 Abs.
2 Nr.
3 SGB III bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für die Fahrt zum Antritt einer Arbeitsstelle (Reisekostenbeihilfe),
tägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrkostenbeihilfe), eine getrennte Haushaltsführung (Trennungskostenbeihilfe)
und einen Umzug (Umzugskostenbeihilfe). Näheres zur möglichen Höhe und Dauer der Mobilitätshilfen war in §
54 SGB III geregelt. Die die Reisekosten- und die Fahrkostenbeihilfe betreffenden Regelungen fanden sich in §
54 Abs.
3 und
4 SGB III.
Der erkennende Senat hat bereits wiederholt ausgeführt (vgl. SächsLSG, Urteile vom 7. Juni 2007 - L 3 AL 303/05 - JURIS-Dokument Rdnr. 16, vom 3. Januar 2008 - L 3 AL 6/07 - JURIS-Dokument Rdnr. 15 und vom 3. Januar 2008 - L 3 AL 166/07 - JURIS-Dokument Rdnr. 15), dass die Vorschrift des §
53 SGB III verschiedene Unterstützungsleistungen, welche die Aufnahme einer neuen Beschäftigung erleichtern beziehungsweise ermöglichen
sollten, regelte. Damit sollte der Vielzahl von Zusatzausgaben Rechnung getragen werden, die beim Antritt einer neuen Arbeitsstelle
anfielen und für die der Arbeitslose in der Regel in Vorleistung treten musste, bis er sein erstes Gehalt erhielt und damit
die erhöhten Anfangskosten auffangen konnte. §
53 Abs.
2 Nr.
3 SGB III regelte dabei die Leistungen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme, wobei die Fahrkostenbeihilfe, die Trennungskostenbeihilfe und
die Umzugskostenbeihilfe im Zusammenhang betrachtet werden müssen. Diese Beihilfen sollten bei einer Arbeitsstelle außerhalb
des Wohnortes des Arbeitsuchenden die Kosten für tägliche Pendelfahrten oder, soweit ein Pendeln nicht zumutbar war, die Kosten
einer getrennten Haushaltsführung abdecken. Sofern ein Umzug zur Verkürzung der Wegstrecke zur neuen Arbeitsstelle erfolgte,
konnte eine Umzugskostenbeihilfe gewährt werden.
Aus dieser Systematik ergibt sich, dass diese Beihilfen keinesfalls die Kosten für eine Einsatzwechseltätigkeit, das heißt
für eine Tätigkeit mit typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, abdecken sollten (vgl. SächsLSG, aaO.). Die im
Zusammenhang mit einer Einsatzwechseltätigkeit anfallenden Zusatzkosten für den Arbeitnehmer muss grundsätzlich der Arbeitgeber
nach §
670 BGB, der auch auf Dienst- und Arbeitsverhältnisse anwendbar ist (vgl. SächsLSG, aaO., jeweils m. w. N; Weidenkaff, in: Palandt,
Bürgerliches Gesetzbuch [69. Aufl., 2010], §
611 Rdnr. 125, m. w. N.), tragen. Soweit im Einzelfall eine solche Übernahme (durch einzelvertragliche Regelung oder durch Tarifvertrag)
nicht oder nur teilweise erfolgt, kann dies nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft im Anwendungsbereich des
SGB III oder der Steuerzahler im Anwendungsbereich des SGB II gehen. Solche Kosten stehen nicht im Zusammenhang mit der Aufnahme
einer neuen Beschäftigung, sondern resultieren aus den Besonderheiten der Einsatzwechseltätigkeit.
Die von Klägerseite behauptete Benachteiligung besteht nicht. Artikel
3 Abs.
1 des Grundgesetzes (
GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dieses Grundrecht ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten
im Verhältnis zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher
Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Juli
1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 - BVerfGE 87, 1 [36] = SozR 3-5761 Allg Nr. 1; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1998 - 1 BvL 16/90 - BVerfGE 98, 1 = SozR 3-5755 Art.
2 § 27 Nr. 1; Jarrass, in: Jarrass/Pieroth,
GG [10. Aufl., 2009], Art.
3 Rdnr. 6 ff.). In diesem Sinne lag - und liegt - keine Ungleichbehandlung vor. Sowohl die Regelungen in §§
53 und
54 SGB III als auch die Regelung in §
670 BGB galten beziehungsweise gilt unterschiedslos für alle Arbeitnehmer. Unterschiede ergaben sich erst dadurch, dass tarifvertraglich
oder einzelvertraglich nicht alle Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §
670 BGB durchsetzen konnten. Damit macht der Kläger in der Sache aber nicht eine Ungleichbehandlung in Folge gesetzlicher Bestimmungen
geltend, sondern begehrt eine erweiternde Gesetzesauslegung oder die Schaffung einer Regelung, mit der die aus den Arbeitsverhältnissen
herrührenden Unterschiede zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen ausgeglichen wird. Hierauf besteht aber vor dem Hintergrund
des Gestaltungsspielraumes, der dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Sozialleistungen zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom
13. Mai 2004 - 5 C 3.03 - BVerwGE 121, 34 [37] = JURIS-Dokument Rdnr. 16), kein Anspruch.
Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen handelte es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Fahrten auch nicht um solche
zur Arbeitsstelle, sodass die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Reisekostenbeihilfe gemäß §
53 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. a
SGB III und eine Fahrkostenbeihilfe gemäß §
53 Abs.
1 Nr.
3 Buchst. b
SGB III nicht gegeben waren. In diesem Zusammenhang hat der erkennende Senat ebenfalls bereits wiederholt ausgeführt (vgl. SächsLSG,
aaO.), dass bezüglich der auswärtigen Arbeitsstelle auf den Sitz des Arbeitgebers abgestellt werden muss. Dabei geht es nicht
vordergründig um den im Handelsregister eingetragenen Sitz eines Unternehmens, sondern um die jeweilige Organisationseinheit,
die das Arbeitsverhältnis "betreut", das heißt den Einsatz des Arbeitnehmers regelt (vgl. SächsLSG, aaO.). Arbeitgeberin des
Klägers im streitigen Zeitraum war die L GmbH, nicht hingegen die Maschinenfabrik in E. oder das Automationsunternehmen in
K. Letztere waren nur die entleihenden Betriebe im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung. Ob für die Frage nach dem Ort der Arbeitsstelle
beim Kläger auf den Sitz der Arbeitgeberin in D. oder auf die Niederlassung in M ... abzustellen ist, kann dahingestellt bleiben.
Denn nach der Aufstellung des Klägers zu seinen Aufwendungen fuhr er weder am 29. Oktober 2007 noch danach nach D oder nach
M. Vielmehr musste er sich am 29. Oktober 2007 um 8.00 Uhr unmittelbar bei dem entleihenden Betrieb einfinden.
4. Die geltend gemachten Ansprüche auf Mobilitätshilfe können auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hergeleitet
werden.
Soweit der Kläger darauf vertraut hat, dass ihm Leistungen der Mobilitätshilfe erneut gewährt werden wie anlässlich der Arbeitsaufnahme
bei der R P und B GmbH im Herbst 2006, ist dies lediglich eine rechtlich nicht geschützte Erwartung. Allein aus dem Umstand,
dass unter ähnlichen Voraussetzungen zu einem früheren Zeitpunkt eine Leistung bewilligt wurde, folgt kein Vertrauensschutz
in Bezug auf eine neuerliche Bewilligung.
Die Beklagte setzte auch nicht in sonstiger Weise einen Ansatzpunkt für ein mögliches Vertrauen des Klägers. Der Vortrag der
Klägerbevollmächtigten, der Kläger habe die Antragsformulare für die Mobilitätsbeihilfen erhalten, weil die Anspruchsvoraussetzungen
als erfüllt angesehen worden seien, blieb auf diese vage Ausführung beschränkt. Substantiiert wurde weder vorgetragen, dass
dem Kläger eine mündliche Zusage erteilt worden wäre, die sich auf die Ermessensausübung im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 2
SGB II i. V. m. § 53 Abs. 1 und 2 Nr.
3 Buchst. a und b, §
54 Abs.
3 und
4 SGB III hätte auswirken können (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 20/05 R - SozR 4-4300 § 324 Nr. 2 Rdnr. 25 =
JURIS-Dokument Rdnr. 25), noch dass dem Kläger eine schriftliche Zusicherung im Sinne des § 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) erteilt worden wäre, die dem Kläger einen Anspruch auf Erlass von Bewilligungsbescheiden über die beantragten Mobilitätshilfen
verschafft hätte. Auch auf Grund dessen, dass der Kläger, der ansonsten gewissenhaft alle relevanten Umstände dokumentiert
und dargelegt hat, zu keinem Zeitpunkt selbst eine Zusage oder eine Zusicherung erwähnte, ist der Vortrag der Klägerbevollmächtigten
lediglich als Vermutung zu werten.
5. Nur ergänzen wird angemerkt, dass für den Fall, dass beim Kläger entgegen den vorstehenden Ausführungen dem Gunde nach
von einer Förderfähigkeit auszugehen wäre, erhebliche Bedenken bestünden, ob im Hinblick auf die späte Antragsabgabe die Notwendigkeit
die Gewährung von Mobilitätshilfen bejaht werden kann.
Zwar liegt in dem Umstand, dass der Kläger am 22. Oktober 2007 die Anträge auf Mobilitätshilfen stellte, die Antragformulare
jedoch erst am 26. April 2008 unterschrieb und sie schließlich mit Schreiben vom 11. Mai 2008 an die Beklagte sandte, nicht
bereits eine Verwirkung des Antragsrechtes. Zur Verwirkung hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 28. Oktober 2009 (vgl.
BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 56/08 R - SozR 4-4200 § 37 Nr. 1 Rdnr. 17 = JURIS-Dokument Rdnr. 17, m. w. N.) ausgeführt, dass nach §
242 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen des Sozialrechtsverhältnisses eine Leistungspflicht im Sozialrecht entfällt, wenn der Berechtigte
die Ausübung seines Rechtes während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die
nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts
nach Treu und Glauben und dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände
liegen - so das Bundessozialgericht - vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten)
darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich
darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen
und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer
Nachteil entstehen würde. Solche besonderen umstände liegen auf Seiten der Beklagten nicht vor.
Jedoch hat das Bundessozialgericht in seiner neueren Rechtsprechung zum Arbeitsförderungsrecht betont, dass der Begriff der
Notwendigkeit in §
53 Abs.
1 SGB III ein Element der Unverzichtbarkeit im Sinne einer "strengen" Kausalität (vgl. auch BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 7/7a
AL 26/07 R - SozR 4-4300 § 53 Nr. 3 Rdnr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 16, m. w. N.) beziehungsweise einer "engen" Kausalität
(vgl. BSG, Urteil vom 4. März 2009 - B 11 AL 50/07 R - SozR 4-4300 § 53 Nr. 2 Rdnr. 15 = JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.)" enthält. Es hat ausgeführt, dass der Zweck der Förderung
durch Mobilitätshilfen vorwiegend darin bestehe, finanzielle Hindernisse zu Gunsten förderungsberechtigter Personen zu beseitigen,
die im konkreten Fall dem Eintritt oder Wiedereintritt in das Berufsleben im Wege stehen. Mit Mobilitätshilfen solle aber
vor allem erreicht werden, dass die unmittelbare Arbeitsaufnahme nicht an fehlenden Mitteln scheitere (vgl. BSG, Urteil vom
4. März 2009, aaO., Rdnr. 14, m. w. N ... Vgl. auch BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 aaO., Rdnr. 15, m. w. N.). Diese zum Arbeitsförderungsrecht
ergangene Rechtsprechung kann auf das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende übertragen werden (vgl. SächsLSG, Urteil
vom 8. Oktober 2009 - L 3 AS 288/08 - JURIS-Dokument Rdnr. 48)
Diese Zwecke können aber nicht mehr erreicht werden, wenn die Antragsformulare erst - wie vorliegend - ein halbes Jahr nach
Arbeitsaufnahme ausgefüllt, unterschrieben und an die zuständige Behörde zurückgesandt werden. Beim Kläger wird dies im Hinblick
auf die Fahrkostenbeihilfe augenfällig. Als er das Antragsformular und die Belege mit Schreiben vom 11. Mai 2008 an die Beklagte
sandte, war die in §
54 Abs.
4 SGB III festgelegte Höchstförderungsdauer von einem halben Jahr der Beschäftigung bereits abgelaufen.
Da die Mobilitätshilfen als eine Art "Anschubfinanzierung" und nicht zur späteren Refinanzierung dienen sollen, und es sich
bei Mobilitätshilfen auch nicht um Leistungen handelt, die Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende zur
Aufnahme einer Arbeit motivieren soll, kann eine späte Abgabe des Antragsformulars oder von Unterlagen gegen die Notwendigkeit
einer Förderung der Arbeitsaufnahme durch Mobilitätshilfe sprechen. Ob den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen die Notwendigkeit
der Förderung in dem beschriebenen Sinne fehlt, muss jedoch nicht weiter erörtert werden. Denn die Fahrten zu den Einsatzstellen
im Rahmen einer Einsatzwechseltätigkeit sind - wie ausgeführt wurde - dem Grunde nach nicht förderfähig.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 SGG.
V. Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor