Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 01. Januar 2005 neben der Ausübung einer selbstständigen
Tätigkeit.
Die im Jahr 1959 geborene Klägerin war seit dem 01. September 2000 als Betreuerin mit 19,25 Wochenstunden bei dem Verein "Betreutes
Wohnen" in F. abhängig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund eines vor dem Arbeitsgericht F. geschlossenen Vergleiches
zum 31. Dezember 2004 beendet. Die Klägerin meldete sich am 23. November 2004 mit Wirkung ab 01. Januar 2005 arbeitslos und
beantragte Alg. Sie gab unter anderem an, dass sie seit August 1996 eine selbstständige Tätigkeit als pädagogische Betreuerin
ausübe. Gleichzeitig legte sie eine Verdienstbescheinigung der Arbeitslosen-Initiative G. e.V. vor, aus der sich ergibt, dass
sie im Kalenderjahr 2004 13.775,63 EUR Honorar und 2.205,50 EUR Aufwendungen für Fahrtkosten erhalten hat. Auf Nachfrage der
Beklagten reichte die Klägerin einen Dienstvertrag zwischen ihr und der H. e.V. vom 03. Januar 2005 ein, aus dem hervorgeht,
dass die Klägerin eigenverantwortlich und in freier Zeiteinteilung die Betreuung von fünf Personen durchzuführen habe, wobei
eine Vergütung von 26,84 EUR für 60 Minuten vereinbart wurde. Weiterhin enthielt der Dienstvertrag die Vereinbarung, dass
pro gefahrenem Kilometer zwischen Wohnort und Betreuungsstätte 0,30 EUR geltend gemacht werden können. Außerdem legte die
Klägerin einen Honorarvertrag zwischen ihr und der Betreuungsgesellschaft I. mbH vom 01. April 2004 vor, mit der Bemerkung,
aus dieser Tätigkeit zurzeit kein Einkommen zu erzielen. Des Weiteren gab sie an, ab Januar 2003 wöchentlich dauernd selbständig
14 Stunden zu arbeiten. Mit Bescheid vom 08. März 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg mit der Begründung ab, dass
sie eine mehr als kurzzeitige (mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende) selbstständige Tätigkeit ausübe. Mit ihrem Widerspruch
gegen diesen Bescheid machte die Klägerin geltend, dass ihre wöchentliche Arbeitszeit deutlich unter 15 Stunden liege. So
habe sie im Januar 2005 57,5 Stunden in 4,3 Wochen gearbeitet und dies im Rahmen der Antragstellung auch gegenüber der Beklagten
angegeben. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2005 zurück und führte aus, dass die Klägerin
wegen fehlender Beschäftigungslosigkeit nicht arbeitslos sei. Bei der Zeitgrenze von 15 Stunden wöchentlich seien auch Zeiten
für Fahrten, die anlässlich der Betreuung der Klienten der Klägerin anfallen und die vergütet werden, zu berücksichtigen.
Bei einer Kostenerstattung für 820 Km für Januar und bei durchschnittlich 50 Km pro Stunde entspräche dies monatlich 16 Stunden
und somit einer wöchentlichen zusätzlichen Arbeitszeit von 3,69 Stunden, sodass die Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Stunden wöchentlich
überschritten sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Mai 2005 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat vorgetragen, dass die Fahrtkostenerstattung keine Vergütung des Zeitaufwandes für die gefahrenen
Kilometer darstelle. Die Fahrzeiten dürften bei der Ermittlung der Kurzzeitigkeitsgrenze nicht berücksichtigt werden. Denn
die Klägerin würde ansonsten gegenüber abhängig Beschäftigten schlechter gestellt. Daneben sei die gesetzliche Regelung von
§
141 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) nicht zutreffend von der Beklagten angewendet worden.
Während des Klageverfahrens lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg für den Monat Mai 2005 mit Bescheid vom 05. September
2005 mit der Begründung ab, dass das anzurechnende Nebeneinkommen zu hoch sei. Mit weiterem Bescheid vom 06. September 2005
bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Juni 2005 bis 31. Juli 2005 Alg unter Anrechnung des von der Klägerin
für den Monat Juli 2005 erzielten Einkommens in Höhe von 559,68 EUR. Die Bescheide enthalten jeweils den Hinweis, gemäß §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des laufenden Klageverfahrens geworden zu sein.
Das SG hat entsprechend dem Antrag der Klägerin die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, "der Klägerin
antragsgemäß Arbeitslosengeld zu zahlen" (Urteil vom 05. Oktober 2007). Das SG hat unter anderem ausgeführt: Die Klägerin habe die selbstständige Tätigkeit immer parallel zu ihrer halbtätigen versicherungspflichtigen
Beschäftigung ausgeübt. Durch den Wegfall dieser versicherungspflichtigen Tätigkeit falle das Einkommen für etwa einen halben
Arbeitstag weg, ohne dass die Klägerin Einkommensersatz in Form von Alg beanspruchen könne. Dies widerspreche dem Versicherungsprinzip
in der Arbeitslosenversicherung, wonach bei Wegfall der versicherungspflichtigen Beschäftigung Alg als Entgeltersatz zu zahlen
sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei auch der §
118 Abs.
3 SGB III zu würdigen.
Gegen das ihr am 14. März 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08. April 2008 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass
die Klägerin aufgrund Art und Umfang der von ihr weiterhin ausgeübten selbstständigen Betreuungstätigkeit nicht arbeitslos
im Sinne von §§
117 ff
SGB III sei. Zu dem Zeitaufwand seien auch Wegezeiten zwischen Betrieb und Arbeitsstätte beziehungsweise zwischen mehreren Arbeitsstätten
zu rechnen. Da die Klägerin fünf Personen zu betreuen gehabt habe, seien ohne weiteres die Wegzeiten zwischen den einzelnen
Einsatzorten als Arbeitszeit zu berücksichtigen. Ausgehend von der Verdienstbescheinigung für das Jahr 2004 ergebe sich ein
Arbeitsaufwand von monatlich circa 55 Stunden (42,77 Stunden für Betreuung und 12,2 Stunden durchschnittliche monatliche Wegezeiten),
dies entspreche circa 12,5 Wochenstunden (55 x 3 Monate: 13 Wochen). Da die Klägerin im Jahr 2004 laut Vertrag drei Personen
zu betreuen hatte und zu Beginn des Jahres 2005 zwei weitere Personen zur Betreuung übernommen habe, sei demgemäß bei vorausschauender
Betrachtung ein durchschnittlicher wöchentlicher Zeitaufwand von deutlich mehr als 15 Stunden ableitbar gewesen. Daher sei
die Klägerin im gesamten Jahr 2005 nicht arbeitslos gewesen. Soweit ihr durch die Beklagte in der Zeit vom 01. Juni 2005 bis
31. Juli 2005 dennoch Alg gezahlt worden sei, habe es damit sein Bewenden. Darüber hinaus sei die Regelung des §
118 Abs.
3 SGB III nur bis zum 31.12.2004 in Kraft gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 05. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG Hannover für zutreffend und weist darauf hin, dass sie ab 01. Januar 2005 nie mehr als 15 Stunden
wöchentlich für die selbstständige Tätigkeit benötigt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§
143,
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1,
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG Hannover hat zu Unrecht die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte
zur antragsgemäßen Zahlung von Alg (mit Wirkung ab 01. Januar 2005) verpflichtet.
Von einer Zurückverweisung (§
159 Abs.
1 Nr.
2 SGG) wegen verspäteter Absetzung und Zustellung des Urteils (vgl. BSG, Urteil vom 20.11.2003 - B 13 RI 51/03 - SozR 4-1500 §
120 Nr. 1) wurde aus prozessökonomischen Gründen abgesehen.
Die Beklagte hat die Gewährung von Alg aufgrund des Antrages der Klägerin vom 23. November 2004 zu Recht abgelehnt, da die
Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Klägerin war nicht beschäftigungslos. Sie hat ab 01. Januar 2005 durchgehend
keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Voraussetzung für die Gewährung von Alg ist gemäß §
118 Abs.
1 Nr.
1 SGB III in der hier anzuwendenden, ab 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I Nr. 64) das Vorliegen von Arbeitslosigkeit. Nur diese Voraussetzung ist zwischen den Beteiligten
streitig. Dass die Voraussetzungen gemäß §
118 Abs.
1 Nr.
2 und
3 SGB III vorliegen, ist hingegen unstreitig und wird vom Senat auch nicht in Zweifel gezogen. Nach § 119 Abs. 1 in der ab 01. Januar
2005 gültigen Fassung vom 23. Dezember 2003 ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis
steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und 3. den Vermittlungsbemühungen
der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Arbeitslosigkeit setzt unter anderem Beschäftigungslosigkeit voraus. Allerdings schließt nicht jede Beschäftigung die Arbeitslosigkeit
aus. Denn nach §
119 Abs.
3 Satz 1
SGB III (ebenfalls in der Fassung des Dritten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003) schließt die
Ausübung einer Beschäftigung, selbstständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit)
die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich
umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Entscheidend ist somit, ob die von der Klägerin
ab 01. Januar 2005 ausgeübte Tätigkeit als pädagogische Betreuerin für die Arbeitslosen-Initiative J. eine kurzzeitige Beschäftigung
im Sinne des §
119 Abs.
3 SGB III war oder nicht.
Die Beurteilung, wann eine Beschäftigung die Zeitgrenze des §
119 Abs.
3 SGB III überschreitet, ist unter Heranziehung der von der Rechtsprechung des BSG zu den Vorgängervorschriften des AFG entwickelten Kriterien vorzunehmen. Auch wenn die Regelungen der §§
118,
119 SGB III den früheren Regelungen der §§ 101, 102 AFG nicht im vollen Umfang entsprechen, hat der schon zur früheren Rechtslage entwickelte Grundsatz weiterhin Gültigkeit, dass
bei der Bestimmung von Arbeitszeiten in Beschäftigungsverhältnissen vorrangig auf die getroffenen Vereinbarungen abzustellen
ist. Letzteres war in § 102 Abs. 1 Satz 1 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung in Form eines Grundtatbestandes ausdrücklich geregelt. Erst wenn eine Vereinbarung
über die Arbeitszeit nicht bestand, war festzustellen, ob die Beschäftigung "der Natur der Sache nach" kurzzeitig war. §
119 Abs.
3 Satz 1
SGB III sieht zwar diese Unterscheidung nicht mehr vor, sondern stellt nur noch einheitlich auf die Ausübung einer weniger als die
maßgebliche Anzahl von Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung ab (vgl. zur Gesetzesgeschichte: Steinmeyer in Gagel,
SGB III mit SGB II, §
119 Rdnr. 9, 9a, Stand: Januar 2005). Dennoch hat sich in der Sache insoweit nichts geändert, und es kann auf die bisherige Rechtsprechung
des BSG zu § 102 AFG zurückgegriffen werden, wonach es für die Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer Beschäftigung vorrangig auf die vertraglichen
Vereinbarungen und eine vorausschauende Betrachtungsweise, die an die Verhältnisse zur Beginn der Beschäftigung anknüpft,
ankommt (vgl. BSG SozR 4100 § 102 Nr. 3; BSG, Urteil vom 17.03.1981 - 7 RAr 19/81 DBIR 2676a zu § 104 AFG; BSG, Urteil vom 15.06.1988 - 7 RAr 12/87 veröffentlich in Juris - und BSG, Urteil vom 15.12.1999 - B 11 AL 53/99 R -. DBIR 4591a zu § 102 AFG; zuletzt BSG, Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 25/06 R - Breithaupt 2008, 816 - 820 - zu § 102 AFG; BSG, Urteil vom 29.10.2008 - B 11 AL 44/07 R -). Dies entspricht der in der Literatur vertretenen Rechtsmeinung (vgl. u. a. Steinmeyer aaO. Rdnr. 69, 70; Valgolio in
Hauck/Noftz,
SGB III, §
119 Rdnr. 59, 60, Stand: Januar 2006; Kutzler in Mutschler/Bratz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Auflage 2008, §
119 Rdnr. 41, 42 m. w. N.).
Dies zugrunde gelegt, war die Klägerin ab 01. Januar 2005 nicht mehr arbeitslos.
Ob die Klägerin ab 01. Januar 2005 selbstständig (freiberuflich) als pädagogische Betreuerin tätig war oder als abhängig Beschäftigte,
kann dahinstehen, denn maßgebend für die Frage des Vorliegens von Arbeitslosigkeit ist nach der gesetzlichen Regelung allein
der zeitliche Umfang der vorhandenen Erwerbstätigkeit, ohne zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
zu unterscheiden. Ab Januar 2005 war die Arbeitslosen-Initiative G. e. V. die einzige Auftraggeberin der Klägerin. Im zugrunde
liegenden Dienstvertrag ist keine durchschnittliche Wochenarbeitszeit mit weniger als 15 Stunden vereinbart worden. Vielmehr
enthält der Dienstvertrag (Bl. 11 VA) keine Regelung bezüglich der vereinbarten Arbeitszeit, sondern die Verpflichtung der
Klägerin, die bis zum maximalen Rahmen des jeweiligen Kostenanerkenntnisses notwendigen Betreuungen von fünf Personen eigenverantwortlich
in freier Zeiteinteilung durchzuführen. Den zugrunde liegenden Kostenanerkenntnissen lässt sich Folgendes entnehmen: Bei Frau
K. sind unter Betreuungsangelegenheiten 12 Stunden/Monat aufgrund besonderer Gegebenheiten und bis zu 72 Stunden im oben genannten
Zeitraum (01.01.2005 - 30.06.2005) vorgesehen. Bei Frau L. ist im Kostenanerkenntnis unter Betreuungseinheiten 12 Stunden/Monat
aufgrund besonderer Gegebenheiten und bis zu 30 Stunden im oben genannten Zeitraum (01.01.2005 - 31.03.2005) angekreuzt. Das
Gleiche gilt für die Zeit bis 30. September 2005. Bei Frau M. lässt sich dem Kostenanerkenntnis bis zu 60 Stunden im o. g.
Zeitraum (entspricht 10 Stunden/Monat) entnehmen. Bei Frau N. ist zu den Betreuungseinheiten bis zu 40 Stunden im oben genannten
Zeitraum (01.10.2005 - 31.01.2006) angekreuzt. Das Kostenanerkenntnis für die Zeit ab 01. Januar 2005 lag nicht vor. Dem Kostenanerkenntnis
für Frau O. lässt sich für die Zeit bis Dezember 2004 ein Betreuungsumfang entsprechend 10 Stunden im Monat entnehmen. Den
zugrunde liegenden Kostenanerkenntnissen kann nicht entnommen werden, dass eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit unter
15 Stunden vereinbart worden war, zumal die Klägerin aufgrund des Vertrages auch verpflichtet war, an Mitarbeiter-Fortbildungsveranstaltungen
und Konferenzen teilzunehmen.
Liegt - wie vorliegend - keine vertragliche Vereinbarung hinsichtlich der Begrenzung der Arbeitszeit vor, bleibt festzustellen,
dass die Tätigkeit der Klägerin auch der Natur der Sache nach nicht von vornherein auf weniger als 15 Wochenstunden beschränkt
war.
Dieses Ergebnis wird ebenso bestätigt, wenn bei vorausschauender Betrachtungsweise der Frage nachgegangen wird, welchen Zeitraufwand
die Klägerin bei normalem Ablauf der Ereignisse benötigen würde. Hierbei ist zunächst darauf abzustellen, welchen Zeitaufwand
die Klägerin in der Vergangenheit für die Betreuungstätigkeit für die Arbeitslosen-Initiative e. V. aufgewandt hat. Ausgehend
von einem Gesamthonorar in Höhe von 13.775,63 EUR im Jahr 2004 ergibt sich eine durchschnittliche monatliche Betreuungszeit
in Höhe von 42,77 Stunden (13.775,63 EUR: 26,84 EUR Stundenhonorar: 12 Monate). Dies wiederum ergibt eine durchschnittliche
wöchentliche Arbeitszeit an reinem Betreuungsaufwand von 9,87 Stunden (42,77 x 3 Monate: 13 Wochen). Dies sind die von der
Klägerin abgerechneten reinen Betreuungszeiten. Daneben ergibt sich aus den Honorarabrechnungen der Klägerin für das Jahr
2004 eine Fahrkostenerstattung in Höhe von 2.205,50 EUR. Der Beklagten ist zuzustimmen, dass somit durchschnittliche monatliche
Wegezeiten von 12,2 Stunden (2.205,50 EUR: 0,30 EUR = 7.351,66 gefahrene Kilometer: 50 km/h) also insgesamt ein Arbeitszeitaufwand
von monatlich circa 55 Stunden, dies entspricht circa 12,5 Wochenstunden (55: 3 Monate: 12 Wochen) angefallen ist. Denn entgegen
der Auffassung der Klägerin sind auch ihre Fahrzeiten als Arbeitszeit zu werten. Unerheblich ist dabei, ob die Klägerin von
ihrer Auftraggeberin die Fahrkosten direkt als Arbeitszeit vergütet oder - wie hier - eine Fahrkostenerstattung von 0,30 EUR
je Kilometer erhalten hat. Zwar gehören nicht zu den Arbeitszeiten Pausen, Wegezeiten zu und von der Arbeitsstätte sowie Zeiten
der Rufbereitschaft (Valgolio in Hauck/Noftz,
SGB III, §
119 Rdnr. 56). Es handelt sich vorliegend jedoch nicht um Wegezeiten zu und von der Arbeitsstätte. Das Bundessozialgericht (BSG)
hat entschieden, dass ein Weg dann als Arbeitszeit zu berücksichtigen ist, wenn ein Lehrer an einem Tag an mehreren Schulen
desselben Arbeitgebers unterrichtet und Zeit aufwenden muss, um den Weg zwischen den Schulen zurückzulegen (BSG SozR 3-1500
§ 54 Nr. 9). Eine vertragliche Vereinbarung liegt hier zwar nicht vor, es steht der Klägerin aber laut Vertrag frei, ihre
Arbeitszeiten und damit ihre Routenplanung selbst zu gestalten. Vergleichbarkeit mit der vom BSG entschiedenen Fallkonstellation
liegt hier insoweit vor, als die Klägerin die Strecke zwischen ihren jeweiligen Klienten zurücklegt. Weiterhin ist von Bedeutung,
dass im Fall der Klägerin, die von der Selbstständigkeit ihrer Tätigkeit ausgeht, ihr "Firmensitz" quasi ihr Wohnsitz darstellt.
Damit sind die Wegezeiten von und zu ihren Klienten vergleichbar beispielsweise einem selbstständig tätigen Vertreter als
Arbeitszeit zu behandeln. Darin ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Benachteilung gegenüber abhängig Beschäftigten
zu sehen. Denn im abhängigen Beschäftigungsverhältnis gehören nur die Wegezeiten zur Arbeitsstätte nicht zu den Arbeitszeiten.
Sollte der Arbeitnehmer von seiner Arbeitsstätte andere Einsatzorte aufsuchen müssen, zählen diese Wegezeiten regelmäßig zur
Arbeitszeit. Ebenso spricht die Tatsache, dass die Auftraggeberin der Klägerin diese mit einer Aufwandsentschädigung für die
zwischen den Klienten zurückgelegten Entfernungen entschädigt, für die oben vertretene Auffassung.
Ist demgemäß für das Jahr 2004 von einer Arbeitszeit von 12,5 Wochenstunden auszugehen, folgt daraus bei vorausschauender
Betrachtung, dass der wöchentliche Zeitaufwand ab Beginn des Jahres 2005 deutlich mehr als 15 Wochenstunden beträgt, denn
die Klägerin hatte laut Dienstvertrag vom 03. Januar 2005 im Gegensatz zum Dienstvertrag vom 01. Dezember 2003 die Betreuung
von fünf anstatt bis dahin von drei Personen übernommen. Damit ergibt sich weder der Natur der Sache nach noch nach vorausschauender
Betrachtung eine die Kurzzeitigkeitsgrenze unterschreitende Tätigkeit der Klägerin ab Januar 2005.
Dieses Ergebnis entspricht auch den tatsächlichen Umständen. Dies folgt allein aus dem von der Klägerin im Verwaltungsverfahren
vorgelegten Auszahlungsnachweisen (vgl. bspw. Bl. 12, 25, 37, 40 VA). Danach hat die Klägerin beispielsweise für Januar 2005
ein Arbeitshonorar für 57,5 Stunden und eine Fahrkostenerstattung für 820 km erhalten, für Februar 2005 ein Arbeitshonorar
für 54 Stunden und eine Fahrkostenerstattung für 864 km. Nach der oben aufgeführten Berechnungsweise liegt damit die wöchentliche
Arbeitszeit deutlich über 15 Stunden.
Damit übte die Klägerin seit Januar 2005 eine Tätigkeit aus, die die Kurzzeitigkeitsgrenze des §
119 Abs.
3 SGB III überschritt. Mangels Arbeitslosigkeit hat die Beklagte daher einen Anspruch der Klägerin auf Alg zu Recht verneint.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.