Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Klägern im Zeitraum September bis November 2009 Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss statt lediglich als Darlehen zu gewähren sind.
Die miteinander verheirateten, am 00.00.1950 bzw. 00.00.1952 geborenen Kläger zu 1) und 2) bezogen als Bedarfsgemeinschaft
seit Januar 2005 vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger zu 1) ist Eigentümer eines 1983 erbauten Zweifamilienhauses
unter der Anschrift B 00, E (GB-Blatt 1754, Flur 00, Flurstück 000, Gemarkung T, Gemeinde E). Die Grundstücksfläche beträgt
1.454 qm, die Gesamtwohnfläche 185 qm (EG-Wohnung 115 qm, DG-Wohnung 70 qm). Auf dem Grundstück lasten keine Darlehensverbindlichkeiten.
Die Kläger selbst bewohnen die Dachgeschosswohnung, die Erdgeschosswohnung war im streitigen Zeitraum zu einem Mietzins von
350 Euro vermietet. Darüber hinaus ist der Kläger Eigentümer eines Grundstücks von 1.102 qm, ebenfalls Gemarkung T (GB-Blatt
2741, Flur 00, Flurstück 001, Gebäude- und Freifläche). Für dieses Grundstück, für das ein Erbbaurecht eingetragen ist, erhält
der Kläger vom Pächter, der ein grundbuchlich gesichertes Vorkaufsrecht hat, einen monatlichen Erbbauzins von 75,25 Euro.
Auf einen Fortzahlungsantrag vom 05.08.2009 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom selben Tag zunächst vorläufig weitere
Leistungen, teilte jedoch mit, dass das Immobilienvermögen der Kläger, dessen Beurteilung einige Zeit in Anspruch nehme, ggf.
die Hilfebedürftigkeit ausschließe.
Im Folgenden holte der Beklagte eine überschlägige Wertaussage des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis M und
in der Stadt E vom 25.09.2009 ein. Dieser setzte den überschlägigen Verkehrswert auf 170.000 Euro an.
Mit Bescheid vom 04.11.2009 lehnte der Beklagte den Antrag der Kläger auf Leistungsgewährung ab. Das Eigenheim sei verwertbares
Vermögen gem. § 12 SGB II. Es unterfalle nicht dem Verwertungsschutz des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, da die angemessene Wohnfläche
von 90 qm um 83 qm überschritten werde. Auch die Grundstücksfläche liege deutlich über den im ländlichen Bereich als höchstens
angemessen anzusehenden 800 qm. Die Verwertung sei auch weder nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II unwirtschaftlich noch eine
besondere Härte. Unter Abzug der Freibeträge ergebe sich ein Vermögensüberschuss von 151.000 Euro, der zur Vermeidung der
Hilfebedürftigkeit eingesetzt werden könne.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger vom 09.11.2009, in dem diese darauf verwiesen, dass sie selbst nur 70 qm
bewohnen würden und die andere Wohnung unter Anrechnung der Mieteinnahmen durch den Beklagten vermietet sei, wies der Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2009 zurück. Ergänzend zu seiner bisherigen Begründung führte er aus, dass für die Frage
der Angemessenheit der Wohnfläche nicht lediglich die selbst genutzte Wohnfläche, sondern die gesamte Wohnfläche des Wohneigentums
maßgeblich sei.
Für die Zeit ab Dezember 2009 gewährte der Beklagte den Klägern auf ihren Antrag Leistungen in Form eines Darlehens.
Die Kläger haben am 17.12.2009 Klage beim Sozialgericht (SG) Detmold erhoben und beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 04.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2009
aufzuheben und das beklagte Jobcenter zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 01.09.2009 bis 30.11.2009 Leistungen nach dem
SGB II als Zuschuss nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen angeführt,
dass es sich bei dem Haus um Schonvermögen handele und auch der behauptete Verkehrswert unter Beachtung der Marktsituation
im ländlichen Raum und des Standards des maroden Hauses (Sanierungsbedarf) völlig unrealistisch sei. Darüber hinaus sei eine
Verwertung des Hauses wegen einer schweren Darmkrebserkrankung des Klägers 2001 und fehlender Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt
unmöglich. Auch sei Verwirkung eingetreten, da der Beklagte jahrelang beanstandungsfrei Leistungen erbracht habe.
Das SG hat zur Beweiserhebung ein Wertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis M und in der Stadt E vom
26.04.2011 eingeholt. Danach beträgt der Verkehrswert des Zweifamilienhauses zum Stichtag 01.09.2009 145.000 Euro.
Mit Urteil vom 26.07.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Haus stelle verwertbares Vermögen dar. Der ermittelte Vermögenswert von 145.000 Euro übersteige
den Vermögensfreibetrag der Kläger von 18.900 Euro um 126.100 Euro. Das Haus sei auch unangemessen groß, es komme insoweit
entgegen der Auffassung der Kläger nicht auf die tatsächlich selbst genutzte, sondern auf die gesamte Wohnfläche an. Die Verwertung
des Hauses sei weder unwirtschaftlich noch eine besondere Härte.
Gegen das ihnen am 28.07.2011 zugestellte Urteil haben die Kläger am 15.08.2011 Berufung eingelegt. Sie haben insbesondere
darauf hingewiesen, dass die Wertermittlung nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass Aufwendungen für Sanierungen in Höhe
von mindestens 50.000 Euro notwendig seien. Auch werde ein Grundfreibetrag von 8.850 Euro für den Kläger für völlig weltfremd
angesehen. Des Weiteren verkenne das SG, dass das Hausgrundstück des Klägers nicht von diesem allein bewohnt werde, sondern zum Teil vermietet sei. Ferner handele
es sich um unantastbares Schonvermögen, weil der Kläger kraft seines Alters kurz vor der Altersrente stehe und im Übrigen
gesundheitlich angeschlagen sei. Soweit neben dem Zweifamilienhaus ein Erbbaugrundstück im Eigentum des Klägers stehe, sei
dieses erheblich belastet und der Erbbaunutzer habe ein Vorkaufsrecht, das er jedoch wegen eigener Verbindlichkeiten nicht
ausüben könne.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.07.2011 aufzuheben und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte
verwiesen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 04.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16.11.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§
54 Abs.
2 S. 1
Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Kläger haben keinen Anspruch auf zuschussweise Gewährung der ihnen darlehensweise gewährten Leistungen nach dem SGB
II für die Zeit vom 01.09.2009 bis 30.11.2009, da sie im streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1
S. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II waren.
Hilfebedürftig ist gem. § 9 Abs. 1 SGB II (hier in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
vom 20.07.2006, BGBl I, 1706), wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm
in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln, vor allem nicht
(...) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann (...). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Kläger konnten ihren Lebensunterhalt im streitigen Zeitraum aus ihrem zu berücksichtigenden Vermögen sicherstellen.
Der Bedarf der Kläger bestand im streitigen Zeitraum von September 2009 bis November 2009 aus der für sie nach § 20 Abs. 2
S. 1, S. 2 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.03.2006,
BGBl I, 558 in der Bekanntmachung vom 17.06.2009, BGBl I, 1342) maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts
in Höhe von je 323,00 Euro zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung gem. § 22 SGB II in Höhe von 204,70 Euro monatlich.
Hieraus resultierte ein monatlicher Gesamtbedarf in Höhe von 850,70 Euro.
Als Vermögen sind gemäß § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Hierzu gehören das im
Eigentum des Klägers stehende Zweifamilienhaus (GB-Blatt 1754) sowie das Erbbaugrundstück (GB-Blatt 2741). Die Berücksichtigung
des Eigentums des Klägers auch bei der Klägerin folgt aus § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II, wonach bei Personen, die in Bedarfsgemeinschaft
leben, zugleich das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen ist. Bereits das im maßgeblichen Zeitpunkt zum
01.09.2009 mit einem Verkehrswert von 145.000 Euro in Ansatz zu bringende Zweifamilienhaus (§ 12 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB II)
schließt einen Hilfebedarf der Kläger im streitigen Zeitraum aus. Der ermittelte Wert von 145.000 Euro übersteigt den gemäß
§ 12 Abs. 2 SGB II zugunsten der Kläger abzusetzenden Freibetrag erheblich. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II sind vom Vermögen
abzusetzen ein Grundfreibetrag von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners,
mindestens aber jeweils 3.100 Euro. Für den Ende 2009 59 Jahre alten Kläger errechnet sich somit ein Grundfreibetrag von 8.850
Euro, für die damals 57 Jahre alte Klägerin ein Grundfreibetrag von 8.550 Euro. Hinzu kommt gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB
II ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen,
mithin für die Kläger zusammen 1.500 Euro. Vermögen der Kläger ist daher im streitigen Zeitraum unter Abzug des den Klägern
zustehenden Vermögensfreibetrages von 18.900 Euro - allein im Hinblick auf das Zweifamilienhaus - mit 126.100 Euro zu berücksichtigen.
Soweit die Kläger mit ihrer Berufung den Grundfreibetrag von 8.850 Euro für den Kläger für "weltfremd" halten, kann diese
subjektive Einschätzung nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Die Höhe des Grundfreibetrages ist im Gesetz ausdrücklich
und klar verständlich geregelt und somit sowohl von der Verwaltung als auch den Gerichten grundsätzlich anzuwenden. Eine etwaige
Verfassungswidrigkeit der Vorschrift ist weder von den Klägern behauptet oder gar substantiiert dargelegt worden noch aus
sonstigen Gründen ersichtlich (vgl ebenso BSG Urteil vom 13.05.2009 - B 4 AS 58/08 R Rn 25 - BSGE 103, 153). Vielmehr ist zu beachten, dass dem Gesetzgeber insbesondere bei der - wie hier - gewährenden bzw. darreichenden Staatstätigkeit
ein weiter Gestaltungsspielraum zuzuerkennen ist (BVerfG, Beschluss vom 22.05.2003 - 1 BvR 452/99 Rn 17 - FamRZ 2003, 1084 ff.; Beschluss vom 14.03.2001 - 1 BvR 1931/96 Rn 29; Beschluss vom 10.11.1998 - 1 BvL 50/92 Rn 63 - BVerfGE 99, 165 ff.; Beschluss vom 26.04.1988 - 1 BvL 84/86 Rn 47 - BVerfGE 78, 104 ff.; Beschluss vom 13.01.1982 - 1 BvR 848/70 Rn 67 - BVerfGE 59, 231 ff.), weil sozialpolitische Entscheidungen grundsätzlicher Art zu treffen sind (BVerfG, Beschluss vom 22.05.2003 - 1 BvR 452/99 Rn 17 - FamRZ 2003, 1084 ff.; vgl. hierzu auch insgesamt LSG NRW Urteil vom 25.01.2011 - L 6 AS 413/10 Rn 27; vgl. auch ähnlich BSG Urteil vom 09.12.2004 - B 7 AL 30/04 R Rn 21 - Breith 2005, 509 zu den Freibeträgen der Arbeitslosenhilfeverordnung).
Das Zweifamilienhaus des Klägers ist nicht gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II von der Verwertung ausgenommen, da es sich
nicht um ein durch diese Vorschrift privilegiertes selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende
Eigentumswohnung handelt. Dahinstehen kann, ob ein Mehrfamilienhaus bereits grundsätzlich nicht von der Privilegierungsvorschrift
erfasst wird (so Löns in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 12 Rn 25). Das dem Kläger gehörende Hausgrundstück kann
jedenfalls nicht als "angemessen groß" angesehen werden. Der Grenzwert eines gem. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II noch geschützten
selbst genutzten Hausgrundstücks liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Anlehnung an § 39 des Zweiten Wohnungsbaugesetzbuchs
vom 19.08.1994 (BGBl I, 2137) bei etwa 130 qm für einen Vierpersonenhaushalt abzüglich bzw. zuzüglich 20 qm für jede Abweichung
von der Personenzahl. Entsprechend liegt bei einem Zweipersonenhaushalt wie dem der Kläger die angemessene Größe bei ca. 90
qm (vgl. z.B. BSG Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b 34/06 R Rn 27 - BSGE 100, 186; BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 25 - 98, 243). Die tatsächliche Gesamtwohnfläche des dem Kläger gehörenden Hauses von 185 qm, die diese Grenze um mehr
als das Doppelte übersteigt, ist somit unangemessen. Ist bereits die Wohnfläche unangemessen, so kann dahinstehen, ob - was
hier naheliegt - das Zweifamilienhaus auch im Hinblick auf die Grundstücksfläche von 1.454 qm als unangemessen anzusehen ist
(vgl. hierzu BSG Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b 34/06 R Rn 27 - BSGE 100, 186: 1.000 qm wohl unangemessen; vgl. auch BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 27 - BSGE 09, 243).
Entgegen der Auffassung der Kläger ist nicht allein die Wohnfläche der selbst genutzten Wohnung, sondern die Wohnfläche des
gesamten Eigentums maßgeblich (vgl. BSG Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R; ebenso Urteil des erkennenden Senats vom 12.12.2007 - L 12 SO 12/07; LSG NRW Urteil vom 01.06.2010 - L 6 AS 15/09 Rn 27; Löns in Löns/Herold-Tews, aaO., § 12 Rn 25). Ob das Hausgrundstück teilbar ist, ist keine Frage der Angemessenheit
der Größe im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II, sondern erst bei der Verwertbarkeit eines unangemessenen Hausgrundstücks
als einer Form der möglichen Verwertung zu berücksichtigen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 06.04.2011 - L 12 AS 42/07 Rn 50; LSG NRW Urteil vom 01.06.2010 - L 6 AS 15/09 R Rn 27; vgl. auch BSG Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b 34/06 R Rn 29 - BSGE 100, 186 bei unangemessener Grundstücksgröße). Entsprechend kann auch die Tatsache, dass die Erdgeschosswohnung vermietet ist und
die Mieteinkünfte vom Beklagten angerechnet werden, bei der Frage der Angemessenheit des Hauses keine Berücksichtigung finden.
Die Vermietung stellt wie die Teilung eines Grundstücks bzw. Hauses eine Form der Verwertung dar, bietet aber keinen Ansatz
zur Erhöhung der angemessenen Wohnfläche. Wählt der Hilfebedürftige die Vermietung eines Teils seines Eigentums als Maßnahme
zur Deckung seines Lebensunterhalts, so kann dies an der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche nichts ändern und ein unangemessen
großes Hausgrundstück dadurch nicht zu Schonvermögen im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II werden. Gelingt es dem Leistungsberechtigten,
seinen Hilfebedarf durch die Einkommenserzielung aus Vermietung gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ganz zu decken, entfällt die Leistungsberechtigung
nach dem SGB II und damit die Notwendigkeit, die Angemessenheit des Hausgrundstücks zu überprüfen. Gelingt dem Leistungsberechtigten
die Bedarfsdeckung durch die Vermietung - wie hier - jedoch nicht, steht die Frage der Berücksichtigung des Hausgrundstücks
und dessen Verwertung im Raum, weil der Hilfebedürftige regelmäßig die Verwertungsart zu wählen hat, die den höchsten Deckungsbeitrag
erbringt (BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 31 - BSGE 98, 243).
Anhaltspunkte dafür, dass das Zweifamilienhaus bereits grundsätzlich nicht verwertbar wäre (vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 SGB II),
sind nicht erkennbar. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen
als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 29 m.w.N. - BSGE 98, 243). Zu beachten ist, dass die Verwertung eines Grundstücks in mehrfacher Form möglich ist, etwa durch Veräußerung, aber auch
durch Belastung (BSG aaO., Rn 31 m.w.N.). Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensbestandteile, für die in absehbarer Zeit
kein Käufer zu finden sein wird, sei es, dass Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder dass zB ein Grundstück
infolge sinkender Immobilienpreise über den Marktwert hinaus belastet ist. Rechtlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand,
für den Verfügungsbeschränkungen bestehen, deren Aufhebung der Hilfebedürftige nicht erreichen kann (BSG aaO. Rn 31 m.w.N.).
Rechtliche Verfügungsbeschränkungen bestehen insbesondere ausweislich der Grundbucheinträge nicht. Die tatsächliche Verwertungsmöglichkeit
des gesamten Hausgrundstücks ergibt sich aus dem im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten, wonach das Zweifamilienhaus
prognostisch in einem Zeitraum von ca. 4 Monaten zu einem Verkehrswert von 145.000 Euro veräußert werden könnte. Die Kläger
haben keine Tatsachen vorgetragen, die ernsthafte Zweifel an dieser Verwertbarkeit begründen könnten, vielmehr eine Verwertung
im streitgegenständlichen Zeitraum nicht einmal versucht. Darüber hinaus ist von den Klägern auch weder dargetan noch aufgrund
sonstiger Besonderheiten ersichtlich, warum eine Belastung des Hausgrundstücks oder aber auch eine Teilung in zwei Wohnungen
unter Verkauf der Wohnung im Erdgeschoss mit dann angemessener eigener Wohnung im Dachgeschoss nicht in Betracht gekommen
wäre.
Das Hausgrundstück bleibt auch nicht nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II als (Schon-) Vermögen unberücksichtigt. Die Verwertung
des Zweifamilienhauses (bzw. eines Teils davon) ist weder offensichtlich unwirtschaftlich noch bedeutet sie für die Kläger
eine besondere Härte. "Offensichtliche Unwirtschaftlichkeit" und "besondere Härte" sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die der
vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die Anforderungen sind nach der vom Gesetzgeber herangezogenen Begriffswahl
"offensichtlich" und "besonders" ausdrücklich hoch (Löns in Löns/Herold-Tews, aaO., § 12 Rn 35).
Die Verwertung von Vermögen ist als unwirtschaftlich anzusehen, wenn sie einer vernünftigen - allerdings nicht auf jeden finanziellen
Vorteil bedachten - Wirtschaftsweise in besonderem Maße widerspricht (Löns in Löns/Herold-Tews, aaO., § 12 Rn 36 unter Verweis
auf BSG Urteil vom 09.12.2004 - B 7 AL 30/04 R - Breith 2005, 509). Vorzunehmen ist also eine rein wirtschaftlich-ökonomische Betrachtung, die sich daran orientiert, ob ein rational und ökonomisch
Handelnder (jetzt) die Verwertung vornehmen oder unterlassen würde (BSG aaO. Rn 15; Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 6/07 R Rn 20 - SozR 4-4200 § 12 Nr. 9). Dahinstehen bleiben kann im vorliegenden Fall, ob von einer Unwirtschaftlichkeit ggf.
dann ausgegangen werden kann, wenn der erzielbare Veräußerungswert deutlich unter den Erstellungskosten (vom BSG zum Teil
als "Substanzwert" oder "wirklicher Wert" bezeichnet) liegt (vgl. z.B. BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 40 m.w.N. - BSGE 98, 243; vgl. auch Löns in Löns/Herold-Tews, aaO. Rn 37; BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 40 m.w.N. - BSGE 98, 243). Derartige Erstellungskosten hat der Kläger, der das Hausgrundstück von seiner Mutter übertragen bekommen hat, nicht aufgewendet.
Die Verwertung stellt für die Kläger keine besondere Härte dar. Wann von einer "besonderen Härte" iS des § 12 Abs. 3 Satz
1 Nr. 6 SGB II auszugehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei maßgebend nur außergewöhnliche Umstände
sein können, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs.
1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Dabei gilt
im SGB II ein strengerer Maßstab als im Recht der Sozialhilfe, in dem die Leistungsbewilligung nicht vom Einsatz und der Verwertung
des Vermögens abhängig gemacht werden darf, wenn dies für den Anspruchsteller oder seine Angehörigen "eine Härte bedeuten
würde" (BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 34 m.w.N. - BSGE 98, 243). Für die Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II müssen daher außergewöhnliche Umstände vorliegen, die dem Betroffenen
ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen
Einschnitte (nach BSG z.B. Betreuungspflege bedürftiger Personen, vgl. BSG aaO. Rn 35 oder bei langjährig Selbstständigem
mit Kumulation von mehreren Belastungen und Risiken durch Versorgungslücke, Behinderung, höherem Lebensalter, Berufsausbildung,
vgl. BSG Urteil vom 07.05.2009 - B 14 AS 35/08 R). Dies machen auch die Gesetzesmaterialien deutlich. Hiernach liegt ein Härtefall iS des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative
2 SGB II zB dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge
einsetzen müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist (BT-Drucks 15/1749, S 32).
Dem kann entnommen werden, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall nicht allein der Verlust der Altersvorsorge
und dessen Zeitpunkt, sondern beides auch nur zusammen mit der Versorgungslücke eine besondere Härte darstellt. Es sind also
nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken
zu prüfen (BSG 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R Rn 35 m.w.N. - BSGE 98, 243). Derartige besondere Umstände liegen hier nicht vor. Im Zeitpunkt des Beginns der streitigen Leistungszahlung (September
2009) war der Kläger 59 Jahre, die Klägerin 57 Jahre, mithin mit ca. 6 bzw. 8 Jahren noch weit vom Regelrentenalter entfernt.
Dahinstehen bleiben kann, ob eine vorzeitige Berentung zu berücksichtigen wäre, da eine entsprechende Entscheidung des Rentenversicherungsträgers
weder bevorstand noch damals überhaupt beantragt war. Inwiefern der Gesundheitszustand des Klägers eine besondere Härte der
Verwertung bedingen könnte, ist nicht ersichtlich und von den Klägern auch nicht substantiiert worden. Selbst wenn man davon
ausginge - was nach Aktenlage Spekulation ist -, dass dem Kläger wegen seiner Erkrankung in 2009 ein Umzug unzumutbar gewesen
wäre, so kann dies schon deshalb keine besondere Härte im Sinn von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II begründen, weil ein Umzug
der Kläger bei Teilverwertung des Hauses durch Schaffung von zwei Wohnungen und Verkauf der einen, nicht notwendig gewesen
wäre. Ferner konnte der Senat vor diesem Hintergrund offen lassen, ob nicht auch ein Verkauf des Erbpachtgrundstücks in Betracht
gekommen wäre und welchen Wert dieses Grundstück ggf. gehabt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger wäre hierbei unmaßgeblich,
ob der Erbbaupächter selbst die finanziellen Mittel hat, sein eingetragenes Vorkaufsrecht auszuüben.
Die Kläger können einen Anspruch auf zuschussweise Leistungen darüber hinaus nicht daraus ableiten, dass der Beklagte ihnen
in den Jahren vor dem streitigen Leistungszeitraum trotz des auch damals bereits vorhandenen Vermögens Leistungen gewährt
hat. Ein Vertrauensschutz in die Weitergewährung von - womöglich zuvor rechtswidrig - gezahlten Leistungen besteht grundsätzlich
nicht und ergibt sich auch nicht aus den zuvor erlassenen Leistungsbescheiden. Diese beschränkten sich in ihren Verfügungssätzen
ausdrücklich auf den jeweiligen Bewilligungsabschnitt. Mit Ablauf dieser Bewilligungsabschnitte erledigten sich die entsprechenden
Verwaltungsakte gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), so dass Leistungsansprüche für Folgezeiträume jeweils wieder eigenständig zu prüfen waren. Ein schutzwürdiges Vertrauen
der Kläger in die Fortgewährung von Leistungen trotz Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II existiert nicht
(vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 06.04.2011 - L 12 AS 42/07 Rn 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht als gegeben angesehen (§
160 Abs.
2 SGG).