Anspruch auf Arbeitslosengeld; Ruhen aufgrund eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt; Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs
nur nach Anhörung
1. Hat der Arbeitgeber noch ausstehendes Arbeitsentgelt trotz eines Rechtsübergangs auf die Bundesagentur mit befreiender
Wirkung an den Arbeitslosen gezahlt, hat der Arbeitslose der Bundesagentur das diesem Betrag entsprechende, im Wege der sog.
Gleichwohlgewährung geleistete Arbeitslosengeld zu erstatten.
2. Überweist ein Arbeitgeber noch ausstehendes Arbeitsentgelt trotz Kenntnis über den Forderungsübergang nach § 115 SGB X an den Arbeitslosen, kann die Behörde diese Verfügung genehmigen und damit den Weg zu einem Erstattungsanspruch nach §
157 Abs.
3 S. 2
SGB III, der inhaltlich §
816 Abs.
2 BGB entspricht und der auf die Herausgabe des vom Arbeitslosen nach dem Forderungsübergang auf die Bundesagentur zu Unrecht erlangten
Arbeitsentgelts in Höhe des Arbeitslosengeldes gerichtet ist, ebnen.
3. Eine Nachholung der Anhörung parallel zum gerichtlichen Verfahren setzt ein eigenständiges, nicht notwendigerweise formelles,
Verwaltungsverfahren voraus, in dessen Rahmen die beklagte Behörde dem Kläger in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung
zu den entscheidungserheblichen Tatsachen gegeben hat. Dies hat in der Regel dadurch zu erfolgen, dass die Behörde den Kläger
in einem gesonderten Anhörungsschreiben alle Haupttatsachen mitteilt, auf die sie die belastende Entscheidung stützen will
und sie ihm eine angemessene Frist zur Äußerung setzt. Ferner ist erforderlich, dass die Behörde das Vorbringen des Betroffenen
zur Kenntnis nimmt und sich abschließend zum Ergebnis der Überprüfung äußert, sie insbesondere zu erkennen gibt, ob sie nach
erneuter Prüfung am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält.
4. Der übliche Austausch von Schriftsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren unter Wiedergabe der jeweils gegensätzlichen Standpunkte
genügt den Anforderungen einer Nachholung der Anhörung im Sinne eines eigenständigen Verwaltungsverfahrens nicht.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin vom 30.12.2014 (per Fax eingegangen am gleichen
Tag) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.11.2014, der Klägerin zugestellt am 03.12.2014, ist begründet.
Das Sozialgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin für die Durchführung des Klageverfahrens gegen den Erstattungsbescheid
der Beklagten vom 10.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2014 Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
1.) Gemäß §
73a Abs.
1 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes - (
SGG) i.V.m. §§
114 ff. der
Zivilprozessordnung - (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist
dann gegeben, wenn - bei summarischer Prüfung - eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache - auch im Sinne eines
Teilerfolges - besteht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
73a Rn. 7 ff., m.w.N.). Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten jedoch nicht überspannt werden (vgl. BVerfG,
Beschl. v. 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347 [356 ff.]). Hinreichende Erfolgsaussichten sind grundsätzlich zu bejahen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer
schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt (BVerfG - a.a.O.) oder wenn von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen
sind, bevor die streiterheblichen Fragen abschließend beantwortet werden können, und keine konkreten und nachvollziehbaren
Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ermittlungen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen
würden (vgl. BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20.02.2001 - 1 BvR 1450/00 -, [...] Rn. 12; Senat, Beschl. v. 28.05.2013 - L 9 AS 541/13 B -, [...] Rn. 4).
In Anwendung dieser Grundsätze kann der Klage gemessen an dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt
der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs bzw. der Entscheidung des Gerichts hinreichende Erfolgsaussicht zugebilligt
werden, weil sich der angegriffene Bescheid der Beklagten als formell rechtswidrig erweist. Es fehlt an einer Anhörung, welche
gemäß § 24 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) vor Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes durchzuführen ist und deren Fehlen bislang auch nicht nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB X im sozialgerichtlichen Verfahren geheilt worden ist (s. unter c.). Eine hinreichende Erfolgsaussicht kann jedoch nicht auf
die Verletzung materiellen Rechts gestützt werden (s. unter a. und b.).
a) Die Beklagte hat ihr Erstattungsbegehren in Höhe von 833,45 EUR für die Zeit vom 31.05.2012 bis 17.08.2012 zu Recht auf
§
157 Abs.
3 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III) gestützt. In diesem Zeitraum hat der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld gemäß §
157 Abs.
1 SGB III wegen eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber geruht (s. auch arbeitsgerichtlicher Vergleich
vom 04.06.2013). Da der Arbeitgeber auf diesen Anspruch der Klägerin jedoch zunächst nicht geleistet, vielmehr erst im Juli
2013 nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gezahlt hat, hat die Beklagte für den o.a. Zeitraum nach §
157 Abs.
3 Satz 1
SGB III Arbeitslosengeld im Wege der sog. Gleichwohlgewährung (sowie nach Aufhebung diverser Sperrzeitbescheide über eine Nachzahlung)
geleistet. Damit war der Anspruch der Klägerin (= Arbeitnehmerin) gegen den Arbeitgeber auf die Beklagte bis zur Höhe der
erbrachten Sozialleistungen für diesen Zeitraum gemäß § 115 Abs. 1 - SGB X - übergegangen. Hat der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt trotz dieses Rechtsübergangs auf die Bundesagentur mit befreiender
Wirkung an den Arbeitslosen (= Klägerin) gezahlt, hat der Arbeitslose der Bundesagentur (= Beklagte) das diesem Betrag entsprechende
Arbeitslosengeld zu erstatten, §
157 Abs.
3 Satz 2
SGB III. Zwar hat der frühere Arbeitgeber der Klägerin im Juli 2013 dieser gegenüber zunächst nicht mit befreiender Wirkung (vgl.
§§
412,
407 BGB) geleistet, weil er durch die Beklagte nach Lage der Akten bereits mit Schreiben vom 07.11.2012 auf den Forderungsübergang
nach § 115 SGB X hingewiesen worden ist und somit Kenntnis hiervon hatte. Die Beklagte hat diese Verfügung des Arbeitgebers in ihrer Eigenschaft
als Gläubigerin des auf sie übergegangenen Anspruchs jedoch nach Maßgabe der §§
362 Abs.
2,
185 Abs.
2 BGB im Widerspruchsbescheid vom 26.06.2014 rückwirkend genehmigt und konnte bzw. durfte dies ob ihrer Stellung als materielle
Anspruchsinhaberin (§ 115 SGB X) nach zivilrechtlichen Grundsätzen auch (st. Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 14.07.1994 - 7 RAr 104/93 -, [...] Rn. 21 m.w.N.). Da die Genehmigung ausschließlich zivilrechtlicher Natur ist und daher keinen Verwaltungsakt (§
31 SGB X) darstellt (BSG, Beschl. v. 04.12.2000 - B 11 AL 213/00 B -, [...] Rn. 2), war es der Beklagten auch materiell-rechtlich unbenommen, die Genehmigung erst im Rahmen des Widerspruchsbescheids
gegenüber der Klägerin zu erklären und damit über deren schuldbefreiende Wirkung den Weg zu einem Erstattungsanspruch nach
§
157 Abs.
3 Satz 2
SGB III, der inhaltlich §
816 Abs.
2 BGB entspricht und der auf die Herausgabe des vom Arbeitslosen nach dem Forderungsübergang auf die Bundesagentur zu Unrecht erlangten
Arbeitsentgelts in Höhe des Arbeitslosengeldes gerichtet ist (vgl. nur BSG, Urt. v. 14.09.1990 - 7 RAr 128/89 -, [...] Rn. 26), zu ebnen.
b) Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 10.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2014 ist auch
nicht deswegen materiell rechtswidrig und aufzuheben, weil die Beklagte ihre Erstattungsforderung gegenüber der Klägerin im
Ausgangsbescheid - insoweit unzutreffend - auf § 50 Abs. 1 SGB X gestützt und erst im Widerspruchsbescheid - zutreffend - ausgeführt hat, dass sich die Erstattungspflicht aus §
157 Abs.
3 Satz 2
SGB III ergibt. Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, ist Gegenstand der vorliegenden Anfechtungsklage der ursprüngliche
Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§
95 SGG), so dass sich der mit der Benennung des § 50 Abs. 1 SGB X zu Tage getretene Begründungsfehler (nur) im Ausgangsbescheid materiell-rechtlich nicht auswirken kann. Im Übrigen unterliegt
die mit einem Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) getroffene Regelung der gerichtlichen Kontrolle am Maßstab des objektiven Rechts. Aus diesem Grunde ist die regelmäßig im
Verfügungs- bzw. Entscheidungssatz zum Ausdruck gekommene Regelung (hier: Erstattung) gerichtlich unter jedem in Betracht
kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu überprüfen. Bloße Begründungsmängel oder Begründungsfehler wirken sich bei gebundenen
Verwaltungsakten auf die Rechtmäßigkeit der Regelung selbst nicht aus und rechtfertigen grundsätzlich nicht die Aufhebung
des angefochtenen Verwaltungsaktes (BSG, Urt. v. 29.06.2000 - B 11 AL 85/99 R -, [...] Rn. 20 m.w.N.).
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Beklagte neben oder gar anstelle ihrer Erstattungsforderung nach §
157 Abs.
3 Satz 2
SGB III die Bewilligung des Arbeitslosengeldes für den betreffenden Zeitraum (rückwirkend) nach § 45 oder § 48 SGB X aufgehoben hätte, was in einer solchen Konstellation weder erforderlich noch gerechtfertigt gewesen wäre (vgl. nur BSG, Urt. v. 14.07.1994 - 7 RAr 104/93 -, [...] Rn. 21 m.w.N.); auch eine Umdeutung einer zu Unrecht auf §§ 45 ff. SGB X gestützten Aufhebung der Bewilligungsentscheidung und der aus diesem Grund zu Unrecht mit § 50 SGB X begründeten Erstattung von Arbeitslosengeld in eine solche nach §
157 Abs.
3 Satz 2
SGB III wäre mangels Erfüllung der Voraussetzungen (s. § 43 Abs. 1 SGB X) nicht in Betracht gekommen (s. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 11.02.2003 - L 13 AL 4706/01 -, [...] Rn. 13). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor, da die Beklagte zu keinem Zeitpunkt die ursprüngliche
Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 31.05.2012 bis 17.08.2012 aufgehoben oder zurückgenommen hat. Sie hat im
Gegenteil mit Änderungsbescheid vom 06.01.2014 ausdrücklich festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin im o.a. Zeitraum
geruht hat, weil sie von ihrem bisherigen Arbeitgeber Arbeitsentgelt für die betreffende Zeit erhalten bzw. zu beanspruchen
gehabt habe. Mithin hat sich die Darstellung im (späteren) Ausgangsbescheid vom 10.03.2014, nämlich dass die Bewilligung von
Arbeitslosengeld ab 31.05.2012 wegen Aufnahme einer Beschäftigung aufgehoben worden sei - eine Aufhebung ist entgegen der
Behauptung der Klägerin mit diesem Bescheid gerade nicht vorgenommen, sondern als Grundlage für die Erstattungsforderung vorausgesetzt
worden -, als erkennbar unzutreffend erwiesen, was jedoch auf die materielle Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Beklagten keine
Auswirkungen hat (s.o.).
c) Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist jedoch wegen unterbliebener Anhörung der Klägerin formell rechtswidrig. Die
Beklagte darf den Anspruch auf Erstattung aus §
157 Abs.
3 Satz 2
SGB III durch Verwaltungsakt nur nach Anhörung (§ 24 SGB X) des Arbeitnehmers geltend machen (s. BSG, Urt. v. 14.07.1994 - 7 RAr 104/93 -, [...] Rn. 21). An einer solchen Anhörung fehlt es vorliegend jedoch, denn die Beklagte hat erstmals im Widerspruchsbescheid
vom 26.06.2014 den Erstattungsanspruch auf diese Rechtsgrundlage gestützt und der Klägerin insoweit weder im Verwaltungs-
noch im Widerspruchsverfahren Gelegenheit gegeben, sich zu dieser aus Sicht der Beklagten entscheidungserheblichen Tatsache
sachgerecht zu äußern (s. BSG, a.a.O. -, [...] Rn. 24). Die Anhörung war auch nicht nach § 24 Abs. 2 SGB X entbehrlich; insbesondere liegt hier kein Fall des § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X vor, weil es nicht um die Anpassung einkommensabhängiger Leistungen an geänderte Verhältnisse geht, sondern einen Erstattungsanspruch
im Zuge des Ruhens eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld.
Dieser Verfahrensfehler ist auch bislang nicht nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB X im sozialgerichtlichen Verfahren geheilt worden. Die Nachholung der fehlenden Anhörung setzt außerhalb des Verwaltungsverfahrens
voraus, dass die Handlungen, die an sich nach § 24 Abs. 1 SGB X bereits vor Erlass des belastenden Verwaltungsaktes hätten vorgenommen werden müssen, von der Verwaltung bis zum Abschluss
der gerichtlichen Tatsacheninstanz (§ 41 Abs. 2 SGB X) vollzogen werden. Eine Nachholung der Anhörung parallel zum gerichtlichen Verfahren setzt ein eigenständiges, nicht notwendigerweise
formelles, Verwaltungsverfahren voraus, in dessen Rahmen die beklagte Behörde dem Kläger in angemessener Weise Gelegenheit
zur Äußerung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen gegeben hat. Dies hat in der Regel dadurch zu erfolgen, dass die Behörde
den Kläger in einem gesonderten Anhörungsschreiben alle Haupttatsachen mitteilt, auf die sie die belastende Entscheidung stützen
will und sie ihm eine angemessene Frist zur Äußerung setzt. Ferner ist erforderlich, dass die Behörde das Vorbringen des Betroffenen
zur Kenntnis nimmt und sich abschließend zum Ergebnis der Überprüfung äußert, sie insbesondere zu erkennen gibt, ob sie nach
erneuter Prüfung am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält (s. BSG, Urt. v. 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 R -, [...] Rn. 15; BSG, Urt. v. 07.07.2011 - B 14 AS 153/10 R -, [...] Rn. 26; Senat, Beschl. v. 30.01.2013 - L 9 AL 246/12 B -, [...] Rn. 11).
Ein solches, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bewusst formalisiert ausgestaltetes Anhörungsverfahren hat parallel
zum sozialgerichtlichen Verfahren bislang nicht stattgefunden. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Beklagte im sozialgerichtlichen
Verfahren mit Schriftsatz vom 01.10.2014 ausgeführt hat, dass die Rechtsgrundlage für die Erstattung im Widerspruchsbescheid
vom 26.06.2014 richtiggestellt worden und sie berechtigt gewesen sei, eine nachträgliche Genehmigung einer ohne befreiende
Wirkung erfolgten Zahlung der auf sie übergegangenen Ansprüche durch den Arbeitgeber an die Klägerin und damit die Voraussetzung
für den Erstattungsanspruch nach §
157 Abs.
3 SGB III herbeizuführen. Der übliche Austausch von Schriftsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren unter Wiedergabe der jeweils gegensätzlichen
Standpunkte (s. auch Schriftsatz der Klägerin vom 29.10.2014 und Schriftsatz der Beklagten vom 20.11.2014) genügt den Anforderungen
einer Nachholung der Anhörung im Sinne eines eigenständigen Verwaltungsverfahrens nicht. Das Anhörungsrecht verfolgt den Zweck,
das rechtliche Gehör im Verwaltungsverfahren jedenfalls dann zu gewährleisten, wenn in die Rechte eines Beteiligten eingegriffen
werden soll. Es dient der Stärkung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Bürger und der Sozialverwaltung und dem Schutz
vor Überraschungsentscheidungen. Es verkörpert somit keinen leeren Formalismus, sondern dient der Verwirklichung prozeduraler
Gerechtigkeit (Senat, Beschl. v. 30.01.2013 - L 9 AL 246/12 B -, [...] Rn. 15). Für den Erstattungsanspruch des §
157 Abs.
3 Satz 2
SGB III gilt dies auch vor dem Hintergrund, dass die Voraussetzungen für diesen Anspruch erst mit der Genehmigung der Zahlung des
Arbeitgebers an die (nicht berechtigte) Klägerin durch die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 26.06.2014 selbst geschaffen
worden sind und der Klägerin gerade bei einer solchen Konstellation durch eine Anhörung hätte Gelegenheit gegeben werden müssen,
auf die Willensbildung der Beklagten mit Blick auf das ihr durch die Genehmigung eröffnete Wahlrecht bezüglich des Schuldners
des Arbeitsentgelts (vgl. hierzu Düe, in: Brand,
SGB III, 6. Aufl. 2012, §
157 Rn. 44 m.w.N.) einzuwirken.
d) Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht auch nicht entgegen, dass die Klage im Falle rechtmäßiger Nachholung des Anhörungsverfahrens
im Ergebnis erfolglos bleiben könnte, weil sich der angefochtene Bescheid als materiell rechtmäßig erweist. Zwar kann eine
unterbliebene Anhörung gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden; das Gericht kann das Verfahren hierzu ggf. auch auf
Antrag gem. §
114 Abs.
2 Satz 2
SGG aussetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist. Eine nachträgliche Unbeachtlichkeit ("Heilung")
eines Anhörungsfehlers gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X ändert aber nichts daran, dass die Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung der Erfolgsaussichten (s.o.) wegen der
formellen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (s. Senat, Beschl. v. 30.01.2013 -
L 9 AL 246/12 B -, [...] Rn. 12).
2.) Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung
aufzubringen (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
115 ZPO), so dass ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.
3.) Die Beiordnung folgt unabhängig vom Wert des Streitgegenstandes im Hinblick auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage
aus §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
121 Abs.
2 ZPO.
4.) Die Kostenentscheidung beruht auf §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO.
5.) Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar, §
177 SGG.