Rechtmäßigkeit der Entziehung einer Verletztenrente in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Wegfall einer Minderung
der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H.
Kein Anspruch auf Heilbehandlung gemäß § 26 SGB VII in Form eines Persönlichen Budgets gemäß § 17 SGB IX als Arbeitgebermodell bei einer Leistungserbringung durch die Ehefrau
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Persönlichen Budgets und über die Rechtmäßigkeit der Entziehung der dem
Kläger gewährten Verletztenrente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013.
Der 1960 geborene Kläger erlitt im Rahmen seiner Tätigkeit als Kranführer am 28. März 2002 einen Arbeitsunfall. Er stand am
Rande einer etwa drei Meter tiefen Baugrube, als plötzlich der Sand nachgab und der Kläger in die Grube stürzte. Dabei fiel
ihm ein schwerer Stein auf seinen Arbeitshelm mit der Folge, dass eine kurze Bewusstlosigkeit eintrat. Er zog sich dabei ein
Schädelhirntrauma sowie eine begleitende Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) zu.
Mit Bescheid vom 24. März 2005 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 28. März 2002 als Arbeitsunfall an und gewährte dem
Kläger wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe
von 30 v. H. ab dem 1. Januar 2005 bis auf weiteres. Als Folge des Arbeitsunfalles erkannte die Beklagte eine posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS) an.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2006 und Widerspruchsbescheid vom 14. November 2006 nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 24.
März 2005 (irrtümlich bezeichnet als Bescheid vom 25. März 2005) teilweise zurück und stellte die Höhe der Verletztenrente
des Klägers ab dem 1. Januar 2005 neu fest. Die dagegen erhobene Klage (S 3 [17] U 176/06, Sozialgericht Lübeck) erklärten die Beteiligten übereinstimmend für erledigt, nachdem die Beklagte den Bescheid vom 6. November
2008 erlassen hatte, mit dem sie dem Kläger unter Rücknahme ihrer Bescheide vom 24. März 2005 (irrtümlich bezeichnet als Bescheid
vom 25. März 2005) und 12. Oktober 2006 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE in Höhe von 30 v. H. ab dem
1. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2006, nach einer MdE in Höhe von 50 v. H. ab dem 1. Februar 2006 bis zum 28. Februar 2007
und nach einer MdE in Höhe von 70 v. H. ab dem 1. März 2007 bis auf weiteres gewährte. Als Folge des Arbeitsunfalls erkannte
die Beklagte weiterhin eine PTBS an.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 beantragte der Kläger die Gewährung eines Persönlichen Budgets gemäß § 17 Sozialgesetzbuch
(SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung
vom 21. März 2005 (a. F.). Mehrere voll-, teilstationäre und ambulante Therapien hätten nicht zu einer Besserung der PTBS
geführt. Nach Abbruch verschiedener Therapiebemühungen habe er eine ambulante therapeutische Behandlung im häuslichen Umfeld
unter Begleitung durch Dr. S___________ vom Johanniter Krankenhaus G________ unter intensiver Einbindung seiner Ehefrau in
die Betreuungs- und Therapieleistungen begonnen. Dies habe bei ihm zu einer spürbaren Entlastung geführt; insoweit verweise
er auf ein ärztliches Attest Dr. S___________. Nach dessen Ansicht sei die Beibehaltung der Therapie im häuslichen Umfeld
mit Unterstützung seiner Ehefrau, die dafür ihre berufliche Tätigkeit habe reduzieren und Verdienstausfälle hinnehmen müssen,
zur Stabilisierung seines Zustandes dringend indiziert. Des Weiteren benötige er eine Begleitung zur Teilhabe am Leben in
der Gemeinschaft, z. B. für Besuche auf einem Hundeplatz und die Teilnahme an Skatveranstaltungen und Fußballspielen.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Persönlichen Budgets ab. Nach den vorliegenden
ärztlichen Unterlagen werde die Fortführung der Therapie in einer tagesklinischen psychiatrischen Abteilung eines geeigneten
Krankenhauses für zielführend erachtet. Die Einbindung der Ehefrau des Klägers als Bezugsperson für therapeutische Handlungen
sei medizinisch nicht indiziert und entspreche nicht dem ursprünglichen Therapiekonzept.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 18. Januar 2010. Unter Bezugnahme auf den Bericht der ihn behandelnden
Ärzte Dres. H_______ und S___________ vom 19.12.2009 machte er geltend, dass die Einrichtung eines Persönlichen Budgets geeignet
sei, eine Stabilisierung und Verbesserung seines Gesundheitszustandes zu erreichen, und begründete dies näher.
Mit Bescheid vom 18. April 2011 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 15. Dezember 2009 mit der Begründung auf, dass sie darin
nicht über den Grundanspruch, der budgetiert werden solle, entschieden habe.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er Anspruch auf Leistungen
im Rahmen der Heilbehandlung gemäß §
26 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII) - habe, lehnte jedoch erneut die Gewährung dieser Leistung in Form eines Persönlichen Budgets ab. Nach den vorliegenden
ärztlichen Unterlagen sei es erforderlich, dass der Kläger Ergotherapie, psychiatrische Behandlung und psychologische Betreuung
erhalte. Diese Kosten würden gemäß §
26 SGB VII in Verbindung mit §
30 SGB VII übernommen. Allerdings könne die Gewährung eines Budgets für psychologische und ergotherapeutische Behandlungsmaßnahmen nur
erfolgen, wenn diese Leistungen durch geeignetes Fachpersonal erbracht würden. Die Ehefrau des Klägers verfüge nicht über
eine Ausbildung zur Ergotherapeutin oder über eine psychologische Qualifizierung, so dass schon aus diesem Grund ein Budget
nicht gewährt werden könne.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 26. Mai 2011, mit dem er sein bisheriges Vorbringen wiederholte
und vertiefte. Er nehme die Hilfe einer nicht professionellen Betreuungsperson, derzeit insbesondere von seiner Ehefrau, gut
an, auch Angstschübe seien erheblich vermindert; der Besuch einer Tagesklinik und begleitende therapeutische Maßnahmen durch
professionelle Begleitpersonen würden dagegen seinen bisher positiven Gesundheitsverlauf wieder zunichte zu machen. Im Übrigen
benötige er eine Ernährungsberatung, denn durch die PTBS sei er in seinem Essempfinden gestört und benötige eine längerfristige
Anleitung zur richtigen Ernährung, um sein Gewicht gesundheitsförderlich zu reduzieren. Dies solle durch eine physiotherapeutische
Behandlung unterstützt werden, um insgesamt die körperliche Fitness zu verbessern. Die Bewilligung eines Persönlichen Budgets
sei als wirksamer und wirtschaftlicher anzusehen als die Bewilligung von Sachleistungen wie etwa der Unterbringung in einer
Tagesklinik.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20. April
2011 zurück. Als Persönliches Budget könnten zwar grundsätzlich auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Anspruch
genommen werden. Um eine Wiedereingliederung aus medizinischer Sicht zu ermöglichen, bedürfe es jedoch einer optimalen Steuerung
des Heilverfahrens. Es sei daher in der Regel nicht sinnvoll, die Leistung der medizinischen Rehabilitation zu budgetieren,
da der Leistungsträger keinen direkten Einfluss auf die Struktur und Prozessqualität der Leistung habe. Die Ehefrau des Klägers
habe weder eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Ausbildung noch die erforderliche Zulassung; eine Kostenübernahme
für die von ihr geleisteten Hilfen müsse daher abgelehnt werden. Erst wenn die Therapie von einer zugelassenen Fachkraft mit
einer entsprechenden Ausbildung erbracht werde, könne neu über den Antrag des Klägers auf Erbringung der Leistung in Form
eines Persönlichen Budgets entschieden werden.
Dagegen hat der Kläger am 7. November 2011 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben (Az. S 2 U 150/11).
Parallel hierzu beauftragte die Beklagte Prof. Dr. T_________ von der Neurologischen Klinik B________ in B________ damit,
ein Gutachten nach Aktenlage über den Kläger zur Frage einer wesentlichen Änderung in den Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls
und zur Frage der Höhe der MdE zu erstatten. In seinem Gutachten vom 26. Februar 2012, das ein neuropsychologische Zusatzgutachten
des Neuropsychologen Dr. W_____ umfasste, kam Prof. Dr. T_________ zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung
in den Unfallfolgen im Sinne einer Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten sei. Eine PTBS oder eine andere, unfallabhängige
Störung von Krankheitswert sei zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht mehr dominant, die psychische Situation werde vielmehr
durch die unfallunabhängige persönlichkeitsbedingte Krankheitsfehlverarbeitung geprägt. Diagnostisch lasse sich dieser Mechanismus
wie folgt beschreiben: Aufrechterhaltung bzw. Verschlimmerung von Symptomen aus psychischen Gründen (hier: Krankheitsfehlverarbeitung
auf dem Hintergrund einer narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung). Auf psychiatrischem Fachgebiet ergebe sich damit ab
dem Begutachtungsdatum (12. März 2012) keine unfallbedingte messbare MdE; sowohl auf psychiatrischem als auch auf neurologischem
Fachgebiet bestünden keine unfallabhängigen Gesundheitsstörungen. Es bestehe keine weitere Behandlungsindikation zu Lasten
der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 1813 ff., 1822 ff. der Akten der Beklagten Bezug
genommen.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2013 entzog die Beklagte dem Kläger - nach entsprechender Anhörung - die diesem bisher gewährte Verletztenrente
mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013. Die dem Bescheid vom 6. November 2008 zugrundeliegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich
geändert, da nach dem Gutachten von Prof. Dr. T_________ eine PTBS nicht mehr nachzuweisen sei. Eine unfallbedingte, messbare
MdE liege nicht mehr vor.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 28. Mai 2013. Prof. Dr. T_________ Gutachten entspreche nicht
den Anforderungen, die an ein Sachverständigengutachten zu stellen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Anhaltspunkte für eine unrichtige oder
unvollständige Beurteilung hätten sich nicht gefunden. Für den Fortbestand der psychischen Störungen des Klägers seien unfallunabhängige
psychische Faktoren maßgeblich.
Dagegen hat der Kläger am 6. November 2013 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben (urspr. Az. S 34 U 169/13).
Mit Beschluss vom 22. Januar 2014 hat das Sozialgericht die Streitsachen zu den Aktenzeichen S 34 U 169/13 und S 2 U 150/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 2 U 150/11 verbunden. Anschließend hat es Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Arztes für Neurologie und
Psychiatrie, Arzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Sa____________, der den Kläger am 18. Juli 2014 im Rahmen
eines Hausbesuches ambulant untersucht hat. In seinem unter dem 17. August 2014 gefertigten schriftlichen Gutachten hat der
Sachverständige zusammenfassend festgehalten, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine wesentliche Änderung
insofern eingetreten sei, als sich die Bedingungsfaktoren und erhaltende Dynamik der Krankheitssymptomatik mittlerweile von
einer Traumafolgestörung auf eine Krankheitsfehlverarbeitung verlagert hätten. Diese Entwicklung sei schleichend eingetreten
und terminlich nicht exakt zu bestimmen, habe aber jedenfalls zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. T_________ im
März 2012 vorgelegen. Eine unfallbedingte MdE sei seitdem nicht mehr zu begründen. Eine cotherapeutische Einbindung der Ehefrau
und des Sohnes des Klägers in die Behandlung sei zwar grundsätzlich wünschenswert. Da eine adäquate Behandlung, in die die
Familie einzubinden wäre, derzeit aber nicht erfolge, könne die derzeitige Konstellation nicht als notwendige oder wünschenswertige
Einbindung der Familie in die Behandlung beurteilt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 157
ff. der Gerichtsakten Bezug genommen.
Der Kläger ist Dr. Sa____________ Gutachten entgegengetreten. Unter ausführlicher Schilderung der Krankheitsvorgeschichte
sowie seiner Behandlung im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) und unter Vorlage des sozialmedizinischen Gutachtens
des MDK Nord, Dr. K_______, vom 5. September 2013 hat er geltend gemacht, dass weiterhin die Symptome der Erkrankung einer
PTBS und einer rezidivierenden depressiven Störung sowie einer Agoraphobie bestünden, die sämtlich unfallbedingt seien. Ein
sekundärer Krankheitsgewinn bestehe bei ihm nicht. Er setze sich selbst erheblich unter Druck, eine Heilung oder Stabilisierung
zu erreichen, und falle hierdurch in seiner Erkrankung zurück. Sein behandelnder Arzt, Dr. S___________, vertrete die Auffassung,
dass die beiden Hauptaussagen des Gutachtens, dass a) eine PTBS nicht mehr vorliege und b) die Einbeziehung der Familie eine
Verschlechterung oder Verschiebung der Symptomatik bewirkt habe, nicht ausreichend begründet worden seien. Daten, die auf
das Fortbestehen der Diagnose und den Erfolg der familientherapeutischen Maßnahmen hinwiesen, seien von Dr. Sa____________
nicht beachtet worden.
In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 5. Januar 2015 und 25. Januar 2015 hat Dr. Sa____________ an seiner gutachterlichen
Einschätzung festgehalten. Wegen der Einzelheiten der Stellungnahmen wird auf Blatt 237 ff., 251 ff. der Gerichtsakten Bezug
genommen.
Zur weiteren Begründung seiner Klagen hat der Kläger sein Vorbringen aus den vorgehenden Verwaltungsverfahren wiederholt und
vertieft, auf das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P_____ vom 14. Juni 2008 verwiesen sowie ergänzend
vorgetragen, dass die Einbindung seiner Ehefrau in sein therapeutisches Konzept unter fachlicher Anleitung geschehen solle.
Seine Frau erhalte eine erhebliche Entlastung durch seinen Sohn D_____, der ausgebildeter Ergotherapeut sei. Er benötige Hilfen
zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben auch in Form eines Alltagstrainings, um ihn in die Lage zu versetzen, alltägliche
Dinge allein bewältigen zu können und so sein Selbstbewusstsein zu stärken. Bei ihm habe sich in Folge einer Vielzahl nicht
ausreichender Therapierungen eine PTBS und zusätzlich eine klinisch relevante depressive Störung im Sinne einer mittelgradigen
depressiven Episode mit Somatisierung eingestellt. Insbesondere stelle auch die seit dem Unfall andauernde Auseinandersetzung
mit der Beklagten eine erhebliche Belastung für ihn dar; hierdurch sei es zu einer Verschlechterung seiner gesundheitlichen
Situation gekommen. Die Entziehung der Verletztenrente ab dem 1. Juni 2013 sei unberechtigt, denn die unfallbedingten psychischen
Beeinträchtigungen (PTBS und Depression) lägen unverändert mit einer MdE in Höhe von 70 v. H. vor.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 20. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, ihm ein Persönliches Budget zu gewähren, welches sich insbesondere auf folgende Leistungen erstrecke:
-
die Einbindung einer Ehefrau in das therapeutische Konzept;
-
die Begleitung einer Hilfsperson zu sozialen und gesellschaftlichen Anlässen;
-
ein Alltagstraining;
-
die Beauftragung eines Ernährungs- und eines Physiotherapeuten,
und den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2013 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und diese vertieft.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. Mai 2015 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2011 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2011 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Leistungen
im Rahmen der Heilbehandlung gemäß §
26 SGB VII in Form eines Persönlichen Budgets gemäß §
17 SGB IX a. F. zu gewähren; der Kläger könne das von ihm begehrte sogenannte Arbeitgebermodell aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen
Widerspruchsbescheids nicht beanspruchen.
Auch der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2013 sei rechtmäßig.
Die Entziehung der Rente für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 sei rechtmäßig, denn im Unfallfolgezustand des Klägers sei eine
wesentliche Änderung eingetreten und die Unfallfolgen beim Kläger bedingten keine MdE in rentenberechtigtem Grade mehr.
Wegen der Einzelheiten des Urteils vom 6. Mai 2015 wird auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das am 2. Oktober 2015 zugestellte Urteil am 2. November 2015 Berufung eingelegt und - unter Vorlage
diverser weiterer medizinischer Unterlagen - ausführlich begründet.
Die Verletztenrente stehe ihm weiterhin zu, denn eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sei nicht eingetreten.
Das UKE habe im Herbst 2014 ausdrücklich eine PTBS und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode
ohne psychotische Symptome diagnostiziert. Auch die Ärzte des B_______ Krankenhauses hätten im September 2015 seine PTBS kausal
auf den Arbeitsunfall zurückgeführt, desgleichen die Ärzte der D_____ Klinik B___ Ba_______im März 2016 und Herbst 2017. Ein
sekundärer Krankheitsgewinn sei nicht festgestellt worden; dagegen sprächen auch die Ausführungen Dr. P_____ vom 14. Juni
2008 und der UKE-Entlassungsbericht vom 29. Januar 2013. Dr. Sa____________ habe keine hinreichende Begutachtung unter Berücksichtigung
aller Diagnoseergebnisse, insbesondere denen des UKE und des MDK Nord vom 5. September 2013, vorgenommen und die Krankheitsfehlverarbeitung
an unzutreffenden Fakten festgestellt. Damit und mit dem erstinstanzlichen Klagevorbringen habe sich das Sozialgericht nicht
hinreichend auseinandergesetzt. Seine PTBS sei kausal auf den Arbeitsunfall zurückzuführen, mindestens mittelbar, wenn es
zu einer schleichenden Verschiebung der Krankheitsgründe gekommen wäre. Auch im Februar 2018 habe der MDK Nord in seinem Gutachten
zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem
SGB XI erklärt, dass sein Arbeitsunfall ausschließlich ursächlich für die zum Pflegegrad 3 führenden Einschränkungen seiner Selbständigkeit
und Teilhabe seien.
Er habe auch Anspruch auf das begehrte Persönliche Budget. Das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Co-Therapierung
durch seine Frau und seinen Sohn kontraproduktiv sei; insoweit stünden die Befunde seiner behandelnden Ärzte im Widerspruch
zu Dr. Sa____________ Gutachtenergebnis, ohne dass der Sachverständige darauf und auf das Konzept seiner Therapie hinreichend
eingegangen sei. Die Einbeziehung seiner Ehefrau in das Behandlungskonzept sei ihm 2008 durch Dr. P_____ empfohlen worden;
seitdem habe sich sein Zustand erheblich stabilisiert. Dr. Sa____________ Feststellungen zu den erfolgten Therapien könne
nicht gefolgt werden. Als ausgebildeter Ergotherapeut könne sein Sohn D_____ durchaus eine qualifizierte Behandlung gewährleisten.
Die Behandlung im familiären Setting unter der Supervision Dr. S___________s und der behandelnden Ärzte des UKE biete den
einzig messbaren Erfolg aller bisher begonnenen Behandlungen. Soweit Dr. Sa____________ die Erfolglosigkeit der Therapie durch
den Dipl.-Psych. M______ auf eine ablehnende Haltung seinerseits - des Klägers - zurückführe, sei dies unzutreffend; vielmehr
sei dies in seiner fehlenden Konzentrationsfähigkeit und anderen Krankheitssymptomen begründet gewesen. Schließlich sei die
Gewichtsreduktion eine Therapieempfehlung der D______ Klinik; seine Adipositas, aufgrund derer sich bereits Folgeerkrankungen
entwickelt hätten, könne er - der Kläger - nicht selbständig reduzieren. Er beanspruche eine Geldleistung zur selbständigen
Beauftragung geeigneter Therapeuten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Mai 2015 und die Bescheide der Beklagten vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 8. Oktober 2013 sowie vom 20. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2011 aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, ihm - dem Kläger - ein Persönliches Budget dem Grunde nach zu gewähren, das sich insbesondere
auf folgende Leistungen erstreckt:
-
die Einbindung seiner Ehefrau in das therapeutische Konzept,
-
die Begleitung durch eine Hilfsperson zu sozialen und gesellschaftlichen Anlässen,
-
ein Alltagstraining und
-
die Beauftragung eines Ernährungs- und Physiotherapeuten,
hilfsweise,
einen 3-wöchigen Schriftsatznachlass auf das heutige Ergebnis der Beweisaufnahme zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen. Bei der beim Kläger weiterhin vorhandenen
psychischen Symptomatik handele es sich nicht mehr um Unfallfolgen, denn es sei zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage
gekommen. Den vom Kläger vorgelegten Befundberichten ließe sich keine Auseinandersetzung mit der Kausalitätsfrage entnehmen;
auch bei dem Gutachten des MDK Nord vom Februar 2018 zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit handele es sich nicht um ein
Kausalitätsgutachten. Soweit dieses pauschal eine PTBS annehme, handele es sich um eine bloße Wiederholung "gelesener Worte"
ohne eigene Befunderhebungen oder Schlussfolgerungen. Wegen der Änderung der Wesensgrundlage könne eine Therapie nicht zu
ihren Lasten gehen; überdies sei die Einbindung der Familienmitglieder als Therapeuten ausweislich der Gutachten nicht zielfördernd.
Auch das Übergewicht des Klägers sei keine Unfallfolge.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und Anhörung des Arztes für Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie
F_________ in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2018. In seinem unter dem 29. Juni 2018 gefertigten schriftlichen Gutachtenentwurf
hat der Sachverständige zusammenfassend festgehalten, dass beim Kläger die nachfolgenden Erkrankungen vorlägen:
1. als Hauptgesundheitsstörung eine rezidivierende depressive Störung schweren Grades,
2. differentialdiagnostisch in Betracht kommend eine posttraumatische Verbitterungsstörung,
3. eine koronare Herzkrankheit mit Stentversorgung und nach Bypass-Operation,
4. ein Bluthochdruck,
5. ein Diabetes mellitus Typ 2,
6. eine Adipositas.
Diese Erkrankungen seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unmittelbare oder mittelbare Folgen des Unfalls vom 28.
März 2002. Die MdE sei für die Zeit ab dem 9. Januar 2006 auf 50 v. H. einzuschätzen, für die Zeit ab dem 1. Februar 2007
auf 70 v. H. und ab März 2012 auf null.
Die Diagnose einer PTBS im Vollbild könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gestellt werden. Es lägen die Symptomkriterien
einer PTBS vor, allerdings könne ein Großteil der Symptomatik durch die schwere depressive Störung und die differentialdiagnostisch
anzunehmende Verbitterungsstörung erklärt werden. Zwar könne die Diagnose einer PTBS zumindest in den ersten Jahren nach dem
Unfall nachvollzogen werden, im weiteren Verlauf sei es jedoch zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage gekommen. Die Symptomatik,
die beim Kläger aktuell bestehe und insbesondere ab März 2012 bestanden habe, könne nicht mehr als wesentlich durch den Unfall
im Jahr 2002 verursacht worden sein. Es seien externe, schädigungsunabhängige psychische Belastungsfaktoren nach dem Unfallereignis
hinzugetreten, die den Kausalzusammenhang entfallen lassen hätten; insbesondere die Aberkennung der Rente durch die Beklagte
bzw. die negativen Einschätzungen der Vorgutachter hätten zu einer deutlichen Symptomzunahme geführt.
Eine Einbindung der Ehefrau des Klägers in die Behandlung sei als nicht zielführend anzusehen.
Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 483 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Der Kläger ist dem Gutachten mit Schriftsatz vom 17. Juli 2018 und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2018 ausführlich
entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf Blatt 577 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge
der Beklagten (10 Bände, Blatt 1 bis 2081, sowie ein nicht paginierter Band) Bezug genommen; diese sind zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Mai 2015, mit dem dieses die verbundenen
Klagen abgewiesen hat, mit denen sich der Kläger zum einen gegen die Aufhebung der Bewilligung einer Verletztenrente mit Wirkung
ab dem 1. Juni 2013 (dazu 1.) und zum anderen gegen die Ablehnung der Gewährung eines Persönlichen Budgets (dazu 2.) gewandt
hat.
1.
Soweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung einer Verletztenrente ab dem 1. Juni 2013 wendet, hat das Sozialgericht
die nach §
54 Abs.
1 Satz 1 1. Alt.
SGG statthafte isolierte Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 8. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat ab dem 1. Juni 2013 keinen Anspruch
mehr auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. März 2002, denn die Beklagte hat die
dem Kläger mit Bescheid vom 6. November 2008 ab dem 1. März 2007 bis auf weiteres nach einer MdE in Höhe von 70 v. H. bewilligte
Verletztenrente rechtmäßig aufgehoben.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen sind für
die Entziehung der Verletztenrente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013 gegeben.
Bei dem Bescheid vom 6. November 2008, mit dem die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente ab dem 1. Januar 2005 bis auf
weiteres bewilligt hat, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 SGB X.
Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts.
In Betracht kommen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen.
Ob eine solche Änderung eingetreten ist, ist durch Vergleich der für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebenden
Befunde mit denjenigen zu ermitteln, die bei der Prüfung der Neufeststellung (BSG, Urteil vom 20. April 1993 - 2 RU 52/92 - SozR 3-1500 § 54 Nr. 18 - SozR 3-1300 § 48 Nr. 26 - juris Rn. 13), d. h. zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheids,
vorgelegen haben.
Von diesen Maßstäben ausgehend hat das Sozialgericht zu Recht entschieden, dass der angefochtene Aufhebungsbescheid vom 23.
Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2013 rechtmäßig ist. In den Befunden, die dem Rentenbescheid
vom 6. November 2008 zugrunde lagen, ist verglichen mit denjenigen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Aufhebungsbescheids
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Befunde, die für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebend
waren, ergaben beim Kläger eine PTBS, die die Beklagte mit Bescheid vom 6. November 2008 als Folge des Arbeitsunfalls vom
28. März 2002 auch feststellte. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheids am 23. Mai 2013 bestand beim Kläger hingegen
keine PTBS mehr. Eine solche ist unter Berücksichtigung sämtlicher Erkenntnisse, insbesondere der Gutachten des Arztes für
Neurologie und Psychiatrie Dr. Sa____________ vom 17. August 2014 und des Arztes für Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie
F_________ vom 29. Juni 2018, nicht festzustellen (wird ausgeführt). Die übrigen beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen
sind sämtlich nicht unfallbedingt; dies gilt auch für die rezidivierende depressive Störung schweren Grades als Hauptgesundheitsstörung
(wird ausgeführt).
Diese Änderung war auch wesentlich, denn durch sie entfiel der Anspruch des Klägers auf eine Verletztenrente vollständig.
Bei der Feststellung der MdE ist eine solche wesentliche Änderung nur gegeben, wenn die Änderung mehr als 5 v. H. beträgt
und bei Renten auf unbestimmte Zeit länger als drei Monate andauert (§
73 Abs.
3 SGB VII); beides ist vorliegend der Fall.
Gemäß §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Versicherungsfälle sind nach §
7 Abs.
1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind gemäß §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Dabei sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende
Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII).
Der Kläger ist zwar Versicherter i. S. d. §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII, denn er war im Zeitpunkt des Ereignisses am 28. März 2002 bei der Beklagten versichert gegen die Folgen von Arbeitsunfällen
und Berufskrankheiten. Er hat auch am 28. März 2002 einen Arbeitsunfall erlitten, den die Beklagte anerkannt hat, als er im
Rahmen seiner Tätigkeit als Kranführer in eine Baugrube stürzte und ihm dabei ein schwerer Stein auf seinen Arbeitshelm fiel,
wodurch er sich ein Schädelhirntrauma sowie eine begleitende Distorsion der HWS zuzog (Versicherungsfall).
Jedoch war die Erwerbsfähigkeit des Klägers jedenfalls seit März 2012 nicht mehr, wie es §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII voraussetzt, infolge eines Versicherungsfalls um wenigstens 20 v. H. gemindert. Konkret lag zu diesem Zeitpunkt keine PTBS
mehr vor und der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen des Klägers und dem Versicherungsfall
bestand nicht mehr.
Ein Arbeitsunfall setzt voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer
oder sachlicher Zusammenhang), die zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis
- geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv
und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; st. Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 R - juris Rn. 12 m. w. N.). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende
Kausalität) ist keine Tatbestandsvoraussetzung eines Arbeitsunfalls (st. Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 3. April 2014 - B 2 U 25/12 R - juris Rn. 28).
Während die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden"
erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 R - juris Rn. 23; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 - juris Rn. 24 f.), genügt für den Nachweis der Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden)
Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit. Die für die Beurteilung
des ursächlichen Zusammenhangs maßgebliche Theorie der wesentlichen Bedingung beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen
Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolgs, das nicht hinweggedacht werden
kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen
Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen
solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird,
und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - juris Rn. 13). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands über die
Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.
Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche
oder seelische Störung hervorzurufen. Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen
hat nach den Regeln der objektiven Beweislast der sich auf deren Vorliegen berufene Versicherte zu tragen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 - juris Rn. 25).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich
war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder
"annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende
Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben).
Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder
sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die
zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit
als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen
als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung
mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die
Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer,
in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis etwa
zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 - juris m. w. N.; BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 23/05 R -, BSGE 98, 79 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 22 - juris m. w. N.).
Ein solch ursächlicher Zusammenhang zwischen dem anerkannten Arbeitsunfall vom 28. März 2002 und der beim Kläger bestehenden
schweren psychischen Gesundheitsstörung, die auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, ist jedoch nicht hinreichend
wahrscheinlich. Die mit Bescheid vom 6. November 2008 als Unfallfolge feststellte PTBS lag jedenfalls ab März 2012 nicht mehr
vor. Die übrigen beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen sind nicht als Unfallfolgen anzuerkennen, weil sie nicht mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind; dies gilt auch für die
rezidivierende depressive Störung schweren Grades als Hauptgesundheitsstörung.
Zu dieser Überzeugung ist der Senat aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den Akten enthaltenen medizinischen Stellungnahmen
und zahlreichen Gutachten gelangt, insbesondere aufgrund der überzeugenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen
F_________ in seinem Gutachten vom 29. Juni 2018 bzw. 18. Juli 2018. Der Senat macht sich diese vollständig zu Eigen. Sie
stehen im Einklang mit den Ausführungen des neurologisch-psychiatrischen Gutachters Prof. Dr. T_________ vom 26. Februar 2012,
des neuropsychologischen Zusatzgutachters Dr. W_____ vom 16. Juli 2012 und des nervenärztlichen Gutachters Dr. Sa____________
vom 17. August 2014, deren Ausführungen sich der Senat ebenfalls vollständig zu Eigen macht. Gegenteiliges ergibt sich aus
keiner der vorliegenden medizinischen Unterlagen, auch nicht aus den vom Kläger in Bezug genommenen Berichten seiner behandelnden
Ärzte und Gutachten des MDK Nord.
Der Sachverständige F_________ führt in seinem Gutachten überzeugend aus: "Die posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10
F43.1) ist ein Störungsbild, das 1980 im Gefolge der Erfahrungen des Vietnamkriegs in das DSM-3-Klassifikationssystem der
Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft aufgenommen wurde. Häufig wird inzwischen in der posttraumatischen Belastungsstörung
die einzig mögliche psychoreaktive Antwort auf ein belastendes äußeres Ereignis gesehen, was jedoch nicht der Fall ist. Die
Häufigkeit des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung ein Jahr nach einem Verkehrsunfall schwankt mit Werten
von 2 % in einem schweizerischen Kollektiv von Schwerverletzten bis zu 15 % in einer Übersicht früherer Studien. Zur Frage
des Auftretens psychoreaktiver Störungen nach Arbeitsunfällen liegen dagegen nur wenige Studien vor. Nyberg et al. fanden
sechs Monate nach schweren Arbeitsunfällen bei 12 % der Betroffenen das Vollbild einer PTBS. Identische Zahlen berichteten
Hu et al. für unmittelbare Zeugen tödlicher Arbeitsunfälle. Eine besondere Bedeutung scheinen Handtraumen zu besitzen. "Typische"
Symptome einer PTBS können letztlich nach alltäglich auftretenden "Life-Events", wie Arbeitsplatzverlust oder familiären Problemen,
eigenen schweren Krankheiten sowie Tod oder Erkrankung eines nahen Angehörigen, auftreten. Vergleichbare Symptome fanden sich
auch bei Patienten mit depressiven Störungen, bei denen gar kein spezifisches Lebensereignis zu eruieren war, bei Personen
mit Sozialphobien in verfahrenen Lebenssituationen sowie letztlich auch bei "Mobbing" am Arbeitsplatz. Bezüglich einer komplexen
posttraumatischen Belastungsstörung sind wiederholte und anhaltende Traumatisierungen zu fordern. Hier wird auf Erlebnisse
in einem Konzentrationslager, Folter, Katastrophen, andauernde lebensbedrohliche Situation verwiesen.
Gemäß der ICD-10-Klassifikation handelt es sich bei der posttraumatischen Belastungsstörung - in diesem Zusammenhang aber
lediglich auf katastrophale Ereignisse bezogen - um eine "verzögerte oder protrahierte Reaktion". Nach Horowitz kommt dies
dadurch zustande, dass die seelische Beeindruckung im Anschluss an die unmittelbare peritraumatische Akutreaktion mit Überflutung
von den überwältigenden Eindrücken derart hoch ist, dass diese Erlebnisse zunächst dem Bewusstsein im Sinne der Verleugnung
entzogen sind und sich erst im Verlauf willentlich unbeeinflussbar in das Bewusstsein drängen. Verwiesen wird darauf, dass
die Symptome normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma auftreten. Dies könnte den Eindruck erwecken,
dass eine hinreichend zeitnahe psychische Reaktionsbildung für die Diagnose einer PTBS in Zukunft völlig entbehrlich ist.
Liest man hierzu den Kommentar (DSM-5), wird man jedoch eines Besseren belehrt: So sei die Forderung nach einer emotionalen
Reaktion auf das Trauma (lediglich) deswegen nicht mehr Teil von Kriterium A, weil das klinische Bild der PTBS ... vielfältig
ist. Dies entspricht auch prospektiven Studien, die zeitnah zu Unfallereignissen psychische Symptome berichten. Darüber hinaus
findet sich im DSM-5 zum verzögerten Beginn einer PTBS die Aussage, wonach in diesem Fall das Auftreten "einzelner Symptome
zwar initial" bereits erkennbar ist, aber erst im Verlauf "alle" diagnostischen Kriterien erfüllt sind. Im Umkehrschluss bedeutet
dies, dass die Betroffenen bis zum Auftreten des Vollbildes einer PTBS keinesfalls symptomfrei sind, sondern während dieser
Zeit bereits in Teilbereichen ihres Lebens durch psychische Symptome eingeschränkt sind, was sich dann im Sinne von Brückensymptomen
nachweisen lassen muss. Dies entspricht auch der wissenschaftlichen Literatur, wonach ein verzögerter Beginn der PTBS außerhalb
kriegerischer Auseinandersetzungen "extrem selten" ist und dass auch in diesem Fall auch bereits zuvor Teilsymptome erkennbar
sind.
Die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung trat bei Herrn ______ erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung auf.
Als Brückensymptom können Drehschwindelattacken beschrieben werden, wobei hier darauf hinzuweisen ist, dass schon zwei Jahre
vor dem Trauma länger anhaltende Schwindelanfälle bestanden.
Bezüglich des Verlaufs der posttraumatischen Belastungsstörung ist festzustellen, dass in der Hälfte der Fälle innerhalb von
drei Monaten eine vollständige Remission (Symptomfreiheit) der Symptomatik eintritt. Allerdings komme es bei vielen Betroffenen
zu einem Anhalten der Symptome über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr hinweg. Dies bedeutet, dass bei zunehmender Dauer
geklagter Beschwerden auch zunehmende Anforderungen an den Nachweis objektivierbarer Symptome zu stellen sind. Insbesondere
progrediente Entwicklungen widersprechen dem zu erwartenden degressiven Charakter posttraumatischer Störungen. Setzt man sich
hier kritisch mit den Vorgutachten, den Befund- und Behandlungsberichten, den teilweise wechselnden Ausprägungen der geschilderten
Symptome auseinander, so ist festzustellen, dass zum jetzigen Zeitpunkt unter besonderer Berücksichtigung der o.g. Gesundheitsstörungen:
schwere depressive Störung, DD [differentialdiagnostisch] Verbitterungsstörung, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung
im Vollbild nicht mehr gestellt werden kann."
Der Sachverständige F_________ weist in zutreffender Weise darauf hin, dass sich aus den medizinischen Befunden aus der Zeit,
die unmittelbar nach dem Unfallereignis erhoben wurden, und den Einlassungen des Klägers aus dieser Zeit keine Hinweise auf
eine extreme seelische Erregung des Klägers ergäben. Vielmehr stellt es sich so dar, dass Ängste des Klägers auftraten, als
man ihm mitgeteilt habe, dass evtl. eine Wirbelsäulenverletzung vorliegen könne, und dass eine weitere Belastung dann auftrat,
als er auf dem Weg nach Hause unter vermehrten Schwindelattacken und Übelkeit litt, was - worauf der Sachverständige F_________
zutreffend hinweist - eine für eine Gehirnerschütterung typische Symptomatik ist. Diese Einschätzung steht auch im Einklang
mit den nach dem Unfall erhobenen Befunden, nach denen der Kläger durch den Sturz bzw. den Fall des Steins auf seinen behelmten
Kopf ein Schädelhirntrauma erlitt.
Nach der schlüssigen Darstellung des Verlaufs der streitigen PTBS durch den Sachverständigen F_________ ist es nachvollziehbar,
dass bei dem Kläger am Tag seiner Begutachtung am 28. August 2003 (im Gutachten vom 29. Juni 2018 irrtümlich: "2008") die
Symptomatik einer PTBS vorlag. Ende 2003 kam es zu einer Zunahme der depressiven Episode, die zu jedem Zeitpunkt als schwer
eingeschätzt wurde. Im Rahmen einer stationären Behandlung vom 12. Februar 2004 bis 29. April 2004 kam es dann zu einer Remission
der depressiven Symptomatik und einer Abnahme der Alpträume. Bereits 2004 berichtete der Gutachter Dr. H____ von einer Inkonsistenz
der Symptomatik (im Vergleich in der Begutachtungssituation und nach dem Verlassen der Praxis) und thematisierte die Bedeutung
unfallfremder Faktoren hinsichtlich Entstehung, Fortschreiten der Symptome. Im Rahmen einer weiteren Begutachtung am 16. August
2004 ergaben sich Hinweise auf Aggravationen und narzisstische Persönlichkeitszüge. Im Rahmen einer Begutachtung durch Dr.
Ha______ im Jahr 2007 kam es wiederholt zu Ausbrüchen, bei denen der Kläger hasserfüllt sein Schicksal beklagte.
Hinsichtlich der von Dr. Ha_______ gestellten Diagnose (anhaltende mittelschwere posttraumatische Belastungsstörung, anhaltende
Anpassungsstörung mit verlängerter depressiver Reaktion) weist der Sachverständige F_________ zu Recht darauf hin, dass eine
Anpassungsstörung üblicherweise nur für einen Zeitraum von zwei Jahren diagnostiziert werden könne und dass bei länger dauernden
depressiven Symptomatiken bzw. Symptomen einer Anpassungsstörung differentialdiagnostisch darauf einzugehen sei, ob sich nicht
evtl. eine eigenständige depressive Störung entwickelt habe bzw. andere Gesundheitsstörungen aufrechterhaltende Faktoren seien.
In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen der Dipl.-Psych. R______ über die Untersuchung des Klägers am 23. April 2008
zu lesen, die auf Verdeutlichungstendenzen des Klägers hinwies. Laut R______ war für die schwere und damals bereits chronifizierte
Ausbildung der Symptomatik die späte Diagnose einer psychischen Störung, besonders im Hinblick auf die Persönlichkeitsstruktur,
der durch starkes Streben nach außergewöhnlicher Leistung und sozialer Anerkennung im beruflichen Bereich sowie leichte Kränkbarkeit
des Klägers verantwortlich. Diese Einschätzung überzeugt, da sie im Einklang mit den zahlreichen weiteren Beurteilungen der
Psyche des Klägers steht, auch mit der medizinischen Einschätzung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P_____
in ihrem Befund vom 16. Juli 2009. Danach habe bei Herrn ______ nach objektiv eingetretener Verbesserung ein reges Bedürfnis
nach einer Betonung der Krankenrolle und eine symbiontische Beziehung zur Ehefrau bestanden, hingegen keinerlei Veränderungsmotivation.
Es sei, so Dr. P_____, eine Verschiebung der Wesensgrundlage bei einer narzisstischen Grundpersönlichkeit und bei einem ebenfalls
deutlich gewordenen sekundären Krankheitsgewinn zu diskutieren.
Insgesamt führt der Sachverständige F_________ zum Verlauf der PTBS des Klägers überzeugend aus: "Aus gutachterlicher Sicht
ist festzustellen, dass der Verlauf der posttraumatischen Belastungsstörung vom üblichen Verlauf einer solchen Störung deutlich
abweicht. Auffällig, dass insbesondere bei Therapieintensivierung und immer wieder zwischenzeitlich beschriebenen Verbesserungen
es kurzfristig zur Verschlechterung kommt. Des Weiteren zeigt sich insbesondere zu diesem Zeitpunkt, dass ein erheblicher
Ärger von Herrn ______ auf die Berufsgenossenschaft wegen aus seiner Sicht fehlender bzw. nicht geeigneter Unterstützung besteht.
In einem Gespräch vom 21.06.2010 werden heftige somatische Reaktionen, vorwiegend auch nachts, mit Einnässen beschrieben.
Dieses Symptom ist extrem untypisch für eine posttraumatische Belastungsstörung und kann auch nur sehr schwierig mit einem
acht Jahre zurückliegenden Unfall ohne relevante strukturelle Verletzungen von Hirn, Rückenmark oder Blase in Übereinstimmung
gebracht werden. Insofern besteht hier eine Symptomausweitung."
Zu Recht weist der Sachverständige F_________ darauf hin, dass auch Dr. W_____ anlässlich seiner neuropsychologischen Zusatzbegutachtung
des Klägers am 12. März 2012 bei diesem Aggravationstendenzen angegeben habe, die sich durch zum Teil überdeutlich positive
Ergebnisse aller Tests zur Beschwerdevalidierung gezeigt hätten und aufgrund derer eine objektive Darstellung der kognitiven
Leistungsfähigkeit nicht möglich gewesen sei (Gutachten vom 16. Juli 2012). Dieser Befund steht im Einklang mit den bereits
festgestellten Befunden der Dipl.-Psych. R______ vom 17. Mai 2008 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr.
P_____ vom 16. Juli 2009.
Dr. W_____ hat in seinem Gutachten vom 16. Juli 2012 darüber hinaus festgehalten, dass die Schilderungen des Klägers zum Hergang
und zum Beschwerdeverlauf in Teilen ausgestaltet gewirkt hätten, wobei auch klagsam-vorwurfsvolle Aspekte, z. B. im Kontext
der als unzulänglich wahrgenommenen Versorgung von Seiten der Berufsgenossenschaft, deutlich geworden seien. Das Bestehen
einer PTBS schloss Dr. W_____ im Zeitpunkt seiner Begutachtung (12. März 2012) bereits aus.
Die Schlussfolgerung des Sachverständigen F_________, dass nicht das Unfallgeschehen, sondern unfallunabhängige Ursachen rechtlich
wesentlich kausal für die psychischen Gesundheitsstörungen des Klägers seien, überzeugen den Senat auch in Ansehung der Entlassungsberichte
des UKE Hamburg, z. B. vom 29. Januar 2013 über die dortige stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 17. September
2012 bis 31. Oktober 2012. Danach habe der Kläger zu Beginn des Aufenthalts große Schwierigkeiten gehabt, sich von der Verschlechterung
seines Befindens zu lösen, die mutmaßlich eine Folge der berufsgenossenschaftlichen Begutachtung sei; er sei stark verhaftet
gewesen in den damit verbundenen Ohnmachtsgefühlen, dem Verlust seiner bis dahin wiedergewonnenen Selbständigkeit und den
wieder ausgelösten Erinnerungen an den Unfall, den er eher schuldhaft verarbeitete. Der Sachverständige F_________ zieht daraus
den Schluss, den sich der Senat zu eigen macht, dass die Verschlechterung der Symptomatik des Klägers nicht als Folge des
Unfalls 2002 anzusehen sei, sondern vielmehr als Folge der vom Kläger als eingeschränkt empfundenen Versorgung durch die Beklagte.
Letztlich hat der Kläger dies in seiner Klagebegründung auch selbst eingeräumt, als er erklärt hat, insbesondere auch die
seit dem Unfall andauernde Auseinandersetzung mit der Beklagten stelle eine erhebliche Belastung für ihn dar, durch die es
zu einer Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation gekommen sei.
Zur Überzeugung des Senats ist die Rezeption der Gutachten ein die psychische Gesundheitsstörung des Klägers und die Verschlechterung
ihrer Symptomatik wesentlich bestimmender Faktor. Der Sachverständige F_________ hat dazu ausgeführt, dass es aufgrund der
Vorgeschichte und der Persönlichkeitszüge des Klägers nachvollziehbar sei, dass es nach dem erneuten negativen Gutachten zu
einer massiven Verschlechterung der depressiven Störung gekommen sei. Dies überzeugt angesichts des dokumentierten Verlaufs
der depressiven Symptomatik des Klägers. So ergibt sich z. B. aus dem Entlassungsbericht des UKE Hamburg vom 19. November
2014, dass sich der Aktivitätsaufbau des Klägers nur mühsam gestaltete und seine Konzentrationsfähigkeit massiv eingeschränkt
war. Die dortige stationäre Behandlung erfolgte nur wenige Zeit, nachdem dem Kläger durch den vom Sozialgericht zum Sachverständigen
bestellten Dr. Sa____________ attestiert worden war, dass bei ihm - dem Kläger - auf psychiatrisch-neurologischen Fachgebiet
eine unfallbedingte messbare MdE nicht mehr vorliege.
Im Hinblick auf den vom Kläger angeführten Entlassungsbericht des B_______ Krankenhauses vom 10. September 2015 bezüglich
einer stationären Behandlung vom 2. Juli 2015 bis 23. Juli 2015 und seinem Vorbringen, dass ein sekundärer Krankheitsgewinn
nicht festgestellt worden sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Im vorgenannten Entlassungsbericht heißt es vielmehr
in Bezug auf die Darstellung des Klägers, dass es immer, sobald es langsam gut werde, zu einem enormen Einbruch komme, und
dass die Ärzte des B______ Krankenhauses dies als einen fraglich unbewussten Profit des Klägers aus seiner Krankheit interpretierten,
was der Kläger aber vehement abgelehnt habe. Der Sachverständige F_________ hat hierzu ergänzt: "Hier ist festzustellen, dass
es nach einem eigenmächtigen Absetzen bzw. Reduktion von Medikamenten, die man bei Psychosen und schweren Depressionen einsetzt,
zu einer deutlichen Verschlechterung des Stimmungsbildes gekommen ist. Dies kann als indirekter Hinweis auf eine schwere depressive
Störung gewertet werden. Die Symptomatik bzw. Verschlechterung geht erneut deutlich über das Maß einer posttraumatischen Belastungsstörung
hinaus, insbesondere wenn man den primären Unfallmechanismus berücksichtigt, und ist durch diesen so nicht erklärbar, insbesondere
nicht 13 Jahre nach dem eigentlichen Trauma."
Insgesamt überzeugt die Schlussfolgerung des Sachverständigen F_________, die sich der Senat voll umfänglich zu eigen macht,
dass es - auch wenn die Diagnose einer PTBS zumindest in den ersten Jahren nach dem Unfall anhand der vorliegenden Befunde
nachvollzogen werden könne - aber im weiteren Verlauf zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage gekommen sei. Der Sachverständige
F_________ führt hierzu zutreffend aus: "Psychische Störungen infolge eines Unfallereignisses stellen einen Versicherungsfall
dar, wenn sie als Gesundheitsschaden zu bewerten sind und ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht. Es handelt
sich nicht um die psychischen Folgen eines unfallbedingten physischen Traumas, sondern um die unmittelbare Verursachung einer
psychischen Reaktion durch ein und äußeres Ereignis. Der Unfallbegriff fordert bei einer psychischen Einwirkung ein Erlebnis,
welches sich objektiv von den alltäglichen Geschehnissen abhebt und subjektiv eine besondere psychische Anspannung mit einer
dadurch bedingten Stresssituation auslöst. Von der plötzlichen, ereignisbedingten psychischen Einwirkung sind Erregungszustände
anderer Art und Ursache zu trennen: psychische Konfliktsituationen, Persönlichkeitsstörungen und mannigfache andere, etwa
angstbesetzte psychische Störungen oder seelische Erkrankungen aus beruflich bedingter Verärgerung, Gefühl des dienstlichen
Zurückgesetztseins. Solche Zustände entbehren der Voraussetzung des Arbeitsunfalls, da ihnen schon das entscheidende Kriterium
des "Plötzlichen" und "Unvorhergesehenen" fehlt. Mit den Begriffsmerkmalen des Arbeitsunfalls wäre es unvereinbar, wenn z.
B. eine mit dem Verlust der Arbeitsstelle verbundene psychische Belastung - mit körperlicher Schädigung im Gefolge - als entschädigungspflichtiger
Tatbestand angesehen würde. Die Auslösung einer psychischen Reaktion muss unmittelbar, d. h. innerhalb eines auf längstens
eine Arbeitsschicht begrenzten Zeitraums erfolgen."
Zu Recht weist der Sachverständige F_________ darauf hin, dass im Rahmen der Prüfung der rechtlichen Wesentlichkeit einer
behaupteten Ursache aus dem rein zeitlichen Aufeinanderfolgen eines gesundheitlichen Erstschadens und einer später auftretenden
psychischen Gesundheitsstörung nicht gefolgert werden dürfe, dass diese wesentlich durch den Unfall verursacht worden sei.
Zu prüfen ist vielmehr, ob der jeweilige Erstschaden oder dessen Behandlung nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand
ursächlich und auch rechtlich wesentlich für den Folgeschaden war; dies gilt auch bei einer PTBS.
Aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den Akten enthaltenen medizinischen Stellungnahmen und zahlreichen Gutachten macht sich
der Senat die Schlussfolgerung des Sachverständigen F_________ zu eigen, dass die Symptomatik, die bei dem Kläger aktuell
und in der Vergangenheit bestand, insbesondere ab März 2012, nicht mehr als wesentlich durch den Unfall 2002 verursacht worden
sein könne. Insoweit überzeugt die Darstellung des Sachverständigen F_________ einer zunehmenden Symptomatik und deutlichen
Ausgestaltung des Beschwerdebilds und der Hinweis auf das Erfordernis, die Vorerkrankung des Klägers (Schwindelsymptomatik)
zu berücksichtigen, die schon zwei Jahre vor dem Unfall bestand, wie auch die Beeinträchtigung durch die koronare Herzerkrankung
und den sich im Verlauf entwickelnden sekundären Krankheitsgewinn, der zu einer unbewussten Chronifizierung des Symptomkomplexes
führte.
Überzeugt ist der Senat auch davon, dass der weitere Verlauf der Gesundheitsstörung des Klägers, jedenfalls ab März 2012,
nicht mehr rechtlich wesentlich auf die ursprüngliche Reaktion auf das Unfallereignis zurückzuführen ist, sondern dass beim
Kläger unfallunabhängige Faktoren soweit in den Vordergrund traten, dass sie für den weiteren Verlauf die rechtlich allein
wesentliche Ursache bildeten und immer noch bilden. Der Sachverständige F_________ führt hierzu aus: "Hier ist festzustellen,
dass externe, schädigungsunabhängige psychische Belastungsfaktoren nach dem Unfallereignis hinzugekommen sind, welche den
Kausalzusammenhang dann entfallen lassen haben. Die organischen Unfallfolgen zeigten sich schon relativ frühzeitig ausgeheilt.
Trotz einer intensiven Therapie mit mehrfachen stationären und ambulanten Behandlungsmaßnahmen zeigt sich eine unveränderte
bzw. zunehmende psychische Beschwerdesymptomatik, welche sogar zu der Zuerkennung eines Pflegegrades geführt hat. Bei der
Beurteilung eines psychischen Folgeschadens ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu diskutieren, ob Kompensationswünsche
oder andere unfallunabhängige Zielkonflikte vorliegen. Herr ______hat schon relativ frühzeitig darauf hingewiesen, dass er
aufgrund seiner Schwindelsymptomatik (welche als unfallunabhängig zu werten ist) nicht mehr seine berufliche Tätigkeit ausüben
könne. Des Weiteren wurden schon in den Vorbefunden sowohl während der stationären Aufenthalte als auch zusätzlich im Rahmen
der Begutachtungen Hinweise gefunden auf den Wunsch nach Unterstützung insbesondere in finanzieller Hinsicht bzw. Unterstützung
seiner Familie, damit ihn diese unterstützen kann, durch die Berufsgenossenschaft und andere Kostenträger. Insbesondere die
Aberkennung der Rente durch die Berufsgenossenschaft bzw. die negativen Einschätzungen der Vorgutachter führten dann zu einer
deutlichen Symptomzunahme. Dies ist nicht primär auf das Unfallereignis zurückzuführen, sondern ist als konkurrierende Ursache
zu würdigen und kann daher nicht in die Bewertung des Unfallereignisses als rechtlich wesentlich eingeschlossen werden." Der
erkennende Senat teilt diese Einschätzung.
Zusammenfassend hat der Sachverständige F_________ festgestellt, dass die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen (als Hauptgesundheitsstörung
eine rezidivierende depressive Störung schweren Grades, differentialdiagnostisch in Betracht kommend eine posttraumatische
Verbitterungsstörung, eine koronare Herzkrankheit mit Stentversorgung und nach Bypass-Operation, ein Bluthochdruck, ein Diabetes
mellitus Typ 2 und eine Adipositas) nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unmittelbare oder mittelbare Folgen des Unfalls
vom 28. März 2002 seien. Davon ist unter Berücksichtigung aller medizinischen Befunde und Gutachten auch der Senat überzeugt.
Soweit der Sachverständige F_________ den Zeitpunkt der Verschiebung der Wesensgrundlage auf März 2012 datiert, deckt sich
dies mit den Feststellungen Dr. Sa____________ in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 17. August 2014. Dieser führte darin
aus, dass sich Bedingungsfaktoren und erhaltene Dynamik der Krankheitsentwicklung von einer Traumafolgestörung auf eine Krankheitsfehlverarbeitung
verlagert hätten, dass diese Entwicklung schleichend eingetreten und somit terminlich nicht exakt zu bestimmen sei, jedenfalls
aber zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. T_________ im März 2012 vorgelegen habe.
Dagegen vermögen nicht nur - wie dargestellt - die vom Kläger in Bezug genommenen Berichte seiner behandelnden Ärzte, sondern
auch die Gutachten des MDK Nord die Ausführungen der Sachverständigen F_________ nicht zu erschüttern und seine Schlussfolgerungen
nicht zu widerlegen. Soweit beispielsweise Dr. K_______ in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 5. September 2013 erklärt,
für ihn sei "unstreitig", dass weiterhin eine chronifizierte PTBS als Folge des Unfalls vom 28. März 2002 vorliege, überzeugt
dies schon aus dem Grund nicht, dass Dr. K_______ keine eigenen psychiatrischen Befunde erhoben, sondern sich auf die Angaben
des Klägers und die Einsichtnahme fremder Befunde bezogen hat, und dass die Erklärung ohne weitere Substantiierung und Erläuterung
abgegeben wird. Sie ist damit weder nachvollziehbar noch überzeugend, zumal das Gutachten nicht den Anforderungen an ein Zusammenhangsgutachten
im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht. Entsprechendes gilt für die Äußerung der Gutachterin A.
D_____, die den Kläger am 1. Februar 2018 im Auftrag des MDK Nord zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß
SGB XI begutachtet hat; auch dieses Gutachten folgt nicht den Regeln für ein Zusammenhangsgutachten im Sinne des Rechts der gesetzlichen
Unfallversicherung. Soweit Frau D_____ erklärt, es liege ein anerkannter Arbeitsunfall vor, der "ausschließlich ursächlich"
für die zum Pflegegrad 3 führenden Einschränkungen der Selbständigkeit und Teilhabe des Klägers sei, beruht diese nicht näher
begründete Einschätzung wiederum nicht auf eigenen psychiatrischen Befunden, sondern auf den Angaben des Klägers und der Einsichtnahme
fremder Befundberichte.
Die Kritik des Klägers vom 10. und 17. Juli 2018 am Gutachten des Sachverständigen F_________ ist unberechtigt. Der Senat
teilt nicht die Einschätzung Dr. S___________, der Unfall des Klägers vom 28. März 2002 sei "ohne Zweifel als außergewöhnliche
Bedrohung" zu betrachten, angesichts des dokumentierten Geschehensablaufs und der körperlichen Gesundheitsstörungen des Klägers
(Schädelhirntrauma, begleitende Distorsion der HWS ohne hirnorganische Schädigung). Eine Vergleichbarkeit des Unfallereignisses
mit den für eine PTBS typischen Erlebnissen (z. B. Krieg, Todesgefahr) besteht nicht.
Die Einschätzung des Klägers, dass sich im Gutachten des Sachverständigen F_________ Widersprüchlichkeiten, Ungenauigkeiten
und fehlerhafte Darstellungen fänden, lässt sich angesichts der oben dargestellten sorgfältigen Auswertung der zahlreichen
aktenkundigen ärztlichen Befunde und Gutachten nicht verifizieren.
Soweit der Kläger bemängelt, der Sachverständige F_________ habe bei der Einordnung der PTBS auf die DSM-4 abgestellt anstelle
der DSM-5, verweist der Senat auf die überzeugende Erklärung des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Dort
hat der Sachverständige erläutert, dass die DSM-4 weiterhin der Standard für gutachterliche Bewertungen sei, gerade in sozialmedizinischen
Begutachtungen, da sie besser geeignet sei als die DSM-5; darüber bestehe ein fachliches Übereinkommen der Sachverständigen
in der Sozialmedizin. Im Übrigen ergibt sich aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen F_________ ausdrücklich,
dass dieser über die Kriterien der DSM-4 hinaus auch die Kriterien der DSM-5 und der ICD-10 berücksichtigt hat (vgl. z. B.
Seite 59 f. des Gutachtens vom 29. Juni 2018).
Soweit der Kläger ferner erklärt, seine Drehschwindelanfälle hätten vor dem Unfall nicht bestanden, so steht dies im Widerspruch
zu den Einlassungen des Klägers, die im Befundbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G______ vom 9. April 2002
dokumentiert sind; danach hat der Kläger bereits zwei Jahre vor dem Unfall an länger anhaltenden Schwindelanfällen gelitten.
Soweit der Kläger die vom Sachverständigen erwähnten Äußerungen leugnet, die für eine Verbitterung sprächen, nimmt der Senat
beispielhaft Bezug auf das nervenärztliche Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P_____ vom 21.
April 2008 (Blatt 977 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten). Dort ist dokumentiert, dass der Kläger Dr. P_____ gegenüber
geäußert hat, dass ihn die Gutachten der Ärzte sehr belasten würden, in denen nirgendwo die Wahrheit stünde.
Soweit der Kläger den Hinweis auf Kokain in seinem Blut im Entlassungsbericht des UKE Hamburg vom 15. August 2017 leugnet,
ist dem zwar zuzustimmen; hier liegt offenbar ein Lesefehler im Gutachten vor, denn der Entlassungsbericht benennt als Diagnose
nicht die Ziffer R78.2, sondern E78.2 (Gemischte Hyperlipidämie). Dieser Umstand vermag jedoch die Verwertbarkeit des Gutachtens
nicht zu erschüttern, denn der Sachverständige F_________ hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung zu Recht darauf hingewiesen,
dass er eine Kokainabhängigkeit des Klägers nicht angenommen und aus der (irrtümlich wiedergegebenen) Diagnose keine gutachterlichen
Schlüsse gezogen hat (vgl. Blatt 540 der Gerichtsakten).
Schließlich ist der Auffassung des Klägers, dass eine Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation durch für ihn nachteilige
Begutachtungen weder durch die Entlassungsberichte noch durch sonstige Unterlagen belegt werde, zu widersprechen. Die vom
Kläger in Abrede gestellte Verschlechterung ergibt sich aus zahlreichen ärztlichen Befunden, z. B. aus dem bereits genannten
nervenärztlichen Gutachten Dr. P_____ vom 21. April 2008 (Blatt 977 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten), aus dem Entlassungsbericht
des UKE Hamburg vom 29. Januar 2013 bezüglich der dortigen stationären Behandlung des Klägers in der Zeit vom 17. September
2012 bis 31. Oktober 2012 (Blatt 1911 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) und aus dem nervenärztlichen Gutachten des
Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sa____________ vom 17. August 2014 (Blatt 157 ff. der Gerichtsakten), die der Sachverständige
F_________ gründlich ausgewertet hat.
2.
Soweit sich der Kläger gegen die Ablehnung der Gewährung eines Persönlichen Budgets wendet, hat das Sozialgericht seine Klage
auch insoweit zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
4. Oktober 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen
im Rahmen der Heilbehandlung gemäß §
26 SGB VII in Form eines Persönlichen Budgets gemäß §
17 SGB IX a. F.
Gemäß §
26 Abs.
1 Satz 1
SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des
Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen.
Gemäß §
26 Abs.
1 Satz 2 1. Halbsatz
SGB VII in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung vom 27. Dezember 2003 können Versicherte einen Anspruch auf Ausführung
der Leistungen durch ein Persönliches Budget nach §
17 Abs.
2 bis
4 des
Neunten Buches in Verbindung mit der Budgetverordnung und §
159 des
Neunten Buches haben. Gemäß §
17 Abs.
2 Satz 1
SGB IX können Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten
in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Gemäß §
17 Abs.
3 Satz 1 1. Halbsatz
SGB IX werden Persönliche Budgets in der Regel als Geldleistung ausgeführt. Mit einem Persönlichen Budget sollen Leistungsberechtigte
selbst entscheiden können, welche Hilfen sie von welchem Leistungserbringer in Anspruch nehmen, ggf. können sie auch selbst
Personen beschäftigen, welche ihnen die notwendigen Leistungen erbringen ("Arbeitgebermodell"; O'Sullivan in Schlegel/Voelzke,
jurisPK-
SGB IX, 3. Aufl. 2018, §
29 SGB IX Rn. 20).
Der Kläger kann das von ihm begehrte sogenannte Arbeitgebermodell nicht beanspruchen. Dies hat bereits das Sozialgericht zutreffend
begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher zunächst gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die diesbezüglichen, rechtlich zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen sowie in Anwendung des
§
136 Abs.
3 SGG auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 4. Oktober 2011. Der Senat folgt der Begründung
des Widerspruchsbescheids und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt nicht zu einer davon abweichenden rechtlichen Einordnung, insbesondere
nicht der Hinweis auf die ergotherapeutische Ausbildung seines Sohnes D_____. Vielmehr bekräftigen nun auch die Feststellungen
des Sachverständigen F_________, die sich der Senat zu eigen macht, dass das erstinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden
ist. Unter Berücksichtigung der bisher durchgeführten Behandlungen, der Besserung bei leitliniengerechter Therapie und der
dann wieder erfolgten Verschlechterung bei (nach Ansicht des Klägers) "fehlender Unterstützung" durch die Beklagte in Kombination
mit den sehr unterschiedlich ausgeprägten neurologischen und psychiatrischen Beeinträchtigungen des Klägers ist die begehrte
Einbindung der Ehefrau des Klägers in die Behandlung als nicht zielführend anzusehen.
3.
Dem Hilfsantrag des Klägers, ihm einen 3-wöchigen Schriftsatznachlass auf das heutige Ergebnis der Beweisaufnahme zu gewähren,
war nicht stattzugeben. Einem anwaltlich vertretenen Kläger ist es regelmäßig möglich und zumutbar, auf eine im Rahmen der
mündlichen Verhandlung durchgeführte Anhörung eines Sachverständigen zu dessen vorab schriftlich vorliegenden Gutachten unmittelbar
Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger auch Gebrauch gemacht. Zuvor hatte er bereits durch die Schriftsätze
seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Juli 2018 und 17. Juli 2018 zum genannten Gutachten des Sachverständigen F_________
Stellung genommen.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
5.
Gründe, die Revision nach §
160 Abs.
1 SGG gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG durch den Senat zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
I. Rechtsmittelbelehrung
...