Streitwertfestsetzung
Beschwerde
Anwendungsbereich des GKG
Gründe:
Das Sozialgericht hat in der angegriffenen Entscheidung unter Anwendung des §
197a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) insbesondere den Streitwert auf 5000 Euro festgesetzt. Gegen die Streitwertfestsetzung richtet sich die hiesige Beschwerde.
Der Streitwert sei zu hoch, er liege bei nur fünf Euro.
Über die entsprechend §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte Beschwerde hat entsprechend §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter zu entscheiden (vergleiche zur Entscheidung durch den Berichterstatter und zum Meinungsstreit
hierzu unter anderem Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Mai 2016,L 1 KA 3/15 B, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris).
Der unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Beschluss vom 29. September 2005, IV E 5/05, zitiert nach juris) und des Bundesgerichtshofes (unter anderem Beschluss vom 13. Januar 2005, V ZR 218/04, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris) erfolgten Rechtsprechung (unter anderem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 23. Februar 2010, L 22 R 963/09 B und vom 2. August 2013, L 27 P 86/12 B, beide mit weiteren Nachweisen und zitiert nach juris), es sei bei dem Landessozialgericht durch die drei Berufsrichter
über Streitwertbeschwerden zu entscheiden, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn tragendes Argument für die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes und des Bundesfinanzhofes ist, dass bei diesen beiden Gerichten eine Entscheidung durch den Einzelrichter
gerichtsverfassungsrechtlich oder prozessrechtlich generell nicht vorgesehen ist. In der Sozialgerichtsbarkeit ist mit §
155 SGG demgegenüber aber eine Regelung geschaffen worden, die Einzelrichterentscheidungen bei dem Landessozialgericht nicht nur
für die Nebenentscheidungen vorsieht (vergleiche §
155 Abs.
2 SGG), sondern mit Einverständnis der Beteiligten sogar in der Hauptsache (vergleiche §
155 Abs.
3 SGG). Bei einer vergleichbaren Regelung in der
Verwaltungsgerichtsordnung (§
87a VwGO) hat dementsprechend das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 66 Abs. 6 S. 1 GKG auch dort die Entscheidungszuständigkeit bei dem Einzelrichter gesehen (Beschluss vom 25. Januar 2006, 10 KSt 5/05, mit weiteren
Nachweisen, zitiert nach juris). Dieser Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts schließt sich der Senat nach eigener Prüfung
an.
Schließlich sind auch keine Gründe ersichtlich, von dieser sich aus § 66 Abs. 6 S. 1 GKG ergebenden Einzelrichterzuständigkeit abzuweichen. Zwar kann der Einzelrichter nach § 66 Abs. 6 S. 2 GKG das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher
Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Hiervon hat der Senat in der Vergangenheit auch bereits Gebrauch
gemacht und über Streitwertbeschwerden in Senatsbesetzung ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (vergleiche § 66 Abs. 6 S. 3 GKG) entschieden. Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine solche Übertragung aber nicht gegeben, so dass es bei der sich
grundsätzlich aus § 66 Abs. 6 S. 1 GKG ergebenden Einzelrichterzuständigkeit verbleibt.
Die Streitwertbeschwerde ist zulässig.
Zwar ist der Anwendungsbereich des §
197a SGG nicht eröffnet, so dass grundsätzlich auch die Beschwerdemöglichkeit aus § 68 GKG nicht gegeben ist.
Gemäß §
197a SGG findet insbesondere das GKG nur dann Anwendung, wenn weder der Kläger noch der Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Personen gehört. Nach §
183 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit insbesondere für Leistungsempfänger kostenfrei.
Vorliegend handelt es sich aber um einen Rechtsstreit von Leistungsempfängern im Sinne des §
183 SGG. Denn er wird geführt von einer Bedarfsgemeinschaft gegen einen Leistungsträger nach dem SGB II wegen einer vermeintlich um insgesamt fünf Euro zu geringen Leistungsbewilligung. Dies hat selbst das Sozialgericht in der
angegriffenen Entscheidung so gesehen und die Mitglieder dieser Bedarfsgemeinschaft nicht nur als Kläger im Rubrum seiner
Entscheidung aufgenommen, sondern in den Entscheidungsgründen auch insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass die Entscheidung
auch bei einer vollmachtlosen Vertretung, die nach Ansicht des Sozialgerichts gegeben war, gegen die Kläger ergeht (vgl. Leitherer
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG-Kommentar, 11. Auflage 2014, §
73 SGG, Rn. 76, m.w.N.). Damit handelte es sich weiterhin aber um einen Rechtsstreit nach §
183 SGG, so dass der Anwendungsbereich des §
197a SGG schon nicht eröffnet war.
Gleichwohl ist die Beschwerde gegen die trotzdem erfolgte Streitwertfestsetzung unter entsprechender Anwendung der Regelungen
des §
197a SGG i.V.m. § 68 GKG aber zulässig, weil die Entscheidung des Sozialgerichts sich auf die Anwendung dieser Regelung gründet und ansonsten ein
Rechtsbehelf gegen die rechtswidrige Entscheidung entgegen der gesetzlich vorgesehenen Konzeption ausgeschlossen wäre (im
Ergebnis so wohl auch Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 12. August 2014, L 6 R 210/14 BER, zitiert nach juris).
Schließlich führt nicht zu einer anderen Einschätzung, dass auf den Gerichtsbescheid mündliche Verhandlung beantragt wurde
und damit der Gerichtsbescheid gemäß §
105 Abs.
3 SGG hinfällig wurde. Denn die Regelung des §
105 Abs.
3 SGG zielt auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren (inklusive Kostenentscheidung) und nicht auf gesonderte Entscheidungen,
die grundsätzlich durch (separaten) Beschluss zu erfolgen haben, separat angreifbar sind (zur Entscheidung über Prozesskostenhilfe
vergleiche beispielsweise LSG Niedersachsen- Bremen, Beschluss vom 16. August 2013, L 8 AY 55/13 B, zitiert nach juris) und
nur "en passant" in dem Gerichtsbescheid aufgenommen wurden. Die vorliegend erfolgte Streitwertfestsetzung ist daher von der
Regelung des §
105 Abs.
3 SGG nicht erfasst und damit grundsätzlich weiterhin existent und angreifbar.
Die zulässige Beschwerde ist schließlich auch begründet.
Ist der Anwendungsbereich des GKG über §
197a SGG nicht eröffnet, so besteht schon kein Raum für die Festsetzung eines Streitwerts überhaupt. Umso weniger besteht dann ein
Raum für einen Streit um die Höhe des Streitwerts. Die Festsetzung ist folglich insgesamt aufzuheben.
Eine Kostenerstattung findet entsprechend §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 68 Abs. 3 GKG nicht statt.
Dieser Beschluss kann entsprechend §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG nicht mit der Beschwerde angefochten werden.