Beendigung einer freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung
Zahlungsverzug für mehr als drei Monate
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Beendigung der freiwilligen Weiterversicherung des Klägers in der Arbeitslosenversicherung.
Der 1965 geborene Kläger, der bis März 2008 bei der Beklagten aufgrund der seinerzeit ausgeübten Beschäftigung pflichtversichert
war, beantragte bei jener die freiwillige Weiterversicherung als selbständiger Bauschlosser. Die Beklagte "entsprach" dem
Antrag für die Zeit ab 1. April 2008 (Bescheid vom 9. September 2008). Sie forderte zugleich Beiträge für die Zeit von April
bis November 2008 und sodann ab 1. Dezember 2008 monatlich im Voraus mit dem Hinweis, dass das Versicherungsverhältnis u.a.
ende, wenn der Kläger mit einer Beitragszahlung länger als drei Monate im Verzug ist. In der Folgezeit setzte sie die Beiträge
wiederholt neu fest. Soweit sie Beitragsrückstände feststellte, teilte sie dies dem Kläger verbunden mit dem identischen Hinweis
mit, dass das Versicherungspflichtverhältnis ende, wenn länger als drei Monate keine Beiträge gezahlt würden (z.B. Schreiben
vom 1. Juni 2011, 27. September 2012, 20. September 2013). Der Kläger glich den Zahlungsrückstand daraufhin stets aus. Eingetretene
Mehrfachzahlungen wurden seitens der Beklagten erstattet.
Im November 2013 und mit einem Schreiben vom 9. Januar 2014 im Hinblick auf eine Überzahlung im Beitragskonto unterrichtete
die Beklagte den Kläger unter Beifügung einer "Information zu SEPA" über die Möglichkeit, das SEPA-Lastschriftverfahren für
die Zeit ab Januar 2014 zu nutzen. Im Schreiben vom 9. Januar 2014 wies sie zugleich darauf hin, der Kläger müsse im Falle
der Einzugsermächtigung in Zukunft nicht mehr auf Beitragsveränderungen achten und laufe auch nicht Gefahr, Zahlungstermine
zu versäumen. Der Kläger erteilte ein SEPA-Lastschriftmandat nebst Einzugsermächtigung (Erklärung vom 24. März 2014) für die
Zeit ab dem 1. Mai 2014, das die Beklagte in der Folgezeit und hinsichtlich der Beitragsforderungen ab 1. Januar 2015 (Bescheid
vom 19. November 2013) und ab 1. Januar 2016 in Höhe von 75,60 EUR im Monat (Bescheid vom 4. Dezember 2015) berücksichtigte
und die Beträge entsprechend der erteilten Einzugsermächtigung vom Konto des Klägers einzog.
Mit einem Schreiben vom 14. April 2016 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sein Beitragskonto einen Rückstand in
Höhe von 78,60 EUR aufweise (Beitrag zuzüglich Gebühren in Höhe von 3 EUR); der fällige Beitrag habe trotz Lastschriftmandat
nicht eingezogen werden können. Sie bat zugleich um Mitteilung des Grundes für die "Verzögerung", damit dem Kläger keine versicherungsrechtlichen
Nachteile entständen. Auf einen online abrufbaren Vordruck "Veränderungsanzeige" wies sie hin. Zugleich teilte sie erneut
mit, dass bei einem Zahlungsverzug von mehr als drei Monaten das Versicherungsverhältnis automatisch rückwirkend ende. Der
"Rückläufer" im April 2016 bewirkte im elektronischen Abbuchungssystem bei der Zentralkasse der BA die automatische Deaktivierung
des Lastschriftverfahrens, ohne dass der Kläger hiervon in Kenntnis gesetzt wurde. Für April 2016 überwies der Kläger den
rückständigen Beitrag am 18. April 2016 manuell; weitere Überweisungen erfolgten bis zum Ende des Jahres 2016 nicht.
Mit Bescheiden vom 10. und 13. Dezember 2016 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Höhe des Beitrags im Versicherungspflichtverhältnis
auf Antrag ab dem 1. Januar 2017 auf monatlich 79,80 EUR (bzw. Jahresbeitrag 957,60 EUR) fest.
Mit einem Schreiben vom 15. Dezember 2016 bestätigte die Beklagte gegenüber dem Kläger "die Kündigung" des Versicherungspflichtverhältnisses
auf Antrag, das am 30. April 2016 ende. Per Email erwiderte der Kläger, das Versicherungspflichtverhältnis nicht gekündigt
zu haben; dementsprechend habe er die Beitragsinformation für das Jahr 2017 erhalten. Mit einer weiteren Email vom 11. Januar
2017 teilte seine in der Firma beschäftigte Tochter, SR - die Zeugin - für ihn mit, sie habe, nachdem die Zahlung für April
2016 von der Bank zurückgebucht worden sei, den Beitrag an die Beklagte am 18. April 2016 überwiesen. Bezüglich der künftigen
Abbuchungen habe sie sich telefonisch an das Servicecenter der Beklagten gewandt. Seitens der Mitarbeiterin sei ihr bestätigt
worden, dass die Lastschrift hinterlegt sei und daher kein weiterer Handlungsbedarf bestehe. Zugleich habe sie gebeten, die
Abbuchungen auf eine jährliche Zahlungsweise umzustellen. Sie sei mangels weiterer Nachricht davon ausgegangen, dass die Umstellung
erfolgt sei. Für eine Veränderungsanzeige, wie im Schreiben vom 14. April 2016 erwähnt, habe sie nach dem Telefonat keinen
Anlass mehr gesehen.
Mit Schreiben vom 24. Januar 2017 erhob der Kläger bezugnehmend auf das weitere Schreiben der Beklagten vom 12. Januar 2017
Widerspruch gegen die Kündigung der freiwilligen Weiterversicherung, die er nicht erklärt habe. Er habe auch weder eine Zahlungsaufforderung,
Mahnung noch eine andere Information über eine drohende Kündigung erhalten und sei davon ausgegangen, dass der Rückstand mit
der manuellen Überweisung des Fehlbetrags im April 2016 getilgt sei und sodann entsprechend der Auskunft des Servicecenters
wiederum Abbuchungen - nunmehr in jährlicher Zahlweise - erfolgen würden. Dementsprechend habe er die Information über den
künftigen Beitrag ab Januar 2017 gewertet. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2017
zurück. Zur Begründung hieß es, der Kläger habe seit Mai 2016 keine Beiträge mehr entrichtet. Er sei mit seiner Beitragszahlung
länger als drei Monate im Verzug, so dass das Versicherungspflichtverhältnis kraft Gesetzes mit Ablauf des 30. April 2016
ende. Der Erhalt von Zahlungserinnerungen oder Mahnungen sei keine Voraussetzung für das Ende des Versicherungsverhältnisses.
Am 7. Mai 2018 überwies der Kläger manuell Beiträge für den Zeitraum Mai 2016 bis Mai 2018 in Höhe von 1.961,40 EUR und bestätigte
das bestehende SEPA-Lastschriftmandat.
Auf seine nachfolgende Klage hat das Sozialgericht Berlin (SG) mit Urteil vom 7. Mai 2018 den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
30. Januar 2017 aufgehoben und festgestellt, dass die freiwillige Arbeitslosenpflichtversicherung des Klägers über den 30.
April 2016 hinaus fortbestehe. Soweit die Beklagte die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses des Klägers auf das
Vorliegen eines Zahlungsverzugs stütze, fehle es bereits an einem entsprechenden Bescheid. Hierfür lägen die Voraussetzungen
im Übrigen nicht vor. Der Schuldner komme nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibe, den er
aufgrund der vorliegenden Umstände nicht zu vertreten habe.
Mit ihrer Berufung vom 20. Juni 2018 gegen das am 31. Mai 2018 zugestellte Urteil macht die Beklagte geltend, der Kläger habe
für mehr als drei Monate seit dem 1. Mai 2016 keine Beiträge gezahlt. Den Verzug habe er zu vertreten. Die Gründe für die
Rückbuchung habe er nicht auf dem dafür vorgesehenen Formular mitgeteilt. Das behauptete Telefongespräch unter der Servicenummer
sei nicht dokumentiert und habe auch tatsächlich nicht, wie vom Kläger geschildert, ablaufen können. Der Kläger habe erkennen
können, dass Abbuchungen für 2016 nicht mehr erfolgten. Aufgrund des Zahlungsverzugs fälliger Beiträge von mehr als drei Monaten
sei das Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag beendet.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Mai 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht geltend, ihm sei kein schuldhaftes Verhalten vorzuweisen. Die Beklagte habe ihm nicht mitgeteilt, dass die erteilte
Lastschriftermächtigung nicht mehr wirke. Dass die Lastschrift hinterlegt sei, sei seiner mitarbeitenden Tochter telefonisch
vom Servicecenter bestätigt worden. Aus den Bescheiden von Dezember 2016 folge ferner, dass die Beklagte die jährliche Zahlweise
bestätigt habe.
Der Senat hat die 30jährige Tochter des Klägers, die in dessen Betrieb als Bürokraft beschäftigt war und ist als Zeugin vernommen.
Auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Mai 2019 wird wegen des Inhalts der Vernehmung Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die
Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil die sinngemäße Feststellung der Beklagten vom 15. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 30. Januar 2017 über die Beendigung des bestehenden Versicherungspflichtverhältnisses mit Ablauf des 30. April 2016 zu
Recht aufgehoben, weil die vom Kläger insofern zulässigerweise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (vgl.
BSG, Urteil vom 30. März 2011 - B 12 AL 2/09 R - juris Rn. 12; Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 5 AL 2/14 R - juris Rn. 13 m.w.N.) begründet ist.
Gemäß §
28a Abs.
5 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung -
SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2011, BGBl. I S. 2854) endet ein - wie hier - auf Antrag nach §
28a Abs.
1 Satz 1
SGB III begründetes Versicherungspflichtverhältnis u.a. dann, wenn der Versicherte mit der Beitragszahlung länger als drei Monate
in Verzug ist (Nr. 3.) oder durch Kündigung (Nr. 5). Keine dieser Voraussetzungen für eine Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses
des Klägers liegt indes vor.
Zwar hatte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 9. September 2008 auf den Antrag des Klägers auf freiwillige Weiterversicherung
als Selbständiger diese nach §
28a SGB III für die Zeit ab dem 1. April 2008 festgestellt (vgl. auch § 2 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesagentur für Arbeit
zum Antrags-, Kündigungs- und Beitragsverfahren bei einem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der Fassung vom 8.
Oktober 2010 [ANBA Nr. 12 S. 5; vgl. Brand,
SGB III, 7. Auflage 2015 nach 352a -
AO §
352a SGB III -]) mit der Folge, dass zwischen den Beteiligten gemäß §
77 SGG verbindlich und auch für den Senat bindend feststeht, dass der Kläger ab jenem Zeitpunkt nach dem Recht der Arbeitsförderung
versicherungspflichtig ist. Dieser Verwaltungsakt i.S. von § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X würde nur dann keine Wirksamkeit entfalten, wenn er nichtig wäre (vgl. § 39 Abs. 3 SGB X), wofür indes keine Anhaltspunkte bestehen. Zwar handelt es sich bei dem Änderungsbescheid vom 10. bzw. 13. Dezember 2016
nicht um Feststellungsbescheide in vorstehendem Sinne, da hiermit allein der vom Kläger zu entrichtende Beitrag ab Januar
2017 auf 79,80 EUR monatlich bzw. einen Jahresbeitrag von 957,60 EUR angehoben und keine erneute Feststellung über das Bestehen
bzw. die Begründung einer Antragspflichtversicherung i.S.v. §
2 AO §
352a SGB III getroffen wurde. Die Beklagte hat dem Kläger auch nicht - anders als in den Vorjahren - mit einem ggf. bindenden Bescheid
(vgl. §
77 SGG) bescheinigt, Beiträge in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2016 für die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung
entrichtet zu haben; ein entsprechender feststellender Verwaltungsakt i.S. von § 31 Satz 1 SGB X liegt nicht vor (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 5 AL 2/14 R - a.a.O. Rn. 23 ff.).
Diese seinerzeit begründete freiwillige Weiterversicherung bei der Beklagten bestand gleichwohl über den 30. April 2016 hinaus
fort. Zwar besteht gemäß §
3 AO §
352a SGB III das Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag nur für Zeiten, in denen die Voraussetzungen des §
28a SGB III erfüllt sind und für die Beiträge gezahlt wurden. So liegt es hier aber für die Zeit nach dem 30. April 2016, nachdem der
Kläger weder die Kündigung erklärt hat noch sich im Zahlungsverzug befand bzw. einen solchen jedenfalls nicht zu vertreten
hat.
Die Modalitäten des Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag richten sich nach den Vorschriften der ab 1. Januar 2011
geltenden
AO §
352a SGB III. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat mit dieser Anordnung von der ihr mit §
352a SGB III erteilten gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht, das Nähere zu Fälligkeit, Zahlung und Abrechnung der Beiträge bei freiwilliger
Weiterversicherung verbindlich zu bestimmen (vgl. zur Vorauflage BSG, Urteil vom 30. März 2011 - B 12 AL 2/09 - a.a.O. Rn. 16 m.w.N. zur
AO §
352a SGB III a.F.).
Nach §
7 Abs.
1 Satz 1
AO §
352a SGB III bedarf die Kündigung durch den Versicherten der Schriftform. Eine schriftliche Kündigung des Klägers ist indes nicht erklärt
worden, und das Vorliegen einer solchen wird von der Beklagten auch nicht (mehr) geltend gemacht, so dass eine Beendigung
des Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag nach §
28a Abs.
5 Nr.
5 SGB III nicht eingetreten ist.
Aber auch eine Beendigung der Antragspflichtversicherung aufgrund Zahlungsverzuges ist nicht eingetreten. Die Voraussetzungen
des Zahlungsverzugs sind in §
28a SGB III nicht geregelt; diese zu regeln, hat der Gesetzgeber die BA, wie ausgeführt, mit §
352a SGB III ermächtigt. Nach §
5 Abs.
1 AO §
352a SGB III sind die Beiträge für Zeiten des Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag monatlich oder für das jeweilige Kalenderjahr
im Vorhinein an die Bundesagentur für Arbeit zu zahlen, und zwar durch Überweisung oder Einzugsermächtigung (Sätze 1 und 2).
Absatz 2 der Vorschrift regelt, dass als Tag der Zahlung bei Überweisung der Tag der Wertstellung auf dem Konto der BA gilt.
Bei Vorliegen einer - wie hier - Einzugsermächtigung gilt als Tag der Zahlung der Tag der Fälligkeit. Die Fälligkeit ergibt
sich sodann aus §
6 AO §
352a SGB III. Nach dessen Absätzen 2 und 3 werden laufende Beiträge bei monatlicher Zahlweise am Ersten des Monats fällig, in dem u.a.
die selbständige Tätigkeit ausgeübt wird, bzw. laufende Beiträge, die für das jeweilige Kalenderjahr im vorhinein gezahlt
werden, zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres.
Vorliegend waren zwar die zum 1. Mai, 1. Juni und 1. Juli 2016 monatlich fälligen Beiträge des Klägers nicht zu jenem bzw.
einem früheren Zeitpunkt bzw. auch nicht bis 1. August 2016 bei der Beklagten eingegangen, nachdem diese vom erteilten SEPA-Lastschriftmandat
- Rechtsgrundlage für den SEPA-Zahlungsverkehr ist die Verordnung (EU) Nr. 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 14. März 2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften
in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009[6]) bzw. der Einzugsermächtigung des Klägers - wie sie selbst eingeräumt
hat - keinen Gebrauch mehr gemacht hatte und der Kläger die fälligen Beiträge auch nicht - was zwischen den Beteiligten ebenfalls
unstreitig ist - bis zu diesem Zeitpunkt an die Beklagte manuell überwiesen hatte. Den letzten Beitrag im Jahr 2016 hatte
der Kläger vielmehr auf das Schreiben der Beklagten vom 14. April 2016 am 18. April 2016 überwiesen, nachdem die Lastschrift
für April 2016 - mangels Kontodeckung - nicht hatte ausgeführt werden können. Indes hat der Kläger die seit Mai 2016 fälligen
Beiträge zwei Jahre später, nämlich im Mai 2018 in einer Gesamthöhe von 1.961,40 EUR für den Zeitraum Mai 2016 bis Mai 2018
an die Beklagte mit Erfüllungswirkung nachgezahlt. Denn §
5 Abs.
2 AO §
352a SGB III bestimmt den Zahlungstermin, wie ausgeführt, dahingehend, dass als Tag der Zahlung der Tag der Fälligkeit gilt, soweit, wie
hier, eine Einzugsermächtigung erteilt wurde. Mangels Widerrufs der erteilten Einzugsermächtigung galt diese fort, soweit
die Forderung, wie es hier ebenfalls der Fall war, noch nicht verjährt ist. Denn Ansprüche auf Beiträge verjähren erst in
vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind, vgl. §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Dass die Beklagte die Erfüllung insofern abgelehnt und dem Kläger den Betrag zurück überweisen hat, kann für die Frage des
Zahlungsverzuges dahinstehen. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Auffassung vertreten hat,
sie habe von der erteilten Einzugsermächtigung bzw. dem Lastschriftmandat keinen Gebrauch mehr machen müssen, nachdem eine
Lastschrift zurückgebucht worden sei, wodurch regelmäßig Gebühren entständen, und der Kläger auch trotz entsprechender Aufforderung
die Gründe für die Rückbuchung nicht schriftlich mitgeteilt habe, teilt der Senat diese Rechtsauffassung nicht. Dahinstehen
kann, ob Abweichendes gälte, hätte die Beklagte den Kläger zugleich darüber informiert, dass sie von der Einzugsermächtigung
keinen Gebrauch mehr mache und diese ggf. zu erneuern sei. Denn solches ist, wie die Beklagte auf Nachfrage bestätigt hat,
nicht erfolgt. Indes hat der Kläger die erteilte Einzugsermächtigung auch nicht widerrufen, wie die Zeugin glaubhaft ausgeführt
hat, die für den Kläger zugleich - woran zu Zweifeln der Senat ebenfalls keinen Anlass hat - der Beklagten unter der von jener
im Schreiben vom 14. April 2016 angegebenen Servicerufnummer einerseits die Gründe für die Rückbuchung - keine ausreichende
Kontodeckung, weil die Bezahlung eines höheren Rechnungsbetrages ausgestanden habe - mitgeteilt und andererseits erfragt habe,
wie nun weiter zu verfahren sei und ob die Umstellung auf eine jährliche Beitragszahlung möglich sei. Nachdem ihr letzteres
sowie die Hinterlegung der Einzugsermächtigung telefonisch bestätigt worden sei, habe sie, als die für den Kläger handelnde
kaufmännische Büroangestellte keinen Anlass für weiteres Tätigwerden, insbesondere nicht für eine "Veränderungsanzeige" erkannt.
Dahinstehen kann, dass die Beklagte die Dokumentation eines solchen Telefonats nicht feststellen konnte. Der Senat zweifelt
nicht an der Aussage, deren Richtigkeit auch durch die Beitragsbescheide vom Dezember 2016 bestätigt sein dürfte, die zwar
maschinell gefertigt sein dürften, aber zugleich - anders als in sämtlichen Bescheiden der Vorjahre - erstmalig einen Jahresbeitrag
hinsichtlich des Beitrags für 2017 auswiesen. Für die Fortgeltung des SEPA-Lastschriftmandats trotz Rückbuchung spricht im
Übrigen, dass die Beklagte den Kläger weder mit der ihm ausgehändigten "Information zu SEPA" - und zwar auch nicht unter Berücksichtigung
der hiermit genannten Webseite des Deutschen SEPA-Rats unter www.sepadeutschland.de - noch in der Folgezeit über eine solche
Rechtsfolge informiert hat. Aus 2.6 Abs. 4 der - hier nicht unmittelbar geltenden aber insofern anschaulichen - Bedingungen
für den Lastschrifteinzug der Deutschen Kreditbank (vgl. https://www.dkb.de/kundenservice/preise bedingungen/) folgt vielmehr,
dass erst dann, wenn ein Kunde - hier sinngemäß die Beklagte - zu einem SEPA-Lastschriftmandat in einem Zeitraum von 36 Monaten
keine SEPA-Basis-Lastschrift mehr einreicht, er verpflichtet ist, ein neues SEPA-Lastschriftmandat einzuholen, wenn er zukünftig
SEPA-Basis-Lastschriften vom Zahler einziehen möchte. Nach Vorstehendem ist mithin zu konstatieren, dass das erteilte Lastschriftmandat
bzw. die Einzugsermächtigung des Klägers auch für die Zeit ab Mai 2016 gültig war und, wie sich aus §
5 Abs.
2 AO §
352a SGB III ergibt, die spätere Zahlung auf den Fälligkeitszeitpunkt fingiert wird.
Selbst wenn indes seitens der Beklagten vertreten würde, die vorstehende Fiktion gälte nur für den Fall der tatsächlichen
Nutzung der Einzugsermächtigung, die hier gerade nicht erfolgte, hätte der Kläger jedenfalls den dann eingetretenen Zahlungsverzug
nicht zu vertreten. Insofern ist §
286 Abs.
4 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) entsprechend anwendbar, da das Gesetz mit dem Begriff "Verzug" auf das entsprechende zivilrechtliche Rechtsinstitut Bezug
nimmt, so dass §
286 BGB insgesamt anwendbar ist, soweit sich aus §
28a SGB III - wie hier - keine Einschränkung ergibt (vgl. nunmehr BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 5 AL 2/14 R - juris Rn. 42).
Zwar bedurfte die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses aufgrund eines länger als drei Monate bestehenden Zahlungsverzugs
hinsichtlich der Beiträge nach §§ 28a, 349
SGB III für die Monate Mai bis Juli 2016 - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - weder einer Mahnung der Beklagten noch eines (erneuten)
Hinweises auf den andernfalls drohenden Verlust des Versicherungsschutzes (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2011 - B 12 AL 2/09 R - a.a.O. Rn. 18). Auch schließt die gesetzgeberische Ausgestaltung der Beendigungsregelung insbesondere nach §
28 Abs.
5 Nr.
3 SGB III die Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aus. Danach kann die Verletzung der dem Versicherungsträger
gegenüber dem Versicherten obliegenden Betreuungspflicht dazu führen, dass der Versicherungsträger einen dadurch entstandenen
sozialrechtlichen Nachteil oder Schaden des Versicherten ausgleichen muss, indem er eine (rechtmäßige) Amtshandlung vornimmt
und so den Zustand herstellt, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde. Da jedoch nach der Konzeption des §
28a SGB III bei einem Ausbleiben von Beitragszahlungen schon keine gesonderte Pflicht der Beklagten bestand, den Kläger auf den drohenden
Verlust des Versicherungsschutzes hinzuweisen, kann die Rechtsfolge der Aufrechterhaltung des Versicherungspflichtverhältnisses
nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herbeigeführt werden (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2011 - B 12 AL 2/09 R - a.a.O. Rn. 22 zu §
28a SGB III a.F.). Dahinstehen kann, ob im vorliegenden Einzelfall Abweichendes gelten könnte, nachdem die Beklagte den Kläger zuvor
stets auf einen eingetretenen Beitragsrückstand hingewiesen hatte und insofern ggf. ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde.
Denn der Kläger hat die Fristversäumnis nach den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles nicht im Sinne von Vorsatz
oder auch nur einfacher geschweige denn grober Fahrlässigkeit (vgl. §
276 Abs.
1 BGB analog) zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. §
276 Abs.
2 BGB analog). Solches ist beim Kläger nicht der Fall, nachdem er der Beklagten die Einzugsermächtigung nebst SEPA-Lastschriftmandat
ab Mai 2014 erteilt hatte und insofern, wie ihm die Beklagte selbst (vgl. Schreiben vom 9. Januar 2014, Bescheid vom 4. Dezember
2015) mitgeteilt hatte, davon ausgehen durfte, dass die Beiträge fristgemäß eingezogen würden. Über die Unterbrechung bzw.
Beendigung des Einzugsverfahrens über den Monat April 2016 hinaus hat die Beklagte den Kläger, wie bereits mehrfach erwähnt
worden ist, nicht informiert. Ein allgemeiner Grundsatz, dass eine solche Stornierung im Falle der Rückbuchung stets erfolgen
würde, existiert weder noch wurde solches von der Beklagten für das vorliegende Antragspflichtversicherungsverhältnis behauptet.
Wie sich im Übrigen auch aus §
6 Abs.
4 Satz 2
AO §
352a SGB III ergibt, hat der Anordnungsgeber die "Gefahr" einer nicht ausgeführten Einzugsermächtigung im Übrigen durchaus gesehen und
insofern geregelt, dass hierdurch entstehende Gebühren nur dann zu Lasten des Versicherten gehen, wenn dieser den Fehler zu
vertreten hat, welches hier zwar für April 2016 der Fall war, aber nicht in den nachfolgenden Monaten. Vergleichbares hat
der Bundesgesetzgeber mit der Verpflichtung zur Zahlung eines Säumniszuschlags in §
24 Abs.
3 SGB IV geregelt, ohne dass eine dieser Normen bestimmen würde, dass eine einmal erteilte Einzugsermächtigung im Falle des Scheiterns
der Abbuchung erlöschen würde. Vielmehr wird auch in diesen Normen vom "Widerruf" der Einzugsermächtigung bzw. des Lastschriftmandats
gesprochen. Einen solchen Widerruf hat der Kläger jedoch gerade nicht in der gegenständlichen Zeit ausgesprochen, wovon der
Senat auch nach der durchgeführten Vernehmung der Zeugin überzeugt ist. Vielmehr durfte er - zumal nach entsprechender telefonischer
Nachfrage - weiterhin davon auszugehen, dass seine erteilte Einzugsermächtigung vom 24. März 2014, mit der er zugleich gemäß
§
675f Abs.
3 Satz 2
BGB der Belastung seines Kontos zugestimmt hatte - mit der für den Gläubiger im Übrigen günstigen Folge, dass die SEPA-Lastschrift
insofern insolvenzfest ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07 - juris Rn. 15ff.) - und die Beklagte zugleich mit dem Einzug der Beiträge beauftragt hatte, fort galt. Dementsprechend hat
die Beklagte schließlich mit ihrem Beitragsbescheid vom 4. Dezember 2015 für das Jahr 2016 gegenüber dem Kläger festgestellt,
dass eine bereits erteilte Einzugsermächtigung als SEPA-Lastschriftmandat weitergenutzt werde und eine Erneuerung der Einzugsermächtigung
nicht erforderlich sei. Dass sie diese dann ab Mai 2016 aufgrund der Rückbuchung im April 2016 nicht mehr genutzt hatte, hat
der Kläger indes, wie ausgeführt, mangels zurechenbarer Kenntnis nicht zu vertreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 oder 2
SGG liegen nicht vor.