Beitragspflicht zur Sozialversicherung
Amateurspieler in einem Fußballverein
Zweck einer Anhörung
Substantielle Anhörung
Tatbestand:
Der klagende Fußballverein wendet sich gegen einen auf der Grundlage einer Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes
Buch (
SGB IV) erlassenen Beitragsnachforderungsbescheid der Beklagten, mit dem dieser zu einer Nachentrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung
für den Prüfzeitraum Januar 2005 bis Juni 2012 in einer Gesamthöhe von 689.757,22 EUR (einschließlich Säumniszuschläge in
Höhe von 183.769 EUR) herangezogen worden ist.
Hintergrund des Rechtsstreits war schwerpunktmäßig die jedenfalls bezogen auf den Prüfzeitraum anzunehmende Praxis des klagenden
Vereins, an formal als Amateure geführte Spieler insbesondere im Bereich der ersten Herrenfußballmannschaft finanzielle Zuwendungen
- teils auf der Grundlage schriftlicher Vereinbarungen, teils auch nach mündlichen Vereinbarungen - zu gewähren. Soweit schriftliche
Vereinbarungen bekannt geworden sind, gab es bei jedenfalls einigen Spielern mehrere Verträge, etwa einen maschinenschriftlichen
Vertrag mit einer relativ geringen Entgeltzusage und einen handschriftlichen Vertrag, der deutlich höhere Beträge auswies.
Zahlungen wurden in der Praxis vielfach - insbesondere auch unter Heranziehung von für diesen Zweck zur Verfügung gestellter
Sponsorengelder - durch Vorstandsmitglieder an die betroffenen Spieler in bar getätigt.
In einigen Fällen hat der Verein entsprechende Spieler auch seinerseits - regelmäßig jedoch nur mit einem Teilbetrag der tatsächlich
erfolgten finanziellen Zuwendungen - unter der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Sozialversicherung
angemeldet.
Nach Bekanntwerden dieser Praxis wurden umfängliche Ermittlungen insbesondere auch durch Beamte des Hauptzollamts I. und der
Steuerfahndung J. durchgeführt. Ein Strafverfahren gegen die Verantwortlichen ist noch anhängig.
Unter dem Datum vom 25. Februar 2013 richtete die Beklagte an den Verein ein Anhörungsschreiben und eröffnete diesem die Möglichkeit,
zu dieser (einschließlich Anlagen) mehr als 180 Seiten umfassenden Anhörungsmitteilung bis zum 18. März 2013 Stellung zu nehmen.
Der Verein äußerte sich mit Schreiben vom 15. April 2013 und bat insbesondere um nähere Erläuterung der "Schätzungsgrundlagen".
Die Beklagte hatte jedoch bereits vor Eingang dieses Schreibens mit Bescheid vom 11. April 2013 Beiträge zur Sozialversicherung
einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 689.757,22 EUR nacherhoben. In den Gründen legte die Beklagte insbesondere dar,
dass eine "sozialversicherungsrechtliche Auswertung" der "vorgelegten Unterlagen", welche im Rahmen einer Durchsuchung von
der Steuerfahndung J. sichergestellt und dann vom Hauptzollamt I. als Ermittlungsbehörde vorgelegt worden seien, ergeben habe,
dass der klagende Verein "Arbeitnehmer/innen gegen Entgelt beschäftigt" habe.
Mit seinem Widerspruch vom 23. April 2013 machte der Verein insbesondere geltend, dass es einer Klärung der Schätzungsgrundlage
bedürfe. Die Beklagte habe offenbar unzutreffenderweise gewährten Auslagenersatz als Arbeitslohn berücksichtigt. Die Beklagte
wurde diesbezüglich um nähere Stellungnahme gebeten.
Ohne weitere Rückäußerung wies die Beklagte den Widerspruch jedoch alsbald mit Bescheid vom 22. Mai 2013 zurück. In den Gründen
des Bescheides legte die Beklagte insbesondere dar, dass in Fällen, in denen ein Amateurfußballer im Zusammenhang mit seiner
fußballerischen Tätigkeit Zahlungen erhalte, die nicht unwesentlich höher seien als die ihm hierbei entstandenen Aufwendungen,
der Schluss gerechtfertigt sei, dass das Spiel nicht mehr aus reiner Liebhaberei, sondern auch um des Arbeitsentgelts willen
ausgeübt werde. Im vorliegenden Fall hätten die "vertraglich zugesicherten Entgelte" den monatlichen Aufwand nicht nur unwesentlich
überstiegen. Die herangezogenen Beitragsbemessungsgrundlagen seien nicht geschätzt worden. Vielmehr habe die Steuerfahndung
J. die zugrunde liegenden "Nettozahlungen" "ermittelt und nachgewiesen".
Mit der am 21. Juni 2013 erhobenen Klage hat der Verein geltend gemacht, dass der angefochtene Bescheid bereits als nichtig
gemäß § 40 Abs. 1 SGB X zu werten sei, dass die tatsächlichen Grundlagen für die Berechnung der Beitragssummen nicht nachvollziehbar seien. Der Verwertung
von Daten, die in einem steuerrechtlichen Strafverfahren dienen sollten, verstoße überdies gegen den Grundsatz eines fairen
Verfahrens. Die Beklagte trage die volle Beweislast. Der geltend gemachte Betrag würde den klagenden Verein unweigerlich in
die Insolvenz treiben.
Ohnehin gehe die Beklagte sachlich unzutreffend von Arbeitsverhältnissen aus. Die Spieler hätten sich nicht als Arbeitnehmer
dem Verein "unterordnen" wollen. Sie seien "vorrangig" Vereinsmitglieder. Ihnen habe es jederzeit freigestanden, ob sie an
den Spielen und/oder am Training hätten teilnehmen wollen.
Zudem habe dem Verein nicht einmal ein "Budget" zur Erbringung der (tatsächlich erbrachten) Zahlungen zugestanden. Jedenfalls
seien die Zahlungen nur darauf ausgerichtet gewesen, die Spieler "kostenfrei" zu stellen. Soweit erbrachte Zahlungen die Aufwendungen
nicht wesentlich überstiegen hätten, könne kein Dienstverhältnis angenommen werden. Überdies habe der klagende Verein auf
die Rechtmäßigkeit seines vorausgegangenen eigenen Verhaltens vertrauen dürfen.
Mit Beschluss vom 20. März 2015, der im Bundesanzeiger und zwei überregionalen Tageszeiten veröffentlicht worden ist, hat
das Sozialgericht angeordnet, dass nur solche Personen zu dem Rechtsstreit beizuladen sind, die dies bis zum 31. Juli 2015
beantragen. Anträge auf Beiladung sind nicht gestellt worden.
In der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide in Teilpunkten korrigiert. Unter
Berücksichtigung dieser - vom klagenden Verein jeweils angenommenen - Teilanerkenntnisse hat die Beklagte mit Änderungsbescheid
vom 20. Januar 2017 klargestellt, bezüglich welcher Regelungsteile sie an dem angefochtenen Bescheid festhält. Nach Maßgabe
dieses Bescheides belaufen sich die Beitragsnachforderungen nunmehr noch auf 668.528,57 EUR (einschließlich 175.441 EUR Säumniszuschläge).
Mit Urteil vom 8. November 2016, dem Verein zugestellt am 5. Januar 2017, hat das Sozialgericht die Klage, soweit sich diese
nicht bereits aufgrund der vorausgegangenen Teilanerkenntnisse der Beklagten erledigt hatte, abgewiesen. Die von dem angefochtenen
Bescheid erfassten Spieler seien als abhängig Beschäftige anzusehen. Ihre Weisungsabhängigkeit habe sich nicht lediglich in
mitgliedschaftsrechtlichen Bindungen erschöpft. Das gezahlte Entgelt habe sich als wirtschaftliche Gegenleistung für die Tätigkeit
des Fußballspielens dargestellt; es sei daher rechtlich als Arbeitsentgelt einzustufen. Da es sich um illegale Beschäftigungsverhältnisse
gehandelt habe, habe die Beklagte Beiträge unter Heranziehung der Vorgaben des §
14 Abs.
2 SGB IV nacherheben dürfen. Hiervon ausgehend sei die Höhe der jeweils festgesetzten Beiträge nicht zu beanstanden.
Angesichts des Umstandes, dass der klagende Verein bereits im September 2007 den Spieler K ... L. als abhängig Beschäftigten
zur Sozialversicherung angemeldet habe, sei im Ergebnis von einer Bösgläubigkeit auf Seiten der Verantwortlichen auszugehen,
aufgrund derer die dreißigjährige Verjährungsfrist maßgeblich sei. Bei dieser Ausgangslage sei zugleich ein Verschulden im
Sinne des §
24 Abs.
2 SGB IV festzustellen, aufgrund dessen die Beklagte zur Erhebung von Säumniszuschlägen berechtigt gewesen sei.
Mit seiner am 3. Februar 2017 eingelegten Berufung verfolgt der Verein sein Begehren weiter. Er rügt die Übernahme von "noch
nicht gefestigten Ermittlungsergebnissen" durch das Sozialgericht.
Der "Zeitaufwand" der Spieler habe monatlich 100 Stunden ausgemacht. Es sei streitig, inwieweit es sich bei den Zahlungen
um Arbeitsentgelte, Fahrtkostenersatz oder anderweitige Aufwandsentschädigungen gehandelt habe. Diesbezüglich habe das Sozialgericht
die erforderlichen Ermittlungen versäumt. Schon die Beklagte habe ihrerseits lediglich "nicht gesicherte Zahlen der Ermittlungsbehörden"
übernommen; ohne ihrer Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen nachzukommen.
Der angefochtene Bescheid sei nicht nachvollziehbar. Auch unter Berücksichtigung der ihm beigefügten Anlagen lasse sich diesem
insbesondere nicht nachvollziehbar entnehmen, von welchen Nettobeträgen die Beklagte jeweils ausgegangen sei, um anhand ihrer
die der Berechnung zugrunde gelegten sog. Bruttoentgelte zu ermitteln (vgl. S. 6 der Berufungsbegründung vom 3. Februar 2017
unter Bezugnahme auch auf das Vorbringen im vorausgegangenen Eilverfahren L 4 KR 383/13 B ER).
In rechtlicher Hinsicht sei - unter Einbeziehung der Vorgaben der Satzung des klagenden Vereins - zu berücksichtigen, dass
die bei den Ermittlungen aufgefundenen Verträge lediglich den Zweck verfolgt hätten, die "mitgliedschaftliche Bindung" der
Spieler zum Verein zu bestätigen. Der Verein habe sich "arglos" an Musterverträgen des Niedersächsischen Fußballverbands orientiert.
Jedenfalls sei keine Weisungsbefugnis des Vereins begründet worden. "Strafen" für eine nicht ordnungsgemäße Teilnahme der
betroffenen Spieler am Trainings- und Spielbetrieb seien lediglich "mannschaftsintern" geregelt worden.
Aus Sicht des klagenden Vereins gebe es zwischen den "reinen Amateuren" und den "Berufssportlern" einen "Graubereich" in Form
der sog. "Vertragsamateure". Der Status von "semiprofessionellen Vertragssportlern" könne nicht einheitlich beurteilt werden.
Es bedürfe insbesondere der Prüfung, ob "Vertragsamateure" im Ergebnis "wirklich weisungsgebunden" seien. Gerade im Hinblick
auf mögliche Konsequenzen für die noch anhängigen Strafverfahren müsse auch im vorliegenden Sozialrechtsstreitverfahren mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen nachgewiesen werden.
Der Verein verweist ferner auf die Schätzungsbefugnisse von Strafgerichten in Strafverfahren nach §
266a StGB und auf die in diesem Rahmen teilweise angenommene Angemessenheit eines sog. "Sicherheitsabschlages".
Dem Urteil des BSG vom 19. August 2003 (B 2 U 38/02 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1; betreffend insbesondere die Frage der Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von selbständiger Tätigkeit
bei einem "Menü-Bringer", der mit eigenem Pkw täglich zu vom Auftraggeber bestimmten Zeiten Menüs an dessen Kunden auszuliefern
hat) sei zu entnehmen, dass materielle Anreize zur Förderung der sportlichen Leistungsbereitschaft nicht zwingend auf eine
arbeitsvertragliche Beziehung hindeuten müssten.
Auch soweit Spieler von Seiten des Vereins als abhängig Beschäftigte zur Sozialversicherung angemeldet worden seien, seien
die Meldungen nicht in dem Bewusstsein erfolgt, dass es sich um versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse handele.
Jedenfalls könne es auch fehlerhafte Anmeldungen geben.
Von Seiten des Verantwortlichen des klagenden Vereins könnten keine näheren Angaben zu den tatsächlich an die Spieler im streitbetroffenen
Zeitraum erbrachten Zahlungen gemacht werden (5. Seite des Schriftsatzes vom 3. Mai 2017). Auch aus den im Berufungsverfahren
nunmehr eingesehenen von der Beklagten vorgelegten Ordnern sei nicht ersichtlich, ob die "wohl von der Steuerfahndung ermittelten"
Werte sachlich zutreffend in die Beitragsberechnungen der Beklagten übernommen worden seien.
Der Mitarbeiter M. N. der Beklagten habe auf Ersuchen der Strafverfolgungsbehörden am 15. November 2012 basierend auf den
"Ermittlungen der Steuerfahndung J." bezogen auf den Prüfzeitraum Januar 2005 bis Juni 2012 bereits den (mit letztlich marginalen
Abweichungen) nachfolgend von Seiten der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Betrag von ca. 505.000 EUR
(zuzüglich Säumniszuschläge) ermittelt, in dieser Ausarbeitung (Bl. 318 GA) habe er jedoch noch klargestellt, dass es sich
lediglich um "unbestimmte Hochrechnungen ohne Rechtsansprüche" handele. Damit habe die Beklagte letztlich selbst die fehlende
Korrektheit ihrer Berechnungen zum Ausdruck gebracht.
Dem klagenden Verein sei erstmals im Berufungsverfahren die Möglichkeit zu einer Sichtung des umfänglichen Aktenmaterials
der Beklagten eröffnet worden. Die dafür eingeräumt Frist von 3,5 Monaten sei allerdings unzureichend bemessen worden. Auch
nach Einsichtnahme in die umfänglichen Unterlagen seien viele Details der Beitragsberechnungen nicht nachvollziehbar. Insbesondere
habe die Beklagte Fahrtkosten nicht abgesetzt, die in dem Bescheid angesetzten Beträge seien nicht selten nicht mit den aus
den Unterlagen zu entnehmenden Zahlen in Einklang zu bringen. In weiten Teilen hätten die Sachbearbeiter der Beklagten offenbar
eher geraten als ermittelt. Die für die Jahre 2010 und 2011 herangezogenen Werte seien "gänzlich unverständlich". Die materielle
Beweislast trage ohnehin die Beklagte.
Der klagende Verein beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 8. November 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 11. April 2013 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2013 und des Änderungsbescheides vom 20. Januar 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, dass die "aktenkundigen Beträge" (wobei sich in den "Akten" allerdings durchaus unterschiedliche
Beträge finden) als "Nettobeitragsbemessungsgrundlagen" herangezogen worden seien. Der Rechtsbegriff der Werbungskosten sei
in der Sozialversicherung nicht bekannt. Die Einwendungen des klagenden Vereins könnten angesichts eines auf seiner Seite
festzustellenden "unklaren und Interpretationen zulassenden Verfahrens" nicht nachvollzogen werden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte insbesondere ausgeführt, dass aus ihrer Sicht das Anhörungsverfahren
letztlich die Einleitung eines Kommunikationsprozesses beinhalten sollte. Aus ihrer Sicht überrasche es, dass der klagende
Verein nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt um Akteneinsicht nachgesucht habe, sondern ein solches Ersuchen erst im Berufungsverfahren
geltend gemacht habe.
Herr N. als der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten habe im vorliegenden Fall im Zuge der damaligen Ermittlungen wiederholt
mit den Kollegen von der Steuerfahndung zusammengearbeitet. Er habe die in den Akten auszugsweise wiedergegebenen Excel-Tabellen
von den Kollegen der Steuerfahndung erhalten. Diese hätten ihrerseits dabei die bei den Durchsuchungen vorgefundenen Unterlagen
ausgewertet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte und der - das
vorausgegangene Eilverfahren betreffenden - Gerichtsakte L 4 KR 383/13 B ER und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 11. April 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 22. Mai 2013 und des Änderungsbescheides vom 20. Januar 2017 ist aufgrund durchgreifender formeller Mängel als rechtswidrig
einzustufen.
Die Beklagte hat bereits versäumt, den klagenden Verein vor Erlass des Bescheides ordnungsgemäß anzuhören, obwohl nach § 24 SGB X ausdrücklich geboten ist, vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit
zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
Diese Vorschrift dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs und soll das Vertrauensverhältnis zwischen dem Bürger und der Sozialverwaltung
stärken und den Bürger vor Überraschungsentscheidungen schützen (BSG, Urteil vom 25. März 1999 - SozR 3-1300 § 24 Nr. 14 mwN). Sie soll zugleich sicherstellen, dass die Beteiligten alle für sie günstigen Umstände vorbringen können (BSG, Urteil vom 4. November 1981 - SozR 1300 § 24 Nr. 2 mwN) und damit die Verlässlichkeit der tatsächlichen Feststellungen erhöhen. Die Anhörungspflicht soll ein dem Anspruch
auf rechtliches Gehör im Gerichtsverfahren vergleichbares Recht gewährleisten, über die beabsichtigte Entscheidung informiert
zu werden, sich zu den entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen äußern zu können und mit diesem Vorbringen
gehört zu werden (BSG, Urteil vom 16. März 2017 - B 10 LW 1/15 R -).
Der Betroffene soll Gelegenheit erhalten, durch sein Vorbringen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt die vorgesehene Entscheidung
zu beeinflussen (BSG, Urteil vom 26. September 1991, BSGE 69, 247 mwN). Hierzu ist es notwendig, dass der Verwaltungsträger die entscheidungserheblichen Tatsachen dem Betroffenen in einer
Weise unterbreitet, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen, ggfs nach ergänzenden Anfragen bei der Behörde, sachgerecht
äußern kann (BSG, Urteil vom 22. November 1984 - SozR 1300 § 24 Nr. 6). Die Rechtsordnung verlangt eine "substantielle" Anhörung (BVerwG, Urteil vom 12. November 1997 - 11 A 49/96 -, BVerwGE 105, 348). Eine substantielle Einflussnahme der Betroffenen darf insbesondere nicht nur unter erheblichen Schwierigkeiten ermöglicht
werden (BVerwG, Urteil vom 05. Dezember 1986 - 4 C 13/85 -, BVerwGE 75, 214). Alle maßgeblichen Grundlagen des in Aussicht genommenen Bescheides sind in einem zur Rechtsverteidigung erforderlichen
Umfang mitzuteilen (BFH, Urteil vom 04. April 1978 - VII R 71/77 -, BFHE 125, 20).
Welche Tatsachen für die Entscheidung erheblich und dementsprechend dem Betroffenen zur Äußerung mitzuteilen sind, richtet
sich nach Art und Inhalt der im Einzelfall in Betracht kommenden Entscheidung (BSG, Urteil vom 30. März 1982 - SozR 1300 § 24 Nr. 4; BSG, Urteil vom 28. April 1999 - SozR 3-1300 § 24 Nr. 15; Urteil vom 7. Februar 2002 - SozR 3-4100 § 128 Nr. 15). Entscheidungserheblich sind grundsätzlich alle Tatsachen,
die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, auf die sich die Verwaltung also zumindest auch gestützt hat
(BSG, Urteil vom 14. Juli 1994 - SozR 3-4100 § 117 Nr. 11 - Urteil vom 15. August 2002 - B 7 AL 38/01 R -, SozR 3-1300 § 24 Nr. 21). Dazu zählen namentlich auch die Inhalte von herangezogenen Ermittlungsakten, soweit diese sich
tatsächliche Einschätzungen ausgewirkt haben oder dies jedenfalls nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.
März 1965 - 2 BvR 176/63 -, BVerfGE 18, 399).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zwar vor Erlass des Bescheides vom 11. April 2013 unter dem Datum vom 25. Februar 2013
eine Anhörungsmitteilung an den klagenden Verein gerichtet; diese Anhörung genügte aber schon inhaltlich nicht den Anforderungen
an eine rechtswirksame Anhörung. In ihr fehlte die gebotene Darlegung wesentlicher Umstände.
In dieser Anhörungsmitteilung hat die Beklagte insbesondere geltend gemacht, dass der "Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge"
von der Steuerfahndung J. "nachgewiesene Auszahlungen" "zugrunde gelegen" hätten. Im rechtlichen Ausgangspunkt ist allerdings
zu berücksichtigen, dass "Feststellungen", "Nachweise", "Ermittlungen" oder gar "Zusammenfassungen" von Steuerfahndungsbehörden,
Mitarbeitern des Zolls, Kriminalbeamten etc. als solche im Ausgangspunkt keine Beweismittel darstellen, sondern lediglich
subjektive Einschätzungen der jeweils ermittelnden Beamten zum Ausdruck bringen. Beweismittel können natürlich die Quellen
(etwa Belege, Protokolle über Zeugenbefragungen etc.) darstellen, die entsprechenden Einschätzungen zugrunde liegen. Nur ist
der Beweiswert entsprechender Quellen bezogen jeweils auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der für die Entscheidung des
einzelnen Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsnormen im Verwaltungsverfahren von den zuständigen Verwaltungsbehörden und im gerichtlichen
Verfahren von den Gerichten in eigener Verantwortung vorzunehmen.
Dementsprechend durfte sich die Beklagte in der Anhörungsmitteilung nicht pauschal auf von Seiten der Steuerfahndung "nachgewiesene"
Auszahlungen berufen. Sie hätte vielmehr substantiiert aufzeigen müssen, welche konkreten Beweismittel im Rahmen der in Bezug
genommenen Ermittlungen der Steuerfahndung aufgedeckt worden waren und welche konkreten Erkenntnisse aus diesen jeweils für
welche Regelungsteile der in Aussicht genommenen Beitragsnacherhebung zu entnehmen sein könnten. Entsprechende konkrete Hinweise
lassen sich der Anhörungsmitteilung nicht einmal ansatzweise entnehmen.
Die Anlagen zu dieser Anhörungsmitteilung sind zwar mit Abertausenden von Zahlen und Tabellenzeilen gefüllt, es wird jedoch
nicht deutlich, auf welcher tatsächlichen Grundlage welche konkreten Daten ermittelt und nach welchen Maßgaben in diese Tabellen
und Berechnungen eingestellt worden sind. Die "für die Entscheidung erheblichen Tatsachen" beziehen sich insbesondere auf
die tatbestandlichen Voraussetzungen der in Aussicht genommenen Regelung; eine substantiierte Anhörung zu diesen Voraussetzungen
kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die Behörde die in Aussicht genommene Rechtsfolge, d.h. bezogen auf den vorliegenden
Zusammenhang den Inhalt der erwogenen Regelungen im Sinne des § 31 SGB X, im Rahmen der Anhörung mitteilt.
Dies gilt in besonderem Maße, wenn und soweit die in Aussicht genommene Regelung als solche aus der Sicht des Empfängers keine
konkreten Rückschlüsse auf den Sachverhalt zulässt. Die Beklagte hat in der Anhörungsmitteilung auch auf die Vorschrift des
§
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV hingewiesen, wonach, soweit bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur
Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind, ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart gilt. Daran anknüpfend hat sie auch im
Bescheid vom 11. April 2013 auf diese Vorschrift Bezug genommen. Abgesehen davon, dass die Beklagte auch eine substantiierte
Anhörung zu den tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen "illegalen Beschäftigungsverhältnisses" und den aus ihrer Sicht
für eine solche Einschätzung auszuwertenden tatsächlichen Erkenntnissen versäumt hat, hat eine Anwendung des §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV namentlich zur Folge, dass das tatsächlich gezahlte Entgelt und dass der Beitragserhebung zugrunde zu legende (fiktive) Entgelt
auseinanderfallen. Das Gesetz verlangt einen zweischrittigen Prüfvorgang: Zunächst ist die Höhe des tatsächlich gewährten
Arbeitsentgelts zu ermitteln; die tatsächlich erbrachten Zahlungen sind dann entsprechend den Vorgaben des §
14 Abs.
2 Satz 2 und
1 SGB IV in der Form hochzurechnen, dass die auf die Einnahmen des Beschäftigten entfallenden Steuern und die seinem gesetzlichen
Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung hinzugerechnet werden. "Erheblich" im Sinne
des § 24 SGB X für die letztlich festzusetzenden Beitragsnachzahlungen sind in solchen Fallgestaltungen zunächst die tatsächlich erbrachten
Entgeltzahlungen. Dementsprechend muss sich auch die Anhörung darauf beziehen, von welchen tatsächlichen Entgeltzahlungen
die Behörde ausgehen will. Erst im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wie diese nachfolgend - wenn und soweit im Einzelfall
die tatbestandlichen Voraussetzung dieser Norm vorliegen - in das nach §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV beitragspflichtige Einkommen hochzurechnen sind.
Nur eine klare Unterscheidung beider Größen insbesondere auch schon in der Anhörungsmitteilung versetzt den Betroffenen in
die Lage, die behördlichen Erwägungen nachzuvollziehen und zu diesen substantiiert Stellung nehmen zu können. Bereits in diesem
zentralen Ausgangspunkt weisen die Anhörungsmitteilung und der nachfolgende Ausgangsbescheid grundlegende Defizite auf.
Eine in diesem Sinne sachgerechte und substantiierte Anhörung kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die Behörde Zahlen in
den Raum stellt, deren rechtliche und tatsächliche Grundlagen unklar bleiben.
Schon die Anhörungsmitteilung brachte den nachfolgend realisierten Willen der Beklagten zum Ausdruck, in einem Bescheid eine
Vielzahl - letztlich tausende - von einzelnen Regelungen im Sinne des § 31 SGB X zusammenfassen zu wollen. Jede einzelne Nacherhebung von einzelnen Beiträgen für jeden einzelnen Prüfmonat und bezogen auf
jeden einzelnen Spieler stellt eine rechtlich eigenständige Regelung im Sinne des § 31 SGB X dar. Die geplante formale Zusammenfassung einer solchen Vielzahl von Einzelregelungen in einem Bescheid darf nicht zu sachlichen
Ungenauigkeiten führen und ist als solche insbesondere auch in keiner Weise geeignet, die formell-rechtlichen Voraussetzungen
herabzusetzen. Plant die Behörde die bescheidmäßige Zusammenfassung von beispielsweise tausend einzelnen Regelungen in einem
Bescheid, dann hat sie gleichwohl sicherzustellen, dass insbesondere den gesetzlichen Anforderungen zur effektiven Gewährung
rechtlichen Gehörs nach § 24 SGB X und zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts nach § 20 SGB X in gleicher Weise und gleicher Qualität Rechnung getragen wird, als wenn über jede einzelne Regelung gesondert entschieden
und dementsprechend auch jede einzelne Regelung zum Gegenstand einer eigenständigen Anhörung gemacht würde. Weder die Qualität
der Sachverhaltsaufklärung noch die Effektivität der Gewährung rechtlichen Gehörs darf durch eine entsprechende bescheidmäßige
Zusammenfassung einer Vielzahl von Einzelregelungen leiden.
Darüber hinaus hat die Beklagte sehenden Auges mit der Anhörungsmitteilung vom 25. Februar 2013 schon davon abgesehen, dem
klagenden Verein auch nur eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen. Selbst wenn die Anhörungsmitteilung noch am
25. Februar 2013 zur Post gegeben sein sollte, konnte entsprechend § 27 Abs. 2 SGB X keine Bekanntgabe vor dem 28. Februar 2013 erwartet werden. Die Äußerungsfrist sollte aber bereits am 18. März 2013 enden,
also nicht einmal drei Wochen umfassen. Diese Frist war insbesondere angesichts der Vielzahl der in Aussicht genommenen Einzelregelungen
augenscheinlich unzureichend bemessen worden.
Die vorstehend dargelegten Mängel der Anhörung sind in zentralen Punkten von Seiten des klagenden Vereins auch ausdrücklich
gerügt worden. So hat der Verein in seinem Schreiben vom 15. April 2013 (welches sich mit dem vom 11. April 2013 datierenden
Ausgangsbescheid gekreuzt hatte), ausdrücklich um Darlegung der "Schätzungsgrundlage" gebeten und damit zum Ausdruck gebracht,
dass er die tatsächlichen Grundlage der der Anhörungsmitteilung beigefügten Zahlenwerke nicht nachvollziehen könne. Dem Schreiben
waren Anlagen beigefügt, in denen der Verein sich darzulegen bemüht hatte, dass allenfalls in sehr deutlich geringeren Größenordnungen
eine Heranziehung zu Beitragszahlungen in Betracht kommen könne.
Die Auslegung entsprechender Begehren auf nähere Erläuterung der Grundlagen für eine in Aussicht genommene Entscheidung darf
ebenso wenig die Auslegung von Leistungsanträgen allein am Wortlaut zu haften bleiben; vielmehr hat sich die Behörde um eine
verständige Erfassung des inhaltlich Gewollten zu bemühen (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2007 - B 13 R 44/07 R -, SozR 4-2600 § 236a Nr. 2). Unabhängig davon, in welcher Hinsicht die Vielzahl der von der Beklagten herangezogenen Zahlenwerte
auch Ausdruck von Schätzungen sein mögen (eine Frage, die sich mangels Nachvollziehbarkeit der in die Bescheidtabellen eingestellten
Werte gar nicht näher beurteilen lässt), hat der klagende Verein mit diesem Schreiben in der Sache jedenfalls die mangelnde
Nachvollziehbarkeit der Erkenntnisgrundlage gerügt. Dies hätte die Beklagte zu einer besonders sorgfältigen Gewährleistung
der erläuterten Anhörungserfordernisse bewegen müssen. Dementsprechend konnte die Beklagte diesem Erläuterungsbegehren nicht
dadurch sachgerecht entgegentreten, das sie im Widerspruchsbescheid knapp vermerkt hat, dass nach ihrem Verständnis die Beitragsbemessungsgrundlagen
nicht geschätzt, sondern nachgewiesen worden seien. Mit dieser Anmerkung hat die Beklagte das eigentliche Erläuterungsbegehren
des klagenden Vereins weder sachgerecht erfasst noch in hilfreicher Weise inhaltlich beantwortet.
Der zwischenzeitlich am 11. April 2013 erlassene Ausgangsbescheid war seinerseits in keiner Weise geeignet, die aufgezeigten
Anhörungsmängel zu beheben. Vielmehr beschränkte sich dieser im Wesentlichen auf eine Wiederholung der bereits dem Anhörungsschreiben
beigefügten umfänglichen tabellarischen Berechnungen, bei denen weiterhin die tatsächliche Grundlage für die eingesetzten
Daten unklar blieb. Die Beklagte hat sich insbesondere auch in diesem Bescheid mit dem pauschalen - letztlich gar keinen konkret
nachvollziehbaren Inhalt aufweisenden - Hinweis begnügt, dass die - als solche gar nicht offen ausgewiesenen, sondern in den
Berechnungen mit Hochrechnungsbeträgen im Sinne des §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV vermengten - "Auszahlungen" von der Steuerfahndung J. "ermittelt" worden seien.
Auch ließ der pauschale Hinweis, dass die "Regelungen des Sozialversicherungsrechts" zur Beurteilung der Frage nach dem "Vorliegen
einer versicherungspflichtigen oder einer geringfügig entlohnten Beschäftigung" von der Beklagten "beachtet" worden seien,
gerade offen, bezüglich welcher der Vielzahl der in den Anlagen in Bezug genommenen Spielerverhältnisse im Einzelnen die Beklagte
auf welcher tatsächlichen Erkenntnisgrundlage die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine entgeltgeringfügige Beschäftigung
bejaht oder verneint haben will. Entsprechendes gilt für den vagen Hinweis in den Bescheidgründen, wonach in "einigen Fällen"
eine "Addition" von (geringfügig entlohnten) "Beschäftigungen" geboten gewesen sei. Auch dies ließ unklar, was genau auf welcher
tatsächlichen Erkenntnisgrundlage und nach welchen rechtlichen Vorgaben bezogen auf welche konkreten "Fälle" "addiert" worden
sein soll.
Entsprechendes gilt, soweit in den Gründen des Bescheides (und entsprechend bereits in der Anhörungsmitteilung) lediglich
vage angemerkt worden ist, dass "zumeist" die Steuerklasse 1 herangezogen worden sei, dass allerdings die Steuerklasse 6 "immer
dann" herangezogen worden sei, wenn eine andere versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen habe. Auch dies ließ den
klagenden Verein als den Adressaten des Bescheides im Unklaren darüber, in welchen konkreten Einzelfällen von Seiten der Beklagten
jeweils welche Steuerklasse herangezogen worden ist und auf der Grundlage welcher Erkenntnisse ggfs. welche Feststellungen
bezüglich des Vorliegens welcher weiteren Versicherungsverhältnisse getroffen worden sein sollen. Nur ergänzend sei in diesem
Zusammenhang angemerkt, dass abweichend von der im Anhörungsschreiben und im Bescheid vom 11. April 2013 geltend gemachten
überwiegenden Heranziehung der Steuerklasse 1 die Beklagte im Rahmen der "Kalkulation der fehlenden Beiträge" vom 15. November
2012 (Bl. 51) ausgeführt hat, dass sie "alle" Nettolöhne unter Anwendung der Steuerklasse 6 in Bruttolöhne umgerechnet habe
(wobei diese "Kalkulation" im Ergebnis weitgehend mit den nachfolgenden festgesetzten Beiträgen übereinstimmt).
Statt die bei der erläuterten Ausgangslage von Rechts wegen gebotenen Maßnahmen zur Behebung der Anhörungsmängel zu ergreifen,
haben die Sachbearbeiter der Beklagten schon am 25. April 2013, also nur zwei Tage nach Eingang des am 23. April 2013 per
Telefax übermittelten Widerspruchs, die Vorlage für den Widerspruchsausschuss erarbeitet. Dieser Widerspruchsausschuss hat
seinerseits - nach einer auffallend kurzen Bearbeitungszeit - bereits am 22. Mai 2013 beschlossen, den Widerspruch zurückzuweisen.
In diesen wenigen Wochen sind von Seiten der Beklagten keine weiteren Bemühungen unternommen worden, die aufgezeigten Anhörungsmängel
auch nur partiell zu beheben und den klagenden Verein zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen ernsthaft zu hören. Diese
Verfahrensweise lässt letztlich nur den Schluss zu, dass sich die Beklagte sehenden Auges über die gesetzlichen Anhörungsvorgaben
hinwegsetzen wollte.
Auf das o.g. Schreiben vom 15. April 2013, auf das der klagende Verein auch noch einmal in der Begründung seines Widerspruchs
Bezug genommen hatte, hat die Beklagte bezüglich des Begehrens zur näheren Erläuterung der Grundlagen der Beitragsberechnungen
in der Sache gar nicht geantwortet, obwohl der Verein verständigerweise zunächst eine Nachricht auf sein Erläuterungsbegehren
erwarten konnte. Vor diesem Hintergrund ist der vom 22. Mai 2013 datierende Widerspruchsbescheid auch als unzulässige Überraschungsentscheidung
zu werten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09. März 1965, aaO.). Der klagende Verein konnte seinerzeit angesichts der fehlenden
Beantwortung seines ausdrücklich geltend gemachten Begehrens zur näheren Erläuterung der Berechnungsgrundlagen gar nicht erkennen,
dass bereits eine abschließende Entscheidung im Widerspruchsverfahren zu erwarten war, ohne dass ihm noch einmal Gelegenheit
zur ergänzenden Stellungnahme eröffnet wurde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ausgeführt, dass sich aus ihrer Sicht das Anhörungsverfahren
letztlich als eine Einleitung einer Kommunikation darstelle, wobei es nach ihrem Verständnis überrasche, dass der klagende
Verein nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt um Akteneinsicht nachgesucht habe, sondern ein solches Ersuchen erst im Berufungsverfahren
geltend gemacht habe. Letzterer Vortrag verkennt nachdrücklich die der Beklagten selbst anzulastenden grundlegenden Versäumnisse.
Auch machen bereits die extrem kurzen Zeitabläufe im Anhörungs- und Widerspruchsverfahren deutlich, dass die Beklagte eine
ernsthafte Kommunikation über die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der angefochtenen Bescheide letztlich vermeiden
wollte.
Gerade angesichts der nachdrücklichen Hinweise des klagenden Vereins auf die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Berechnungsgrundlage
wäre die Beklagte von Amts wegen zu einer besonders sorgfältigen Gewährleistung einer vollumfänglichen Anhörung zu allen maßgeblichen
Tatsachen verpflichtet gewesen, anstatt im Eiltempo nach völlig unzureichender Anhörung eine Sachentscheidung im Widerspruchsverfahren
herbeizuführen.
Abgesehen davon, dass auch die Verwaltungsvorgänge (soweit sie seinerzeit überhaupt bereits zusammengestellt worden waren)
in zahlreichen Punkten keinen nachvollziehbaren Aufschluss bezüglich der bei den einzelnen Regelungen im Detail jeweils herangezogenen
Erkenntnis- und Berechnungsgrundlagen ermöglichen, wäre es gerade Aufgabe der Beklagten gewesen, ihrerseits auf einen entsprechenden
Inhalt dieser Vorgänge hinzuweisen, soweit sich diesen nach ihrem Verständnis ergänzende im Rahmen der Anhörung zu übermittelnde
Angaben ergeben haben mögen. Ein entsprechender Hinweis wäre mit dem ausdrücklich Anerbieten der Akteneinsicht (und einer
Einräumung von im Verhältnis zum Umfang des Verfahrens angemessenen Fristen für die Auswertung der Vorgänge und dem Abfassen
einer detaillierten Stellungnahme) zu verbinden gewesen. Die Verantwortung für eine entsprechende vollumfängliche Gewährleistung
des durch § 24 SGB X gebotenen rechtlichen Gehörs trug die Beklagte als die verfahrensleitende Behörde und nicht etwa - wie von ihrer Seite im
Berufungsverfahren letztlich geltend gemacht worden ist - der klagende Verein.
Zu den bereits angesprochenen bereits ihrerseits schwerwiegenden und durchgreifenden Anhörungsmängeln kommt hinzu, dass im
Widerspruchsbescheid die Einschätzung der Beklagten auf weitere Tatsachen gestützt worden ist, bezüglich derer wiederum von
der rechtlich gebotenen vorausgehenden Anhörung abgesehen worden ist. So hat die Beklagte in diesem Widerspruchsbescheid insbesondere
darauf abgestellt, dass die "beurteilten Fussballer" überwiegend ("in der Mehrzahl") Entgelte erhalten hätten, "welche den
monatlichen Aufwand nicht nur unwesentlich überstiegen" hätten. Es bleibt unklar, auf welcher tatsächlichen Erkenntnisgrundlage
bezogen auf welche konkreten Spieler die Beklagte meinte, eine den Aufwand übersteigende Entgelthöhe feststellen zu können.
Angehört worden ist der Verein zu diesen Tatsachen jedenfalls nicht. Nur ergänzend sei angemerkt, dass sich auch die rechtliche
Relevanz eines Abstellens auf eine "Mehrzahl" der Spieler nicht erschließt, zumal die Beklagte augenscheinlich im Widerspruchsverfahren
davon Abstand genommen hat, die Nacherhebung von Beiträgen bezogen auf die doch der Sache nach von ihr offenbar angenommene
"Minderzahl" von Spielern aufzuheben, bei denen sich Entgeltzahlungen und Aufwand jedenfalls in etwa entsprochen haben sollen.
Auch diesbezüglich ist kein rechtliches Gehör gewährt worden.
Soweit auch im Widerspruchsbescheid darauf abgestellt worden ist, dass die jeweiligen Zahlungen an die Spieler von der Steuerfahndung
"ermittelt und nachgewiesen" worden seien, sind die bereits aufgezeigten Anhörungsfehler fortgeschrieben worden. Nur ergänzend
ist darauf hinzuweisen, dass insoweit die der Beklagten obliegende eigenständige Ermittlung des Sachverhalts augenscheinlich
unterblieben ist.
Selbstverständlich darf und sollte ein Sozialleistungsträger im Interesse eines effektiven Verwaltungshandelns Erkenntnisse
anderer Behörden im Rahmen des rechtlich Zulässigen berücksichtigen und auswerten. Dies enthebt ihn aber nicht von der ihm
von Gesetzes wegen auferlegten Pflicht zur eigenständigen Ermittlung des Sachverhalts gemäß § 20 Abs. 1 SGB X. Dies beinhaltet insbesondere die Pflicht, sich ein eigenes Urteil über die Verlässlichkeit in Betracht kommender "Ermittlungsergebnisse"
anderer Behörden zu verschaffen, was zwangsläufig beinhaltet, dass er sich auch die tatsächlichen Erkenntnisgrundlagen entsprechender
"Ergebnisse" detailliert und nachvollziehbar erläutern lässt.
Ein solches Vorgehen ist natürlich aktenkundig zu machen. Soweit die Beklagte "Ermittlungsergebnisse" anderer Behörden heranzieht,
gehören zu den "Tatsachen", auf denen die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung zu erstrecken ist, nicht nur die "Ergebnisse" der ermittelnden Behörden, sondern auch ihre im Zuge
der Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse, auf deren Grundlage die ermittelnden Beamten ihrerseits jeweils zu der Einschätzung
gelangt sind, dass bestimmte "Ergebnisse" festzustellen seien. Auch eine Aufteilung von Ermittlungsaktivitäten auf verschiedene
staatliche Organe kann nicht zu einer Reduzierung des Anhörungserfordernisses nach § 24 SGB X führen. Nur ergänzend ist anzumerken, dass eine entsprechende Beiziehung von Ermittlungsergebnissen anderer Behörden auch
in den Verwaltungsvorgängen klar zu dokumentieren ist.
Soweit die Beklagte im gerichtlichen Verfahren inzwischen Aktenordner vorgelegt hat, die offenbar Kopien von Ermittlungsunterlagen
enthalten sollen, vermag dies die aufgezeigten Mängel nicht zu beheben. Ohnehin hat sie bezüglich dieser Unterlagen dem beklagten
Verein bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, sofern es damals diese Ordner bereits gegeben haben mag (jedenfalls einer
der Ordner trägt ausdrücklich den Hinweis auf das Jahr 2015, ist also erst mehrere Jahre nach Erlass des angefochtenen Bescheides
zusammengestellt worden), gar nicht die Möglichkeit zu einer Einsichtnahme eröffnet.
Der Senat merkt daher nur ergänzend an, dass entsprechende Zusammenstellungen nur dann weiterführen können, wenn auch die
jeweils für die Beurteilung der Relevanz und Aussagekraft der Unterlagen maßgeblichen Umstände verlässlich dokumentiert werden.
Allein der Umstand, dass irgendeine Tabelle oder eine andere Aufstellung irgendeine Zahlung ausweist, hat im Regelfall kaum
Aussagekraft, solange nicht hinreichend verlässlich erkennbar ist, wer diese Tabelle bzw. Aufstellung wann erstellt haben
soll. Dementsprechend ist regelmäßig exakt zu dokumentieren, wann und wo eine solche Tabelle (in Dateiform oder in ausgedruckter
Form?) von welchen ermittelnden Beamten aufgefunden worden sein soll. Soweit es sich um von ermittelnden Beamten gefertigte
Tabellen handeln soll - wovon im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des entsprechenden Vortrages in der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat im Ergebnis auszugehen ist - dann haben entsprechende Tabellen als solche ohnehin keinen eigenständigen Erkenntniswert.
Vielmehr stellt sich bezüglich eines jeden Eintrages eines Zahlenwertes in eine solche Tabelle im Ausgangspunkt zunächst nur
die Frage, auf Grundlage welcher konkreten Erkenntnismittel der die Tabelle erstellende Ermittlungsbeamte sich zu der jeweiligen
Eintragung veranlasst gesehen haben will. Diese Erkenntnismittel ihrerseits können erst die entscheidungserheblichen tatsächlichen
und rechtlichen Umständen beinhalten, zu denen sich die Beteiligten im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung nach
§ 24 SGB X äußern können müssen (BSG, Urteil vom 16. März 2017 - B 10 LW 1/15 R -). Von einer entsprechend ausgestalteten Anhörung hat die Beklagte gerade abgesehen.
Die aufgezeigten durchgreifenden Anhörungsfehler sind auch weiterhin maßgebend und führen nach den gesetzlichen Vorgaben zur
Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Die Verletzung der Anhörungspflicht ist von Amts wegen zu berücksichtigen, sie muss
von den Beteiligten nicht gerügt werden (BSG, Beschluss vom 19. Februar 1992 - GS 1/89 -, BSGE 70, 133). Dementsprechend ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass der klagende Verein in der Sache wiederholt, zuletzt auch noch
im Berufungsverfahren insbesondere durch den Hinweis auf eine Übernahme "nicht gesicherter Zahlen der Ermittlungsbehörden"
durch die Beklagte, durchgreifende Anhörungsfehler gerügt hat.
Eine Nachholung der Anhörung, wie sie nach § 41 Abs. 2 SGB X im Gerichtsverfahren grundsätzlich in Betracht kommt, setzt bereits im Ausgangspunkt ein eigenständiges, nicht notwendigerweise
förmliches Verwaltungsverfahren (gegebenenfalls unter Aussetzung des Gerichtsverfahrens) voraus, welches insbesondere essentiell
auch die Erklärung der Behörde umfassen muss, ob und ggfs. in welchem Ausmaß diese nach erneuter Prüfung insbesondere unter
Berücksichtigung des Ergebnisses der Anhörung am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhalten will (ausführlich BSG, NJW 2011, 1996 = SozR 4-1300 § 41 Nr. 2 m.&8201;w. Nachw.; BSG, Urteil vom 07. Juli 2011 - B 14 AS 153/10 R -, BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr. 2). Die Behörde muss ausdrücklich in eine erneute Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen einsteigen
und dies gegenüber dem Adressaten des Bescheides klar und deutlich unter eindeutiger Einräumung angemessener Äußerungsfristen
auf der Grundlage einer sachgerechten Anhörungsmitteilung zum Ausdruck bringen.
Zu einer solchen Nachholung hat sich die Beklagte nicht veranlasst gesehen. Insbesondere ist eine solche Nachholung auch nicht
mit dem Erlass des Änderungsbescheides vom 20. Januar 2017 verbunden gewesen. Mit diesem Änderungsbescheid hat die Beklagte
lediglich ihre erstinstanzlich abgegebenen Teilanerkenntnisse bescheidmäßig umgesetzt. Zu einer Überprüfung der angefochtenen
Bescheide im Übrigen ist es dabei nicht gekommen; noch weniger ist in diesem Rahmen eine Anhörung des klagenden Vereins nachgeholt
worden.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), sind nicht gegeben.