Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten zu einer ambulanten Bisphosphonattherapie durch die gesetzliche Krankenversicherung;
Tatbestandsmerkmal der "hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum"; Kein isolierter Streitgegenstand im sozialgerichtlichen
Verfahren gegenüber einem beizuladenden Grundsicherungsträger
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenversicherung verpflichtet ist, für die Zeit ab dem 1. November 2011
bis zum 31. Oktober 2012 die Fahrkosten der Klägerin zu einer ambulanten Bisphosphonattherapie zu übernehmen.
Die 1966 geborene Klägerin erkrankte an Brustkrebs und wurde entsprechend medizinisch behandelt. Gleichwohl entwickelten sich
Metastasen, aus denen sich ein Knochenkrebs entwickelte. Dieser wurde mit einer Bisphosphonattherapie behandelt. Am 1. November
2011 verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin M. hierfür eine Krankenbeförderung. Er gab an, die Therapie sei über einen
Zeitraum von zwölf Monaten erforderlich. Als Zeitraum der Serienverordnung wird "alle vier Wochen" angegeben. Mit Schreiben
vom 3. November 2011 wies die Beklagte darauf hin, es sei bisher nicht ersichtlich, ob die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen
für die Übernahme von Fahrkosten erfülle. Eine Übernahme der Taxikosten könne daher zurzeit nicht erfolgen.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und wies darauf hin, es handele sich um eine alle drei Wochen stattfindende Serienbehandlung.
Sie sei nicht in der Lage, längere Zeit zu stehen, gehen oder zu sitzen. Dementsprechend sei sie auf ein Taxiunternehmen angewiesen.
Um die S-Bahn zu nutzen, müsse sie erst einmal drei Kilometer bis zum Bahnhof in ihrem Wohnort laufen. Dies sei eine ungeahnte
Belastung für sie.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies mit den Krankentransportrichtlinien
(KrTrans-RL). Danach lägen die Voraussetzungen für einen Krankentransport nicht vor.
Hiergegen hat die Klägerin am 9. März 2012 Klage erhoben und vorgetragen, sie unterziehe sich alle drei Wochen jener Therapie
(sogenannter Knochentropf). Sie habe für die Chemotherapie einen kostenlosen Krankentransport erhalten. Insoweit sei es widersprüchlich,
wenn ihr nunmehr für die Fortführung der Krebstherapie die Fahrkosten nicht mehr erstattet würden. Auch eine onkologische
Chemotherapie habe einen Anwendungszyklus von jeweils drei Wochen. Auch die weitere Voraussetzung der KrTrans-RL, dass die
Behandlung den Patienten in der Weise beeinträchtige, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schäden an Leib und Leben unerlässlich
sei, sei hier gegeben. Sie sei nach der Behandlung nicht mehr in der Lage, selbst zu reisen, da sie dann unter Müdigkeit und
Schüttelfrost leide und sich überhaupt "vernebelt" fühle. Unter diesen Umständen könne sie nicht mit Bahn oder Bus reisen.
Die Klägerin hat eine Aufstellung überreicht, wann sie jeweils Termine für jene Therapie gehabt habe. Danach fanden in der
Zeit vom 9. August 2011 bis 10. Juli 2012 insgesamt 17 Behandlungen statt. Die Klägerin hat weiter darauf hingewiesen, dass
diese Therapie bei ihr lebenslang durchgeführt werden müsse. Da die Beklagte die Kosten für das Taxi nicht übernommen habe,
sei sie von ihrem Ehemann im privaten PKW gefahren worden. Die Strecke betrage jeweils 34 Kilometer. Bei einer entsprechenden
Anwendung des Bundesreisekostengesetzes seien ihr für insgesamt 13 Fahrten im Zeitraum vom 3. Januar 2012 bis 16. Oktober 2012 (die einzeln aufgeschlüsselt wurden)
Kosten von 132,60 Euro zuzüglich Parkgebühren von insgesamt 13 Euro entstanden (Auflistung Blatt 59 GA auch zu weiteren geplanten
Terminen).
Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Onkologie mitgeteilt, bei der hier streitigen
Therapie betrage die standardmäßige Behandlungsfrequenz ca. einmal pro Monat. Ähnliches gelte für die Chemotherapie. Die Strahlentherapie
könne er so nicht zeitlich beziffern.
In einer sozialmedizinischen Stellungnahme kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung S.-A. (MDK) am 2. Juli 2013
zu dem Ergebnis, dass sich die Klägerin in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand befinde. In den Berichten würden keine
spezifischen Symptome vorgetragen. Zusammenfassend könne vom Vorliegen der Ausnahmekriterien des § 8 KrTrans-RL nicht ausgegangen
werden. Eine vergleichbare Beeinträchtigung der Mobilität sei nicht erkennbar.
Mit Urteil vom 10. Juli 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es
ausgeführt, es liege keine häufige Behandlungsfrequenz im Sinne der KrTrans-RLn vor. Dies gelte auch unter Berücksichtigung
des Umstandes, dass die Therapie auf unabsehbare Zeit notwendig sei. Eine kurzfristige - wenige Stunden andauernde - Mobilitätseinschränkung
genüge nicht.
Gegen das ihr am 11. August 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. September 2014 Berufung eingelegt und zur Begründung
unter anderem vorgetragen, der Regelfall einer hohen Behandlungsfrequenz liege hier vor. Insgesamt sei sie mindestens 16 Mal
im streitgegenständlichen Jahreszeitraum behandelt worden. Die Einschränkung der Mobilität in der KrTrans-RL müsse nicht über
einen längeren Zeitraum vorliegen. Zudem habe sie einen Grad der Behinderung von 100. Weiterhin sei § 8 Abs. 1 der KrTrans-RL
auch nicht Spezialvorschrift im Vergleich zu § 8 Abs. 3 Satz 2 dieser Norm.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Magdeburg vom 10. Juli 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2011 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Fahrkosten und Parkgebühren
für die Zeit vom 1. November 2011 bis einschließlich 31. Oktober 2012 von W. nach M. und zurück in Höhe von 145,60 Euro nebst
Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Da das Sozialgericht die Berufung zugelassen
hat, ist gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG der Wert des Beschwerdegegenstandes unerheblich.
II. Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten einschließlich der Parkgebühren.
Insoweit ist der Bescheid der Beklagten rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Ein Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten scheitert allerdings nicht daran, weil schon die von der Klägerin zu leistenden
Zuzahlungen die Fahrkosten überstiegen. Die Übernahme der Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung erfolgt nach §
60 Abs.
1 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V) nur unter Abzug des sich nach §
61 S. 1
SGB V ergebenden Zuzahlungsbetrags. Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, betragen gemäß §
61 S. 1
SGB V zehn v.H. des Abgabepreises, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro. Soweit die Klägerin sich gegen die Berücksichtigung
einer Zuzahlung wendet, weil sie durch die Benutzung eines Pkw der Beklagten erhebliche Kosten erspart habe, so findet dieser
Gedanke im geltenden Recht keine Grundlage.
Bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs richtet sich die den Zuzahlungen gegenüberzustellende Höhe der erstattungsfähigen
Fahrkosten für jeden gefahrenen Kilometer nach dem jeweils aufgrund des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch nach der Höhe der Kosten, die bei Inanspruchnahme
des nach §
60 Abs.
3 Nr.
1 bis
3 SGB V erforderlichen Transportmittels entstanden wären (§
60 Abs.
3 Nr.
4 SGB V). Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 BRKG beträgt die Wegstreckenentschädigung bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs oder eines anderen motorbetriebenen Fahrzeugs
20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke (vgl. BSG, 18.11.2014 - B 1 KR 8/13 R - Juris, Rn. 15). Für die Einzelfahrt (Hinfahrt zur und Rückfahrt von der Therapie jeweils eine Fahrt) sind danach erstattungsfähige
Kosten in Höhe von 6,80 Euro entstanden (0,20 Euro x 34 km). Damit ergibt sich pro Fahrt ein Betrag von mindestens 1,80 EUR.
Dass sie die Belastungsgrenze (§
62 Abs.
1 SGB V) erreicht hätte, behauptet die Klägerin nicht. Dies kann der Senat auch offen lassen, da keine Anspruchsgrundlage für eine
Fahrtkostenerstattung existiert.
1. Als Anspruchsgrundlage kommt hier §
60 SGB V in Betracht. Ein Rückgriff auf §
13 Abs.
3 SGB V ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (28.07.2008 - B 1 KR 27/07 R - juris) für den geltend gemachten Erstattungsanspruch entbehrlich. Nach dieser Rechtsprechung handelt es sich zwar beim
Krankentransport in der Regel um eine Naturalleistung, auch wenn §
60 Abs.
1 SGB V vorsieht, dass die Krankenkasse "die Kosten" für Fahrten unter bestimmten Voraussetzungen "übernimmt". Bei wirklichkeitsnaher
Betrachtung kommt eine Naturalleistung insbesondere bei Rettungsfahrten und Fahrten mit speziellen Krankenkraftwagen in Betracht,
nicht jedoch bei Fahrten des Versicherten im privaten Pkw oder bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Der Anspruch
des Versicherten aus §
60 SGB V ist in diesen Fällen von vornherein auf Ausgleich der Kosten gerichtet.
Nach §
60 Abs.
1 Satz 1
SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach §
133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig
sind.
a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Fahrkostenübernahme nach §
60 Abs.
1 Satz 1 i.V.m. Abs.
2 SGB V. Aus dieser Vorschrift ergibt sich ein Anspruch auf Fahrkostenübernahme in Höhe des Betrages, der den sich aus §
61 Satz 1
SGB V ergebenden Betrag je Fahrt übersteigt, soweit die Voraussetzungen der unter den Ziffern 1 bis 4 im einzelnen aufgeführten
Katalogfälle vorliegen. Die Katalogfälle des §
60 Abs.
2 Ziffer 1 bis 3
SGB V (für stationäre Leistungen, Rettungsfahrten, Krankentransporte) sind nicht einschlägig.
b) Ein Anspruch der Klägerin lässt sich auch nicht aus Ziffer 4 des §
60 Abs.
2 SGB V herleiten. Voraussetzung sind danach Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung oder zu einer Behandlung
nach §
115a oder §
115b SGB V, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§
39 SGB V) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber Anreize für die Vermeidung oder Verkürzung stationärer Behandlungen schaffen (vgl.
FraktE-GSG BT-Drucks. 12/3608 Teil B, zu Nr. 28, S. 82, Begr. zu § 60).
Erfasst werden sollen nur Ausnahmefälle, in denen eine aus allein medizinischer Sicht eigentlich notwendige stationäre Behandlung
aus besonderen Gründen ambulant vorgenommen wird. Der Begriff "geboten" entspricht nicht nur nach seinem Wortlaut dem Begriff
"erforderlich" i.S. des §
39 Abs.
1 S. 2
SGB V (BSG, 18.11.2014 - B 1 KR 8/13 R - juris). Vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung ist nicht schon dann "an sich geboten", wenn eine stationäre
Krankenhausbehandlung notwendig wäre, falls die durchgeführte ambulante Behandlung unterbliebe. Ein solches Verständnis würde
im Ergebnis die Regelung entgegen Wortlaut, Entwicklungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck auf alle Fälle ausdehnen, in
denen es überhaupt ärztlicher Behandlung bedarf (BSG, 18.11.2014 - B 1 KR 8/13 R - juris).
Das Merkmal der "an sich" gebotenen Krankenhausbehandlung entspricht dem des §
37 Abs.
1 Satz 1
SGB V für die Gewährung häuslicher Krankenpflege. Hierzu hat das BSG entschieden, diese könne in Anspruch genommen werden, wenn (weitere) Krankenhausbehandlung medizinisch "nicht zweifelsfrei
geboten" sei und eine ambulante Behandlung "vertretbar" scheine; in jedem Fall kämen nur akute Behandlungsfälle in Betracht
(vgl. BSG, 18.02.1997 - 1 RK 23/96 - SozR 3-2500 § 60 Nr. 1; BSG, 28.01.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254).
Die Beurteilung, ob ein so bestimmter Grenzbereich vorliegt, hängt damit von den zur Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung
gemäß §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V entwickelten Kriterien ab. Danach ist entscheidend, ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln
eines Krankenhauses durchgeführt werden kann. Hierzu zählen die spezielle apparative Ausstattung, das geschulte Pflegepersonal
sowie die Rufbereitschaft und jederzeitige Eingriffsmöglichkeit eines Arztes (BSG, 12.12.1979 - 3 RK 13/79 - BSGE 49, 216, 217; BSG, 12.11.1985 - 3 RK 45/83 - BSGE 59, 116, 117).
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des §
60 Abs.
2 Satz 1 Nr.
4 SGB V nicht erfüllt. Zur Durchführung der Bisphosphonattherapie bedurfte es weder der voll- noch der teilstationären Behandlung
in einem Krankenhaus mit seiner speziellen medizinisch-organisatorischen Infrastruktur. Die Bisphosphonattherapie erfolgte
nicht unter stationären Bedingungen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass jemals in Erwägung gezogen worden sein
könnte, diese Therapie unter voll- oder teilstationären Bedingungen durchzuführen.
c) Es ist weiterhin weder ersichtlich noch behauptet, dass die Bisphosphonattherapie im Rahmen einer vor- oder nachstationären
Behandlung im Sinne des §
115a SGB V durchgeführt wurde.
d) Anhaltspunkte dafür, dass die Bisphosphonattherapie nach Beendigung der nachstationären Behandlung durchgeführt wurden,
um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen
(§
115a Abs.
2 Satz 4
SGB V), liegen ebenfalls nicht vor.
e) Auch Anhaltspunkte, dass so eine ambulante Operation in einem Krankenhaus im Sinne von §
51 SGB V vermieden wurde, sind weder ersichtlich noch behauptet.
2. Ein Anspruch auf Fahrkostenerstattung folgt auch nicht aus §
60 Abs.
1 Satz 3
SGB V i. V. m. der KrTransp-RL. Danach werden Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen
Ausnahmefällen übernommen, die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
12 SGB V festgelegt hat.
a) Danach ist in § 8 Abs. 2 KrTransp-RL festgelegt, dass u.a. Voraussetzung für eine Verordnung und Genehmigung von Fahrten
zur ambulanten Behandlung ist, dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt
wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist. Dies ist in den in Anlage 2 der Richtlinie
genannten Ausnahmefällen gegeben, wobei diese Liste nicht abschließend ist (§ 8 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KrTransp-RL). Aufgeführt
sind die Dialysebehandlung, die onkologische Strahlentherapie und die onkologische Chemotherapie. Solche Richtlinien sind
in der Rechtsprechung seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt (BSG, 17.9.2013 - B 1 KR 54/12 R - BSGE 114, 217-237, Rn. 19).
Das Tatbestandsmerkmal einer "hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" (dazu bb) in Bezug auf ein durch die
Grunderkrankung vorgegebenes Therapieschema (dazu aa) im Sinne dieser Vorschrift ist nicht erfüllt.
aa) Ein Therapieschema erfordert ein Muster, das die Behandlung von vorneherein in festgelegte Phasen und Schritte einteilt
(vgl. hierzu LSG Sachsen-Anhalt, 17.06.2010 - L 10 KR 1/09 - juris, Waßer in juris-PK, § 60 Rn. 78). Einem solchen Schema folgt die regelmäßig bei der Klägerin vorgenommene Therapie.
Maßgeblich ist insoweit, welches Therapieschema geplant wurde. Denn zu dem Zeitpunkt, in dem die Krankenkasse über den Antrag
zu entscheiden hat, muss noch nicht einmal die erste Behandlung aufgenommen worden sein; es besteht schlechthin keine andere
Möglichkeit, die Frequenz festzustellen als sich an dem jeweiligen ärztlichen Plan zu orientieren. Allein dies schafft die
notwendige Rechtssicherheit. Darüber hinaus kann ein Anspruch auf Fahrkostenerstattung - erst recht nicht rückwirkend - entfallen,
wenn beispielsweise aufgrund einer akuten Erkrankung des Versicherten oder des Arztes eine Behandlung an einem konkret bestimmten
Behandlungstermin nicht durchgeführt werden kann.
Schließlich spricht auch der Wortlaut der KrTrans-RL für eine solche Auslegung. Ob eine Ausnahme gilt, wenn zwischen dem geplanten
Therapieschema und der tatsächlich durchgeführten Therapie wesentliche Unterschiede bestehen, kann offen bleiben, da dies
nicht der Fall war.
Bereits aus der Verordnung des Arztes ging eine vierwöchige Therapie hervor. Wie sich aus dem vorgelegten Bericht der Schwerpunktpraxis
für Hämatologie und Onkologie vom 14. Januar 2013 ergibt, ist eine vierwöchige Therapie auch durchgeführt worden. Dies stimmt
auch weitgehend mit den von der Klägerin angegebenen Behandlungsdaten überein.
bb) Das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" i. S. von § 8 Abs. 2 KrTransp-RL
ist danach zu bestimmen, ob die Behandlung, zu deren Ermöglichung die Fahrten durchgeführt werden sollen, mit den in Anlage
2 der RL genannten anderen Behandlungsformen von ihrem zeitlichen Ausmaß her wertungsmäßig vergleichbar ist; dabei ist die
Häufigkeit einerseits und die Gesamtdauer andererseits gemeinsam zu den Regelbeispielen in Beziehung zu setzen (vgl BSG, 28.07.2008 - B 1 KR 27/07 R - juris unter Hinweis auf die Begründung des GBA).
Allerdings sind diese Regelfälle auch nur als abstrakte Beispiele zu bewerten; daraus lässt sich nicht unmittelbar auf eine
bestimmte Behandlungsdichte pro Woche schließen. Wie sich aus der vom Sozialgericht eingeholten Stellungnahme des Präsidenten
der Deutschen Gesellschaft für Onkologie vom 18. Mai 2012 ergibt, lässt sich medizinisch eine solche Behandlungsfrequenz nicht
allgemeingültig feststellen. Rechtlich verfehlt zumindest ist eine Auslegung der KrTrans-RLn und der dort genannten Behandlungsfrequenz
anhand der im vorliegenden Fall fiktiv ermittelten Behandlungsfrequenz für eine Chemotherapie für ein metastasierendes Mammakarzinom.
Dies verkennt bereits, dass es sich nur um Regelbeispiele handelt; im Einzelfall kann bei einer entsprechend niedrigen Frequenz
daher auch ein Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten für eine Chemotherapie entfallen, wie bereits die Benennung als Regelfall
klarstellt. Dies gilt besonders, wenn für eine solche Behandlung - wie die Klägerin vorträgt - ein deutlicher medizinischer
Fortschritt eingetreten ist, der zu einer Absenkung der Behandlungsfrequenz in den als Beispiel genannten Fällen führt. Dies
führt angesichts der Tatsache, dass die KrTrans-RL grundsätzlich nicht nur für Krebserkrankungen, sondern für alle Arten der
Erkrankungen gelten, nicht zu einer Veränderung der Rechtslage für alle anderen Fallgestaltungen.
Vielmehr ergibt sich der Maßstab aus der Absicht des Gesetzgebers, ab 1. Januar 2004 Fahrkosten in der ambulanten Behandlung
grundsätzlich gar nicht mehr zu erstatten und nur in "besonderen" Ausnahmefällen etwas anderes gelten zu lassen, nicht aber
schon allgemein in Härtefällen. Auch Richtlinien sind darauf zu überprüfen, ob in ihnen die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar
und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben (BSG, 17.9.2013 - B 1 KR 54/12 R - BSGE 114, 217-237, Rn. 28). Hieran muss sich die Auslegung der in Anlage 2 KrTransp-RL genannten, nicht abschließenden Regelbeispiele der
Dialysebehandlung, der onkologischen Strahlentherapie sowie der onkologischen Chemotherapie orientieren (vgl. BSG, 28.07.2008 - B 1 KR 27/07 R - juris). In diesen Fällen erstreckt sich die Behandlung bei der Strahlentherapie regelmäßig auf einen Zeitraum von vier
bis sieben Wochen und bei der Chemotherapie auf Behandlungszyklen von jeweils drei bis vier Wochen in mittleren und fortgeschrittenen
Stadien einer Behandlungsdauer von insgesamt etwa vier bis acht Monaten (vgl. BSG, aaO.). Das Bundessozialgericht hat in der genannten Entscheidung vom 28. Juli 2007 eine wöchentliche Behandlung bei unabsehbarer
Behandlungsdauer noch als ausreichend anerkannt. Bei monatlichen Behandlungen wird die hohe Behandlungsfrequenz demgegenüber
auch dann verneint, wenn sich die Behandlung auf einen unabsehbaren Zeitraum erstreckt (vgl. LSG Hamburg, 30.07.2008 - L 1 KR 17/07: unzureichend Behandlungen alle drei bis vier Wochen; Hessisches LSG, 26.06.2008 - L 7 SO 43/08 B ER - SAR 2008, 99 und Thüringer
LSG, 24.7.2012 - L 6 KR 2001/11, Rn. 31: unzureichend monatliche Nachkontrollen; LSG Sachsen-Anhalt, 23.1.2013 - L 4 KR 17/10: unzureichend 16 Kontrolluntersuchungen im Jahr; im Ergebnis ähnlich Bayerisches LSG, 6.5.2009 - L 4 KR 196/08 - Rn. 14; LSG NRW, 25.2.2009 - L 16 B 1/09 KR ER, Rn. 25; Sächsisches LSG, 19.1.2012 - L 3 AS 39/10 - Rn. 23, - alle jeweils juris).
Dem schließt sich der Senat an. Denn statistisch werden in Deutschland durchschnittlich ca. 18 Arztkontakte jährlich pro Versichertem
gezählt (Bericht der Gmünder Ersatzkasse vom 15. Januar 2009, aufrufbar im Internet unter http://www.gek.de/presse/meldungen/pm/archiv-2009/2009-01-15.html;
siehe auch Barmer GEK, Gesundheitswesen aktuell 2010 http://www.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Versicherte/Komponenten/gemeinsame
PDF Dokumente/Publikationen/Maydell etal 10,property=Data.pdf). Diese Arztkontakte werden zwar nicht im Hinblick auf ein einzelnes
Behandlungsschema erforderlich, wie es § 8 Abs. 2 KrTransp-RL vorgibt. Das Zahlenmaterial macht aber deutlich, dass jedenfalls
nicht von einer "hohen Behandlungsfrequenz" ausgegangen werden kann, wenn die Anzahl der durch ein Behandlungsschema vorgegebenen
Arztbesuche noch unterhalb der durchschnittlich pro Versichertem in Anspruch genommenen Arztkontakte liegt. Um zu ermitteln,
ob ein Versicherter überhaupt nur überdurchschnittlich häufig Ärzte in Anspruch nimmt, wäre bereits erforderlich, weitere
Erkrankungen in die Überlegungen einzubeziehen. Dies ist gesetzlich nicht gewollt. Vielmehr muss sich allein aus der hohen
Behandlungsfrequenz des geplanten Therapieschemas ergeben, dass der Versicherte im Vergleich zu anderen Versicherten überdurchschnittlich
häufig Ärzte in Anspruch nimmt und insoweit ein "besonderer Ausnahmefall" im Sinne des §
60 Abs.
1 Satz 3
SGB V vorliegt.
b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Fahrkostenübernahme nach §
60 Abs.
1 Satz 3
SGB V i. V. m. §
8 Abs.
3 KrTrans-RL. Der Senat stimmt der Klägerin allerdings dahingehend zu, dass § 8 Abs. 1 KrTrans-RL keine Abs. 3 dieser Norm
verdrängende Vorschrift darstellt. Gleichwohl kann sich die Klägerin auch auf Abs. 3 nicht stützen, da sie nicht im Besitz
eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder eines Einstufungsbescheides gemäß dem
Elften Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (
SGB XI) in die Pflegestufe 2 oder 3 ist und auch nicht von einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen ist.
Die Begrenzung des Anspruchs auf einen Personenkreis, der in seiner persönlichen Mobilität aus gesundheitlichen Gründen besonders
stark eingeschränkt ist, erscheint - auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz - sachgerecht. Zudem kann zur Abgrenzung auf die gesetzlich festgelegten Kriterien der Merkzeichen und der Pflegestufen zurückgegriffen
werden. Dies gilt auch dann, wenn der Betreffende beispielsweise keine Pflegestufe zuerkannt bekommen hat, weil er die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen in der Pflegeversicherung nicht erfüllt oder ein solches Feststellungsverfahren noch nicht eingeleitet hat
bzw. dies noch nicht beendet wurde. Zumindest in solchen Fällen wird ein vergleichbarer Zustand bestehen.
Eine solche Vergleichbarkeit besteht hier aber nicht. Denn für die Zuerkennung der in § 8 Abs. 3 S. 1 KrTrans-RL genannten
Merkzeichen oder Pflegestufen muss der eingeschränkte Gesundheitszustand grundsätzlich auf unabsehbare Dauer bestehen. Maßgeblich
dafür ist nach der Rechtsprechung, ob seine Dauer prognostisch sechs Monate überschreitet (BSG, 12.4.2000 - B 9 SB 3/99 R - SozR 3-3870 § 3 Nr. 9). Ob dieses zeitliche Element auf die "vergleichbare" Mobilitätseinschränkung nach § 8 Abs. 3 Satz
2 KrTRL übertragen werden kann, erscheint fraglich (bejahend Heberlein in Beckscher Online-Kommentar, Hrsg. Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching,
§
60 SGB V Rz 20).
aa) Zumindest eine behauptete Mobilitätseinschränkung durch vorübergehende, nur wenige Stunden anhaltende Erschöpfungszustände
ist mit einer solchen, monatelangen Einschränkung nicht vergleichbar. Schließlich kommt eine Erstattung der Fahrkosten ohnehin
nur in Betracht, wenn der Versicherte auf eine Beförderung angewiesen ist, wie sie § 8 Abs. 2 KrTrans-RL voraussetzt. Befördert
werden schon begrifflich - passiv - nur Patienten, die sich nicht selbständig zum Ort der Behandlung oder zurück begeben können
(SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 15. August 2014 - S 18 KR 49/14 - Rn. 22, juris). Eine Einschränkung der Mobilität muss daher unabhängig von den weiteren Beschränkungen der KrTrans-RL auf
das Vorliegen bestimmter Merkzeichen bzw. Pflegestufen in jedem Fall vorliegen.
bb) Zudem stellen die von der Klägerin geschilderten Einschränkungen keine vergleichbare Beeinträchtigung der Mobilität dar.
Bewusst ist hier die Pflegestufe 1 und auch beispielsweise das Merkzeichen "G" nicht aufgeführt. Das Merkzeichen "aG" ist
nur zuzuerkennen, wenn wegen außergewöhnlicher Behinderung beim Gehen die Fortbewegung auf das schwerste eingeschränkt ist;
die Beeinträchtigung des Orientierungsvermögens allein reicht nicht aus. Als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung
sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer
Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Für die Bejahung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung reicht
es nicht aus, dass ein behinderter Mensch auf Fußwegstrecken von etwa 100 m - unter Umständen sogar mehrfach - pausieren muss.
Vielmehr kommt es insbesondere darauf an, ob er sich nur unter großen körperlichen Anstrengungen zu Fuß fortbewegen kann.
Dabei kann u.a. Art und Umfang schmerz- oder erschöpfungsbedingter Pausen von Bedeutung sein (BSG 29.3.2007 - B 9a SB 5/05 R - Behindertenrecht 2008, 138). Dies ist alles nicht erkennbar.
Das Merkzeichen "H" steht "Hilflosen" zu, die infolge ihrer Behinderungen nicht nur vorübergehend für eine Reihe von häufig
und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder
Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung
zu den in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet
werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (BSG, 12. 2.2003 - B 9 SB 1/02 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 1, Rn. 11).
Von einem solchen Zustand ist die Klägerin auch nach ihrer eigenen Darstellung weit entfernt. Hierzu hat der MDK ausgeführt,
die Klägerin befinde sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand und es seien keine spezifischen Symptome vorgetragen
worden. Ausdrücklich wird eine vergleichbare Beeinträchtigung der Mobilität verneint. Dies ist für den Senat überzeugend,
zumal die Klägerin hiergegen keine Einwände erhoben hat.
Wenn der Richtliniengeber auch auf vorübergehende Zustände abgestellt hätte, so hätte dies in dem Text Erwähnung finden müssen.
Denn hierbei handelt es sich nicht um einen besonderen Ausnahmefall. Vielmehr werden nach schweren Unfällen oder Erkrankungen
oftmals längere Zeit wiederholte Vorstellungen bei einem niedergelassenen Arzt erforderlich sein. Vorübergehend kann hier
oft eine Einschränkung der Fortbewegungsfähigkeit bestehen, deren Feststellung allerdings sehr aufwändig sein kann. Denn solche
Einschränkungen sind nicht nur je nach Krankheit und Krankheitsverlauf sehr verschieden, sondern unter Umständen auch kaum
zu objektivieren, wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt. Denn nach dem Vortrag der Klägerin bestehen solche Einschränkungen
nur unmittelbar nach der Behandlung. Eine ärztliche Begutachtung, die nicht im unmittelbaren Anschluss an einen solchen Termin
stattfände, wäre damit allein auf die Beschreibung durch die Klägerin angewiesen. Allgemeine Erfahrungssätze würden zumindest
dann nicht weiterhelfen, wenn die individuelle Reaktion auf eine Behandlung oder auch nur der Heilungsverlauf verschieden
ausfallen könnten.
Erschwerend kommt hinzu, dass eine Prognose über den Krankheitsverlauf und die Einschränkung notwendig wäre. Denn die Erstattungsfähigkeit
der Kosten muss bereits vor dem ersten Behandlungstermin feststehen und darf keinesfalls von Zufälligkeiten des späteren Behandlungsablaufes
abhängig gemacht werden. Letztlich müsste die Einschränkung aber (zukünftig) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
vorliegen. Angesichts der Beweislastverteilung gingen Zweifel zu Lasten der Versicherten. Dies alles kann bei einer Beschränkung
auf "besondere Ausnahmefälle" im Sinne des §
60 Abs.
1 Satz 3
SGB V nicht gewollt sein.
Auf den Grad der Behinderung stellen die KrTrans-RLn nicht ab. Dies ist auch sachgerecht, weil auch ein Grad der Behinderung
von 100 nicht zu Einschränkungen der Mobilität führen muss. Dies wird am vorliegenden Fall deutlich, da die Klägerin bei der
Hinfahrt zur Therapie auch nach eigenen Angaben keinerlei Einschränkungen unterliegt.
3. Es besteht auch kein Anspruch auf Fahrkostenerstattung aus §
60 Abs.
5 SGB V i. V. m. §
53 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -
SGB IX. Nach §
60 Abs.
5 SGB V werden im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Fahr- und andere Reisekosten nach §
53 Abs.
1 bis
3 SGB IX übernommen.
Bei den Fahrten zu den Bisphosphonattherapie handelt es sich nicht um Fahrkosten im "Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation". Vielmehr gehört die Bisphosphonattherapie zu den Behandlungsmaßnahmen der Akutmedizin.
4. Eine Beiladung des Sozialhilfe- bzw. Grundsicherungsträgers gemäß §
75 Abs.
1,
2 SGG war nicht veranlasst, da die Klägerin keine Leistungen der Sozialhilfe oder der Grundsicherung beantragt hat. Nach eigenen
Angaben bezog sie in dem hier streitigen Zeitraum keine Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und hielt sich hier auch nicht für leistungsberechtigt. Auch Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe
(SGB XII) hat sie bewusst nicht beantragt. Angesichts der mitgeteilten Einkommensverhältnisse mit einer eigenen Rente in Höhe von
726 EUR sowie einem Arbeitsentgelt des Ehemannes in Höhe von 1137 EUR besteht für eine Leistungsberechtigung auch kein hinreichender
Anhaltspunkt, zumal die streitgegenständliche Summe gering ist.
Zudem hat der zuständige Senat des BSG entschieden, die Gewährung eines Mehrbedarfs könne nicht zulässigerweise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen
Verfahrens bestimmt werden, denn die Regelungen eines Trägers von Leistungen nach dem SGB II über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft) ließen sich in
rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten. Um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
handelt es sich danach auch dann, wenn im Laufe des Verfahrens der Anspruch materiell-rechtlich allein noch auf § 73 SGB XII gestützt wird und sich also insoweit gegen einen Beigeladenen richtet (BSG, 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 13, Rn. 14). Damit kann der hier streitige Anspruch nicht isoliert gegen einen SGB II-Träger geltend gemacht werden. Dementsprechend kann er auch nicht isoliert nach §
75 Abs.
5 SGG verurteilt werden. Schließlich ist der hier eingeklagte monatliche Bedarf auch so niedrig, dass ergänzende Leistungen nicht
ernsthaft in Betracht kommen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen. Das Bundessozialgericht hat in der genannten Entscheidung vom 28. Juli 2007 (B 1 KR 27/07 R) ausdrücklich die onkologische Chemotherapie mit Behandlungszyklen mit jeweils drei bis vier Wochen als beispielhaft angesetzt,
so dass die Rechtslage dem Senat nicht geklärt erscheint. Angesichts der Vielzahl und Vielfalt von Streitigkeiten um Fahrkostenerstattung
ist damit eine grundsätzliche Bedeutung zu bejahen.