Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung eines im Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks als verwertbarer
Vermögensgegenstand
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier:
Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.
Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück
364, Lagebezeichnung H straße . Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem
Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen,
die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung
von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten.
Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung.
Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück.
Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr -
nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem
eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück
einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen,
einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung
eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das
Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von
65 073,46 Euro.
Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II
für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid
vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes
Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin
und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft
iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.
Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG
hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung
als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu
90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die
Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung
als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar
2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben
und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet
(§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch
auf Alg II hat.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008
(erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag
der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
1 Satz 1, Abs
4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage
ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§
130 Abs
1 Satz 1
SGG).
2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende
Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.
Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II (in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen,
die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind
nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).
3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG
(§
163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.
4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II (in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich
ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise
Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.
Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet (dazu unter a) und sind
sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten
der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.
a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft
iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des
Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener
Haushalt geführt.
b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf (§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).
Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die
Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab
1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt
(§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe
für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.
c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen
von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin
Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen
zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge
in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.
Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen
ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von
ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.
Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes
Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte (dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als
nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen (dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht (dazu unter 5. b).
5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003,
BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt
auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe
oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003,
BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen.
Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).
Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist (dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre (dazu unter b).
a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab (vgl Bundessozialgericht
[BSG] Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).
Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der
sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus)
mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen,
während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen
bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis
zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung
mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.
aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit
zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der
beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder
wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung
des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen
einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal
der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand,
sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher
Lebensmittelpunkt (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person
allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.
In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines
Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen
(vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung
gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen
Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen
Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der
Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn
dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich
der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden
Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats
vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).
Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss
für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach
dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe [Alhi] BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).
bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere
die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut
- im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das
BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen
§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art
3 Abs
1 Grundgesetz (
GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden
Fall kommt es insoweit nicht an.
(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten
Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung
der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche
und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).
Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor
(§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs
1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die
zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale
dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG
Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen
des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier
maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung
jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).
Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm).
Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten.
Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen
andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen
Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer
gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.
(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls
abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen
bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen
können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).
Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass
das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht
voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses,
die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt
geführt wird.
Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht
überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern
auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie
der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen,
den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit
fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung
der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des §
9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).
Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den
bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter
in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich
nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von
der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.
Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der
Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch
Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich
nicht vor.
Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin
lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.
(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII (in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003,
BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht
werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer
anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren
Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter,
blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes
sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).
Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft)
nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur
Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).
Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht
gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen (so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht
auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist
zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt.
Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend
sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst
genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II (siehe dazu unten b).
Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung
rechtfertigen können (vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG] für eine iS des Art
3 Abs
1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in §
12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden
selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung
im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der
Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit
der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider
Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum
Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).
Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht
von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit
im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art
3 Abs
1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide
Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).
Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick
auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere
im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher,
SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin
formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus
zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der
spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.
Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen
beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe
des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen
beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im
Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung
im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein
in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.
Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung
von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden
Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte (vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist
das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von
unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.
Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter
die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte
Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der
Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des
SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte (vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die
Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von
dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen
eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.
b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere
Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit
ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll,
die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).
aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen
ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen
Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach §
12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden,
im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des
§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.
Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe,
der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der
Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander
getrennten leistungsberechtigen Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art
1 Abs
1 iVm Art
20 Abs
1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht
in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis
(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen
des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein
Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt
wäre.
Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung:
Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis
(vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte,
konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung
von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation
die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten
Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung
die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.
Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im
Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit
der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche
von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht
die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das
über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist (BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.
bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung
ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit
der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft
oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig
sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss
einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem
Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein
angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich
leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit
begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit
der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen
Beitrag für das Wohnen zu leisten.
Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme
aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben (vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2.
Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen
Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem
SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach
dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als
räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen
ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.
6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass
die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung
dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt
worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären
haben.
Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks
und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit zu setzen.
Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor
Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall
noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu
berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben.
Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob
und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.
Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt,
ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen
und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum
aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen
Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.