Erstattung von Kosten einer stationären Rehabilitationsmaßnahme
Selbstbeschaffte Maßnahme
Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags
Gründe
I
Die 1955 geborene Klägerin bezog von April 2009 bis zum September 2021 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beklagten.
Am 28.4.2015 beantragte sie bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Wegen der aus ihrer Sicht fehlerhaften
Behandlung dieses Antrags strengte sie verschiedene Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte und gegen ihre Krankenkasse an.
Vom 27.10. bis zum 18.11.2015 absolvierte sie auf eigene Kosten eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Sanatorium H, B.
Die Beklagte verpflichtete sich im Rahmen eines am 10.7.2019 geschlossenen Vergleichs im Verfahren L 6 R 751/16, eine rechtsmittelfähige Entscheidung über die Erstattung der Kosten zu treffen, die der Klägerin durch die selbst beschaffte
Maßnahme entstanden sind. In Ausführung dieses Vergleichs lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 28.4.2015 mit einem
Bescheid vom 31.7.2019 ab. Die Klägerin bringt vor, diesen Bescheid, zu dem weder ein Zustellnachweis noch ein Absendevermerk
vorhanden ist, nicht erhalten zu haben.
Mit ihrer am 6.4.2020 vor dem SG erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt, die Beklagte zur Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids über die
Kostenerstattung zu verpflichten. Das SG hat der Klage stattgegeben (Gerichtsbescheid vom 6.11.2020 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5.1.2021). Es hat der Klägerin im Begleitschreiben zum Berichtigungsbeschluss vom 5.1.2021 mitgeteilt, die weiteren Einwände müsse
sie im Rahmen der Berufung geltend machen. Die Klägerin hat daraufhin Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt. Sie hat
eine weitergehende Änderung des Tatbestands der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt, soweit das SG darin auf ein von der Beklagten im Rentenverfahren eingeholtes Gutachten von S vom 8.7.2009 eingehe. Dieses enthalte unwahre,
von der Klägerin im Einzelnen bezeichnete Behauptungen. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte in Ausführung der
vom SG ausgesprochenen Verpflichtung einen Bescheid über die Kostenerstattung erlassen und eine Erstattung der Kosten der selbst
beschafften Rehabilitationsmaßnahme abgelehnt (Bescheid vom 20.1.2021). Das LSG hat die Berufung der Klägerin verworfen (Urteil vom 13.10.2021). Es fehle an einer Beschwer. Das SG habe ihrem zuletzt formulierten Antrag vollumfänglich entsprochen und sei der von ihr beantragten Tatbestandsberichtigung
nachgekommen. Die Rentenbewilligung und das Gutachten von S seien nicht Gegenstand dieses Verfahrens, das allein die Untätigkeit
der Beklagten hinsichtlich der Ausführung des gerichtlichen Vergleichs betreffe.
Das Berufungsurteil ist der Klägerin am 10.11.2021 zugestellt worden. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 13.11.2021, das am
15.11.2021 beim BSG eingegangen ist, Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines noch zu benennenden Bevollmächtigten beantragt. Eine Erklärung
zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat sie vorgelegt. Mit Schreiben vom 29.11.2021, das am 6.12.2021 beim
BSG eingegangen ist, hat sie klargestellt, eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 13.10.2021
zu beabsichtigen.
II
Der PKH-Antrag der Klägerin ist abzulehnen. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1
ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für ein Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet. Die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde hat keine solchen Erfolgssausichten. Die Revision
darf gemäß §
160 Abs
2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Nach Prüfung des Streitstoffs
anhand der beigezogenen Verwaltungs- und Gerichtsakten ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht
ersichtlich, dass ein vor dem BSG zugelassener Bevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) das Vorliegen eines Zulassungsgrunds erfolgreich geltend machen könnte. Mit der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich
die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
Es ist nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG) oder eine Divergenz (Zulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
2 SGG) erfolgreich geltend gemacht werden könnte. Es weist auch nichts auf einen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel hin,
der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass sich mit Erfolg rügen ließe, das LSG habe
den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) verletzt, indem es am 13.10.2021 in ihrer Abwesenheit verhandelt und über die Berufung entschieden hat. Den vorliegenden
Akten lässt sich nicht entnehmen, dass bezogen auf diesen Termin ein erheblicher Grund für eine Terminänderung iS des §
227 Abs
1 Satz 1
ZPO iVm §
202 Satz 1
SGG vorgelegen haben könnte, der dem LSG zudem zur Kenntnis gebracht worden ist (vgl dazu, unter welchen Umständen ein Gericht zur Terminaufhebung oder -verlegung verpflichtet ist, aus jüngerer Zeit zB
BSG Beschluss vom 15.10.2021 - B 5 R 152/21 B - juris RdNr 11 mwN). Soweit die Klägerin vorbringt, sie habe dem LSG am 4.10.2021 mitgeteilt, den Termin am 13.10.2021 wegen Immobilität nicht
wahrnehmen zu können, und eine Terminverlegung auf Januar oder Februar 2022 beantragt, findet sich hierzu nichts in der Verfahrensakte
des LSG. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das LSG aus den früheren Angaben der Klägerin auf eine bis Oktober 2021 andauernde
Verhinderung hätte schließen können. Die Klägerin hatte dem LSG im Zusammenhang mit einem erfolgreichen Verlegungsantrag bezogen
auf den 16.8.2021 zuletzt lediglich mitgeteilt, sie könne wegen einer stationären Anschlussheilbehandlung vor Mitte September
(2021) nicht an einer Verhandlung teilnehmen.
Ebenso wenig ließe sich mit Erfolg rügen, das LSG habe den aus Art
20 Abs
3 GG abgeleiteten Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt. Die Klägerin hätte zwar nach Erlass des Bescheids vom 20.1.2021
möglicherweise ihre Klage auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
1 Satz 1 Alt 1, Abs
4 SGG) umstellen und - nach Nachholung des Widerspruchsverfahrens - auf die letztlich begehrte Kostenerstattung klagen können. Teilweise
wird erwogen, ob es den Gerichten im Rahmen ihrer prozessualen Fürsorgepflicht obliegt, zumindest einen unvertretenen Kläger
auf diese prozessuale Möglichkeit hinzuweisen (in diese Richtung B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
88 RdNr 12; Jaritz in Roos/Wahrendorf/Müller,
SGG, 2. Aufl 2021, §
88 RdNr 93). Selbst wenn man eine solche Hinweispflicht annehmen wollte, könnte die angegriffene Entscheidung des LSG aber jedenfalls
nicht auf dem unterbliebenen Hinweis beruhen. Das LSG hat erst in der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2021 Kenntnis vom Erlass
dieses Bescheids erlangt. Es muss nach Aktenlage davon ausgegangen werden, dass zu diesem Zeitpunkt die Frist zur Einlegung
eines Rechtsmittels gegen den Bescheid vom 20.1.2021 bereits abgelaufen gewesen ist. Die Umstellung der Klage kann aber wirksam
nur innerhalb der Rechtsmittelfrist erklärt werden (vgl hierzu zB Jaritz in Roos/Wahrendorf/Müller,
SGG, 2. Aufl 2021, §
88 RdNr 94).