Berücksichtigung von Lohnbestandteilen bei Gewährung von Elterngeld
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Lohnbestandteilen bei der Elterngeldgewährung für die am 2016 geborene
Tochter der Klägerin.
Der Beklagte gewährte der Klägerin antragsgemäß Elterngeld. Er ließ aber dabei vier Sonderzahlungen des Arbeitgebers im Bemessungszeitraum
unberücksichtigt, die auf den Lohnabrechnungen als sonstiger Bezug/Einmalbezug ausgewiesen waren (Bescheid vom 1.4.2016).
Das SG verurteilte den Beklagten zur Gewährung weiteren Elterngelds. Die Klägerin und ihr Arbeitgeber hätten die Sonderzahlungen
als variablen Bestandteil des laufenden Monatslohns verstanden und nicht als besonderen Bezug (Urteil vom 7.2.2019).
Das LSG hat das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben
als sonstige Bezüge zu behandeln seien, dürften bei der Berechnung des Elterngelds nicht berücksichtigt werden. Maßgeblich
sei allein die einschlägige lohnsteuerrechtliche Begriffsbestimmung. Entgeltbestandteile, deren Zahlungszeiträume vom Zahlungsturnus
für Arbeitslohn erheblich abwichen, den die Vertragsparteien als Regel vorgesehen hätten, seien deshalb sonstige Bezüge. Die
Klägerin habe mit ihrem Arbeitgeber eine monatliche Gehaltszahlung vereinbart, die streitgegenständlichen Zahlungen seien
dagegen vierteljährlich erfolgt (Urteil vom 20.1.2022).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil sie
die allein behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt hat (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss
daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen
sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder
der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer
muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete)
Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten
Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 V 5/20 B - juris RdNr 6 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die
Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz
ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit der einschlägigen
Rechtsprechung auseinandersetzen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 11/17 B - juris RdNr 8 mwN).
Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Die Klägerin hält es für grundsätzlich bedeutsam,
ob die vierteljährlichen Zahlungen - so wie sie hier ausgestaltet sind - dem durchschnittlichen monatlich zu berücksichtigenden
Einkommen im Sinne des BEEG zuzurechnen sind oder ob es sich dabei um sonstige Bezüge im Sinne der lohnsteuerrechtlichen Begriffsbestimmung handelt.
In dieser Hinsicht kann dahinstehen, ob die von der Klägerin gewählte Formulierung "so wie sie hier ausgestaltet sind" nicht
ausschließlich auf die Besonderheiten gerade ihres Einzelfalls abzielt und deshalb schon keine fallübergreifende Frage zu
einem Tatbestandsmerkmal einer revisiblen Rechtsnorm darstellt, sondern lediglich die Rechtsanwendung im Einzelfall zum Inhalt
hat.
Denn unabhängig davon hat sich die Klägerin nicht wie erforderlich mit der bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG auseinandergesetzt und dargelegt, inwieweit sich daraus eine Antwort auf die von ihr aufgeworfene Frage entnehmen lassen
könnte. Danach entscheidet allein die einschlägige lohnsteuerrechtliche Begriffsbestimmung darüber, ob ein Einkommensbestandteil
als sonstiger Bezug iS des § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG elterngeldrechtlich unbeachtlich ist. Im Bemessungszeitraum bezogene Einkommensbestandteile, die lohnsteuerrechtlich sonstige
Bezüge sind, sind dies auch elterngeldrechtlich (stRspr; zB BSG Urteil vom 25.6.2020 - B 10 EG 3/19 R - BSGE 130, 237 = SozR 4-7837 § 2c Nr 7, RdNr 21 f mwN). Sonstige Bezüge iS des § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG sind unter Berücksichtigung der materiellen lohnsteuerrechtlichen Vorgaben solche Entgeltbestandteile, deren Zahlungszeiträume
von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Maßgeblich ist die Abweichung
von dem Lohnzahlungszeitraum, den die Vertragsparteien arbeitsrechtlich zugrunde gelegt haben (BSG aaO, RdNr 23 mwN). Auf diese Rechtsprechung geht die Beschwerdebegründung nicht ansatzweise ein.
Ein weiterer Darlegungsmangel ergibt sich aus dem auf ihren Fall noch anwendbaren Recht. Maßgeblich für die Elterngeldgewährung
an die Klägerin ist § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG in der Fassung vom 27.1.2015 (BGBl I S 33). Mit Wirkung vom 29.5.2020 hat der Gesetzgeber § 2c Abs 1 Satz 3 BEEG neu gefasst (Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie vom 20.5.2020, BGBl I 1061). Danach erfolgt die zeitliche Zuordnung von Einnahmen ausdrücklich nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren.
Im Falle ausgelaufenen oder auslaufenden Rechts ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aber allenfalls dann gegeben,
wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung
der Rechtsnorm oder ihre Auslegung aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hat, namentlich wegen einer weitgehenden
Übereinstimmung mit dem neuen Recht (stRspr; zB BSG Beschluss vom 11.2.2020 - B 10 EG 14/19 B - juris RdNr 7 mwN). Auf diese Voraussetzungen geht die Klägerin in der Beschwerdebegründung nicht ein, obwohl die Ergänzung der für ihren Fall
maßgeblichen Norm dazu Anlass gegeben hätte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.