Bestimmung eines zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht
Nicht ausgeschlossene notwendige Streitgenossenschaft
Zuständigkeitsbestimmung anhand von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten
Gründe
Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsam nächsthöhere
Gericht liegen vor, weil eine gemeinsame örtliche Zuständigkeit weder nach den §§
57 bis
57b SGG noch nach einer anderen gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmung gegeben ist (§
58 Abs
1 Nr
5 SGG). Das BSG ist als nächsthöheres gemeinschaftlich übergeordnetes Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen (§
58 Abs
2 SGG), weil für die Klägerinnen Sozialgerichte verschiedener Landessozialgerichtsbezirke zuständig sind. Für die Klägerin zu 1,
die ihren Sitz in T (Landkreis P1) hat, ist gemäß §
57 Abs
1 Satz 1
SGG das SG Potsdam örtlich zuständig (§
1 Abs
1 Satz 1 Nr
4 Brandenburgisches
Sozialgerichtsgesetz). Für die Klägerin zu 2, die ihren Sitz in P2 (Landkreis M) hat, ist gemäß §
57 Abs
1 Satz 1
SGG das SG München örtlich zuständig (Art 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Bayerisches Sozialgerichts-Ausführungsgesetz). §
57 Abs 1 Satz 2
SGG ist bei beiden Klägerinnen nicht einschlägig.
Für die Anwendbarkeit des §
58 Abs
1 Nr
5 SGG ist notwendig, aber auch ausreichend, wenn eine notwendige Streitgenossenschaft iS von §
74 SGG iVm §
62 Abs
1 ZPO nicht ausgeschlossen ist (vgl BSG vom 30.3.2004 - B 7 SF 36/03 S - SozR 4-1500 § 58 Nr 2 RdNr 5 f; BSG vom 11.3.2005 - B 13 SF 1/05 S - SozR 4-1500 § 58 Nr 5 RdNr 6; BSG vom 22.11.2016 - B 4 SF 37/16 S - juris RdNr 3). Dies ist hier hinsichtlich der Klägerinnen, die beide Rechte gemäß §
109 SGB VII geltend machen, der Fall (vgl Bayerisches LSG vom 7.5.2014 - L 2 U 256/13 - juris RdNr 19). Die Entscheidung, ob tatsächlich eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt, ist nicht im Verfahren nach §
58 Abs
1 Nr
5 SGG zu treffen (Groth in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2017, §
58 RdNr 38; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
58 RdNr 2h).
Zum zuständigen Gericht ist das SG München zu bestimmen. Es sind für die Maßgeblichkeit weder des Sitzes der Klägerin zu 1
noch des Sitzes der Klägerin zu 2 überwiegende Gründe ersichtlich. Der Senat legt seiner Zuständigkeitsbestimmung daher zugrunde,
welches Gericht bei alphabetischer Sortierung der Klägerinnen für die an erster Position stehende Klägerin örtlich zuständig
wäre. Bei alphabetischer Sortierung stünde die Klägerin zu 2, für die das SG München örtlich zuständig ist, an erster Position.
Der ausdrückliche Antrag der beiden Klägerinnen und das mutmaßliche Interesse der Beklagten, die ihren Sitz in H hat, das
SG Hamburg zum zuständigen Gericht zu bestimmen, muss in der vorliegenden Konstellation unberücksichtigt bleiben. Zwar stellt
§
58 Abs
2 SGG keine inhaltlichen Kriterien auf, und die Zuständigkeitsbestimmung ist anhand von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu treffen
(Groth in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2017, §
58 RdNr 50 mwN). Zum zuständigen Gericht kann aber nur ein Gericht bestimmt werden, das zumindest für eine der Klägerinnen örtlich zuständig
ist. Dies ist beim SG Hamburg nicht der Fall. Deswegen kommt auch mit Blick auf die zeitliche Dimension der Gewährleistung
des effektiven Rechtsschutzes (Art
19 Abs
4 Satz 1
GG) dem Umstand, dass der Rechtsstreit bislang beim SG Hamburg anhängig ist (vgl zu diesem Argument BSG vom 15.2.2021 - B 11 SF 1/21 S - juris RdNr 4) im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu.