Mitgliedschaft in der obligatorischen Anschlussversicherung des § 188 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung
Kein Ausschluss für Beamte mit einem Anspruch auf Beihilfe
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist die Mitgliedschaft des beihilfeberechtigten Klägers bei der beklagten Krankenkasse aufgrund einer
obligatorischen Anschlussversicherung in der Zeit vom 1.10.2015 bis zum 30.6.2017 streitig.
Der Kläger ist als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Bis zum 30.9.2015 war er aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II
bei der beklagten Krankenkasse pflichtversichert. Vom 1.9.2015 bis zum 30.6.2017 hatte er als bayerischer Kommunalbeamter
Anspruch auf Beihilfe zu einem Bemessungssatz von 50 vH. Eine private Krankenversicherung (PKV) schloss er nicht ab. Die beklagte
Krankenkasse teilte dem Kläger mit, dass er automatisch als freiwilliges Mitglied versichert sei, sofern er nicht eine Beschäftigung
mit einem Einkommen über 450 Euro habe oder Leistungen der Agentur für Arbeit oder eines Jobcenters beziehe. Ferner wurde
er gebeten, über eine anderweitige Krankenversicherung innerhalb von zwei Wochen zu informieren und zur Beendigung der Versicherung
einen entsprechenden Nachweis vorzulegen (Schreiben vom 30.3.2016). Nachdem der Kläger seine "Kündigung" erklärt hatte (Schreiben
vom 6.4.2016), ohne einer anderen Krankenkasse beizutreten, stellte die Beklagte fest, dass er bei ihr seit dem 1.10.2015
aufgrund obligatorischer Anschlussversicherung freiwillig krankenversichert sei (Bescheid vom 26.5.2016, Widerspruchsbescheid
vom 20.10.2016).
Das SG Augsburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.6.2017). Das Bayerische LSG hat die auf die Zeit bis zum 30.6.2017
beschränkte Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen einer freiwilligen Mitgliedschaft aufgrund der obligatorischen Anschlussversicherung
gemäß §
188 Abs
4 Satz 1 und
2 SGB V seien erfüllt. Der erklärte Austritt sei mangels eines nachgewiesenen anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall
nicht wirksam geworden. Der Beihilfeanspruch genüge insoweit nicht. Daher fehle es auch an einer wirksamen Kündigung. Eine
Versicherungsfreiheit als Beamter nach §
6 Abs
1 Nr
2, Abs
3 SGB V bestehe nicht. Zwar seien Beihilfeberechtigte von der Auffangpflichtversicherung gemäß §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V ausgenommen. Dadurch entfalle aber nicht die freiwillige Versicherung aufgrund der obligatorischen Anschlussversicherung.
Der Gesetzgeber habe mit Einführung der obligatorischen Anschlussversicherung das Ziel verfolgt, für möglichst alle in Deutschland
lebenden Personen vollständigen Versicherungsschutz gegen Krankheit sicherzustellen. Verfassungsrechtliche Bedenken beständen
auch im Hinblick auf Art
33 Abs
5 GG nicht.
Mit seiner Revision rügt der Kläger einen Verstoß gegen §
188 Abs
4 Satz 1 und
2 SGB V sowie §
6 Abs
1 Nr
2, Abs
3 Satz 1
SGB V. Allein wegen seines Beihilfeanspruchs in Höhe von 50 vH habe er einen "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall".
Jedenfalls sei er als beihilfeberechtigter Beamter auch ohne private Zusatzkrankenversicherung absolut versicherungsfrei.
Dies ergebe sich aus der Gesetzessystematik und den Gesetzesmaterialien (Empfehlungen der Ausschüsse zu dem Entwurf eines
Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-OrgWG] vom 20.6.2008,
BR-Drucks 342/1/08 S 3 Nr 2 zu Art 1 Nr 01 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Entwurf
eines Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 12.6.2013, BT-Drucks
17/13947 S 27 zu Nr 2b Buchst a). Als spezialgesetzliche Regelung habe §
6 SGB V Vorrang vor § 193 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Seine Ansicht werde von Stimmen in der Literatur geteilt.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. August 2018 und des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Juni 2017 sowie
den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2016 insoweit aufzuheben,
als darin seine Mitgliedschaft in der freiwilligen Versicherung bei der Beklagten im Zeitraum vom 1.10.2015 bis zum 30.6.2017
festgestellt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG seine auf die Zeit vom 1.10.2015 bis zum 30.6.2017
beschränkte Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2016 ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Seine freiwillige Mitgliedschaft während des hier noch zu beurteilenden Zeitraums
ist zutreffend festgestellt. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) des Klägers hat sich ab 1.10.2015 als freiwillige Mitgliedschaft
fortgesetzt (dazu 1. und 3. b). Diese bestand während des gesamten streitigen Zeitraums (dazu 2.). Die Versicherungsfreiheit
für Beamte steht dem nicht entgegen (dazu 3.). Ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit oder eine Verletzung der
hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums liegt nicht vor (dazu 4.).
1. Nach der mit Wirkung zum 1.8.2013 (durch Art 1 Nr 2b Buchst b, Art 6 des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung
bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423) eingeführten Regelung des §
188 Abs
4 SGB V setzt sich für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, die Versicherung mit dem Tag nach dem
Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Versicherung
fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten
den Austritt (Satz 1). Der Austritt wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung
im Krankheitsfall nachweist (Satz 2). Personen, deren Versicherungspflicht endet, werden von §
188 Abs
4 Satz 1
SGB V nicht erfasst, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt sind oder ein Anspruch auf Leistungen
nach §
19 Abs
2 SGB V besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen
wird (Satz 3). Die Voraussetzungen dieser obligatorischen Anschlussversicherung sind hier erfüllt.
a) Der Kläger unterlag aufgrund des vom LSG für den Senat bindend (§
163 SGG) festgestellten Bezugs von Arbeitslosengeld II bis zum 30.9.2015 der Versicherungspflicht in der GKV (§
5 Abs
1 Nr
2a Halbsatz 1
SGB V in der Fassung [idF] des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.3.2011, BGBl I 453). Diese Versicherungspflicht endete mit Ablauf des Leistungsbezugs (vgl auch §
190 Abs
12 SGB V).
b) Aus der mit dem Tag nach dem Wegfall der Versicherungspflicht nach §
188 Abs
4 Satz 1
SGB V begründeten freiwilligen Mitgliedschaft (dazu 3. b) ist der Kläger nicht wirksam ausgetreten. Insoweit kann offenbleiben,
ob das Schreiben der Beklagten vom 30.3.2016 den Anforderungen an den in §
188 Abs
4 Satz 1
SGB V geregelten Hinweis über die Austrittsmöglichkeiten genügt und ob die "Kündigung" des Klägers vom 6.4.2016 als fristgerecht
erklärter Austritt mit Rückwirkung anzusehen ist. Ein solcher Austritt wäre jedenfalls nicht wirksam, weil der Kläger das
Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nicht nachgewiesen hat (§
188 Abs
4 Satz 2
SGB V). Er war weder privat krankenversichert noch Mitglied einer anderen gesetzlichen Krankenkasse. Allein seine Beihilfeberechtigung
nach einem Bemessungssatz von 50 vH genügt nicht. Ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall iS des §
188 Abs
4 Satz 2
SGB V erfordert vielmehr die Zugehörigkeit zu einem Sicherungssystem, das den Mindestanforderungen an eine Krankheitskostenvollversicherung
in der deutschen PKV entspricht. Das folgt aus dem Wortlaut, dem sich aus der Entstehungsgeschichte ergebenden Regelungszweck
der Vorschrift sowie systematischen Erwägungen.
aa) Der Gesetzeswortlaut "Absicherung im Krankheitsfall" ist offen und ermöglicht nicht zwingend den Austritt aus der freiwilligen
Versicherung bereits allein im Falle einer Beihilfeberechtigung nach einem Bemessungssatz von 50 vH der beihilfefähigen Aufwendungen.
Die gesetzliche Formulierung deutet vielmehr auf das Erfordernis einer vollständigen Absicherung entstehender Krankheitskosten
hin.
bb) Der Gesetzgeber knüpft mit dem Erfordernis eines "anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall" in §
188 Abs
4 Satz 2
SGB V an eine Voraussetzung an, die er bereits in die mit Wirkung zum 1.4.2007 eingeführte Vorschrift des §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V (Art 1 Nr 2 Buchst a Doppelbuchst cc, Art 46 Abs 1 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz -
GKV-WSG] vom 26.3.2007, BGBl I 378) aufgenommen hat. Diese Regelung ist Bestandteil des mit dem GKV-WSG eingeleiteten Strukturprinzips, für alle Einwohner Deutschlands einen Versicherungsschutz in der GKV oder PKV zu gewährleisten
(vgl BT-Drucks 16/3100 S 86 zu II 1). Damit korrespondiert die mit Wirkung zum 1.1.2009 für nicht in der GKV versicherte oder
versicherungspflichtige Personen angeordnete allgemeinen Krankenversicherungspflicht nach § 193 Abs 3 Satz 1 VVG (idF des Art 11 Abs 1, Art 12 Abs 2 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007, BGBl I 2631). Danach ist jede Person mit Wohnsitz
im Inland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst
und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung,
die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene
Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde
Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
Der Versicherer ist hingegen nach § 193 Abs 5 Satz 1 VVG (idF des Art 2 Abs 49 Nr 5 Buchst c des Gesetzes zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen vom 1.4.2015, BGBl I 434) verpflichtet, die
Versicherung im Basistarif nach § 152 Versicherungsaufsichtsgesetz ([VAG]; zuvor § 12 Abs 1a VAG) zu gewähren. Auch die Pflicht zum Abschluss eines privaten Krankheitskostenversicherungsvertrags soll dazu beitragen, Krankenversicherungsschutz
grundsätzlich - entweder in der GKV oder in der PKV - für alle in Deutschland lebenden Menschen im Sinne einer ausreichenden
Versorgung im "Bedarfsfall" ohne notwendigen Rückgriff auf steuerfinanzierte staatliche Leistungen zu bezahlbaren Konditionen
herzustellen (BT-Drucks 16/4247 S 66 f zu Art 43 Nr 01 Abs 5).
Dieser Regelungsintention steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber zum 1.1.2009 die Versicherungsfreiheit der Beamten nach
§
6 Abs
1 Nr
2 SGB V auf die Auffangpflichtversicherten nach §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V erstreckt hat (§
6 Abs
3 Satz 1
SGB V idF des Art 1 Nr
0 GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426). Gerade wegen der ab 1.1.2009 eingeführten allgemeinen Krankenversicherungspflicht
in § 193 Abs 3 VVG bestand kein Bedürfnis mehr, beihilfeberechtigte Beamte in den Anwendungsbereich der GKV-Auffangpflichtversicherung einzubeziehen.
Der von der Beihilfe nicht übernommene Kostenteil muss von Beihilfeberechtigten nunmehr durch eine ergänzende Krankheitskostenversicherung
in der PKV abgedeckt werden, die der früheren Pflichtversicherung genügt (BT-Drucks 16/10609 S 50 zu Art 1 Nr 0 § 6). Mit
der Einführung einer möglichst alle Personen umfassenden Absicherung gegen Krankheitskosten (BT-Drucks 16/4247 S 66 Art 43
zu Nr 01 zu Abs 5) wurde der Kontrahierungszwang der Versicherer hinsichtlich des Basistarifs in § 193 Abs 5 Satz 1 Nr 3 VVG in Verbindung mit § 152 Abs 2 Satz 1 Nr 3 VAG (zuvor § 12 Abs 1b Nr 3 VAG) geregelt und der verspätete Abschluss der Versicherung mit Prämienzuschlägen sanktioniert (§ 193 Abs 4 VVG).
cc) Aufgrund des gesetzgeberischen Anliegens, im Wege eines durch §
5 Abs
1 Nr
13 und §
188 Abs
4 SGB V sowie § 193 Abs 3 VVG ausgestalteten Gesamtkonzepts eine umfassende Absicherung gegen Krankheitskosten aller Einwohner Deutschlands einzuführen
und dadurch ein Kostenrisiko für die Allgemeinheit zu vermeiden, kommt nur eine Krankheitskostendeckung zu 100 vH als ausreichende
Absicherung im Krankheitsfall in Betracht. Beihilfeberechtigte Personen ohne ergänzende Krankheitskostenvollversicherung über
den von der Beihilfe nicht gedeckten Kostenteil verfügen daher nicht über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall
(vgl BT-Drucks 16/3100 S 94 zu Doppelbuchst bb und cc) und sind deshalb verpflichtet, den von der Beihilfe nicht erfassten
Kostenteil ergänzend abzusichern (BT-Drucks 16/4247 S 67 zu Art 43 Nr 01 Abs 5), wobei der vertraglich vereinbarte Selbstbehalt
für ambulante und stationäre Heilbehandlung kalenderjährlich höchstens 5000 Euro betragen darf. Insoweit genügt das Sicherungsniveau
des Basistarifs in der PKV (vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 KR 14/11 R - BSGE 113, 160 = SozR 4-2500 § 5 Nr 18, RdNr 16 zu im Inland realisierbaren Leistungsansprüchen gegen ein ausländisches Sicherungssystem; vgl auch BSG Urteil vom 7.6.2018 - B 12 KR 17/17 R - BSGE 126, 56 = SozR 4-2400 § 7a Nr 9, RdNr
20 zur artgleichen Eigenvorsorge nach §
7a Abs
6 Satz 1 Nr
2 SGB IV). Ein Beihilfeanspruch mit einem Bemessungssatz von nur 50 vH ist unzureichend, sofern - wie hier - keine ergänzende Krankheitskostenversicherung
hinsichtlich des von der Beihilfe nicht gedeckten Kostenteils besteht. Dass dem Kläger aufgrund ausnahmsweise revisiblen bayerischen
Beamtenrechts (vgl BSG Urteil vom 17.4.1958 - 8 RV 271/56 - BSGE 7, 122 = juris RdNr 19; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
162 RdNr 7b) ein höherer Bemessungssatz als 50 vH zugestanden oder er über eine Krankheitskostenvollversicherung verfügt hätte,
ist weder festgestellt noch ersichtlich.
c) Die mangels hinreichender Absicherung im Krankheitsfall eingreifende obligatorische Anschlussversicherung ist auch nicht
nach §
188 Abs
4 Satz 3
SGB V wegen des Vorrangs der Familienversicherung (§
10 SGB V) oder eines nachgehenden Leistungsanspruchs iS des §
19 Abs
2 SGB V ausgeschlossen. Ein solcher Leistungsanspruch scheidet aus, weil der Kläger im Anschluss an das Ende seiner Pflichtmitgliedschaft
mit Ablauf des 30.9.2015 als Kommunalbeamter erwerbstätig war.
2. Die obligatorische Anschlussversicherung des Klägers bestand während des gesamten Zeitraums vom 1.10.2015 bis zum 30.6.2017.
Die freiwillige Mitgliedschaft endete nicht bereits durch dessen "Kündigung" vom 6.4.2016 nach §
191 Nr 3 Halbsatz 1
SGB V (idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378). Auch diese Kündigung wurde nicht wirksam, weil es an dem Nachweis des Bestehens eines anderweitigen
Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall (§
175 Abs
4 Satz 4
SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) fehlt.
3. Die Versicherungsfreiheit von Beamten schließt die obligatorische Anschlussversicherung des Klägers bei der beklagten Krankenkasse
nicht aus. Durch diese Anschlussversicherung wird eine freiwillige Mitgliedschaft in der GKV begründet (dazu b), die von der
Versicherungsfreiheit nicht verdrängt wird (dazu a).
a) Gemäß §
6 Abs
1 Nr
2 SGB V sind Beamte in der GKV versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch
auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Nach §
6 Abs
3 Satz 1
SGB V (idF des GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426) bleiben sie auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in §
5 Abs
1 Nr
1 oder Nr
5 bis 13
SGB V genannten Voraussetzungen erfüllen. Diese "absolute" Versicherungsfreiheit (vgl zum Begriff BT-Drucks 11/2237 S 160 zu §
6 Abs 1 und 2) lässt allein bestimmte Versicherungspflichttatbestände nicht wirksam werden, schließt aber eine freiwillige
Mitgliedschaft in der GKV nicht aus. Das ergibt sich aus rechtssystematischen Erwägungen und entspricht der Regelungsabsicht
des Gesetzgebers.
Systematisch ist die Versicherungsfreiheit in der GKV nach §
6 SGB V als Freistellung von der Versicherungspflicht ausgestaltet. Sie verhindert den Eintritt einer ansonsten bestehenden Versicherungspflicht
nach §
5 SGB V. Gemäß §
5 Abs
1 Nr
1 SGB V aufgrund einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt versicherungspflichtige Personen werden durch §
6 Abs
1 Nr
1 SGB V von der Versicherungspflicht ausgenommen, wenn ihr Entgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet. Bei Beamten kommt
die Versicherungspflicht nach §
5 Abs
1 Nr
1 SGB V unter den Voraussetzungen des §
6 Abs
1 Nr
2 SGB V nicht zum Tragen. Bei Bestehen eines Anspruchs auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge im Krankheitsfall
sind sie versicherungsfrei. §
6 Abs
3 Satz 1
SGB V erweitert bzw konkretisiert diese Versicherungsfreiheit für Beamte, die einen der in §
5 Abs
1 Nr
1 oder Nr
5 bis 13
SGB V geregelten Versicherungspflichttatbestände erfüllen. Diese im Gesetz als Ausnahme zu §
5 Abs
1 Nr
1 und Nr
5 bis 13
SGB V angeordnete Versicherungsfreiheit erfasst andere Versicherungstatbestände in der GKV nicht und erstreckt sich damit auch
nicht auf die freiwillige Mitgliedschaft. §
6 SGB V ist darüber hinaus dem Abschnitt "Versicherung kraft Gesetzes" zugeordnet, folgt auf die Vorschrift des §
5 SGB V über die "Versicherungspflicht", geht der Vorschrift des §
8 SGB V über die "Befreiung von der Versicherungspflicht" voraus und steht damit im Kontext von Regelungen, die allein an Versicherungspflichttatbestände
anknüpfen. Die Tatbestände der freiwilligen Versicherung (§
9 SGB V) sind demgegenüber in dem Abschnitt zur "Versicherungsberechtigung" geregelt.
Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Erstreckung der Versicherungsfreiheit
auf die Auffangpflichtversicherung nach §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V durch §
6 Abs
3 Satz 1
SGB V idF des GKV-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl I 2426). Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen beihilfeberechtigte Beamte ohne
ergänzende Krankheitskostenvollversicherung - alternativ zur ergänzenden Versicherung in der PKV - nunmehr die Möglichkeit
haben, als freiwillige Mitglieder in der GKV versichert zu bleiben (BT-Drucks 16/10609 S 50 zu Art 1 Nr 0). Damit ist nicht
zu vereinbaren, diese Personengruppe ausschließlich dem Sicherungssystem der PKV zuzuordnen. Vielmehr wird aus den Gesetzesmaterialien
deutlich, dass der Gesetzgeber seit Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht in § 193 VVG für beihilfeberechtigte Beamte grundsätzlich zwei Wege zur Absicherung im Krankheitsfall zur Verfügung stellt: Entweder eine
die beamtenrechtliche Beihilfe bis zur vollen Absicherung ergänzende Versicherung in der PKV oder eine freiwillige Mitgliedschaft
in der GKV. Nur die (in der Zeit vom 1.4.2007 bis zum 31.12.2008 maßgebende) Auffangpflichtversicherung des §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V soll nicht mehr wirksam werden können (vgl BT-Drucks 16/10609 S 50 zu Art 1 Nr 0).
b) Die obligatorische Anschlussversicherung beruht nicht auf einem gesetzlichen Versicherungspflichttatbestand, sondern ist
als von §
6 Abs
1 Nr
2 SGB V nicht erfasste freiwillige Versicherung zu qualifizieren. Schon der Wortlaut des §
188 Abs
4 Satz 1
SGB V spricht ausdrücklich von einem "Ausscheiden aus der Versicherungspflicht" und der Fortsetzung der Versicherung als "freiwillige
Mitgliedschaft". Systematisch ist die zum 1.8.2013 eingeführte Anschlussversicherung als Bestandteil der Vorschrift über den
"Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft" in §
188 SGB V, nicht aber in §
186 SGB V über den "Beginn der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger" aufgenommen worden. Hätte der Gesetzgeber einen zusätzlichen
Versicherungspflichttatbestand einführen wollen, wäre eine Eingliederung in §
5 SGB V oder wenigstens in den Regelungskomplex der Vorschriften zur "Versicherung kraft Gesetz" (§§
5 bis
8 SGB V) konsequent gewesen. Auch konzeptionell weist die obligatorische Anschlussversicherung die beiden Kernmerkmale einer freiwilligen
Versicherung auf, die §
9 SGB V vorgibt: Eine vom Willen des Betroffenen getragene (freiwillige) Mitgliedschaft und ein Bezug zum System der GKV.
Nach §
9 Abs
1 Satz 1
SGB V "können" bestimmte Personen der Versicherung "beitreten". Während damit bei dieser Vorschrift die Versicherungsberechtigung
zentral ist, legt zwar §
188 Abs
4 Satz 1
SGB V den Akzent auf die Berechtigung, aus der freiwilligen Versicherung (mit Rückwirkung) auszutreten (Ulmer in Eichenhofer/von
Koppenfels-Spies/Wenner,
SGB V, 3. Aufl 2018, §
188 RdNr 11; Schlegel jurisPR-SozR 16/2013 Anm 1, 6; in dieser Richtung auch Peters in Kasseler Kommentar,
SGB V, Stand: 1.6.2019, §
188 RdNr 11). Beiden Regelungen ist aber gemeinsam, dass das Bestehen des freiwilligen Versicherungs- und Mitgliedschaftsverhältnisses
von einer rechtsgestaltenden Willensäußerung des Betroffenen abhängt: Beitritt zur freiwilligen Versicherung durch schriftliche
(Textform) fristgebundene Erklärung (§
9 Abs
2, §
188 Abs
3 SGB V); Austritt aus der freiwilligen Versicherung durch - nicht zwingend schriftliche - fristgebundene Erklärung (§
188 Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGB V). Auch den Nachweis eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall als Wirksamkeitserfordernis für den Austritt
kann der Austrittswillige selbst erbringen. Hinzu kommt, dass Anschlussversicherte wie jeder andere freiwillig Versicherte
durch Kündigung nach Maßgabe des §
175 Abs
4 SGB V das Versicherungsverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt wirksam beenden können. Demgegenüber kann bei einer Pflichtversicherung
in der GKV weder der Beginn noch das Ende der Mitgliedschaft vom Versicherten selbst gestaltet werden. Sie wird kraft Gesetzes
begründet und beendet. Ein Austrittsrecht ist der Pflichtversicherung fremd. Das Kündigungsrecht Pflichtversicherter in §
175 Abs
4 SGB V reduziert sich auf ein Krankenkassenwechselrecht (§§
173 ff
SGB V).
Auch das zweite, eine freiwillige Versicherung prägende Merkmal der vorausgegangenen Beziehung zum System der GKV kennzeichnet
die obligatorische Anschlussversicherung. Zwar ist die freiwillige Mitgliedschaft aufgrund der Anschlussversicherung nicht
(mehr) von Vorversicherungszeiten abhängig. Indes setzt sie die unmittelbar vorausgehende Zugehörigkeit zur GKV als Versicherungspflichtiger
oder Familienversicherter voraus. Alle weiteren Merkmale einer freiwilligen Versicherung, insbesondere die (alleinige) Beitragstragung,
-zahlung und -bemessung (§
250 Abs
2, §
252 Abs
1 Satz 1, §
240 SGB V) bestehen einheitlich unabhängig davon, ob sie gemäß §
188 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGB V oder §
9 SGB V begründet worden ist.
Daraus, dass für bisher von der Auffangpflichtversicherung in §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V erfasste Personen zum 1.8.2013 die obligatorische Anschlussversicherung des §
188 Abs
4 SGB V eingeführt worden ist, lässt sich nicht deren Qualität als Versicherung aufgrund einer Versicherungspflicht herleiten. Vielmehr
sollte mit der obligatorischen Anschlussversicherung gerade der Grundsatz des Vorrangs der freiwilligen Versicherung vor der
nachrangigen Auffangpflichtversicherung des §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V gestärkt werden (BT-Drucks 17/13947 S 27 zu Nr
2b Buchst b). Die Neuregelung des §
188 Abs
4 SGB V orientiert sich an der durch das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung
vom 15.7.2013 (BGBl I 2423) zugleich aufgehobenen Regelung des §
190 Abs
3 SGB V (BT-Drucks 17/13947 S 27 zu Nr
2b Buchst b). Diese sah bei Wegfall der Versicherungspflicht wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze eine automatische
und nahtlose Fortsetzung der bisherigen Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung vor, sofern nicht binnen zwei Wochen nach
einem Hinweis über die Austrittsmöglichkeit der Austritt erklärt wurde oder die Vorversicherungszeiten für eine freiwillige
Versicherung nach §
9 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V fehlten. Sowohl die bisherige als auch die neue Anschlussversicherung sind als freiwillige Versicherung bezeichnet und erfassen
Personen, deren Versicherungspflicht in der GKV kraft Gesetzes endet. Dass gerade beihilfeberechtigte Beamte, die nicht ergänzend
privat versichert und damit ihrer Pflicht aus § 193 VVG nicht nachgekommen sind, wegen Versicherungsfreiheit vom Anwendungsbereich des §
188 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGB V ausgenommen sein sollen, ist aus den Materialien nicht abzuleiten. Die obligatorische Anschlussversicherung vermeidet im
Wege der freiwilligen Mitgliedschaft auch für Beamte eine Versicherungslücke, die aus einer Verletzung der Pflicht zur ergänzenden
Absicherung im Krankheitsfall in der PKV entsteht (vgl BT-Drucks 16/4247 S 66 f; vgl VGH Baden-Württemberg Urteil vom 28.10.2010
- 10 S 2821/09 - VBlBW 2011, 112 = juris RdNr 32; zu den beihilferechtlichen Folgen BVerwG Urteil vom 19.7.2012 -5C 1/12 - BVerwGE 143, 363 = juris RdNr 9).
4. Die Anwendung von §
188 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGB V auf beihilfeberechtigte Beamte mit einem Bemessungssatz von 50 vH ohne ergänzende private Absicherung im Krankheitsfall begegnet
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Zur Überzeugung des Senats liegt ein Verstoß gegen Art
2 Abs
1 GG nicht vor. Ein Recht auf mangelnde Eigenvorsoge (vgl BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 31; BSG Urteil vom 5.12.2017 - B 12 R 10/15 R - SozR 4-2400 § 8 Nr 7 RdNr 22) tritt im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung hinter den Zweck der GKV zurück, die Allgemeinheit
vor unzureichender Absicherung des Einzelnen gegen das finanzielle Risiko von Krankheit zu schützen. Dieser Gemeinwohlbezug
beruht auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken. Insoweit verfügt der Gesetzgeber über einen
weiten Gestaltungsspielraum, der es ihm erlaubt, den Kreis der Pflichtversicherten so abzugrenzen, wie es für die Begründung
einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (vgl BVerfG Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229). Gegenüber der Pflichtversicherung ist die obligatorische Anschlussversicherung weniger
einschneidend für die Weiterversicherten. Beamte haben die Möglichkeit, durch Inanspruchnahme einer ergänzenden privaten Zusatzkrankenversicherung
den Eintritt der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV zu verhindern.
b) Auch ein Verstoß gegen Art
33 Abs
5 GG liegt zur Überzeugung des Senats nicht vor. Selbst wenn das Prinzip der (Kranken-)Vorsorgefreiheit von den hergebrachten
Grundsätzen des Berufsbeamtentums erfasst wäre (bisher vom BVerfG offen gelassen, vgl BVerfG Beschluss vom 13.2.2008 - 2 BvR 613/06 - BVerfGK 13, 278 = juris RdNr 16 mwN), würde dadurch nicht die Freiheit gewährleistet, hinsichtlich eines nicht gedeckten
Krankheitsrisikos keinerlei Vorsorge zu treffen (vgl BVerfG Beschluss vom 25.9.2001 - 2 BvR 2566/94 - juris RdNr 15 f; vgl Bieback NZS 2018, 715, 719). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beihilfeanspruch des Anschlussversicherten durch den Vorrang von GKV-Leistungen
faktisch leerläuft und wirtschaftlich entwertet wird. Der Beamte hat es selbst in der Hand, durch eine ergänzende Versicherung
in der PKV, zB im Basistarif, den wirtschaftlichen Wert seines Beihilfeanspruchs zu erhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 Satz 1
SGG.