Begehren auf Gewährung einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Verletzung der Amtsermittlungspflicht
Gründe
I
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherten Kläger sind mit ihrem Begehren auf Gewährung einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme
bei der Beklagten und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung - teilweise
unter Bezugnahme auf den Gerichtsbescheid des SG - ausgeführt: Wie die Sachverständige in dem Gutachten des Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 22.10.2020
nachvollziehbar ausführe, begehrten die Kläger die Mutter-Kind-Maßnahme wegen derselben Diagnosen wie bei der Maßnahme im
Jahr 2015. Bei fehlender Verschlechterung der gesundheitlichen Situation und unter Berücksichtigung der im Rahmen der Mutter-Kind-Maßnahme
2015 erfolgreich erlernten Maßnahmen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sei nicht nachvollziehbar, welche alltagsrelevanten
Rehabilitationsziele mit der neuerlichen Mutter-Kind-Maßnahme erreicht werden sollen, die über eine allgemeine Erholung, wie
sie auch durch eine Urlaubsreise möglich wäre, hinausgehen. Die MDK-Gutachterin weise auch überzeugend darauf hin, dass die
nachvollziehbar persönlich wichtige Frage des Kinderwunschs bei Zustand nach Fehlgeburten und frühzeitig einsetzenden Wechseljahren
im Rahmen der begehrten dreiwöchigen Mutter-Kind- Maßnahme, in deren Rahmen wenige psychologische Beratungen stattfinden,
nicht besserbar sei (Urteil vom 22.4.2021).
Die Kläger wenden sich gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der Kläger ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrunds des Verfahrensfehlers
(§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
Wer sich - wie hier die Kläger - auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach §
103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des
LSG wiedergeben, aufgrund derer bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden
Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (stRspr; vgl zB BSG vom 26.5.2020 - B 1 KR 7/19 B - juris RdNr 11; BSG vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Dazu muss bei einem anwaltlich oder ähnlich rechtskundig vertretenen Beteiligten aufgezeigt werden, dass er zu Protokoll
einen formellen Beweisantrag iS von §§
373,
404 ZPO iVm §
118 SGG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt oder noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat oder das Gericht
den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt. Der Tatsacheninstanz soll durch einen Beweisantrag vor Augen geführt werden,
dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion
(stRspr; vgl BSG vom 26.5.2020 - B 1 KR 7/19 B - juris RdNr 11; BSG vom 24.11.1988 - 9 BV 39/88 - SozR 1500 § 160 Nr 67 S 73 f = juris RdNr 4; BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Das Berufungsgericht ist einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung dann nicht gefolgt, wenn es objektiv im Rahmen
der Amtsermittlungspflicht zu weiterer Sachaufklärung gehalten war, wenn es sich also von seinem Rechtsstandpunkt aus zur
beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (stRspr; vgl nur BSG vom 18.6.2020 - B 3 KR 19/19 B - juris RdNr 7; BSG vom 2.3.2010 - B 5 R 208/09 B - juris RdNr 5; BSG vom 7.4.2011 - B 9 VG 16/10 B - juris RdNr 14). Daran fehlt es.
Die Kläger haben nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Dafür muss nicht nur die Stellung
des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn
Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese
Tatsache (vgl zB BSG vom 9.7.2015 - B 9 SB 19/15 B - juris RdNr 12; BSG vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was
die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit des Antrags
zu prüfen und gegebenenfalls seine Ablehnung iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ausreichend zu begründen (Karmanski in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
160a RdNr 96 mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen (vgl BSG vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - NZS 2012, 230; BSG vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B - juris RdNr 12).
Dem wird der Vortrag der Kläger nicht gerecht. Sie legen nicht ausreichend dar, welches Ergebnis die beantragte Beweisaufnahme
erbracht hätte. Hierfür genügt es nicht, nur pauschal auf die Voraussetzungen einer Mutter-Kind-Maßnahme - etwa die Rehabilitationsziele
- zu verweisen ("Einholung eines med. Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die primären und sekundären
Rehabilitationsziele bei der Klägerin gegeben sind, eine mütterspezifische Belastung vorliegt, und eine Rehabilitationsfähigkeit,
Bedürftigkeit und positive Rehabilitationsprognose vorliegt"). Das LSG hat unter Würdigung der vorliegenden medizinischen
Unterlagen ausführlich dargelegt, dass bereits nicht erkennbar sei, welche medizinischen Rehabilitationsziele mit der Maßnahme
erreicht werden sollen, die über eine allgemeine Erholung hinausgehen. Damit hätten sich die Kläger auseinandersetzen und
darlegen müssen, welches Ergebnis die Beweisaufnahme insoweit erbracht hätte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.