Kosten der Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe:
I
Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger leidet nach Halswirbelkörperbrüchen ua an Schmerzzuständen. Er
erhielt einstweilen für deren Behandlung von der Beklagten ab März 2016 monatlich 923,33 Euro für die monatliche Versorgung
mit 56 g Medizinal-Cannabisblüten. Das SG (S 41 SO 532/16 ER) hat für die Zeit vom 9.9. bis 31.12.2016 den Sozialhilfeträger zur einstweiligen Versorgung mit monatlich
weiteren 94 g Medizinal-Cannabisblüten verpflichtet. Der Kläger streitet in einem gesonderten Rechtsstreit über die Versorgung
mit MedizinalCannabisblüten für die Zeit ab 10.3.2017. Er ist mit seinem in der Sache darauf gerichteten Begehren, jedenfalls
1670,29 Euro Kosten der Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten für die Zeit vom 8.10.2013 bis 19.11.2015 erstattet zu erhalten,
bei der Beklagten und dem LSG ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat die Klage abgewiesen: Ein Anspruch folge nicht aus einer
fingierten Genehmigung nach §
13 Abs
3a SGB V, da die Beklagte den Antrag des Klägers fristgerecht abgelehnt habe. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus §
27 Abs
1 Satz 1 iVm §
31 SGB V oder §
2 Abs
1a Satz 1
SGB V (Urteil vom 19.4.2018).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG- Urteil.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen
Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.
Der Kläger formuliert als Fragen:
a) "Stellt die schriftliche Mitteilung einer Regionalgeschäftsstelle eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung, die
nicht als Bescheid bezeichnet ist und keine Rechtsmittelbelehrung trägt, dass die seitens eines Patienten gewünschte Verordnung
eines Arzneimittels nicht möglich sei, bei gleichzeitiger Anforderung weiterer Unterlagen, bereits eine Entscheidung i.S.d.
§ 31 SGB X dar oder geht diese Auslegung der Erklärung in unzulässiger Weise über die Wortlautgrenze hinaus beziehungsweise ist diese
Auslegung mit dem Wortlaut der Erklärung, dass eine Verordnung nicht möglich sei, noch in Einklang zu bringen oder nicht?"
b) "Stellt es ein unzulässiges widersprüchliches Verhalten einer Behörde (venire contra factum proprium) dar, wenn Sie über
einen Widerspruch entschieden hat und erst im Berufungsverfahren die Auffassung vertritt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen
Bescheid nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X handelt, auch nicht um einen Zweitbescheid, sondern nur um eine wiederholende Verfügung?"
Der Senat lässt offen, ob der Kläger damit Rechtsfragen hinreichend klar formuliert oder mit den Fragen lediglich auf die
rechtliche Prüfung seines individuellen Falls abzielt und eine durch §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ausgeschlossene Rüge der Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG als Rechtsfrage formuliert, also sich im Kern bloß gegen die Richtigkeit der LSG-Entscheidung im Einzelfall wendet (zu deren
Irrelevanz für die Zulassung der Revision vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10; BSG Beschluss vom 22.5.2017 - B 1 KR 9/17 B - juris RdNr 9 mwN).
Jedenfalls zeigt er in Bezug auf die erste Frage schon die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht auf. Das Bedürfnis für die
Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt ua, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen
Rspr keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.2.2017 - B 1 KR 73/16 B - juris RdNr 8 mwN). Der Kläger legt nicht hinreichend dar, wieso unter Berücksichtigung der langjährigen höchstrichterlichen
Rspr zu den Voraussetzungen eines Verwaltungsakts iS des § 31 SGB X im Allgemeinen (vgl nur beispielhaft etwa BSGE 121, 194 = SozR 4-7912 § 96 Nr 1, RdNr 15; BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 32/13 R - juris RdNr 10; BSGE 53, 194, 195 = SozR 2200 § 1303 Nr 24 S 69; BSG SozR 4-3300 § 71 Nr 2 RdNr 21) und zur Auslegung von behördlichen Verlautbarungen als ablehnender Verwaltungsakt im Besonderen (vgl zB BSGE
92, 113 = SozR 4-2600 § 46 Nr 1, RdNr 8) noch Klärungsbedarf verbleibt. Zudem setzt sich der Kläger nicht hinreichend mit der Entscheidungserheblichkeit
der Frage auseinander. Er legt nicht dar, wieso sie sich in einem anschließenden Revisionsverfahren überhaupt stellen könnte,
obwohl in seinem Fall die Anforderung weiterer Unterlagen ausdrücklich lediglich dazu dienen sollte, ggf über den MDK "prüfen
zu lassen, welche zugelassenen Alternativen für" den Kläger "in Frage kommen könnten". Soweit er der Meinung ist, dass die
Beklagte mit ihrem Schreiben vom 13.9.2013 noch keine abschließende Entscheidung getroffen hat, wendet er sich im Kern nur
gegen die Richtigkeit der LSG-Entscheidung im Einzelfall. Solches Vorbringen reicht indes nicht aus, um die Revision zuzulassen
(stRspr, vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7; BSG Beschluss vom 8.2.2006 - B 1 KR 65/05 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - juris RdNr 11 mwN).
Auch in Bezug auf die zweite Frage zeigt der Kläger die Entscheidungserheblichkeit der Frage nicht auf. Eine Rechtsfrage ist
vom Revisionsgericht klärungsfähig, wenn sie sich ihm auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz stellt.
Ob eine Rechtsfrage klärungsfähig ist, hängt davon ab, ob das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkret sachlich
entscheiden kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 30 mwN). Daran fehlt es. Es ist nicht ersichtlich, wieso der erkennende Senat die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren
beantworten müsste. Der Kläger legt keinen entscheidungserheblichen Zusammenhang mit seinem Leistungsbegehren dar. Es erschließt
sich nicht, welche Bedeutung das Vertreten einer Rechtsauffassung durch einen Beteiligten im Berufungsverfahren für ein anschließendes
Revisionsverfahren haben sollte.
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.