Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren, Verletzung des rechtlichen Gehörs als Verfahrensfehler,
Verhinderung des Klägers nach Anordnung des persönlichen Erscheinens
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) ist
als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Der Kläger hat zur Begründung
der Beschwerde entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund iS des §
160 Abs
2 SGG (grundsätzliche Bedeutung, Abweichung oder Verfahrensmangel) schlüssig dargelegt oder bezeichnet.
Der Kläger stützt seine Beschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§
109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs
1 Satz 1
SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG
ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Als einen solchen Verfahrensmangel rügt der Kläger als erstes eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs 1 des Grundgesetzes [GG], §
62 SGG), weil das LSG zunächst sein Erscheinen im Termin zur mündlichen Verhandlung angeordnet habe, dann dieses Erscheinen wegen
einer stationären Behandlung seinerseits aufgehoben, aber trotzdem in diesem Termin verhandelt und entschieden habe.
Eine Verletzung des Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ist damit als Verfahrensmangel jedoch nicht dargetan. Nach
der ständigen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) soll der Anspruch auf rechtliches Gehör verhindern,
dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen
beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 mwN; BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Die Anordnung des persönlichen Erscheinens steht nach §
111 Abs
1 SGG im Ermessen des Gerichts und dient der Sachaufklärung oder der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, zB
um eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens,
4. Aufl 2005, VII RdNr 146,
133 ff; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
111 RdNr 2b). Die Anordnung hat nicht die Funktion, das rechtliche Gehör der Beteiligten sicherzustellen, sondern nur vermittels
des durch die Anordnung bedingten Erscheinens vor dem Gericht können die Beteiligten auch ihr rechtliches Gehör wahren. Von
daher kann aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass ohne das Erscheinen
der Beteiligten keine Sachentscheidung des Gerichts ergehen könnte oder dürfte.
Dies bedeutet nicht, dass das Gericht, wenn es das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zu einem Termin angeordnet hat
und dieser verhindert ist, in diesem Termin "ohne Weiteres" in der Sache entscheiden darf (so auch BSGE 47, 35 = SozR 1500 § 62 Nr 8). So war es vorliegend jedoch nicht. Das LSG hatte vielmehr aufgrund der Anzeige des Klägers über seine
Verhinderung dessen persönliches Erscheinen aufgehoben und damit zu erkennen gegeben, dass es die persönliche Anwesenheit
des Klägers nicht als erforderlich ansah. Des Weiteren war der Kläger nach der Niederschrift über die Verhandlung vor dem
LSG in dieser durch die Rechtsanwältin Dr. B. vertreten und diese hat auch für ihn einen Sachantrag gestellt (vgl zur ausreichenden
Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten: BSG Beschluss vom 5. März 2004 - B 9 SB 40/03 B; BSG Beschluss vom 14. November 2005 - B 13 RJ 245/05 B).
Der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu entnehmen, welches weitere Vorbringen gerade die Anwesenheit des
Klägers persönlich erforderlich machte und wieso seine Bevollmächtigte nicht ggf einen Vertagungsantrag gestellt hat, wenn
von Seiten des Klägers ein persönliches Erscheinen seinerseits in der mündlichen Verhandlung als notwendig angesehen wurde.
Dass das LSG mangels medizinischer Fachkompetenz nicht aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Kläger über den strittigen
Kausalzusammenhang zwischen dessen Arbeitunfall und dessen psychischen Beeinträchtigungen entscheiden konnte, sei nur der
Vollständigkeit halber angeführt.
Hinsichtlich der vom Kläger gerügten Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach §
103 SGG fehlt es schon an der Bezeichnung des Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt sein soll. Denn der Kläger trägt nur vor,
das LSG habe seinem Antrag im Schriftsatz vom 10. Juli 2007 nicht beachtet bzw sei diesem ohne jede Begründung nicht gefolgt.
Dies ist jedoch kein Beweisantrag, der vom LSG bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen gewesen wäre und mit dessen Ablehnung
eine Nichtzulassungsbeschwerde begründet werden kann.
Nach dem Sinn und Zweck des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist das Übergehen eines Beweisantrags nur dann ein Verfahrensmangel, wenn das LSG vor seiner Entscheidung darauf hingewiesen
wurde, dass der Beteiligte die Amtsermittlungspflicht des Gerichts (§
103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl ua BSG SozR 1500 §
160 Nr 67; SozR 3-1500 § 160 Nr 9, 20, 31 sowie BVerfG SozR 3-1500 § 160 Nr 6; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen
Verfahrens, 4. Aufl 2005, aaO, IX, RdNr 130). Dem Beweisantrag soll eine Warnfunktion zukommen, die er nicht erfüllt, wenn
er zwar in einem früheren Verfahrensstadium schriftsätzlich gestellt wurde, im Entscheidungszeitpunkt selbst aber nicht mehr
erkennbar weiterverfolgt wird. Das Übergehen eines Beweisantrags liegt daher zumindest bei rechtskundig vertretenen Beteiligten
nur vor, wenn der Beweisantrag in der abschließenden mündlichen Verhandlung gestellt bzw wiederholt wurde.
Dass er bzw seine Bevollmächtigte einen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 14. August 2007 gestellt
bzw wiederholt habe, hat der Kläger nicht vorgetragen.
In seinen weiteren Ausführungen setzt der Kläger sich im Kern mit der Beweiswürdigung durch das LSG auseinander; darauf kann
eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision jedoch nicht in zulässiger Weise gestützt werden (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.