Voraussetzungen für die Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagten Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet sind,
die von der Klägerin produzierten und vertriebenen Geräte der sog nichtinvasiven Magnetfeldtherapie in das Hilfsmittelverzeichnis
aufzunehmen.
Die Klägerin produziert und vertreibt seit den 70er Jahren die von ihrem Geschäftsführer, Diplom-Physiker W. K. zusammen mit
Prof. Dr. F. L. entwickelten Geräte zur Elektrostimulation des Knochen- und Bindegewebes mittels pulsierender Magnetfelder.
Indikationsbereiche für den Einsatz dieser Geräte sind: verzögerte Knochenheilung, Falschgelenkbildung, Lockerung von Prothesen
aus Fremdmaterial und Hüftkopfnekrosen. Neben den hier im Streit befindlichen Geräten der nichtinvasiven Magnetfeldtherapie,
die eine Selbstbehandlung durch den Patienten ermöglichen, stellt die Klägerin auch Geräte für die Behandlung mittels "implantierter
Überträger" (sog invasive Methode) her. Letztere sind im Hilfsmittelverzeichnis nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) in der Produktgruppe 09 - Elektrostimulationsgeräte - eingetragen. Der frühere, auf der Grundlage von § 368 e
Reichsversicherungsordnung (
RVO) handelnde Ausschuß für Untersuchungs- und Heilmethoden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hatte 1982 auch die nichtinvasive
Magnetfeldtherapie als kassenärztlich abrechenbare Behandlungsmethode zugelassen. Durch Beschluß des Arbeitsausschusses "Neue
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" (NUB-Ausschuß) des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 14. Januar 1992
wurde diese Methode jedoch von einer Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen (Nr 9 der Anlage 2 der
NUB-Richtlinien [NUB-RL], BAnz 1992, Nr 34).
Am 3. September 1996 beantragte das Institut für medizinische Physik, Diplom-Physiker W. K., bei der Geschäftsstelle Heil-
und Hilfsmittel des IKK-Bundesverbandes die Aufnahme der Geräte für die nichtinvasive Magnetfeldtherapie nach dem Magnetodyn-Verfahren
in das Hilfsmittelverzeichnis. Dem Antrag wurden Anlagen beigefügt, die insbesondere einen wissenschaftlichen Nachweis der
therapeutischen Wirksamkeit dieses Verfahrens erbringen sollten. Nachdem sich die Arbeitsgruppe Hilfsmittel der Spitzenverbände
der Krankenkassen am 19. März 1997 mit dem Antrag und der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
(MDK) beschäftigt hatte, wurde der Beklagte zu 3. beauftragt, dem Institut für medizinische Physik, Diplom-Physiker W. K.,
"informatorisch" mitzuteilen, daß die Spitzenverbände der Krankenkassen keine Veranlassung für eine erneute Einschaltung des
NUB-Ausschusses sähen (Schreiben vom 27. März 1997). Dem Antrag könnten keine neuen Nachweise entnommen werden, die den therapeutischen
Nutzen des Magnetodyn-Verfahrens ausreichend belegten.
Die Klägerin erhob daraufhin am 25. April 1997 "Untätigkeitsklage", die sie im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens als
Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ansah. Das Sozialgericht Köln (SG) hat der Klage mit Urteil vom 21. Januar 1999 stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die von der Klägerin für die nichtinvasive
Magnetfeldtherapie hergestellten Geräte vom Typ M 60 und M 65 in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Das Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen - LSG - (Urteil vom 8. Juli 1999) hat auf die Berufung der Beklagten zu 1., 3. und 5. bis 8. das Urteil
des SG abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nicht
Adressatin des Schreibens der Beklagten zu 3. vom 27. März 1997 gewesen. Es fehle deshalb an der für die Zulässigkeit der
Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Darüber hinaus sei auch die bei der Beklagten zu 3. eingerichtete "Geschäftsstelle
Heil- und Hilfsmittel" nicht befugt gewesen, eine Entscheidung über die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis
in Form eines Verwaltungsaktes selbständig zu treffen. Dies sei ausschließlich den beklagten Spitzenverbänden der Krankenkassen
in einer gemeinsamen Entscheidung vorbehalten. Die Klägerin habe auch materiell-rechtlich keinen Anspruch auf Aufnahme ihrer
Magnetfeldtherapiegeräte in das Hilfsmittelverzeichnis. Das Prüfungsrecht der Spitzenverbände der Krankenkassen nach §§
128,
139 SGB V sei auf die Hilfsmittel beschränkt, die von den Ärzten auch verordnet werden dürfen, was durch die §§
92,
135 SGB V und im Bundesmanteltarifvertrag-Ärzte (BMV-Ä) geregelt sei. Der Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit ergebe sich aus Nr 9 der
Anlage 2 zu den NUB-RL.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin insbesondere eine Verletzung der §§
54,
88 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) sowie eine Verletzung des §
139 SGB V. Bei der Entscheidung der Spitzenverbände der Krankenkassen (KKen) über die Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis
nach §
139 Abs
2 Satz 2
SGB V handele es sich entgegen der Auffassung des LSG um einen Verwaltungsakt. Auch habe die Beklagte zu 3. mit ihrem Schreiben
vom 27. März 1997 als federführender Verband im Namen aller Beklagten gehandelt. Des weiteren sei die Klägerin durch dieses
Schreiben beschwert und damit klagebefugt. Die Klage sei auch begründet. Die Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln erfolge ausschließlich
durch die Spitzenverbände der KKen; anders als bei der Versorgung mit Heilmitteln fehle es an einer Kompetenz des Bundesausschusses
der Ärzte und KKen. Die Entscheidungen des Bundesausschusses der Ärzte und KKen hätten auch keine Bindungswirkung gegenüber
Hilfsmittelherstellern. Dem Ausschuß fehle mangels Beteiligung der Hilfsmittelhersteller die demokratische Legitimation, in
die Grundrechte eines Hilfsmittelherstellers einzugreifen. Unabhängig von der Aufnahme der nichtinvasiven Magnetfeldtherapie
in die NUB-RL (Anlage 2 Nr 9) bestehe nach den Grundsätzen des sog Systemversagens ein Anspruch auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis.
Insoweit reiche es im Einklang mit §
34 Abs
4 SGB V aus, wenn der therapeutische Nutzen in der wissenschaftlichen Diskussion umstritten sei und der Bundesausschuß der Ärzte
und KKen in Kenntnis des Standes der hier vorliegenden wissenschaftlichen Studien seine gut 7 Jahre alte Entscheidung nicht
revidiert habe. Es sei deshalb Sache der Gerichte, eine entsprechende Korrektur vorzunehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Juli 1999 abzuändern und die Berufungen der Beklagten gegen
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21. Januar 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend machen sie geltend, die Versorgung der Versicherten mit Medizinprodukten
habe keinen Sinn, wenn der entsprechenden Behandlungsmethode nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ein therapeutischer Nutzen
abgesprochen werde. Die Versicherten könnten nach §
33 SGB V nur diejenigen Hilfsmittel beanspruchen, die erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine
Behinderung auszugleichen. Habe der Bundesausschuß der Ärzte und KKen eine Behandlungsmethode negativ bewertet, so fehle es
an der Erforderlichkeit iS von §
33 SGB V.
II. Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet. Die vom LSG getroffenen
Feststellungen reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob der Klägerin ein Anspruch auf Aufnahme der von ihr hergestellten
Magnetfeldtherapiegeräte in das Hilfsmittelverzeichnis zusteht. Das LSG wird, worauf im einzelnen noch einzugehen ist, auch
den Bundesausschuß Ärzte/Krankenkassen zum Verfahren beizuladen haben.
1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Die Beklagten haben den Antrag der Klägerin auf
Aufnahme der von ihr bezeichneten Magnetfeldtherapiegeräte in das Hilfsmittelverzeichnis durch Verwaltungsakt abgelehnt.
Entscheidungen der Spitzenverbände der Krankenkassen über die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis haben
entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich verwaltungsinterne Wirkungen. Die Auswirkungen auf die Rechtsstellung
des Herstellers sind nicht bloße Rechtsreflexe. Zwar enthält §
128 SGB V nur eine Verpflichtung der Spitzenverbände, ein Hilfsmittelverzeichnis aufzustellen und fortzuschreiben, ohne daß ein Anspruch
des Herstellers erwähnt wird. Dazu sind in verfahrensrechtlicher Hinsicht lediglich Stellungnahmen gemäß §
128 Satz 4
SGB V von den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller einzuholen. §
139 SGB V ordnet außerdem an, daß im Rahmen der Qualitätsprüfung durch die Spitzenverbände, die der Entscheidung über die Aufnahme
in das Hilfsmittelverzeichnis vorgeschaltet ist, der einzelne Hilfsmittelhersteller zu beteiligen ist. §
139 Abs
2 SGB V erweckt dabei zunächst den Eindruck, die Beteiligung bestehe lediglich in der Verpflichtung, den therapeutischen Nutzen des
Hilfsmittels sowie seine Qualität nachzuweisen. Ein Rechtsanspruch mit eigenem Antragsrecht auf Aufnahme ins Hilfsmittelverzeichnis
wird in der Vorschrift nicht erwähnt. Ein solches Verständnis würde jedoch der rechtlichen Betroffenheit, die sich für den
Hersteller aus der Entscheidung der Spitzenverbände über die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis ergibt,
nicht gerecht. Das Hilfsmittelverzeichnis hat, selbst wenn man sich nur auf seine Funktion als Orientierungshilfe für die
Krankenkassen beschränkt, eine marktsteuernde Wirkung mit erheblichen Auswirkungen für die Hersteller von Hilfsmitteln. Über
das Hilfsmittelverzeichnis wird das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte gesteuert, wovon alle Versicherten der gesetzlichen
Krankenversicherung und damit etwa 90 vH der Gesamtbevölkerung betroffen sind. Zwar hat die Rechtsprechung eine rechtliche
Bindung der Vertragsärzte an das Hilfsmittelverzeichnis verneint (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27, S 156). Im hier erörterten
Zusammenhang ist jedoch maßgebend, daß Nr 8 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung
von Heilmitteln und Hilfsmitteln in der kassenärztlichen und vertragsärztlichen Versorgung (Heil- und HilfsmittelRL) idF vom
17. Juni 1992, zuletzt geändert am 4. Mai 1996 (BAnz S 5188), für Ärzte zumindest den Anschein erweckt, Vertragsärzte seien
bei der Verordnung von Hilfsmitteln an das Hilfsmittelverzeichnis gebunden. Hieraus folgt, daß Entscheidungen der Spitzenverbände
über die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis gegenüber dem Hersteller des Hilfsmittels objektiv eine
berufsregelnde Tendenz haben (vgl BVerfGE 42, 52, 54 mwN; 70, 191, 214; 95, 267, 302; BVerfG NZS 1999, 338), so daß sie sich an Art
12 Grundgesetz (
GG) messen lassen müssen, der bei Eingriffen in die Berufsfreiheit dem Betroffenen einen Abwehranspruch einräumt. §
139 Abs
2 SGB V ist deshalb bei verfassungskonformer Auslegung dahin zu verstehen, daß der Hersteller eines Hilfsmittels bei der Aufnahme
in das Hilfsmittelverzeichnis nicht nur am Verfahren dergestalt beteiligt ist, daß er den Spitzenverbänden die zur Qualitätsprüfung
erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen hat, sondern daß ihm auch ein Anspruch auf Bescheidung eines
von ihm gestellten Aufnahmeantrags zusteht (vgl Beuthien/Schmölz, MedR 1996, 99, 105).
Entgegen der Annahme des LSG hat die Beklagte zu 3. über den Antrag der Klägerin nicht - ohne Kompetenz - allein entschieden.
Sie hat der Klägerin lediglich eine zuvor von allen Beklagten getroffene Entscheidung mitgeteilt. Dies ergibt sich aus dem
Beschlußprotokoll über die Abstimmung der Beklagten vom 6. Mai 1997, das vom LSG nicht berücksichtigt worden ist. Weil insoweit
tatsächliche Feststellungen im Berufungsurteil fehlen, mußte der Senat diesen Sachverhalt selbst anhand der Verwaltungsakte
feststellen. Denn es handelt sich um Feststellungen, von denen die Zulässigkeit der Klage abhängt, was bei zugelassener Revision
von Amts wegen zu prüfen ist (vgl BSG SozR 3-4427 §
5 Nr 1, S 6; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, §
163 SGG RdNr 40).
Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Klägerin fehle die Klagebefugnis, weil nicht sie, sondern das "Institut für
Medizinische Physik, Dipl. Phys. K.", das auch den Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis gestellt habe, Adressat
des Verwaltungsaktes gewesen sei. Das LSG hat dabei verkannt, daß das Schreiben, mit dem die Aufnahme der Magnetfeldtherapiegeräte
in das Hilfsmittelverzeichnis beantragt wurde, durch die genaue Typenbezeichnung der betroffenen Geräte (M 60 und M 65) die
erforderliche Zuordnung des Antrags zum Hersteller dieser Geräte, nämlich der Klägerin, erlaubte. Auch das Vorgehen der Beklagten
läßt nur den Schluß zu, daß sie ihre abschlägige Entscheidung nicht an eine rechtlich unselbständige Forschungseinrichtung
oder deren Leiter, sondern an den Hersteller richten wollten. Die ungenaue Bezeichnung im Anschreiben schadet nicht, wenn
sich der Adressat, nämlich die Klägerin, im Wege der Auslegung zweifelsfrei ermitteln läßt.
Der Zulässigkeit der Klage steht ferner nicht entgegen, daß das vor Erhebung einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich
erforderliche Vorverfahren (§
78 SGG) nicht stattgefunden hat. In Fällen, in denen Verbände der Krankenkassen einen Verwaltungsakt gemeinsam zu erlassen haben,
eine Widerspruchsstelle nicht bestimmt ist und als nächst höhere Behörde (gemäß §
85 Abs
2 Nr
1 SGG) nur die oberste Bundesbehörde als Aufsichtsbehörde der betroffenen Kassenverbände in Betracht kommt, ist auch der Widerspruchsbescheid
von den Spitzenverbänden zu erteilen. Der im Klageverfahren gestellte Antrag auf Abweisung der Klage genügt dann dem Vorverfahrenserfordernis,
wenn Klagegegner und Widerspruchsstelle identisch sind (vgl BSGE 78, 243, 248 mwN = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 S 17).
2. Der Hersteller eines Hilfsmittels, der dessen Funktionstauglichkeit, therapeutischen Nutzen und Qualität nachweist, hat
auch einen Anspruch auf Aufnahme des Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis (§
139 Abs
2 Satz 1
SGB V).
Bei den Magnetfeldtherapiegeräten, deren Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis die Klägerin anstrebt, handelt es sich um
Hilfsmittel im Sinne der §§
33,
128 und
139 SGB V. Zwar hat der 1. Senat des Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 15. April 1997 (1 RK 4/96 = BSGE 80, 181, 183 = SozR 3-2500 § 13 Nr 14) dargelegt, daß die Magnetfeldtherapie, wenn sie auf ärztliche Verordnung von selbständigen
Therapeuten erbracht wird, ein Heilmittel im Sinne des §
32 SGB V darstellt. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von Heil- und Hilfsmitteln (Beschluß des 3. Senats vom
16. September 1999, B 3 KR 2/99 B und Beschluß des 1. Senats vom 8. Februar 2000, B 1 KR 3/99 B; Urteil des 6. Senats vom 28. Juni 2000, B 6 KA 26/99 R) sind Heilmittel alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und
nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen. Hierzu gehören insbesondere Maßnahmen der physikalischen
Therapie sowie der Sprach- und Beschäftigungstherapie. Hilfsmittel sind demgegenüber alle ärztlich verordneten Sachen, die
den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere
Körperersatzstücke und typische orthopädische Hilfsmittel, aber auch Magnetfeldtherapiegeräte, weil sie den Erfolg einer Heilbehandlung
bei Anwendung durch den Versicherten selbst sicherstellen sollen.
§
139 Abs
2 SGB V läßt allerdings nicht ohne weiteres erkennen, welche Anforderungen an den Nachweis der Funktionstauglichkeit, des therapeutischen
Nutzens und der Qualität zu stellen sind. Die Vorschrift legt in Satz 2 lediglich fest, daß die Spitzenverbände der Krankenkassen
hierüber gemeinsam und einheitlich entscheiden, nachdem der Medizinische Dienst die Voraussetzungen geprüft hat. Die hierbei
maßgebenden Entscheidungskriterien haben aber rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen und müssen der Tatsache Rechnung
tragen, daß die Hilfsmittelhersteller durch die Entscheidung der beklagten Verbände über die Aufnahme eines Hilfsmittels in
das Hilfsmittelverzeichnis in ihrem Grundrecht auf berufliche Betätigungsfreiheit in erheblicher Weise betroffen werden. Hieraus
folgt, daß die Prüfung für den Antragsteller transparent sein muß. Die Anforderungen können von den Beklagten nicht intern
und willkürlich festgelegt werden. Sie haben sich vielmehr an den Aufgaben und Zielen der gesetzlichen Krankenversicherung
zu orientieren; d.h. sie müssen dazu dienen, die Krankenbehandlung der Versicherten nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft
unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots sicherzustellen. Das Gesetz beschreibt die insoweit maßgebenden Kriterien in
§
135 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V im Hinblick auf die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden; für die Bewertung von Hilfsmitteln kann nichts
anderes gelten.
Darüber hinaus muß auch das Verfahren zur Aufnahme neuer Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis rechtstaatlichen Anforderungen
genügen. Dies setzt insbesondere voraus, daß die Beklagten den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch
[SGB X]) und zum Vorbringen des Antragstellers im einzelnen Stellung nehmen (§ 35 SGB X). Legt ein Antragsteller wissenschaftliche Studien über ein neues Hilfsmittel vor oder neue Studien zu einem bereits bekannten
Hilfsmittel, so werden die Beklagten ihrer Amtsermittlungs- und Begründungspflicht nicht gerecht, wenn sie, wie im vorliegenden
Fall, lediglich eine pauschale Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen einholen und
darauf verweisen. Erforderlich ist vielmehr eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit den vom Antragsteller vorgelegten
Unterlagen. Die Beklagten haben erst im Revisionsverfahren Bewertungen zu Studien über Magnetfeldtherapiegeräte vorgelegt,
die diesen Anforderungen im Ansatz entsprechen, jedoch einen anderen Hersteller betreffen. Aber auch die dort wiedergegebene
Bewertung der eingereichten Unterlagen läßt keine vorgegebenen Maßstäbe erkennen, die an einen Wirksamkeitsnachweis angelegt
werden und eine Gleichbehandlung aller Antragsteller und Verfahren sicherstellen. Sachgerecht und erforderlich erscheint auch
hier eine Bewertung nach Evidenzstufen, wie sie zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach den hierzu
gemäß §§
92 Abs
1 Satz 2 Nr
5,
135 Abs
1 SGB V ergangenen Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-RL, vom 10. Dezember 1999,
BAnz Nr 56 vom 21. März 2000) vorgesehen ist (dort Ziff 8), weil insoweit gleiche Maßstäbe gelten müssen.
3. Die Beklagten konnten die Aufnahme der von der Klägerin benannten Magnetfeldtherapiegeräte in das Hilfsmittelverzeichnis
nicht schon mit dem Hinweis auf die Aufnahme der Magnetfeldtherapie ohne Verwendung implantierter Spulen in die Anl 2 der
NUB-RL nach §
135 Abs
1 SGB V (jetzt Anl B der BUB-RL, aaO) ablehnen. Die Erstellung und Fortentwicklung des Hilfsmittelverzeichnisses ist nach den §§
128,
139 SGB V allein Aufgabe der Spitzenverbände der Krankenkassen; die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen wirken hieran unmittelbar
nicht mit. Diese sollen gemäß §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB V zwar Richtlinien ua über die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln beschließen. Eine eigenständige Regelung der Verordnungsfähigkeit
von Hilfsmitteln durch die Bundesausschüsse ist auf dieser Grundlage jedoch nicht erfolgt. Nr 8 der Heil- und HilfsmittelRL
enthält vielmehr nur die Übernahme des Hilfsmittelverzeichnisses der Spitzenverbände im Sinne einer dynamischen Verweisung.
Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Erstellung und Fortentwicklung des Hilfsmittelverzeichnisses unabhängig
von der Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch die Bundesausschüsse zu erfolgen hat. Dies gilt zumindest
bei solchen Hilfsmitteln, die untrennbar mit einer speziellen Behandlungsmethode verbunden sind, wie dies bei den hier streitigen
Magnetfeldtherapiegeräten der Fall ist. Ein sinnvoller Einsatz dieser Geräte ist ohne Bezug zu der zugrundeliegenden, vom
Arzt einzuleitenden und zu beaufsichtigenden Magnetfeldtherapie nicht denkbar. Darf die Magnetfeldtherapie als vertragsärztliche
Leistung zu Lasten der Krankenkassen nicht erbracht werden, so können die Spitzenverbände trotz ihrer Autonomie bei der Erstellung
des Hilfsmittelverzeichnisses nicht verpflichtet werden, die allein zur Durchführung dieser Therapie einsetzbaren Geräte in
das Verzeichnis aufzunehmen.
Der für das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung weitgehend zuständige 1. Senat des BSG und der für das Vertragsarztrecht
zuständige 6. Senat sehen in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden untergesetzliche Rechtsnormen, die iVm §
135 Abs
1 SGB V verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkassen
sind (BSGE 81, 73 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7; BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; vgl hierzu insbesondere Engelmann, Untergesetzliche Normsetzung im Recht der GKV, NZS 2000, 1 - 8 und 76 - 84). Danach ist es Vertragsärzten im Regelfall verwehrt, Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
einzusetzen, wenn in den Richtlinien nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
5 SGB V keine entsprechenden Empfehlungen abgegeben worden sind. Allein die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis
berechtigt die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte auf der Grundlage der beschriebenen, hier maßgebenden
Rechtsprechung des BSG jedenfalls nicht, auch die entsprechende therapeutische Behandlung durchzuführen, solange es an einer
Empfehlung des Bundesausschusses fehlt. Dies verdeutlicht zugleich, daß der Klägerin, die die von ihr hergestellten Hilfsmittel
auch an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung vertreiben will, nicht allein die ablehnende Entscheidung der Beklagten
über die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis entgegensteht, sondern wie bei sonstigen Hilfsmitteln der hier betroffenen
Art, die untrennbar mit einer ärztlichen Therapie verbunden sind, auch die fehlende Empfehlung der Behandlungsmethode durch
den Bundesausschuß. Erst wenn feststeht, daß der Bundesausschuß zur Änderung seiner Richtlinien verpflichtet ist, kann auch
eine Verpflichtung der Beklagten bestehen, die zur Durchführung der Behandlungsmethode erforderlichen Hilfsmittel in das Verzeichnis
aufzunehmen, weil auch die Krankenkassen an die Empfehlungen des Bundesausschusses zu neuen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden
rechtlich gebunden sind.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen sind jedoch gemäß §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V für eine erneute Prüfung antragsbefugt. Vorliegend haben sie der Klägerin allerdings mitgeteilt, trotz der von dieser vorgelegten
neuen Unterlagen sähen sie im Hinblick auf die im Jahre 1992 getroffene Entscheidung des Bundesausschusses, die Magnetfeldtherapie
nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, keine Veranlassung, eine Überprüfung durch den Bundesausschuß zu beantragen.
Die Klägerin als Hilfsmittelerbringer ist ihrerseits nicht zu einer Antragstellung berechtigt. Daraus folgt indessen nicht,
daß sie keine rechtliche Möglichkeit hat, eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Beschlüsse des Bundesausschusses durchzusetzen.
Dies ließe sich mit den beschriebenen Einwirkungen der maßgebenden Entscheidung des Bundesausschusses auf das Grundrecht der
Klägerin auf Berufsfreiheit (Art
12 GG) nicht vereinbaren. Die Verwirklichung der Berufsfreiheit kann auch eine besondere Gestaltung des Verfahrens erfordern, wenn
nur hierdurch der Grundrechtsschutz zu verwirklichen ist (BVerfGE 73, 280, 296; 82, 209, 227; Urteil des 6. Senats vom 28. Juni 2000, B 6 KA 26/99 R). Danach haben die Spitzenverbände der Krankenkassen immer dann, wenn ein Hersteller die Aufnahme eines Hilfsmittels in das
Hilfsmittelverzeichnis beantragt, das nur im Zusammenhang mit bestimmten Behandlungsmethoden einzusetzen ist, die entweder
neu sind oder die in der Zeit vor der Antragstellung von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen wurden, vor einer
abschließenden Entscheidung den Bundesausschuß zu beteiligen (§ 12 Abs 2 SGB X), soweit nicht ohne weiteres zu erkennen ist, daß eine Versorgung der Versicherten mit dem Hilfsmittel aus anderen Gründen
nicht in Betracht kommt. Vorauszusetzen ist nur, daß der antragstellende Hilfsmittelhersteller Unterlagen vorlegt, die neu
und bei einer vorangegangenen Entscheidung über das betroffene Verfahren durch den Bundesausschuß noch nicht berücksichtigt
worden sind.
Die bisher unterbliebene Beteiligung des Bundesausschusses im Verwaltungsverfahren führt nicht dazu, daß der Bescheid aufzuheben
ist und die Beklagten zur Neubescheidung zu verpflichten sind. Anders als im Urteil des 6. Senats vom 28. Juni 2000 - B 6 KA 26/99 R -, das sich mit dem Antrag einer Diätassistentin auf Aufnahme der Diättherapie in die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien zu
beschäftigen hatte, der von der Verwaltung sachlich nicht beschieden worden war, liegt dem vorliegenden Verfahren eine den
Antrag der Klägerin ablehnende sachliche Entscheidung der Beklagten zugrunde, auf deren abschließende Überprüfung ihrer Richtigkeit
durch die Gerichte die Klägerin einen Rechtsanspruch hat (§
131 Abs
2 SGG). Das LSG hat als Tatsacheninstanz die von den Beklagten versäumte sachgerechte Überprüfung der von der Klägerin vorgelegten
Unterlagen mit sachverständiger Hilfe nachzuholen. Zum Verfahren ist der für den Erlaß der Richtlinien nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
5 SGB V zuständige Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gemäß §
75 Abs
2 SGG notwendig beizuladen, um diesen auch an die Rechtskraftwirkung eines Urteils zu binden.
Der Rechtsstreit wurde gemäß § 565 Abs 1 Satz 2 Zivilprozeßordnung iVm §
202 SGG an einen anderen Senat des LSG zurückverwiesen (zur Zulässigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren vgl BSG SGb 1976, 287; BSG SozR 3-1500 § 170 Nr 7; SozR 3-1750 § 565 Nr 1; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl §
170 RdNr 31). Die Behandlung des Rechtstreits durch den Berichterstatter des Senats, der die aufgehobene Entscheidung vorbereitet
hat, muß Zweifel daran aufkommen lassen, daß er bei der Entscheidung unvoreingenommen gewesen ist, selbst wenn die Klägerin
keinen Ablehnungsantrag wegen Befangenheit gestellt hat.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Landessozialgerichts vorbehalten.