Keine Versicherungspflicht von Strafgefangenen in der gesetzlichen Rentenversicherung beim Bezug von Verletztengeld infolge
eines Arbeitsunfalls während des Strafvollzugs
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob für den Beigeladenen, der im Strafvollzug Verletztengeld bezogen hat, Beiträge
zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten sind.
Nach vorheriger Anhörung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2008 gegen die Klägerin Rentenversicherungsbeiträge in
Höhe von 123,81 Euro für insgesamt zehn Strafgefangene fest. Auf den Beigeladenen entfiel ein zu entrichtender Beitrag in
Höhe von 14,40 Euro. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Nach §
3 S 1 Nr 3
SGB VI seien Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie von einem innerstaatlichen Leistungsträger Verletztengeld
bezögen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig gewesen seien. Die Bestimmung zur Versicherungsfreiheit
wegen Geringfügigkeit gemäß §
5 Abs
2 S 1 Nr
1 SGB VI finde keine Anwendung. Dass Strafgefangene im Regelfall in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtig
seien, könne nicht dazu führen, dass sie beim Bezug von Verletztengeld den durch das Gesetz vorgegebenen Anspruch auf Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung verlören. Der Gesetzgeber habe bewusst eine Frist für die Vorpflichtversicherung von
einem Kalenderjahr gewählt, um auch solche Versicherten, die nicht direkt vor dem Bezug von Entgeltersatzleistungen versicherungspflichtig
gewesen seien, in die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung einzubeziehen.
Auf die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage hat das SG Frankfurt am Main den Beitragsbescheid der Beklagten aufgehoben und
die zugleich erhobene Klage festzustellen, dass eine Pflicht zur Beitragsentrichtung nicht bestehe, mangels Rechtsschutzbedürfnisses
als unzulässig abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 20.9.2010).
Der 3. Senat des Hessischen LSG hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Berufung zugelassen (Beschluss vom
30.6.2011 - L 3 U 223/10 NZB). Nach Beiladung der betroffenen zehn Strafgefangenen (ehemalige Beigeladene zu 2 bis 11) sowie der Deutschen Rentenversicherung
Hessen (ehemalige Beigeladene zu 1), bei der die ehemaligen Beigeladenen zu 2 bis 9 und 11 versichert sind (Beschlüsse vom
14.1.2014 und 15.1.2016), sowie späterer Abtrennung der die ehemaligen Beigeladenen zu 1 bis 9 und 11 betreffenden Verfahren
(Beschluss vom 28.1.2016) hat der 8. Senat des Hessischen LSG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28.1.2016).
Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Der 8. Senat des Hessischen LSG sei nach dem zum Zeitpunkt des Eingangs
der Nichtzulassungsbeschwerde geltenden Geschäftsverteilungsplan zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufen gewesen. Unerheblich
sei, dass der (unzuständige) 3. Senat des Hessischen LSG den Beschluss über die Zulassung der Berufung erlassen habe; denn
dieser Beschluss sei unanfechtbar und damit bindend. Die Befugnis der Beklagten zur Prüfung der Beitragszahlung und zur Geltendmachung
der Beitragsforderung durch Bescheid ergebe sich aus §§
212 und
212a Abs
1 SGB VI. Gleichwohl sei der Bescheid der Beklagten rechtswidrig. Die Verpflichtung zur Entrichtung von Pflichtbeiträgen setze die
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und beitragspflichtige Einnahmen voraus. Durch den Bezug von Verletztengeld
sei im vorliegenden Fall aber keine Versicherungspflicht begründet worden; §
3 S 1 Nr 3
SGB VI sei insoweit nicht anwendbar. Zwar habe der Beigeladene in der Justizvollzugsanstalt einen Arbeitsunfall erlitten und in
dessen Folge von der Beklagten als zuständiger Unfallversicherungsträgerin des Landes Hessen Verletztengeld gemäß §§
26 Abs
1 S 1, 45 Abs
1 iVm §
47 Abs
6 SGB VII bezogen; auch sei er - wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf ergebe - im letzten Jahr vor Beginn
dieser Leistungen zuletzt versicherungspflichtig gewesen. Dennoch seien die Voraussetzungen des §
3 S 1 Nr 3
SGB VI nicht erfüllt. Dies ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm. Die in dieser Bestimmung
angeordnete Versicherungspflicht wegen des Bezugs von Entgeltersatzleistungen finde ihre Rechtfertigung darin, dass diese
Leistungen ausfallendes Arbeitseinkommen ersetzten; dementsprechend sollten auch bei deren Bezug die Risiken des Alters und
der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert werden. Die Versicherungspflicht der Lohnersatzleistung
sei mit der Versicherungspflicht der vorangehenden Erwerbstätigkeit akzessorisch verbunden. Häftlinge unterlägen jedoch bei
ihrer Tätigkeit innerhalb der Strafanstalt nach Maßgabe der §§
41,
43 StVollzG nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung iS von §
1 S 1 Nr 1
SGB VI, weil diese Norm nur freiwillig eingegangene Beschäftigungsverhältnisse erfasse, nicht aber die Pflichtarbeit im Strafvollzug.
Die Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung setze nach § 190
StVollzG eine besondere bundesrechtliche Regelung nach §
198 StVollzG voraus, an der es bisher fehle. Unterliege aber die eigentliche "Beschäftigung" im Strafvollzug keiner Versicherungspflicht,
könne dies auch nicht für einen infolge eines Arbeitsunfalls entstehenden Anspruch auf Verletztengeld als Lohnersatzleistung
gelten. Eine insoweit bestehende Rentenversicherungspflicht würde betroffene Strafgefangene bei Verletztengeldbezug ohne Sachgrund
bevorzugen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von §
3 S 1 Nr 3
SGB VI. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Der Beigeladene erfülle sämtliche Voraussetzungen des §
3 S 1 Nr 3
SGB VI, was seine Beitragspflicht nach sich ziehe. Er habe während seiner Tätigkeit im Strafvollzug als "Wie-Versicherter" nach
§
2 Abs
2 SGB VII der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung unterlegen und rechtmäßig Verletztengeld bezogen. Da §
3 S 1 Nr 3
SGB VI den Bezug von Verletztengeld unmissverständlich der Rentenversicherungspflicht unterwerfe, bedürfe es keiner weiteren Auslegung
dieser Bestimmung im Sinne einer teleologischen Reduktion, wie sie das LSG vorgenommen habe. Das Berufungsgericht verkenne,
dass eine Gleichbehandlung aller Strafgefangenen im Hinblick auf deren Tätigkeit ohnehin nicht stattfinde, was sich am Beispiel
der sog Freigänger zeige. Des Weiteren könne unbeachtet bleiben, dass der eine oder andere Strafgefangene auf seinem Rentenkonto
minimale Steigerungen des Entgeltpunktebetrags konstatieren dürfe, wenn er Verletztengeld bezogen habe, während andere Strafgefangene,
die nicht in den Genuss von Leistungen der Unfallversicherung gekommen seien, diesen Vorteil nicht hätten. Zudem sei nach
der ursprünglichen Konzeption des
StVollzG die Rentenversicherungspflicht für im Strafvollzug verrichtete Tätigkeiten vorgesehen gewesen; schon deswegen erscheine es
systemwidrig, wollte man dem Bezieher von Verletztengeld, nur weil er innerhalb der Gefängnismauern einen Arbeitsunfall erlitten
habe, die Rentenversicherung verweigern. Auch Verfassungsrecht spreche für diese Sicht der Rechtslage. Es gehe nicht an, zu
Lasten des Beigeladenen im Wege einer die Grenzen der Gesetzesauslegung sprengenden Rechtsschöpfung Rentenanwartschaften zu
verneinen, auf die nach den inhaltsbestimmenden Regelungen insbesondere des §
3 S 1 Nr
3 SGB VI ein von Art
14 Abs
1 GG garantierter Anspruch bestehe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Januar 2016 vollständig und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Frankfurt am Main vom 20. September 2010 insoweit aufzuheben, als er den Beigeladenen betrifft, und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
A. Der Tenor des angefochtenen Urteils ist gemäß §
138 S 1
SGG zu berichtigen.
Entgegen der scheinbar weiteren Fassung ihrer Anträge hat die Beklagte bei verständiger Würdigung ihres Begehrens lediglich
die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG Frankfurt am Main vom 20.9.2010 sowie die Abweisung der Klage begehrt, soweit Beiträge
zur gesetzlichen Rentenversicherung des Beigeladenen - ursprünglich der Beigeladene zu 10 - betroffen sind. Ausweislich des
Sitzungsprotokolls ist nach Anhörung der Beteiligten und mit deren Einverständnis das Verfahren betreffend die Beigeladenen
zu 1 bis 9 und 11 abgetrennt und unter einem neuen Verfahrensaktenzeichen weitergeführt worden.
Im Tenor des Berufungsurteils ist die Berufung der Beklagten gegen den (gesamten) Gerichtsbescheid zurückgewiesen worden.
Aus den Gründen der Entscheidung ergibt sich aber klar, dass das LSG die Berufung nur insoweit als unbegründet zurückgewiesen
hat, als es um die Rentenversicherungsbeiträge des ehemaligen Beigeladenen zu 10 geht. So heißt es insbesondere auf S 6 des
Urteils: "Die Klägerin ist nicht verpflichtet, den für den Beigeladenen in diesem Bescheid festgesetzten Beitrag in Höhe von
14,40 Euro an die Beklagte zu entrichten." Die Beitragspflicht in Höhe von 14,40 Euro betrifft allein den ehemaligen Beigeladenen
zu 10.
Es handelt sich insoweit um eine offenbare Unrichtigkeit des Tenors iS von §
138 S 1
SGG, die von Amts wegen berichtigt werden kann (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
138 RdNr 3c). Hierfür ist das mit der Sache befasste Rechtsmittelgericht zuständig, das im Rahmen der Entscheidung über das Rechtsmittel
durch den gesamten Spruchkörper entscheidet (vgl BSGE 46, 34, 40 = SozR 1500 § 138 Nr 3 S 2; BSG Beschluss vom 6.3.2012 - B 1 KR 43/11 B - Juris RdNr 4; BGH Beschluss vom 8.2.2007 - VII ZR 121/06 - Juris RdNr 2 = BauR 2007, 746; BVerwG Beschluss vom 21.12.2006 - 6 PB 17/06 - Juris RdNr 5 = Buchholz 251.91 § 39 SächsPersVG Nr 1).
B. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.
1. Die Revision ist nicht schon deshalb im Sinne der Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und der Zurückverweisung der Sache
an das LSG begründet, weil mit dem 3. Senat des Hessischen LSG ein nach dem Geschäftsverteilungsplan unzuständiger Senat die
Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG zugelassen hat (Beschluss vom 30.6.2011). Ein damit denkbar verbundener Verstoß gegen Art
101 Abs
1 S 2
GG bzw §
31 SGG (vgl Burkiczak in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
31 RdNr 22; Peters/Sautter/Wolff,
SGG, §
31 RdNr 6 mit RsprNachw - Stand 8/05) wäre nur dann berücksichtigungsfähig, wenn ein Beteiligter deren Verletzung ordnungsgemäß
gerügt hätte (vgl BSGE 79, 41, 43 = SozR 3-2500 § 34 Nr 5 S 29 mit RsprNachw und BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 30), woran es vorliegend fehlt.
2. Im Ergebnis sind die vorinstanzlichen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Beklagten
gegen den klagstattgebenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, soweit dieser die Entrichtung eines Beitrags für den Beigeladenen betrifft. Der Bescheid der Beklagten ist
insoweit rechtswidrig. Der Beigeladene hat in der Zeit vom 4. bis 12.4.2007 nicht der Rentenversicherungspflicht unterlegen.
Gemäß §
3 S 1 Nr 3
SGB VI (in der hier maßgeblichen Fassung von Art 6 Nr 2 Buchst a Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) sind Personen in der
Zeit versicherungspflichtig, für die sie von einem Leistungsträger ua Verletztengeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor
Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren.
Nach den Feststellungen des LSG übte der Beigeladene im Rahmen seines Strafvollzuges Arbeit iS von §§
41,
43 StVollzG aus, erlitt hierbei in der Justizvollzugsanstalt einen Arbeitsunfall und bezog infolgedessen in der Zeit vom 4. bis 12.4.2007
von der Klägerin als Unfallversicherungsträgerin des Landes Hessen Verletztengeld gemäß §§
45 Abs
1 iVm 46, 47 Abs
6 SGB VII. Unabhängig davon, ob den Feststellungen des LSG auch eine Erfüllung der gesetzlich geforderten Vorversicherungszeit durch
den Beigeladenen entnommen werden kann, war dieser im hier maßgeblichen Zeitraum nicht rentenversicherungspflichtig.
Zwar sind grundsätzlich alle Personen in der gesetzlichen Rentenversicherung kraft Gesetzes pflichtversichert, die neben einer
hinreichenden Vorbeziehung zu diesem Sicherungssystem von einem Leistungsträger ua Verletztengeld beziehen. Für Personen wie
den Beigeladenen, die während einer Freiheitsentziehung wie Beschäftigte tätig werden und auf Grund dessen in der gesetzlichen
Unfallversicherung pflichtversichert sind (§
2 Abs
2 S 1
SGB VII), widerspräche die Einbeziehung in das System der gesetzlichen Rentenversicherung indes vorrangigen eigenen Leitentscheidungen
des Gesetzgebers. §
3 S 1 Nr 3
SGB VI ist daher in der Weise einschränkend auszulegen, dass er entgegen dem vordergründigen Wortlaut lediglich den Bezug von Verletztengeld
erfasst, das an die Stelle sonst rentenversicherungsrechtlich relevanter Einnahmen tritt (teleologische Reduktion). Auf eine
Versicherungspflicht innerhalb der grundsätzlich einjährigen Rahmenfrist kommt es in Fällen der vorliegenden Art daneben nicht
gesondert an.
Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift im Wege richterlicher Rechtsfortbildung steht den Gerichten ua dann
zu, wenn diese nach ihrer grammatikalischen Fassung auch auf Sachverhalte Anwendung fände, die nach dem erkennbaren Willen
des Gesetzgebers aber nicht erfasst werden sollen, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der
einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung
im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerfG Beschluss vom 7.4.1997
- 1 BvL 11/96 - NJW 1997, 2230, 2231; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 27 f; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 391 f). Erst wenn nach
Maßgabe anerkannter juristischer Methoden der Regelungsbereich einer Norm bestimmt worden ist, lässt sich in Beachtung des
Gesetzesvorbehalts iS von §
31 SGB I beurteilen, welche Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs durch Verwaltungshandeln begründet,
festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen.
a) Sinn und Zweck des §
3 S 1 Nr 3
SGB VI besteht darin, den Versicherten das Risiko abzunehmen, während einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit selbst für eine kontinuierliche
Alterssicherung sorgen zu müssen und mit entsprechenden Beitragszahlungen belastet zu werden, sowie dem Entstehen von Lücken
in der Alterssicherung vorzubeugen (vgl BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 1 KR 25/99 R - SozR 3-2600 § 170 Nr 1 S 3). Einer Schließung derartiger Sicherungslücken bedarf es indes regelmäßig nicht, wenn Verletztengeld
aus einer nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegenden Tätigkeit gezahlt wird. In
derartigen Fällen gilt es keinen Schutz durch die gesetzliche Rentenversicherung aufrechtzuerhalten, welcher zuvor durch das
Bestehen einer Beschäftigung vermittelt worden ist. Eine solche Sachverhaltskonstellation liegt hier jedoch vor. Das angegriffene
Urteil ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Beigeladenen während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe verrichtete
Arbeit, die auf Grund der Arbeitspflicht nach §
41 Abs
1 StVollzG in der Haftanstalt ausgeübt wurde, keine versicherungspflichtige Beschäftigung iS des §
1 S 1 Nr 1
SGB VI gewesen ist (vgl BSG Urteile vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 20 RdNr 19 und vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R - Juris RdNr 26 unter Hinweis auf die Regelung in § 190 Nr 13 iVm §
198 Abs
3 StVollzG).
In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen
ist, weil es an dem hierfür erforderlichen freien wirtschaftlichen Austausch von Arbeit und Lohn mangelt (vgl BSG Urteile vom 31.10.1967 - 3 RK 84/65 - BSGE 27, 197 = SozR Nr 54 zu § 165
RVO, vom 10.12.1974 - 4 RJ 379/73 - BSGE 38, 245, 246 = SozR 5070 § 14 Nr 2 S 6 f, vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 20 RdNr 19 und vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R - Juris RdNr 26 unter Hinweis auf die Regelung in § 190 Nr 13 iVm §
198 Abs
3 StVollzG; vgl auch Seewald in Kasseler Komm, §
7 SGB IV RdNr
35 f - Stand April 2012; Schorn, NZS 1995, 444, 445). Ein freies Austauschverhältnis fehlt insbesondere dann, wenn ein der Anstaltsgewalt unterworfener Strafgefangener
unausweichlich Arbeit verrichten muss; er steht insoweit in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung eigener Art, welche
nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegt (vgl BSG Beschluss vom 5.12.2001 - B 7 AL 74/01 B - Juris RdNr 8; als frei gewählte Arbeit gilt hingegen die Arbeit von sog Freigängern, die außerhalb der Strafvollzugsanstalt
eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausüben, vgl BSG Urteil vom 16.10.1990 - 11 RAr 3/90 - BSGE 67, 269, 271 = SozR 3-4100 §
103 Nr 2 S 11; Fichte in Hauck/Noftz, K §
1 SGB VI RdNr 36 - Stand 12/15). Damit fehlt es bei der vom Beigeladenen im Rahmen seiner Strafhaft abgeleisteten Pflichtarbeit iS
von §
41 Abs
1 StVollzG an der Freiwilligkeit der Arbeitsleistung, sodass eine versicherungspflichtige Beschäftigung iS des §
1 S 1 Nr 1
SGB VI schon dem Grunde nach nicht vorliegt. Das Verletztengeld wiederum teilt das versicherungsrechtliche Schicksal des die Arbeit
des Gefangenen anerkennenden Arbeitsentgelts (vgl §
43 StVollzG), an dessen Stelle es tritt.
b) Gesetzessystematische Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. Erwerbstätige sollen für die Zeiten des Bezugs einer Entgeltersatzleistung
rentenversicherungsrechtlich so gestellt werden, als ob sie ihre Erwerbstätigkeit nicht unterbrochen hätten. Die Versicherungspflicht
von Lohnersatzleistungen stellt sich insoweit - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - nur als Abrundung bzw Ergänzung
zur Versicherungspflicht nach §§
1,
2 und
4 Abs
2 SGB VI dar (vgl Berchtold in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, §
3 SGB VI RdNr 10; Knorr in juris-PK-
SGB VI, 2. Aufl 2013, §
3 RdNr 47). Diese besondere Abhängigkeit des Verletztengeldanspruches von der Tätigkeit, auf Grund derer die Entgeltersatzleistung
gezahlt wird, zeigt sich im Übrigen auch darin, dass Beiträge nicht aus der Lohnersatzleistung, sondern aus 80 % des dieser
Leistung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts berechnet werden (vgl §
166 Abs
1 Nr
2 SGB VI). Die Rechtsauffassung der Beklagten würde hingegen in systemwidriger Weise dazu führen, dass dem vorübergehenden Bezug von
Verletztengeld eine versicherungsrechtlich stärkere Stellung beigemessen wird als dem Regeltatbestand des Arbeitsentgeltbezuges
(vgl §
43 StVollzG), aus welchem sich der Anspruch auf Verletztengeld seinerseits ableitet und das den Entgeltverlust (teilweise) auszugleichen
bestimmt ist, den ein Versicherter infolge einer durch einen Versicherungsfall nach §
7 SGB VII bedingten Arbeitsunfähigkeit erlitten hat (vgl auch Gürtner in Kasseler Komm, §
4 SGB VI RdNr 19 - Stand September 2015; Fichte in Hauck/Noftz, K §
4 SGB VI RdNr 43 - Stand 3/13; vgl auch BSG Urteil vom 26.6.2007 - B 2 U 23/06 R - SozR 4-2700 § 45 Nr 1 RdNr 14).
In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit Vorschriften des Unfall- und Arbeitslosenversicherungsrechts.
Nach §
2 Abs
2 S 2
SGB VII sind Personen, die während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder auf Grund einer strafrichterlichen,
staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden, kraft Gesetzes unfallversichert. Dadurch
soll der Unfallschutz der Gefangenen so vollständig wie möglich dem Unfallschutz der sonstigen von der gesetzlichen Unfallversicherung
erfassten Personen angeglichen werden (vgl BT-Drucks IV/120 S 52 und die dortige Begründung zu § 540
RVO in der Fassung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG)vom 30.4.1963, BGBl I 241). Hieraus kann indes nicht geschlossen
werden, dass für Verletztengeld beziehende Strafgefangene zugleich auch ein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung
besteht bzw bestehen muss (vgl BSG Urteil vom 31.10.1967 - 3 RK 84/65 - BSGE 27, 197, 199 = SozR Nr 54 zu § 165
RVO Aa 68). Aus §
2 Abs
2 SGB VII lässt sich vielmehr im Gegenteil ableiten, dass der Gesetzgeber dann, wenn er Strafgefangene in den Schutzbereich eines sozialen
Sicherungssystems einbezogen wissen will, konkretisierende und spezielle Regelungen erlässt, weil er sie von den allgemeinen
Vorschriften als nicht erfasst ansieht (vgl auch BSG Urteil vom 6.11.1997 - 11 RAr 33/97 - BSGE 81, 162, 166 = SozR 3-4100 § 168 Nr 21 S 58). Dies zeigt auch der Vergleich mit der Bestimmung des §
26 Abs
1 Nr
4 SGB III. Danach sind Gefangene, die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§
43 bis
45,
176 und
177 des
StVollzG) erhalten oder Ausbildungsbeihilfe nur wegen des Vorrangs von Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung nach diesem Buch
nicht erhalten, als "Sonstige Versicherungspflichtige" in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert (zur Beitragspflicht
siehe §§
345 Nr 3,
347 Nr 3
SGB III). Gleiches gilt für die Bezieher von Verletztengeld, deren Versicherungspflicht eigenständig durch §
26 Abs
2 Nr
1 SGB III begründet wird. In der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Gesetzgeber hingegen lediglich die Bezieher von Verletztengeld
der Versicherungspflicht unterworfen, ohne daneben eine Versicherungspflicht für Gefangene als "Sonstige Versicherte" iS von
§
3 SGB VI einzuführen. Insoweit hat er hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass diese besondere Personengruppe nicht in den Schutz der
gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen werden soll. Dass der Gesetzgeber die rentenversicherungsrechtlichen Folgen einer
Strafhaft nicht übersehen hat, zeigt die Regelung des §
205 SGB VI, die für den Fall entschädigungspflichtiger Strafverfolgungsmaßnahmen die Möglichkeit der Nachzahlung freiwilliger Beiträge
eröffnet. Angesichts dessen lässt die Nichtregelung der Versicherungs- oder Beitragspflicht von Gefangenenarbeit in der gesetzlichen
Rentenversicherung nur den Schluss zu, dass die Nichteinbeziehung der Strafgefangenen in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung
insoweit dem gesetzgeberischen Willen entspricht.
c) Die historische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Soziale Sicherung erfuhren Gefangene erstmals durch ihre Einbeziehung
in den Unfallversicherungsschutz. Insoweit galt zunächst das Gesetz betreffend die Unfallfürsorge für Gefangene vom 30.6.1900
(RGBl 536), das mit Wirkung ab 1.7.1963 durch Art 4 § 16 Abs 2 Nr 1 des UVNG vom 30.4.1963 (BGBl I 241) aufgehoben und durch
§ 540
RVO idF des UVNG ersetzt worden ist. Dadurch wurden auch die Personen unmittelbar in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
nach dem Dritten Buch der
RVO einbezogen, die während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder auf Grund strafrichterlicher
Anordnung wie ein nach § 539 Abs 1
RVO Versicherter tätig wurden (vgl BT-Drucks IV/120 S 52; BSG Urteil vom 30.10.1964 - 2 RU 164/60 - Juris RdNr 21). Vergleichbare Gesetze zum Schutz der Strafgefangenen in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
wurden zunächst weder erlassen noch bewusst ins Auge gefasst (vgl Schirmer, Soziale Sicherung von Strafgefangenen, 2008, S
27 ff). Erst durch das
StVollzG vom 16.3.1976 (BGBl I 581) wurden die notwendigen Voraussetzungen zur Einbeziehung der Strafgefangenen auch in diese Zweige
der Sozialversicherung geschaffen. Den in den Gesetzesmaterialien zum
StVollzG niedergelegten Erwägungen ist dabei mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Strafgefangenen
nach bisherigem Recht als vom Schutzbereich der gesetzlichen Altersrentenversicherung nicht umfasst ansah (vgl BT-Drucks 7/918
S 68, 99 und 104 f; BT-Drucks 7/3998 S 3). Anders als in der Arbeitslosenversicherung (vgl §
26 Abs
1 Nr
4 SGB III, zuvor § 168 Abs 3 AFG) hat der Gesetzgeber ein besonderes Bundesgesetz, das die in § 190 Nr 13 bis 18 sowie § 191
StVollzG formulierte Ergänzung von § 1227
RVO über die versicherungspflichtige Beschäftigung von Strafgefangenen in Kraft setzen würde (vgl §
198 Abs
3 StVollzG), nicht erlassen. Es ist daher weiterhin davon auszugehen, dass deren Ausschluss von der gesetzlichen Rentenversicherung
- gegebenenfalls - erst zukünftig beseitigt werden soll (vgl Senatsurteil vom 26.5.1988 - 5/5b RJ 20/87 - SozR 2200 § 1246 Nr 157 S 509 und BSG Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 20 RdNr 36 - zur Verfassungsmäßigkeit der Nichteinbeziehung Strafgefangener in die Sozialversicherung
siehe BVerfGE 98, 169, 204, 212).
d) Die vom erkennenden Senat für geboten erachtete teleologische Reduktion des §
3 S 1 Nr 3
SGB VI steht auch mit Verfassungsrecht im Einklang.
aa) Die Eigentumsgarantie des Art
14 Abs
1 GG ist nicht verletzt. Zwar fällt auch die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung
in den Schutzbereich dieses Grundrechts (BVerfGE 117, 272, 292; 122, 151, 180; stRspr). Indes verkennt die Beklagte, dass eine derart verfassungsrechtlich verfestigte Anspruchsposition
überhaupt erst dann entstehen kann, wenn ihr eine solche nach einfachem Recht auch zuerkannt worden ist. Dies wiederum misst
sich am normativen Gehalt des §
3 S 1 Nr 3
SGB VI selbst, den zu ermitteln nicht Aufgabe einer isolierten Wortlautauslegung ist. Bindung an das Gesetz (Art
20 Abs
3, Art
97 Abs
1 GG) bedeutet nicht - wie der Senat bereits dargelegt hat - Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zu wörtlicher Auslegung
(BVerfGE 35, 263, 278 f). Der Wortsinn bildet stets nur die vorläufige Grundlage bzw "erste Orientierung" der Auslegung von Gesetzen (Larenz,
Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 324; ausführlich Berchtold in Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 97, 107 ff). Maßgebend ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich
aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl BVerfGE 1, 299, 312; 11, 126, 130 f; 105, 135, 157; stRspr). Wie der Senat ebenfalls dargelegt hat, geht der objektive Wille des Gesetzgebers
aber unzweifelhaft dahin, dass §
3 S 1 Nr 3
SGB VI keine Anwendung findet, wenn ein Strafgefangener Verletztengeld bezieht, weil er während seiner Pflichtarbeit in der Haftanstalt
einen Arbeitsunfall erlitten hat.
bb) Zudem wird allein durch das vom Senat für zutreffend erachtete Verständnis des §
3 S 1 Nr
3 SGB VI ein dem allgemeinen Gleichheitssatz widersprechendes Ergebnis vermieden. Art
3 Abs
1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl BVerfGE 1, 14, 52; 98, 365, 385; 113, 167, 214 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 83 - stRspr). Art
3 Abs
1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder ein sonst sachlich einleuchtender
Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl BVerfGE 1, 14, 52; 113, 167, 214 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 83 - stRspr). Würden nur Zeiten des Bezugs von Verletztengeld infolge eines
während des Strafvollzuges erlittenen Arbeitsunfalls der Rentenversicherungspflicht unterfallen, nicht aber Zeiten, in denen
ein Strafgefangener seiner grundsätzlich gemäß §
41 Abs
1 StVollzG bestehenden Arbeitspflicht nachkommt, wäre dies im Lichte des Art
3 Abs
1 GG nicht zu rechtfertigen. Der Senat vermag keine hinreichenden sachlichen Gründe dafür erkennen, warum dem nicht arbeitenden
Strafgefangenen, der Verletztengeld bezieht, ein weitergehender rentenversicherungsrechtlicher Schutz zukommen sollte als
demjenigen, der seiner gesetzlich auferlegten Arbeitspflicht tatsächlich nachkommt, zumal der Verletztengeldanspruch sich
aus dem durch die Arbeitspflicht begründeten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eigener Art gerade ableitet. Keine nach
Art
3 Abs
1 GG zu berücksichtigende Vergleichsgruppe stellen hingegen die Gefangenen dar, die außerhalb der Haftanstalt einer Beschäftigung
gegen Arbeitsentgelt nachgehen. Denn diese verrichten anders als die Pflichtarbeit nach §
41 Abs
1 StVollzG leistenden Strafgefangenen eine freiwillige Arbeit, die - wie jede freiwillige Beschäftigung - grundsätzlich in allen Zweigen
der Sozialversicherung kraft Gesetzes versicherungspflichtig ist (vgl von Koch in Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht,
§
1 SGB VI RdNr 6a - Stand 1.12.2016).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO. Ein Ausspruch über die Erstattung von Kosten des Beigeladenen ist nicht veranlasst (vgl §
162 Abs
3 VwGO), da sich dieser am Verfahren nicht beteiligt hat.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrags der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.