Besetzung der Richterbank bei vertragsärztlichen Streitigkeiten, Schadensregress gegen einen Zahnarzt
Gründe:
I. Streitig ist ein Regress wegen mangelhafter zahnprothetischer Versorgung.
Der in der klagenden vertragszahnärztlichen Gemeinschaftspraxis tätige Dr. B. ist im Bezirk der beklagten Kassenzahnärztlichen
Vereinigung (KZÄV) zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Die beigeladene Krankenkasse (KK), eine Ersatzkasse,
gewährte für die Eingliederung von Zahnersatz einschließlich vier Kronen im Unterkiefer ihrer Versicherten Frau B.-T. einen
Zuschuss in Höhe von 100 % der anfallenden Kosten von 2.347,10 EUR (für zahnärztliches Honorar 943,42 EUR, Material- und Laborkosten
Fremdlabor 1.220,32 EUR sowie Zahnarztlabor und Praxismaterial 183,36 EUR). Dr. B. nahm die Eingliederung am 30. September
2002 vor. Die Versicherte klagte fortan über andauernde Beschwerden, die Dr. B. in vier Nachbesserungsversuchen im Oktober
2002 nicht beseitigen konnte.
In einer von der Beigeladenen veranlassten Begutachtung wurden Mängel der prothetischen Versorgung ebenso festgestellt wie
in dem weiteren - auf Wunsch von Dr. B. eingeholten - Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Begutachtungen
vom 20. Dezember 2002 und vom 7. März 2003 - mit Feststellung farblicher Diskrepanzen, nicht ausreichender Okklusion sowie
von Mängeln im Kronenrandbereich und anderem). Beide Gutachten kamen zum Ergebnis, dass eine Gesamterneuerung erforderlich
sei. Daraufhin erklärte sich die Klägerin zur kostenfreien Erneuerung bereit, wobei wiederum dasselbe Labor einzubeziehen
sei, das ebenfalls eine kostenlose Neuanfertigung angeboten habe; die Erneuerung könne durch Dr. B. oder durch einen der Partner
der Gemeinschaftspraxis erfolgen.
Die Versicherte ließ indessen die Neuanfertigung der Prothetik - mit Genehmigung der Beigeladenen - durch einen anderen Vertragszahnarzt
ausführen. Die Beigeladene veranlasste die Beklagte, gegen die Klägerin einen Schadensregress in Höhe ihrer Aufwendungen für
die Erstversorgung von 2.347,10 EUR festzusetzen (Bescheid vom 12. November 2003). Die Klägerin wandte ein, ihr und ihrem
zahntechnischen Labor hätte nochmals Gelegenheit zur Nachbesserung bzw Neuanfertigung gegeben werden müssen. Sie blieb mit
Widerspruch, Klage und Berufung ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2003; Urteile des Sozialgerichts vom 7.
Juli 2004 und des Landessozialgerichts [LSG] vom 7. Dezember 2005). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, der angefochtene Bescheid
sei rechtmäßig. Die Beklagte sei zur Festsetzung von Schäden zuständig, die der Beigeladenen infolge mangelhafter prothetischer
Versorgungen ihrer Mitglieder entstanden seien. Es liege eine schuldhaft vertragswidrige und unzulängliche zahnärztliche Behandlung
vor. Eine Nachbesserung der Prothetik sei wegen deren Unbrauchbarkeit nicht möglich. Diese bzw eine Neuanfertigung seien der
Versicherten auch nicht zuzumuten, nachdem Dr. B. vier vergebliche Nachbesserungsversuche unternommen und dabei die Arbeit
weiterhin als ordnungsgemäß bezeichnet habe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des Rechtsinstituts des Schadensregresses. Gegen einen Vertragszahnarzt
dürfe ein Regress nur festgesetzt werden, wenn auch ein Schadensersatzanspruch des Versicherten gegen ihn bestehe. Dies setze
voraus, dass der Zahnarzt nicht mehr zur Nachbesserung bzw Neuanfertigung berechtigt sei. Dr. B. bzw die Klägerin hätten dieses
Recht aber noch gehabt. Sie seien bereit gewesen, die mangelhafte Leistung kostenfrei durch eine mangelfreie zu ersetzen.
Für die Annahme eines Kündigungsrechts oder einer Unzumutbarkeit der Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch Dr. B. oder einen
anderen Partner der Gemeinschaftspraxis reiche allein der Zeitablauf von vier Monaten bis zur gutachterlichen Klärung nicht
aus. Sie - die Klägerin - sei keine Praxis, die für schlechte Leistungen bekannt sei bzw generell schlechte Arbeit leiste.
Vielmehr liege ganz offensichtlich nur ein "Ausrutscher" vor. Aber selbst wenn aus dem Zeitablauf auf ein Kündigungsrecht
seitens der Versicherten geschlossen werden könnte, so sei damit noch kein Schadensersatzanspruch entstanden. Jedenfalls fehle
dafür die weitere Voraussetzung der Aufforderung zur Nachbesserung bzw Neuanfertigung unter Fristsetzung. Eine Frist habe
weder die Beklagte noch die Versicherte gesetzt.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. Dezember 2005 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli
2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2003
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des LSG. Die Festsetzung eines Schadensregresses sei berechtigt gewesen, weil eine schuldhaft vertragswidrige
unzulängliche Behandlung mit vergeblichen Nachbesserungsversuchen vorgelegen und deshalb das Behandlungsverhältnis geendet
habe. Es könne dahingestellt bleiben, inwieweit das mit der technischen Anfertigung beauftragte Labor ein Verschulden treffe,
denn dieses sei als das eines Erfüllungsgehilfen der Klägerin zuzurechnen. Die Klägerin könne sich nicht auf zivilrechtliche
Grundsätze und Bestimmungen berufen. Diese seien von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechend der Eigenart
der prothetischen Versorgung dahingehend modifiziert worden, dass dem Schadensregress ein eigenständiger Schadensersatzanspruch
des Kostenträgers zugrunde liege, der nicht vom Bestehen eines zivilrechtlichen Anspruchs des Versicherten gegen den Vertragszahnarzt
abhängig sei. Ausreichend sei, wenn eine Nachbesserung entweder - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses - nicht möglich
oder dem Versicherten nicht zumutbar sei. Vorliegend sei das Arbeitsergebnis völlig unbrauchbar gewesen, sodass keine Nachbesserung,
sondern nur eine Neuanfertigung in Betracht gekommen sei. Zudem sei der Versicherten eine Neuanfertigung durch Dr. B. oder
einen Partner der Gemeinschaftspraxis nicht mehr zumutbar gewesen. Im Übrigen sei die Anwendung des §
281 Abs
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) ohnehin fraglich, da diese Vorschrift nur auf Werkverträge ohne weiteres anwendbar sei, die zahnärztliche Behandlung aber
auch im Falle einer Kronenversorgung eher den Charakter eines Dienstvertrags habe. Zudem wäre eine Fristsetzung aus den Gründen
des §
281 Abs
2 BGB ohnehin entbehrlich.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie schließt sich den Ausführungen der Beklagten an.
II. Der Senat entscheidet - anders als das LSG - in der sich aus §
40 Satz 1, §
33, §
12 Abs
3 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ergebenden Besetzung mit zwei Vertragszahnärzten als ehrenamtlichen Richtern. Dies entspricht der Grundregel, dass sich
die Besetzung der Richterbank danach richtet, wie die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über die streitige Angelegenheit
zu befinden hat. Nach dieser Abgrenzung ist dann, wenn die angefochtene Entscheidung von einer Verwaltungsstelle getroffen
wurde, die nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften nur von Vertrags(zahn)ärzten zu besetzen war, vom Gericht in rein
vertrags(zahn)ärztlicher Besetzung, dh mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertrags(zahn)ärzte, zu entscheiden
(s zB BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 20 S 78 mwN; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 4 mwN). Wäre die angefochtene Entscheidung
indessen von einem Gremium getroffen worden, das mit einer gleichen Zahl von Vertrags(zahn)ärzten und Vertretern der KKn,
also paritätisch (gemischt) zu besetzen war, so hätten - im Sinne des §
12 Abs
3 Satz 1
SGG - auch die Gerichte in paritätischer Besetzung, also mit einem Vertragsarzt und einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis
der KKn, zu entscheiden (s vorgenannte BSG-Rspr). Die Ansicht des LSG, ein Streit um die Festsetzung eines Schadensregresses
wegen mangelhafter vertragszahnärztlicher Leistungen sei stets eine Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts gemäß §
12 Abs
3 Satz 1
SGG und deshalb in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Kassenzahnärzte und der KKn zu entscheiden,
trifft nicht zu. Die Festsetzung von Schadensregressen ist zwar in den meisten Fällen den paritätisch zusammengesetzten Prüfgremien
übertragen. Dies ist im ärztlichen Bereich insgesamt und im zahnärztlichen Primärkassenbereich der Fall, nicht aber im zahnärztlichen
Ersatzkassenbereich. Der Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z - hier anzuwenden in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden
Fassung vom 29. November 1963, zuletzt geändert durch Vereinbarung vom 25. Oktober 2001) enthält keine Bestimmung, die die
Prüfgremien dafür für zuständig erklärt (hierzu s BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4; aaO, § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr
1 RdNr 5, jeweils mwN; vgl im Einzelnen auch Clemens in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1: Krankenversicherungsrecht,
1994, § 36 RdNr 13 ff, insbesondere RdNr 24 und 25).
Der vom LSG weiterhin angeführte Gesichtspunkt, dass es nur auf Betreiben von KKn zur Festsetzung eines Schadensregresses
komme, reicht zur Begründung der sog paritätischen Besetzung nicht aus. Die Grundregel, dass sich die Besetzung der Richterbank
danach richtet, wie die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über die streitige Angelegenheit zu befinden hat, ist nur
in besonderen Fällen unanwendbar. Dies ist zB dann der Fall, wenn eine weder rein vertrags(zahn)ärztlich noch paritätisch
zusammengesetzte Verwaltungsstelle zu entscheiden hat (so bei Klage eines Vertragsarztes gegen die Ärztekammer BSG SozR 4-1300
§ 32 Nr 1: paritätische Besetzung wegen zulassungsähnlicher Genehmigung für künstliche Befruchtungen). Die Grundregel der
Ausrichtung der Richterbank nach der Besetzung der zuständigen Verwaltungsstelle ist weiterhin dann nicht anwendbar, wenn
Außenrechtsbeziehungen der K(Z)ÄV Gegenstand des Rechtsstreits sind (s zB zum Streit zwischen KZÄV und KK: BSG SozR 3-5555
§ 10 Nr 1 S 2; aaO, § 12 Nr 5 S 23; SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 4 mit paritätischer Besetzung; - zum Streit zwischen KZÄV und
Bundesrepublik Deutschland: BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 9 S 37 und Nr 11 S 48 mit rein-ärztlicher Besetzung betr das "kassenfreie"
System der Versorgung von Bundeswehrangehörigen; - zu Klagen der K[Z]ÄV gegen die Aufsichtsbehörde: BSGE 79, 105, 106 = SozR 3-2500 § 80 Nr 2 S 10 f und BSGE 88, 193, 195 = SozR 3-2500 § 79a Nr 1 S 4 mwN mit Ausrichtung der Besetzung danach, ob die Aufsichtsmaßnahme einen rein-[zahn]ärztlich
oder einen paritätisch zu fassenden Beschluss betrifft). Ferner ist jene Grundregel dann nicht anwendbar, wenn gerade Zweifel
an der zutreffenden Besetzung bestehen (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 20 S 78 mwN). Keiner dieser Sonderfälle liegt vor.
Die Revision der Klägerin - einer Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer
BGB-Gesellschaft, die an Stelle der Gesellschafter nach entsprechender Rubrumsberichtigung die Beteiligtenposition eingenommen
hat (hierzu s BSG SozR 4-1500 § 86 Nr 2 RdNr 8 mit Nachweisen zur BGH-Rspr) - ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat den
angefochtenen Bescheid, mit dem die Beklagte die Klägerin zu einer Regresszahlung an die Beigeladene verpflichtet hat, zutreffend
als rechtmäßig angesehen.
Die Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Schadensregresses gegen einen Vertragszahnarzt wegen mangelhafter prothetischer
Versorgung ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des EKV-Z. Er gründet sich auf die öffentlich-rechtliche
Pflicht des Vertragszahnarztes gegenüber der KZÄV, die Schäden zu ersetzen, die er vertragszahnärztlichen Institutionen schuldhaft
zufügt (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4; aaO, § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 4).
Die Zuständigkeit der KZÄV für die Festsetzung des Regresses erschließt sich daraus, dass sie "allgemeine Vertragsinstanz"
ist und keine anderweitige Zuständigkeitsregelung besteht (vgl hierzu s BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4 mwN; aaO, § 12 Nr 5
S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 5; s auch Clemens in Schulin aaO, § 36 RdNr 15 und 25; - vgl dazu auch § 12 Abs 6 Satz 1
EKV-Z in oben genannter Fassung, wonach die KZÄV solche Forderungen "bei der nächsten Abrechnung absetzt"; s ferner § 21 Abs
2 EKV-Z heutiger Fassung). Die Festsetzung erfolgt entsprechend dem Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen KZÄV und Vertragszahnarzt
durch Verwaltungsakt (vgl hierzu BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 13; aaO, § 15 Nr 1 S 7; aaO, § 12 Nr 5 S 24).
Im Falle einer Gemeinschaftspraxis darf die KZÄV den Schadensregress gegenüber der Gemeinschaftspraxis festsetzen, denn diese
haftet für schuldhaftes Fehlverhalten ihrer Mitglieder (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21 f).
Inhaltliche Voraussetzung der Regresspflicht ist eine schuldhafte Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die - wie hier
- darin liegen kann, dass eine prothetische Versorgung dem zahnärztlichen Standard nicht genügt (vgl BSG SozR 3-5555 § 12
Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 4). Zudem muss eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses - nicht
möglich und/oder eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar sein
(vgl BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest. Nicht überzeugend ist der Einwand der Klägerin, zivilrechtliche
Grundsätze müssten angewendet werden. Die Forderung, zunächst müsse ein Anspruch auf Nachbesserung bzw Neuanfertigung gegenüber
dem bisher tätigen Vertragszahnarzt bestehen und dann eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinne des §
281 Abs
1 BGB erfolgen, entspricht weder der bisherigen Rechtsprechung des BSG noch ist sie berechtigt. Nach der Rechtsprechung ist für
eine Regresspflicht allein Voraussetzung, dass eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses - nicht möglich
und/oder dass eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar ist (s oben
mit Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6). Soweit vereinzelt ergänzend darauf hingewiesen
worden ist, der Versicherte sei zur Kündigung berechtigt gewesen und habe das Behandlungsverhältnis endgültig beendet (vgl
zB BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6; s auch BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10 mit Bezugnahme auf die Bewertung als wichtigen Grund
zur Kündigung), ist damit nicht eine weitere Voraussetzung für die Festsetzung eines Schadensregresses bezeichnet worden.
Insbesondere ist nicht erforderlich, dass der Versicherte das Behandlungsverhältnis auch tatsächlich - möglicherweise gar
nach vorheriger, zu abschließender Erfüllung auffordernder Fristsetzung - kündigte. Mit solchen Erfordernissen bliebe unberücksichtigt,
dass die Versicherten gemäß §
72 Abs
1 Satz 2 iVm §
76 Abs
1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) ihren Zahnarzt aus den zur Versorgung zugelassenen Vertragszahnärzten frei auswählen können. Gemäß §
76 Abs
3 Satz 1
SGB V soll zwar ein Wechsel innerhalb eines Quartals unterbleiben, ist aber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gestattet. Dieser
gesetzlichen Vorgabe würde es nicht gerecht werden, wenn dem Versicherten unter Hinweis auf die auch ihn betreffende Verpflichtung
zur Wirtschaftlichkeit (§
2 Abs
4 SGB V) versagt würde, sich von dem ihn bisher behandelnden Vertragszahnarzt zu lösen, wenn er die Unbrauchbarkeit von dessen Leistung
feststellt oder wenn aus anderen Gründen eine Weiterbehandlung durch diesen nicht mehr zumutbar ist. Entsprechend der Befugnis
zum Wechsel des behandelnden Arztes innerhalb eines Quartals bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist ein Zahnarztwechsel
bei nicht erfolgreicher Prothetikbehandlung dann zu akzeptieren, wenn eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses
- nicht möglich und/oder wenn eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar
ist (s die oben zitierten Urteile BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6). Dies ist die Konsequenz daraus,
dass das Behandlungsverhältnis zwischen Vertragszahnarzt und Versichertem öffentlich-rechtlich überlagert ist, weil das
SGB V dem Versicherten besondere Rechte einräumt und dem Vertragszahnarzt besondere öffentlich-rechtliche Pflichten auferlegt (zum
öffentlich-rechtlichen Pflichtenverhältnis s oben mit Hinweis BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4; aaO, § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555
§ 12 Nr 1 RdNr 4). Diese öffentlich-rechtliche Einbindung steht einer zivilrechtlich ausgerichteten Sichtweise wie etwa der
Forderung entgegen, der Versicherte müsse das Behandlungsverhältnis auch tatsächlich - möglicherweise gar nach vorheriger,
zu abschließender Erfüllung auffordernder Fristsetzung - gekündigt haben.
Gegenüber der hieraus folgenden Unanwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen kann nicht mit Erfolg auf §
69 Satz 4 iVm Satz 3
SGB V verwiesen werden, wonach für die vertragsärztlichen Rechtsbeziehungen "im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches
entsprechend" gelten. Schon aus diesem Wortlaut ("im Übrigen") ergibt sich, dass den Regelungen des
SGB V der Vorrang zukommt und ohnehin lediglich eine ergänzende Heranziehung der Vorschriften des
BGB erwogen werden kann (so auch BSGE 95, 141 RdNr 25 ff = SozR 4-2500 § 83 Nr 2 RdNr 33 ff). Vergleichbar den Ausführungen im Urteil vom 28. September 2005 (aaO) steht
auch beim Schadensregress die Einbindung in das öffentlich-rechtliche Gefüge der Anwendung von Vorschriften des
BGB entgegen. Im Übrigen wäre auch bei Heranziehung zivilrechtlicher Bestimmungen zu berücksichtigen, dass entgegen der Ansicht
der Klägerin wohl nicht auf §
281 BGB zurückgegriffen werden könnte. Denn das Behandlungsverhältnis weist wegen der Ausrichtung auf die Prothetik zwar Elemente
des Werkvertrags auf, bleibt aber doch ein Dienstvertrag, in dessen Rahmen für eine Anwendung des §
281 BGB im Regelfall kein Raum ist (vgl BSG SozR 3-5555 §
9 Nr 1 S 6; ebenso zB Sprau in Palandt,
BGB, 65. Aufl 2006, vor §
631 RdNr 32, und Heinrichs in Palandt, aaO, §
281 RdNr
42,
44). Die Anwendbarkeit des §
281 Abs
1 BGB wäre möglicherweise außerdem wegen Vorliegens der Voraussetzungen des Abs 2 zu verneinen und schließlich auch deshalb, weil
Dienste höherer Art im Sinne des §
627 Abs
1 BGB Gegenstand der Rechtsbeziehung zwischen Zahnarzt und Patient sind (vgl BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6; s auch Weidenkaff in
Palandt, aaO, § 627 RdNr 2).
Die dargestellten Voraussetzungen, eine dem zahnärztlichen Standard nicht entsprechende prothetische Versorgung sowie ein
Verschulden des Vertragszahnarztes (s oben mit Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 4 und
BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6), liegen vor, wie im Urteil des LSG zutreffend ausgeführt ist. Erfüllt ist auch die weitere Voraussetzung,
dass eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des bisherigen Arbeitsergebnisses - nicht möglich und/oder dass eine Nachbesserung
bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Zahnarzt nicht zumutbar ist (s oben mit Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 12
Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6). Die Erfordernisse der Unmöglichkeit oder der Unzumutbarkeit sind im Fall der Klägerin
beide gegeben.
Die Unmöglichkeit einer Nachbesserung ergibt sich daraus, dass der von Dr. B. erstellte und eingegliederte Zahnersatz unbrauchbar
war, wie das LSG für das Revisionsgericht bindend festgestellt (§
163 SGG) und wie die Klägerin selbst auch im Revisionsverfahren nochmals bestätigt hat. Diese Bewertung wird dadurch erhärtet, dass
es Dr. B. in vier Nachbesserungsversuchen nicht gelungen war, den Zahnersatz in Ordnung zu bringen.
Eine Neuanfertigung durch Dr. B. war der Versicherten auch nicht mehr zuzumuten, wie den Feststellungen im Berufungsurteil
zu entnehmen ist. Aus diesen ergibt sich, dass das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem behandelnden Zahnarzt zerstört
war, nachdem es diesem in vier Nachbesserungsversuchen nicht gelungen war, ihre Beschwerden zu beseitigen, und er trotzdem
seine Arbeit ihr gegenüber weiterhin als ordnungsgemäß bezeichnet hatte. Erst nach ca vier Monaten - nach Vorliegen der zweiten
Begutachtung - räumte er schließlich die Fehlerhaftigkeit ein. Ein solches Verhalten, das nicht nur durch Behandlungsmängel,
sondern zudem durch Uneinsichtigkeit geprägt war, reicht nach der nicht zu beanstandenden Bewertung des LSG für die Schlussfolgerung
aus, dass es der Versicherten nicht zumutbar war, sich bei Dr. B. weiteren Behandlung(sversuch)en zu unterziehen. Nicht zu
beanstanden ist auch die Folgerung des LSG, dass es der Versicherten ebenfalls nicht zumutbar war, die weitere Behandlung
von einem anderen Partner der Gemeinschaftspraxis vornehmen zu lassen.
War die Versicherte mithin berechtigt, für die weitere Behandlung einen anderen Vertragszahnarzt zu wählen (s §
76 Abs
1 Satz 1
SGB V), so entfiel damit die Grundlage für das Ansinnen der Klägerin, wenigstens die erneuten zahntechnischen Leistungen entsprechend
dem Angebot des bisher tätig gewesenen Labors von diesem - kostenfrei - erbringen zu lassen. Denn kein Zahnarzt kann verpflichtet
werden, mit einem anderen Labor zusammenzuarbeiten als demjenigen, das er üblicherweise mit der Durchführung der erforderlichen
zahntechnischen Arbeiten beauftragt.
Bedenken gegen die festgesetzte Schadenshöhe von 2.347,10 EUR bestehen nicht. Keiner der Beteiligten hat die Berechtigung
dieser Summe in Zweifel gezogen. Diese stellt den Kostenaufwand der vergeblichen Erstbehandlung dar, wobei allerdings zu beachten
ist, dass der Schaden an sich in dem erforderlichen zusätzlichen Aufwand für die Zweitbehandlung besteht (so zutreffend BSG
SozR 3-5555 § 12 Nr 1 S 2 iVm S 6; aaO, § 9 Nr 1 S 7; aaO, § 12 Nr 2 S 11; s auch Clemens in Schulin aaO § 36 RdNr 55). Anhaltspunkte
dafür, dass dieser geringer gewesen sein könnte als der Aufwand von 2.347,10 EUR für die Erstbehandlung, sind weder ersichtlich
noch geltend gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§
154 Abs
2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt
hat (§
162 Abs
3 VwGO).